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atw - International Journal for Nuclear Power | 05.2022

Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information. www.nucmag.com

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2022<br />

5<br />

ISSN · 1431-5254<br />

32.50 €<br />

Der Streckbetrieb –<br />

wie funktioniert er und<br />

warum eigentlich?<br />

The Global Renaissance of<br />

<strong>Nuclear</strong> Energyr<br />

SPECIAL


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Fortschritte in der europäischen Kernenergie –<br />

<strong>for</strong>tgesetzter Schwebezustand in Deutschland<br />

3<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

wie schon in den vergangenen Jahrzehnten kreist auch in der<br />

Krise die energiepolitische Diskussion in Deutschland vor allem<br />

um sich selbst. Wobei es eigentlich gar keine Diskussion im eigentlichen<br />

Sinne gibt, da alle energiepolitischen Konzepte<br />

immer auf 100 Prozent erneuerbare Energien in der Stromversorgung<br />

konvergieren. Als Spielraum für alternative Konzepte<br />

und Vorschläge verbleiben dann rechnerisch noch genau null<br />

Prozent. Dass ein solcher Pfad nirgendwo sonst verfolgt wird,<br />

spricht sich zwar langsam herum, bis ins politische Berlin hat es<br />

die Erkenntnis aber noch nicht geschafft.<br />

Von unseren Nachbarn kommen Nachrichten, die für die Zukunft<br />

der Kernenergie hoffnungsvoll stimmen. So wird in der<br />

Britischen Energiesicherheitsstrategie, die Gegenstand des Interviews<br />

in dieser Ausgabe ist, ein erhebliches Kernenergieneubauprogramm<br />

im Vereinigten Königreich für die kommenden<br />

Jahrzehnte bestätigt. Dazu passend hat das Kernkraftwerksprojekt<br />

Sizewell C zur Errichtung zweier weiterer UK-EPR im vergangenen<br />

Juli die Planungsgenehmigung erhalten. Dieser Genehmigungsschritt<br />

ist in England und Wales für große Infrastrukturprojekte<br />

notwendig und sieht eine Beteiligung der Öffentlichkeit<br />

vor.<br />

In Finnland wird nach Ausbesserungsarbeiten am „Turbine<br />

Island“ seit Anfang August die Inbetriebsetzung des Kernkraftwerks<br />

Olkiluoto 3 <strong>for</strong>tgesetzt, das ab Dezember in den kommerziellen<br />

