als PDF - Deutscher Fluglärmdienst eV
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der flugleiter 2008/01<br />
Accidents<br />
40<br />
Photo: Internet<br />
✈ Beim „runway-crossing“ beinahe verunglückt – Delta B727<br />
Natürlich wurden nach dem Unfall die Vorschriften für<br />
die „Taxi-Controller“ geändert. Wobei natürlich zu fragen<br />
ist, ob die bisherige Vorschrift, nach welcher der<br />
Taxi-Controller Freigaben zum Überqueren der Pisten<br />
allein auf der Grundlage seiner Informationen und<br />
nicht erst nach Zustimmung des „Local Controllers“<br />
erteilen durfte, geeignet war, eine sichere Verkehrsabwicklung<br />
zu gewährleisten. Schließlich ist letzterer<br />
ja für die Verkehrsabwicklung auf der/den Piste/n verantwortlich<br />
und er hat zu entscheiden, wann die Piste<br />
überquert werden darf. Dass der FAA diese Problematik<br />
nicht gesehen hat, kann mit Fug und Recht bestritten<br />
werden. Aber möglicherweise stand hier das Bemühen<br />
um eine möglichst verzögerungsfreie Verkehrsabwicklung<br />
im Vordergrund und nicht die Sicherheit.<br />
Doch nun war das Kind in den Brunnen gefallen und<br />
in einer ersten Reaktion wurde den „Taxi-Controllern“<br />
generell verboten, Freigaben zum Überqueren von<br />
aktiven Pisten („crossing clearances“) zu erteilen.<br />
Das war natürlich aus der Hüfte geschossen und erinnert<br />
irgendwie an die Anweisungen der DFS, die nach<br />
einem Zwischenfall in München die Anwendung von<br />
„Conditional Clearances“ beim „Line-Up“ untersagte.<br />
So zeigte sich sehr schnell, dass die Arbeitsbelastung<br />
der „Local Controller“, die diese „Crossing Clearances“<br />
ja nun zu erteilen hatten, unermesslich hoch wurde.<br />
So wurde diese Anordnung recht bald geändert. „Taxi<br />
Controller“ durften Freigaben zum Überqueren von<br />
Pisten erteilen, wenn die jeweilige Piste geschlossen<br />
war oder wenn das Überqueren einer aktiven Piste mit<br />
dem „Local Controller“ koordiniert und von diesem<br />
genehmigt worden war.<br />
Bleibt zum Schluss noch die wichtige Frage, weshalb<br />
sich die betroffenen Controller ganz bewusst darauf<br />
eingelassen haben, eindeutige Vorschriften ganz<br />
bewusst zu ignorieren. Sie deshalb <strong>als</strong> ungeeignet<br />
abzuqualifizieren oder ihnen mangelndes Sicherheitsbewusstsein<br />
zu unterstellen, geht ganz sicherlich<br />
an den Tatsachen vorbei. Vielmehr darf unterstellt<br />
werden, dass sie sich – auch unter entsprechendem<br />
Druck ihrer Vorgesetzten und den Erwartungen der<br />
Fluggesellschaften und –häfen, verpflichtet sahen,<br />
einer flüssigen und effizienten Verkehrsabwicklung<br />
Vorrang einzuräumen. Dass dabei die Sicherheit unter<br />
die Räder geraten kann, zeigt sich exemplarisch an<br />
diesem Unfall.<br />
Dass sich die Controller von Chicago – O´Hare seit<br />
Jahren ganz besonders unter Druck gesetzt sehen,<br />
bei der Verkehrsabwicklung immer an ihre Grenzen<br />
zu gehen, ist hinlänglich bekannt. Betrachtet man<br />
jedoch die Wachstumsraten im internationalen Luftverkehr,<br />
so muss man feststellen, dass nicht nur die<br />
Controller in den USA, sondern auch in Westeuropa<br />
und natürlich auch in Deutschland den anfallenden<br />
Verkehr nur noch bewältigen können, wenn sie die<br />
einschlägigen Vorschriften bis „ans Limit“ ausreizen.<br />
Sie müssen letztlich mangelnde Flughafenkapazitäten<br />
durch ihren persönlichen Einsatz wettmachen.<br />
Anerkennung erhalten sie dabei lediglich von ihren<br />
Partnern in den Cockpits. Während sich deren Chefs<br />
meist darauf beschränken, bittere Zähren über das in<br />
den Holdings vergeudete Kerosin zu vergießen.<br />
Ach ja – der Center-Controller, der den Unfall im<br />
Cockpit der B727 miterleben musste, war später von<br />
den Künsten seiner Kollegen in O´Hare nicht mehr so<br />
beeindruckt wie er dies vorher gewesen war.