BB_Preimesberger_Code Alpha_160x230mm_2.Aufl_2022 Leseprobe
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BERUFLICHE ODYSSEE<br />
Mehr oder weniger durch Zufall landete mein Lebenslauf auf dem Schreibtisch<br />
einer amerikanischen Reederei. Zuvor war meine Karriere als Arzt<br />
sehr konfus verlaufen, mein Lebenslauf mit einem Fleckerlteppich vergleichbar<br />
gewesen – die Frage, wo ich mich in zehn Jahren in beruflicher Hinsicht<br />
sehen würde, hätte ich nicht beantworten können. Der Einstieg ins Berufsleben als<br />
Turnusarzt verlief gänzlich anders, als ich mir das vorgestellt hatte – geprägt von 60<br />
bis 80 Wochenstunden unbefriedigender, größtenteils nicht ärztlicher Tätigkeit und<br />
null Anerkennung. Zunehmend fiel es mir schwer, die spannende Zeit meiner Weltreise<br />
hinter mir zu lassen, im normalbürgerlichen Alltag Fuß zu fassen. Ich schmiedete<br />
bereits Pläne für weitere, größere Reisen nach der Turnusausbildung.<br />
Doch es kam alles anders. Mit großer Erwartung fieberte ich dem letzten Tag<br />
im Krankenhaus Bad Ischl entgegen, die Reisepläne waren längst geschmiedet, mein<br />
Enthusiasmus unbeschreiblich groß. Zuvor hatte ich mich von Jessica getrennt, vielleicht<br />
hätte uns eine gemeinsame Reise wieder zusammengebracht. Einen Tag, bevor<br />
ich meinen Spind im Krankenhaus räumte, erhielt ich vom Herz-Kreislauf-Zentrum<br />
in Bad Ischl das Angebot für eine einjährige Ausbildungsstelle im Fach Innere Medizin.<br />
Mein Plan für eine längere Auszeit, um erneut auf Reisen zu gehen, stand<br />
eigentlich schon fest, ich war gespalten, geschürt von meinem Umfeld, das mich in<br />
die gegenteilige Richtung drängte. „Eine derartige Chance bekommst Du kein zweites<br />
Mal, das darfst Du nicht sausen lassen. Die Reise läuft Dir nicht davon, Du hast ohnehin<br />
schon sehr viel von der Welt gesehen“ – so die Antworten und Ratschläge, die<br />
auf mich einprasselten.<br />
Nach unzähligen schlaflosen Nächten entschied ich mich für die Ausbildungsstelle<br />
im Herz-Kreislauf-Zentrum – eine Vernunftentscheidung, aber auch der Druck<br />
meines Umfelds führte mich zu diesem Entschluss. Mein Herz hätte anders entschieden.<br />
Anstatt der längeren Reiseauszeit ging es für zwei Wochen nach Ecuador und<br />
auf die Galapagosinseln, wenig später trat ich meinen Dienst an. Das Ausbildungsjahr<br />
verging im Flug, ich lernte in einem Umfeld von sehr netten Kollegen auf angenehme<br />
Art und Weise medizinisch sehr viel. Bei jeder Gelegenheit flüchtete ich in die weite<br />
Welt, um meinem verloren geglaubten Traum hinterherzujagen. Doch auch nach<br />
diesem Jahr kam es anders. Ich lernte Karin kennen, es entwickelte sich eine langjährige<br />
Beziehung. Karin war beruflich fest gebunden, auf gemeinsame Reisen zu gehen<br />
unmöglich.<br />
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