Betrieb übergehen soll. Das Kernkraftwerk wird dann<br />

rund 30 Prozent der Stromerzeugung in Finnland bereitstellen<br />

und die bisherigen russischen Stromimporte ersetzen. Die Anlage<br />

würde sich trotz der vieldiskutierten Kostensteigerungen<br />

auf dem aktuellen Strompreisniveau in Finnland in rund sieben<br />

Jahren amortisieren. Auch beim Strompreis von 2021 wäre eine<br />

Amortisation in 12 Jahren möglich. Das gerne vorgebrachte<br />

Argument, neue Kernkraftwerke seien strukturell unrentabel,<br />

lässt sich also nicht länger aufrechterhalten. Auch das Projekt<br />

Flamanville 3 in Frankreich kommt langsam auf die Zielgerade.<br />

Ende Juli wurde mit dem abschließenden Testprogramm vor<br />

der Beladung mit Kernbrennstoff begonnen, während parallel<br />

noch in diesem Jahr die Ausbesserungen bei den Schweißnähten<br />

des Sekundärkreislaufes abgeschlossen werden sollen. Die<br />

Inbetriebsetzung soll im kommenden Jahr erfolgen.<br />

Auch die Frage eines Weiterbetriebs von Kernkraftwerken im<br />

Zusammenhang mit der aktuellen Energiekrise kann man anders<br />

angehen als bei uns. Ausgerechnet in Belgien – gemeinhin<br />

eher für politischen Zwist und Bürokratie bekannt – wurde von<br />

einer Regierung mit Beteiligung der Grünen, die eben noch entschlossen<br />

waren, den belgischen Ausstieg aus der Kernenergie<br />

endgültig zu vollziehen, eine pragmatische Kehrtwende<br />

vorgenommen: Die beiden jüngsten Kernkraftwerksblöcke, Tihange<br />

3 und Doel 4 sollen aus Gründen der Energieunabhängigkeit<br />

nun statt bis 2025 noch 10 weitere Jahre bis 2036 laufen.<br />

Nach einer entsprechenden Grundsatzentscheidung der<br />

Regierung im März wurde Ende Juli eine prinzipielle Einigung<br />

mit dem Betreiber Electrabel erzielt. Diese sieht vor, dass die<br />

Anlagen 2025 für eine einjährige Modernisierung pausieren<br />

und eine Betriebsgesellschaft mit 50-prozentiger Beteiligung<br />

des belgischen Staates gegründet wird. Darüber hinaus soll eine<br />

Lösung zur Finanzierung der Endlagerung gefunden werden,<br />

die ähnlich der heutigen Regelung in Deutschland eine Obergrenze<br />

für die Kostenbelastung des Eigentümers vorsieht.<br />

Abgesehen von der leicht ironischen Tatsache, dass Deutschland<br />

bei der Re<strong>for</strong>m der Entsorgungsfinanzierung mit Blick auf<br />

Belgien tatsächlich zum Vorreiter geworden ist, bietet der zeitliche<br />

Rahmen einen Einblick in eine ganze andere Lagebewertung<br />

als sie momentan in der Bundesregierung vorherrscht: In<br />

Belgien wird der Betrieb von Anlagen substanziell verlängert,<br />

die unmittelbar in der Krise gar nicht abgeschaltet worden<br />

wären, wie bei den deutschen Anlagen vorgesehen. Gleichwohl<br />

wird die Sicherheit auf mittlere Frist so hoch eingeschätzt, dass<br />

die belgischen Grünen über ihren Schatten gesprungen sind.<br />

Auch Belgien hat bei seiner Energiewende auf Gaskraftwerke<br />

gesetzt, die überwiegend aus Russland hätten beliefert werden<br />

sollen. Diese Frage – wie es mit der Energiewende eigentlich<br />

weiter gehen soll – wurde in Deutschland noch gar nicht wirklich<br />

angerissen, nur vereinzelt angesprochen, etwa von Prof.<br />

Neumann in der <strong>atw</strong>.<br />

In Deutschland gibt es mit Stand dieses Textes weiter keine Entscheidung<br />

zum Umgang mit den letzten drei Kernkraftwerken,<br />

wie schon seit fast sechs Monaten. Mitte Juli wurde ein zweiter<br />

Stresstest für die Stromversorgung aufgesetzt, der Ende August<br />

veröffentlicht werden soll. Zugleich wurde in den Raum gestellt<br />

– man vergleiche dies mit Belgien – Kernkraftwerke oder vielleicht<br />

sogar nur eine einzige Anlage lediglich im Streckbetrieb,<br />

also für wenige Wochen oder Monate in 2023 zu nutzen. Eine<br />

Maßnahme, die weder zur Versorgungskrise passt, die bis mindestens<br />

Frühjahr 2024 dauern wird, noch einen wirksamen Impuls<br />

zur Preisdämpfung auf dem Strommarkt setzen kann, anders<br />

als ein möglicher mehrjähriger Weiterbetrieb der Anlagen<br />

mit der günstigsten Kostenstruktur aller Stromerzeuger in<br />

Deutschland.<br />

Nicolas Wendler<br />

– Chefredakteur –<br />

EDITORIAL<br />

Editorial<br />

Fortschritte in der europäischen Kernenergie – <strong>for</strong>tgesetzter Schwebezustand in Deutschland


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Inhalt<br />

4<br />

CONTENTS<br />

Ausgabe 5<br />

2022<br />

September<br />

Editorial<br />

Fortschritte in der europäischen Kernenergie –<br />

<strong>for</strong>tgesetzter Schwebezustand in Deutschland . . . . . . . . . . . . . .3<br />

Did you know? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5<br />

Kalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6<br />

Feature | Operation and New Build<br />

Der Streckbetrieb – wie funktioniert er und warum eigentlich?. . . 7<br />

Kai Kosowski, Marcus Seidl<br />

Interview with Greg Hands<br />

“The Strategy Increases our Plans <strong>for</strong> Deployment of<br />

Civil <strong>Nuclear</strong>, to up to 24 GW by 2050, Three Times More<br />

than the Current Provision and Representing up to 25 %<br />

of our Projected Electricity Demand” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Serial<br />

The Global Renaissance of <strong>Nuclear</strong> Energy . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

Björn Peters<br />

Energy Policy, Economy and Law – Teil 2<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität<br />

und im Energiesektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Achim-R. Börner<br />

Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

Strahlenschutz: Quo vadis? – Zur anstehenden Revision der<br />

ICRP-Empfehlungen von 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

Ulrike Feldmann<br />

SPECIAL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 – 93<br />

Conference Report | Nicolas Wendler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

Eröffnungsansprache 1. Teil | Frank Apel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

Eröffnungsansprache 2. Teil | Thomas Seipolt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .44<br />

Eröffnungsansprache 3. Teil | Ralf Güldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

KTG-Ehrenmitgliedschaft Dr. Erwin Fischer | Laudatio Frank Apel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

Antwort von Dr. Erwin Fischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

Impressionen KERNTECHNIK 2022 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

