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Ulrich Gäbler: Aufbrüche (Leseprobe)

Ulrich Gäbler ist ein international angesehener Kirchenhistoriker, der in der Schweiz, in den Niederlanden sowie in den USA wirkte und wegweisende Impulse in seinem Fach setzte. Der vorliegende Band, der zu seinem 80. Geburtstag erscheint, versammelt einerseits einundzwanzig ausgewählte Aufsätze zur Geschichte des europäischen und amerikanischen Protestantismus. Er umfasst neben einer Arbeit zur mittelalterlichen Kirchengeschichte vornehmlich Aufsätze zur Reformationsgeschichte und zur Frühen Neuzeit sowie zu den Erweckungsbewegungen und zum 19. Jahrhundert. Andererseits bietet der Band sieben Basler Rektoratsreden aus den Jahren 1998 bis 2006, die zum langjährigen, internationalen hochschulpolitischen Engagement Ulrich Gäblers gehören. Ein Verzeichnis der Schriften Ulrich Gäblers dokumentiert dessen umfangreiches und vielfältiges Oeuvre.

Ulrich Gäbler ist ein international angesehener Kirchenhistoriker, der in der Schweiz, in den Niederlanden sowie in den USA wirkte und wegweisende Impulse in seinem Fach setzte. Der vorliegende Band, der zu seinem 80. Geburtstag erscheint, versammelt einerseits einundzwanzig ausgewählte Aufsätze zur Geschichte des europäischen und amerikanischen Protestantismus. Er umfasst neben einer Arbeit zur mittelalterlichen Kirchengeschichte vornehmlich Aufsätze zur Reformationsgeschichte und zur Frühen Neuzeit sowie zu den Erweckungsbewegungen und zum 19. Jahrhundert. Andererseits bietet der Band sieben Basler Rektoratsreden aus den Jahren 1998 bis 2006, die zum langjährigen, internationalen hochschulpolitischen Engagement Ulrich Gäblers gehören. Ein Verzeichnis der Schriften Ulrich Gäblers dokumentiert dessen umfangreiches und vielfältiges Oeuvre.

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Der »Kinderkreuzzug« vom Jahre 1212 25<br />

das Aufkommen der französischen Knabenprozessionen oder der deutschen<br />

Wallfahrt verantwortlich sind. Sofern man überhaupt eine Veranlassungangeben<br />

will, scheint es zumindest möglich, wenn nicht wahrscheinlich, dass beide Bewegungen,<br />

vielleicht unabhängig voneinander, aus dieser Quelle gespeist wurden.<br />

Allerdings wäre auch denkbar, dass sich ein als Prozession beabsichtigter<br />

Umzug unter der visionären Führerschaft des jugendlichen Nikolaus zueiner<br />

Jerusalemwallfahrt formte. Genaueres wird sich kaum sagen lassen.<br />

Sofern der deutsche Zug in der Verursachung tatsächlich mit den Aufrufen<br />

zum Kreuzzug gegen Ketzer und Mauren zusammenhängt, zeigt sich doch eine<br />

charakteristische Umformung. DemAufruf wird nicht direkt gefolgt. Man begibt<br />

sich vielmehr auf dieFahrt zum eigentlichen Ziel eines Kreuzzuges: zum Heiligen<br />

Grab. Hierin drückt sich eine Geisteshaltung aus, die Innozenz III. entscheidend<br />

förderte und die auch im 13. Jahrhundert lebendig bleibt: Das wahre Ziel der<br />

Christenheit liegt im Heiligen Land, und den Wallfahrern dorthin gilt Gottes<br />

besondere Führsorge.<br />

Der sogenannte Kinderkreuzzug, häufig als Symptom für die Absurdität und<br />

die Verwerflichkeit des Kreuzzugsgedankens überhaupt bezeichnet, entpuppt<br />

sich bei näherem Zusehen als eine Jerusalemwallfahrt, deren Auffälligkeit wohl<br />

in der großen Zahl der Teilnehmer, dem jugendlichen Führer und der Hoffnung<br />

auf ein unmittelbares Eingreifen Gottes inAnlehnung an die Geschichte Israels<br />

liegt. So merkwürdig diese Elemente im Einzelnen auch sein mögen, sie fügen<br />

sich durchaus in die Welt des mittelalterlichen Menschen ein und verlieren<br />

deshalb den Charakter der Außergewöhnlichkeit.

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