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Gastro 2022-1

Das Fach- und Verbandsmagazin von GastroGraubünden

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Weintourismus<br />

aber die markante Säure des<br />

Completers nicht mehr dem<br />

Geschmack der Weintrinker<br />

entsprach, wäre die autochthone<br />

Sorte im letzten Jahrhundert<br />

fast ausgestorben. Aus alten Rebstöcken<br />

selektionierte man einen<br />

Stock, der sich auszeichnete durch regelmässig<br />

frühere Reife und geringeren<br />

Säuregehalt. Ein Grossteil der in den letzten<br />

20 Jahren gepflanzten Completer-Reben<br />

dürften von ihm abstammen.<br />

Raritäten und Geschichten<br />

Gian Carlo Gasparis führt<br />

die Gäste auf seinen<br />

Weintouren auf Felder<br />

und in Keller.<br />

Schaumweine im Aufschwung<br />

Die Bündner Herrschaft ist die Heimat des<br />

44-Jährigen. Der Maienfelder verbrachte<br />

als Schuljunge viel Zeit in den Reben, verdiente<br />

während der Ernte sein erstes Sackgeld<br />

und erhielt fundierte Einblicke in<br />

die Arbeit der Winzer. Dass es bis zum<br />

fertigen Wein in der Flasche «wahnsinnig<br />

viel Arbeit» braucht, erkannte er bald.<br />

«Rund 80 Prozent des Aufwandes fällt in<br />

den Weinbergen an», präzisiert er. Und<br />

Qualität steht immer vor Quantität. Beim<br />

Spaziergang durch die Weinberge erzählt<br />

Casparis von bis zu 60-jährigen Rebstöcken<br />

und vom Terroir, also dem Zusammenspiel<br />

der kalkreichen Böden, dem<br />

milden Klima, den Reben und den Menschen.<br />

Je nach Kelterung entstehen traditionelle,<br />

fruchtige Landweine oder farbintensive<br />

und gehaltvolle Bündner Rotweine.<br />

«Seit ein paar Jahren gibt es auch<br />

hervorragende Schaumweine», merkt der<br />

Weinkenner an.<br />

Das Wissen über seine Heimat teilt der gelernte<br />

Hotel- und Weinfachmann gerne.<br />

Nachdem er mehrere Jahre im Ausland<br />

tätig war, organisiert er seit 2013 Weintouren<br />

im Burgund der Schweiz. Bis zu 70<br />

Touren sind es übers ganze Jahr verteilt,<br />

mal zu Fuss, mal mit dem E-Bike oder<br />

bequem mit dem Minibus. «Zunehmend<br />

mehr Leute wollen den Wein von der Rebe<br />

bis ins Glas erleben», sagt der Touristiker.<br />

Auf der Suche nach authentischen Produkten<br />

mit Identität nehmen auch <strong>Gastro</strong>nomen<br />

den Weg in die Bündner Herrschaft<br />

auf sich. Zu Casparis jüngstem<br />

Highlight gehört der Besuch eines New<br />

Yorker Restaurantbesitzers, der mit Küchenchef<br />

und Restaurantleiter auf eine<br />

Weintour kam. «Sie suchten nach Raritäten<br />

und Geschichten und waren hell begeistert<br />

von der Region», sagt Casparis<br />

stolz. Er ist überzeugt, dass alle <strong>Gastro</strong>nomen,<br />

Sommeliers und Service-Fachkräfte,<br />

die vor Ort waren, den Wein viel besser<br />

verstehen und verkaufen können. «Sie<br />

haben ein Erlebnis und eine Beziehung<br />

zum Produkt und zu den Winzern, die sie<br />

kennenlernen. Das gibt ganz andere Geschichten<br />

zu erzählen.»<br />

Thematische Weintouren<br />

So vielseitig wie die Weine sind auch die<br />

rund 70 Winzerinnen und Winzer der<br />

Herrschaft. Casparis arbeitet für seine<br />

Touren etwa mit 25 zusammen und<br />

stimmt den Ausflug auf Wunsch thematisch<br />

ab. Interessiert sich jemand für Geschichte,<br />

erzählt er, dass das Schloss Salenegg<br />

in Maienfeld das älteste urkundlich<br />

erwähnte Weingut Europas ist. Bereits<br />

1068 wurden hier Weine gekeltert, heute<br />

produziert das Weingut auch hochklassigen<br />

Essig und verschiedene Öle. «Der Gast<br />

entscheidet, was er erleben will». Für fortgeschrittene<br />

Weinkenner zieht Gian Carlo<br />

Casparis auch mal Önologen, Geologen<br />

und Winzer bei, bietet Querdegustationen<br />

verschiedener Jahrgänge oder Sensorik-<br />

Seminare an. Unterwegs oder am Schluss<br />

jeder Weintour werden auch Weinkeller<br />

besucht und das Ergebnis der naturnahen,<br />

aufwendigen Bewirtschaftung darf<br />

verkostet werden. «Spätestens hier wird<br />

jedem Gast klar, weshalb die heimischen<br />

Tropfen ihren Preis haben. Aber sie sind<br />

ihn auch wert.»<br />

www.wine-tours.ch<br />

37<br />

GASTRO 1|<strong>2022</strong>

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