BEST PRESENTATION AWARD – 1. Platz | Alena Wernke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

BEST PRESENTATION AWARD – 1. Platz | Burkhard Kleibömer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />

BEST PRESENTATION AWARD – 2. Platz | Andreas Bender, Sabrina Gil Pascual . . . . . . . . . . . . . 62<br />

BEST PRESENTATION AWARD – 3. Platz | Guillaume Hémery . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

Young Scientist Workshop 2022 | Jörg Starflinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

BEST PAPER AWARD YSW – 1. Platz | Marc Kirsch, Sergio Iván Cáceres Castro . . . . . . . . . . . . . 74<br />

BEST PAPER AWARD YSW – 2. Platz | Julia Krieger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

BEST PAPER AWARD YSW – 3. Platz | Nelson Felipe Rincón Soto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84<br />

BEST PAPER AWARD YSW – 3. Platz | Eduard Diaz-Pescador . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

Cover:<br />

Olkiluoto <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plant.<br />

(Credit: OL3 kuusisenmaalta:<br />

Tapani Karjanlahti / TVO, Aerial: TVO)<br />

KTG – Fachinfo. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />

Vor 66 Jahren<br />

Auf dem Weg zum Welt–Uranmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />

Report<br />

Weltweite Top Ten der Kernkraftwerke 2021 . . . . . . . . . . . . . 100<br />

KTG Inside . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101<br />

News . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

Inhalt


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Did you know?<br />

CO 2 -arme Stromversorgung in den USA mit neuer Kernenergie –<br />

aktuelle Studie<br />

Im Juli 2022 wurde vom Breakthrough Institute die Studie<br />

„Advancing <strong>Nuclear</strong> Energy – Evaluating Deployment,<br />

Investment, and Impact in America’s Clean Energy<br />

Future” zur Erreichung eines Elektrizitätsversorgungssystems<br />

in den Vereinigten Staaten weitestgehend ohne<br />

CO 2 -Ausstoß bis 2050 veröffentlicht. Es wurde besonders<br />

der Beitrag von Kernreaktoren mit alternativen Technologien<br />

(Salzschmelzereaktor mit thermischem Speicher,<br />

Hochtemperaturreaktor) bzw. kleinen modularen Leichtwasserreaktoren<br />

betrachtet, aber ohne einen<br />

Pro-Kernenergie-Bias in die Modellrechnungen einzufügen.<br />

Im Rahmen der festgelegten Input-Parameter<br />

wurden vier unterschiedliche Szenarien ökonomisch<br />

modelliert, niedrigere angenommene Kosten für neue<br />

Reaktortechnologien mit hoher bzw. niedriger Lernkurve<br />

sowie hohe angenommene Kosten ebenfalls mit hoher<br />

bzw. niedriger Lernkurve. Wenig überraschend ergeben<br />

sich in den Szenarien mit niedrigen angenommenen<br />

Kosten hohe Anteile für die neuen Reaktortechnologien,<br />

in den Hochkostenszenarien niedrigere Anteile. Allerdings<br />

kann eine hohe Lernkurve den Nachteil hoher<br />

Kosten für die neuen Technologien am Anfang<br />

ausgleichen. Deren stärkeres Wachstum geht dabei nicht<br />

8000<br />

nur auf Kosten des Anteils erneuerbarer Energien,<br />

8000<br />

sondern auch auf Kosten der traditionellen Kernenergie 7000<br />

und der Gaskraft mit CO 2 -Abscheidung<br />

7000<br />

und -Speicherung 6000<br />

(CCS), die in der Studie in 2050 die 6000 einzigen drei Stromerzeugungsarten<br />

