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Gastro 2022-1

Das Fach- und Verbandsmagazin von GastroGraubünden

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Junggastronomen<br />

zehn oder sogar zwanzig Prozent Rabatt<br />

erhalte. Entweder akzeptiert ein Lieferant<br />

unser Angebot oder wir sind weg. Als Einzelbetrieb<br />

wurden nicht mal meine Reklamationen<br />

ernst genommen.<br />

RG: Als grösseres Unternehmen wird<br />

man komplett anders behandelt. Kauft<br />

man Masse ein, kann man seine Händler<br />

wirklich aussuchen und den Preis definieren.<br />

Die Macht ist enorm. Und mit günstigeren<br />

Einkäufen spart man pures Geld.<br />

TCF: Weitere Vorteile sind Synergien,<br />

die man nutzen und Systeme, die man<br />

adaptieren kann. Dazu gehören etwa das<br />

Kassen-, Lager- und Einkaufsystem oder<br />

das Reservationssystem. Aber auch Abläufe<br />

in der Küche oder im Service sind<br />

auf andere Restaurants übertragbar. So<br />

wird es immer einfacher, ein neues Restaurant<br />

dazu zu nehmen.<br />

RG: Bei mehreren Betrieben ist man<br />

weniger abhängig vom Einzelnen. Das<br />

mag böse klingen, aber wenn ein Mitarbeiter<br />

nicht mitspielt und ständig Forderungen<br />

stellt, sage ich tschüss.<br />

Lassen sich Lücken einfacher schliessen,<br />

wenn man mehr Personal hat?<br />

TCF: Jein. In jedem Betrieb ist das<br />

Personal fix eingeteilt. Und obwohl meine<br />

Restaurants die gleichen Systeme und Abläufe<br />

haben, kennt sich der Chef de Service<br />

eines Betriebs nicht problemlos in einem<br />

anderen aus. Auch mit den Köchen<br />

ist es nicht so einfach. Den Sushi-Koch<br />

etwa kann ich nicht in einem anderen<br />

Restaurant Mediterranes zubereiten lassen.<br />

Anders ist es bei Basismitarbeitern.<br />

Leute in der Reinigung, im Büro oder im<br />

Service sind einfacher zu verschieben.<br />

Und einen Vorteil habe ich auch, wenn wir<br />

in einem Betrieb eine grosse Gästegruppe<br />

haben. Da ziehe ich irgendwo einen Mitarbeiter<br />

ab.<br />

RG: Bei mir ist es genau gleich.<br />

Stehen eure Betriebe in Konkurrenz zueinander?<br />

Beide: Nein!<br />

TCF: Ist ein Restaurant ausgebucht,<br />

schickst du den Gast zu einem anderen.<br />

RG: Dieser Vorteil zahlt sich insbesondere<br />

bei Gruppen aus (lacht).<br />

Was sind die Nachteile mehrerer Betriebe?<br />

RG: Man trägt ein viel grösseres Risiko,<br />

was man besonders in Krisen spürt.<br />

Bei Corona haben wir das hautnah erlebt.<br />

Auch die Verantwortung für die Mitarbeitenden<br />

ist immens und man muss gut<br />

mit Druck umgehen können. Aber das ist<br />

Gewöhnungssache. Als Optimist glaube<br />

ich sowieso, dass es immer und für alles<br />

eine Lösung gibt.<br />

TCF: Es ist ein grosser Unterschied,<br />

ob man nur eine Miete bezahlen muss<br />

oder fünf. Hohe Ausgaben beunruhigen<br />

mich gewöhnlich nicht, aber bei Corona<br />

wurde ich schon nervös.<br />

Ihr seid beide ausgebildete Köche. War<br />

immer klar, dass ihr euch selbstständig<br />

machen wollt?<br />

RG: Das hat sich so ergeben. Ich wurde<br />

mit 21 Geschäftsführer und Küchenchef<br />

im Gletscher-Hotel Morteratsch, weil<br />

jemand sah, dass ich Biss hatte. Einige<br />

Kollegen aber hatten grosse Mühe, sich<br />

vom jüngsten Mitarbeiter etwas sagen zu<br />

lassen. Da musste ich zunächst mal aufräumen.<br />

Ich stellte mir schon früh die<br />

Frage, ob ich mein Leben lang am Herd<br />

bleiben oder hinausgehen und etwas<br />

riskieren will. Mit 26 war ich soweit. Für<br />

mich ist das Schönste, selbst entscheiden<br />

zu können und sich bei niemandem rechtfertigen<br />

zu müssen.<br />

TCF: Für mich war bereits in der Lehre<br />

klar, dass ich nicht immer Angestellter<br />

sein wollte. Ich mag es nicht, einen Vorgesetzten<br />

zu haben. (lacht). Ob ich in der<br />

<strong>Gastro</strong>nomie bleibe, war zunächst aber<br />

unklar. Meine erste Firma, die ich aufgebaut<br />

hatte, war ein Taxiunternehmen.<br />

Manche Wirte kommen bereits mit einem<br />

Betrieb an ihre Grenzen. Ist Work-<br />

Life-Balance ein Thema bei euch?<br />

RG: Energie hat man oder hat man<br />

nicht. Meine Arbeit macht mir Freude<br />

und ich gebe ständig Vollgas. Ohne Familie<br />

und Kinder habe ich zudem nichts<br />

zu verlieren. Ich will ein Vorbild sein für<br />

meine Mitarbeiter. Wahrscheinlich habe<br />

ich mit 50 nicht mehr die gleiche Energie,<br />

muss dann aber auch nicht mehr so viel<br />

arbeiten.<br />

«Ich verzichte auf vieles,<br />

gebe immer Vollgas»<br />

Toni Curdin Foppa<br />

TCF: Mit Work-Life-Balance beschäftige<br />

ich mich nicht. Will ich ein paar Tage<br />

weg, mache ich das einfach. Der einzige<br />

Betrieb, den ich leiten muss, ist das Büro.<br />

Dazu brauche ich Mail und Telefon, was<br />

ich auch mit an den Strand nehmen<br />

kann. Wichtig ist, loszulassen und zu delegieren.<br />

Will man alles selbst tun, geht<br />

man kaputt und läuft in ein Burnout.<br />

RG: Ich lasse nie richtig los, will aber,<br />

dass meine Leute mit dem System umgehen<br />

können und selbst Entscheidungen<br />

treffen. Den Chef anzurufen ist immer<br />

einfach.<br />

TCF: Ich verzichte auf vieles, gebe immer<br />

Vollgas, will aber auch ein Leben neben<br />

der <strong>Gastro</strong>nomie. Deshalb mache ich<br />

meine Betriebsleiter zu Unternehmern<br />

und gebe stückweise Verantwortung ab.<br />

Sie erhalten Gewinnbeteiligung und tragen<br />

so das Risiko mit.<br />

»<br />

Toni Curdin Foppa schaut auf sein Handy<br />

und entschuldigt sich abrupt. In wenigen<br />

Minuten startet ein Online-Meeting, bei<br />

dem er dringend dabei sein muss.<br />

31<br />

GASTRO 1|<strong>2022</strong>

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