mit gesicherter Leistung bilden. 3982Eine<br />

5000<br />

5000<br />

Lernkurve bei der konventionellen Kernenergie (Grafik<br />

4000<br />

1)<br />

4000<br />

ist in der Studie übrigens nicht vorgesehen, so dass 3000<br />

zumindest die Szenarien mit hohen 3000Kosten an diesem<br />

2000<br />

Punkt vielleicht nicht aussagekräftig sind. Gleichwohl ist<br />

8000<br />

7000<br />

6000<br />

5000<br />

3982<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

3442<br />

in den beiden Szenarien mit hohen Kosten der Anteil der<br />

konventionellen Kernenergie jeweils deutlich höher als in<br />

den beiden Szenarien mit niedrigen Kosten, aber<br />

wesentlich kleiner als heute. Die Bandbreite des Anteils<br />

von neuer Kernenergie reicht dabei über die vier Szenarien<br />

von 20 Prozent bis 48 Prozent der Stromerzeugung in<br />

2050, die insgesamt von 3.900 TWh in 2020 auf 7.400<br />

TWh in 2050 steigt. Die kumulierten Investitionen in neue<br />

Kernenergie liegen zwischen 830 und 1.100 Milliarden<br />

US-Dollar bis 2050. Zum Vergleich würde das Szenario mit<br />

dem höchsten Anteil an Kernenergie bedeuten, dass in<br />

den Vereinigten Staaten in 2050 rund 35 Prozent mehr<br />

Strom aus Kernenergie erzeugt würde, als mit 2.653 TWh<br />

in 2021 auf der ganzen Welt..<br />

Es wird auch ein Vergleich mit anderen aktuellen Studien<br />

zur Entwicklung des US-Stromerzeugungssystems vorgenommen.<br />

In der Studie des Breakthrough Institute wird<br />

ebenso wie in der Studie „Zero by Fifty“ von Vibrant Clean<br />

Energy keine Beschränkung für den Ausbau erneuerbarer<br />

Energien oder neuer Kernenergie eingeführt. D. h. in<br />

beiden Studien ergeben 8000sich recht hohe Anteile für neue<br />

8000<br />

Kernenergie aus einer 7000 kostenoptimierenden Erreichung<br />

des 7000 CO 2 -Ziels. Werden – wie in einigen Szenarien der<br />

6000<br />

VCE-Studie sowie anderen Studien (Princeton, Williams et<br />

6000<br />

3982<br />

5000<br />

al) – Szenarien eingeführt, die Kernenergie<br />

3442<br />

3982<br />

und Gaskraft<br />

5000<br />

3442<br />

mit CCS 3982 verbieten, ergeben 4000 sich hohe Systemkosten und<br />

3442<br />

4848<br />

ein 4000 wesentlich höherer Flächenverbrauch. Szenarien, die<br />

3000<br />

4848<br />

nur 3000 traditionelle Kernenergie erlauben, führen nicht zu<br />

2000<br />

2847<br />

einem hohen Anteil von Kernenergie, außer wenn der<br />

2000<br />

2847<br />

3557<br />

Ausbau erneuerbarer 1000 Energie begrenzt wird, etwa im<br />

2847<br />

3557<br />

1000<br />

Hinblick auf 3557 den Flächenverbrauch.<br />

3442<br />

Quelle: Dr. Adam Stein,<br />

4848<br />

Jonah Messinger, Dr.<br />

Seaver 4848 Wang, Juzel<br />

4314<br />

Lloyd, Jameson McBride,<br />

Rani Franovich: Ad-<br />

4314<br />

vancing <strong>Nuclear</strong> Energy<br />

3557 – Evaluating Deployment,<br />

Investment, and<br />

1464<br />

Impact<br />

1464<br />

in America’s<br />

698<br />

441 1464<br />

271 Clean Energy Future; 2367<br />

0<br />

130 130<br />

2847<br />

Breakthrough<br />

698<br />

1000<br />

441 1464 2367<br />

Institute;<br />

Niedrige Kosten/Niedrige 271<br />

0<br />

130 130 698 Niedrige Kosten/Hohe<br />

July 2022 390 Hohe Kosten/N<br />

441<br />

Niedrige Kosten/Niedrige<br />

Lernkurve<br />

Niedrige Kosten/Hohe<br />

Lernkurve<br />

479<br />

271<br />

Hohe Kosten/Niedrige Hohe<br />

Lernkurve<br />

0<br />

130 698 130<br />

390 240 Kosten<br />

441 Lernkurve<br />

Lernkurve<br />

479<br />

130 Niedrige Kosten/Niedrige 271 130 Niedrige Kosten/Hohe 390Trad. Hohe Kernenergie Kosten/Niedrige GuD Lernkurve<br />

240 + CCS Hohe Kosten/Hohe Neue Kernenergie Lernkurv<br />

Lernkurve<br />

Niedrige Kosten/Hohe Trad. Lernkurve<br />

Hohe Kernenergie Kosten/Niedrige GuD + CCS Hohe<br />

Lernkurve<br />

Kosten/Hohe Neue Kernenergie Lernkurve Erneuerbare<br />

Lernkurve Trad. Kernenergie GuD Lernkurve + CCS Neue Kernenergie Erneuerbare<br />

Niedrige Kosten/Niedrige<br />

Lernkurve<br />

Trad. Kernenergie GuD + CCS Neue Kernenergie Erneuerbare<br />

4848<br />

4314<br />

DID YOU EDITORIAL KNOW? 5<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

2847<br />

3557<br />

441<br />

130 271 130<br />

Niedrige Kosten/Niedrige<br />

Lernkurve<br />

Niedrige Kosten/Hohe<br />

Lernkurve<br />

1464 2367<br />

Trad. Kernenergie GuD + CCS Neue Kernenergie Erneuerbare<br />

| Grafik 1:<br />

US-Stromerzeugungsmix 2050 nach Kosten- und Lernkurvenszenarien in TWh.<br />

698<br />

Hohe Kosten/Niedrige<br />

Lernkurve<br />

479<br />

390 240<br />

Hohe Kosten/Hohe Lernkurve<br />

Für weitere<br />

In<strong>for</strong>mationen<br />

kontaktieren Sie bitte:<br />

Nicolas Wendler<br />

KernD<br />

Berliner Str. 88A<br />

13467 Berlin<br />

Germany<br />

E-Mail:<br />

presse@KernD.de<br />

www.KernD.de<br />

Did you know?


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Kalender<br />

CALENDAR 6<br />

2022 – 2023<br />

04.09. – 09.09.2022<br />

NUTHOS-13 – 13th <strong>International</strong> Topical<br />

Meeting on <strong>Nuclear</strong> Reactor Thermal<br />

Hydraulics, Operation and Safety.<br />

ANS, Taichung, Taiwan<br />

www.ans.org<br />

07.09. – 09.09.2022<br />

World <strong>Nuclear</strong> Association Symposium.<br />

WNA, London, UK<br />

www.wna-symposium.org<br />

11.09. – 16.09.2022<br />

INPC 2022 – 28th <strong>International</strong> <strong>Nuclear</strong><br />

Physics Conference.<br />

Jefferson Lab, Cape Town, South Africa<br />

https://www.jlab.org/28th-international-nuclearphysics-conference-inpc-2022<br />

NENE Conference.<br />

ENS, Portoroz, Slovenia<br />

www.euronuclear.org<br />

12.09. – 15.09.2022<br />

13.09.2022<br />

Virtual Conference<br />

Small and Advanced Reactors.<br />

PMI Live<br />

www.pmi-live.com/events/small-and-advancedreactors2022/<br />

New <strong>Nuclear</strong> <strong>for</strong> Maritime.<br />

Core <strong>Power</strong>, London, UK<br />

https://corepower.energy/<br />

19.09.2022<br />

19.09. – 20.09.2022<br />

Virtual Conference<br />

NUPP 2022 – 4th <strong>International</strong> Conference<br />

on <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants.<br />

Structures, Risk, Control & Decommissioning.<br />

ASRANet<br />

https://asranet.co.uk/Conferences/nupp2022/<br />

03.10. – 06.10.2022<br />

G4SR-4 – 4th <strong>International</strong> Conference<br />

on Generation IV and Small Reactors.<br />

Canadian <strong>Nuclear</strong> Society, Toronto, Canada<br />

www.g4sr.org<br />

06.10. – 07.10.2022<br />

Virtual Conference<br />

Small Modular Reactors.<br />

Prospero Events<br />

https://www.prosperoevents.com/event/2ndannual-small-modular-reactors-smr-2022/<br />

09.10. – 13.10.2022<br />

TopFuel 2022 – Light Water Reactor<br />

Fuel Per<strong>for</strong>mance Conference.<br />

ANS, Raleigh, NC, USA<br />

www.ans.org/meetings/topfuel2022<br />

18.10. – 21.10.2022<br />

<strong>International</strong> Conference on Topical Issues<br />

in <strong>Nuclear</strong> Installation Safety.<br />

ENS, Vienna, Austria<br />

www.euronuclear.org<br />

01.11. – 02.11.2022<br />

SYP2022 – <strong>Nuclear</strong> Science and Technology<br />

Symposium.<br />

Finnish <strong>Nuclear</strong> Society, Helsinki, Finland<br />

www.ats-fns.fi/en/syp2022<br />

10.11. – 11.11.2022<br />

15th European <strong>Nuclear</strong> Energy Forum.<br />

European Commission, Prague, Czech Republic<br />

https://ec.europa.eu/info/events/europeannuclear-energy-<strong>for</strong>um-enef/15th-europeannuclear-energy-<strong>for</strong>um-2022-nov-10_en<br />

23.11. – 24.11.2022<br />

Hybrid<br />

Energy 2050 Summit.<br />

Frontier, London, UK<br />

www.frontierenergy.network/events/energy-<br />

2050-summit-2022<br />

28.11. – 02.12.2022<br />

5. <strong>International</strong> Conference on <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Plant Life Management.<br />

IAEA, Vienna, Austria<br />

www.iaea.org/events/plim-5<br />

29.11. – 01.12.2022<br />

Valve World Expo 2022.<br />

Messe Düsseldorf, Düsseldorf, Germany<br />

www.valveworldexpo.com<br />

– 2023 –<br />

06.02. – 09.02.2023<br />

Conference on <strong>Nuclear</strong> Training and Education:<br />

A Biennial <strong>International</strong> Forum (CONTE 2023).<br />

Omni Amelia Island Resort, Amelia Island, FL<br />

www.ans.org/meetings/view-conte23<br />

26.02. – 02.03.2023<br />

WM2023 Conference.<br />

X-CD Technologies, Phoenix AZ, USA<br />

www.wmsym.org<br />

04.04. – 06.04.2023<br />

ITER Business Forum 2023.<br />

ITER Business Forum, Marseille, France<br />

www.iterbusiness<strong>for</strong>um.com<br />

23.04. – 27.04.2023<br />

<strong>International</strong> Congress on Advances in<br />

<strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants (ICAPP).<br />

Gyeongju, South Korea<br />

www.ans.org/meetings/view-icapp2023<br />

19.09. – 21.09.2022<br />

Fontevraud 10.<br />

Sfen, Avignon, France<br />

www.sfen.org/evenement/fontevraud-10/<br />

25.09. – 29.09.2022<br />

ICRS 14/RPSD 2022.<br />

Seattle, WA|Seattle Marriott Waterfront, USA<br />

www.ans.org/meetings/icrs14rpsd22<br />

27.09. – 28.09.2022<br />

<strong>International</strong> <strong>Power</strong> Summit 2022.<br />

PMI, Munich, Germany<br />

14.11. – 17.11.2022<br />

12th <strong>International</strong> Symposium<br />

Release of Radioactive Materials | Provisions<br />

<strong>for</strong> Clearance and Exemption.<br />

TÜV Nord, Frankfurt, Germany<br />

www.tuev-nord.de<br />

11.06. - 16.06.2023<br />

PATRAM22.<br />

World <strong>Nuclear</strong> Transport Institute (WNTI)<br />

and partners, Antibes, France<br />

www.patram.org<br />

30.08. – 01.09.2023<br />

KONTEC 2023.<br />

Dresden, Germany<br />

www.kontec-symposium.com<br />

29.09. – 30.09.2022<br />

Nachwuchstagung KERNTECHNIK 2022.<br />

KTG Junge Generation, Stuttgart, Germany<br />

https://www.ktg-nachwuchstagung.de/<br />

15.11. – 17.11.2022<br />

ICOND 2022.<br />

Aachen Institute <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Training, Aachen,<br />

Germany<br />

www.icond.de<br />

28.11. – 30.11.2023<br />

World <strong>Nuclear</strong> Exhibition.<br />

Paris Nord Villepinte - Hall 7, France<br />

www.world-nuclear-exhibition.com<br />

This is not a full list and may be subject to change.<br />

Calendar


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Der Streckbetrieb – wie funktioniert er<br />

und warum eigentlich?<br />

Kai Kosowski, Marcus Seidl<br />

In der derzeitigen Diskussion um eine Laufzeitverlängerung wird immer wieder der sogenannte Streckbetrieb<br />

erwähnt. Der Begriff wird mitunter bereits von Publikumsmedien aufgegriffen und Erklärungsversuche<br />

werden vorgenommen, aber der interessierte Leser erhält keine intuitive Darstellung wie der Streckbetrieb<br />

in der Praxis funktioniert. Die oberste Bundesbehörde BMUV für die sicherheitstechnische Aufsicht<br />

und das BMWK haben sich in ihrem Prüfvermerk zur Laufzeitverlängerung 1 auch über den Streckbetrieb<br />

eingelassen. Zum Beispiel wurde dargelegt, dass der Streckbetrieb keine zusätzlichen Strommengen bringe.<br />

Der Branchenverband KernD sowie Gutachterorganisationen und auch der Pro-Kernkraft Verein Nuklearia<br />

e. V. haben den Prüfvermerk mittlerweile in eigenen Stellungnahmen widerlegt 2 3 4 . Im Folgenden werden<br />

wir den Mechanismus des Streckbetriebs erläutern und das beweisen, was schon seit über 30 Jahren<br />

bekannt ist: der Streckbetrieb stellt eine zusätzliche Reserve dar, die im kommenden Winter leicht genutzt<br />

werden könnte. Und diese zusätzlich erzeugbaren Strommengen sind erstaunlich groß im Vergleich zu<br />

dem, was konventionelle Kraftwerke erzeugen können. Aber der Reihe nach.<br />

Einmal mit Brennstoff beladen<br />

und ein Jahr lang und mehr Strom<br />

erzeugen – der Kernreaktor<br />

Anders als die Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen,<br />

haben Kernkraftwerke keine kontinuierliche<br />

Brennstoffzufuhr zum Beispiel mittels<br />

Gaseinspritzung, Kohleförderband oder ähnliches.<br />

Der Reaktorkern wird mit Brennelementen, die<br />

Kernbrennstoff enthalten, beladen und in ihnen ist<br />

typischerweise die komplette Energiemenge für<br />

ein Jahr Erzeugung gespeichert. Der Reaktordruckbehälter<br />

wird verschlossen und der Reaktor<br />

erzeugt nach dem Hochfahren durch kontrollierte<br />

Kettenreaktion die zur Dampferzeugung er<strong>for</strong>derliche<br />

Wärme. Nach etwa einem Jahr wird der<br />

Reaktor wieder heruntergefahren, der Reaktordruckbehälter<br />

geöffnet und etwa ¼ der abgebrannten<br />

Brennelemente gegen neue austauscht. Dieser<br />

Zeitraum der durchgängigen Stromerzeugung<br />

wird als ein Betriebszyklus bezeichnet. Da innerhalb<br />

des Betriebszyklus kein Brennstoff von außen<br />

zugeführt wird, muss der Reaktor mit den eingeladenen<br />

Brennelementen sozusagen haushal ten. Mit<br />

den frisch beladenen Brennelementen ist zu Beginn<br />

des Zyklus (BOC) ein Überschuss an spaltbaren<br />

Uran U-235 vorhanden. Der Reaktorkern weist<br />

einen hohen Reaktivitätsüberschuss auf. Fängt ein<br />

U-235-Kern ein Neutron ein, wird er instabil und<br />

zerfällt in Spaltprodukte. Zudem werden im Mittel<br />

zwei bis drei neue Neutronen freigesetzt. Für eine<br />

kontrollierte Kettenreaktion wird allerdings nur<br />

ein Neutron benötigt, das zudem entschleunigt,<br />

also abgebremst werden muss, um vom nächsten<br />

Urankern eingefangen werden zu kön nen. Das<br />

Abbremsen erfolgt durch den Moderator. In den<br />

Druckwasserreaktoren dient das Wasser sowohl als<br />

Kühlmittel als auch als Moderator. Abbildung 1<br />

zeigt schematisch die kontrollierte Kettenreaktion<br />

in einem Druckwasserreaktor. Im Wasser stößt das<br />

schnelle Neutron mit einem Wassermolekül<br />

zusammen, prallt ab, wird umgelenkt und verliert<br />

dadurch an Geschwindigkeit, stößt flipperartig auf<br />

die nächsten Wassermoleküle und verlangsamt<br />

sich weiter.<br />

Im Laufe des Betriebszyklus wird das spaltbare<br />

Uran durch Kernspaltung in Spaltprodukte umgewandelt<br />

und verbraucht. Man sagt, der Brennstoff<br />

wird abgebrannt, Spaltprodukte werden akkumuliert.<br />

Für die kontrollierte Kettenreaktion muss die<br />

Neutronenbilanz während des Betriebszyklus<br />

jedoch stets ausgeglichen sein. Da sich der Reaktivitätsüberschuss<br />

kontinuierlich während des<br />

Betriebszyklus verringert, bedarf es eines Mechanismus,<br />

um einerseits den Reaktivitätsüberschuss<br />

zu BOC – es gibt sehr viele spaltbare Urankerne<br />

FEATURE | OPERATION AND NEW BUILD 7<br />

1 BMWK, BMUV „Prüfung des Weiterbetriebs von Atomkraftwerken aufgrund des Ukraine-Kriegs“ Prüfvermerk, 07.03.2022;<br />

https://www.bmuv.de/download/pruefung-des-weiterbetriebs-von-atomkraftwerken-aufgrund-des-ukraine-kriegs<br />

2 KernD „Fachliche Kommentierung des Prüfvermerks der Bundesregierung „Prüfung des Weiterbetriebs von Atomkraftwerken aufgrund des Ukraine-Kriegs“<br />

durch den Verband Kerntechnik Deutschland e. V. (KernD)“, Stellungnahme, 15.03.2022;<br />

https://www.kernd.de/kernd-wAssets/docs/presse/Kommentar_KernD_Pruefvermerk_BReg_Weiterbetrieb_KKW.pdf<br />

3 TÜV Stellungnahme zum Prüfvermerk, z. B. hier<br />

https://www.sueddeutsche.de/bayern/atomkraft-laufzeit-isar-2-tuev-gutachten-1.5608181<br />

https://www.n-tv.de/politik/TUV-Weiterbetrieb-von-Isar-2-problemlos-moeglich-article23419334.html<br />

4 Nuklearia Stellungnahme „Kernkraftwerke bieten erhebliche Reserven für den Winter 2022/23“, 15.03.2022;<br />

https://nuklearia.de/2022/03/15/kernkraftwerke-bieten-erhebliche-reserven-fuer-winter-2022-23/<br />

Feature | Operation and New Build<br />

Der Streckbetrieb – wie funktioniert er und warum eigentlich? ı Kai Kosowski, Marcus Seidl


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

FEATURE | OPERATION AND NEW BUILD 8<br />

Kernspaltung in<br />

Brennstofftablette<br />

Wasser als<br />

Moderator<br />

Kernspaltung in<br />

Brennstofftablette<br />

langsames<br />

Neutron<br />

2-3 schnelle<br />

Neutronen<br />

erneute Kernspaltung<br />

| Abb. 1<br />

Kontrollierte Kettenreaktion.<br />

Spaltprodukte<br />

Kern-<br />

Spaltung<br />

U235<br />

Abbremsen<br />

der Neutronen<br />

langsames<br />

Neutron<br />

– zu binden und andererseits die schwindende<br />

Reaktivität zu EOC – die Urankerne wurden zu<br />

Spaltprodukten umgewandelt und nur wenige<br />

verbleiben – nicht vollständig zu verlieren. Durch<br />

Zugabe von Borsäure in das Wasser wird zu Beginn<br />

die überschüssige Reaktivität gebunden. Statt im<br />

nächsten Urankern eine Spaltung auszulösen,<br />

werden überschüssige Neutronen vom Bor absorbiert<br />

und stehen nicht mehr zur Verfügung.<br />

Mit zunehmendem Abbrand und kontinuierlich<br />

sinkender Reaktivität würde die Absorption der<br />

Neutronen durch Bor die Neutronenbilanz ver -<br />

schlechtern. Die Borkonzentration im Wasser wird<br />

daher kontinuierlich abgesenkt, um jederzeit eine<br />

ausgeglichene Reaktivitätsbilanz zu erhalten. Das<br />

natürliche Ende des Zyklus (EOC nat ) ist definitionsgemäß<br />

erreicht, wenn die Borkonzentration auf<br />

einen Mindestwert nahe Null fällt, der Primärkreis<br />

vollständig entboriert ist, siehe Abbildung 2.<br />

Ein weiterer Betrieb wie bisher führt dazu, dass die<br />

Neutronenbilanz nicht mehr ausgeglichen wird.<br />

Ein langsames Neutron findet unter der Vielzahl<br />

von Spaltprodukten und der kleinen U-235 Konzentration<br />

keinen spaltbaren Urankern mehr und wird<br />

womöglich anderweitig absorbiert und ist für die<br />

kontrollierte Kettenreaktion verloren. Der Reaktor<br />

erreicht nicht mehr 100 % Leistung und würde sich<br />

langsam selbst abschalten.<br />

Tank leer – oder doch nicht?<br />

Der Streckbetrieb<br />

An dieser Stelle kommt der so genannte Streckbetrieb<br />

zum Einsatz und ermöglicht einen nahtlosen<br />

Weiterbetrieb des Reaktors bei vollständig entboriertem<br />

Primärkreis um weitere 60 bis 90 Tage. Das<br />

für Außenstehende vermutlich Unbegreifliche an<br />

der Sache ist, dass die Reaktoren dafür keinen<br />

neuen Brennstoff benötigen, also der Reaktordruckbehälter<br />

weder geöffnet wird noch Brennelemente<br />

nachgeladen werden. Hier ist offenbar ein gedanklicher<br />

Knoten im Kopf bei den meisten Laien.<br />

Eine sachkenntliche Analyse der Reaktivitätsbilanz<br />

zeigt, dass die Reaktoren auch nach dem<br />

natürlichen Zyklusende noch erhebliche Leistungsreserven<br />

besitzen. Nicht der „Tank“ ist leer, sondern<br />

die Tankanzeige zeigt Null. Seit über 30 Jahren ist<br />

bekannt, dass die Kerne noch eine Zeitlang weiterbetrieben<br />

werden können, ohne dass sich die Tankanzeige<br />

ändert. Wie ist das möglich?<br />

Dazu muss man wissen, dass die Brennelemente<br />

etwa vier Jahre im Reaktorkern verbleiben und<br />

nicht nach jedem Betriebszyklus allesamt aus -<br />

getauscht werden. Vergleichbar ist das mit der<br />

„Verweilzeit“ der neuen Schüler in einer Grundschule.<br />

Zu den zuletzt zugeladenen frischen Brennelementen<br />

(die frischen Erstklässler) gesellen sich<br />

die Brennelemente, die schon einen Betriebszyklus<br />

im Kern standen, sowie diejenigen, die zwei oder<br />

drei Jahre Standzeit aufweisen. Es ist einleuchtend,<br />

dass die Brennelemente mit kürzerer Standzeit<br />

selbstverständlich auch höhere Leistungsreserven<br />

haben als die drei- oder vierjährigen Brennelemente.<br />

Normalerweise wechselt man am Ende<br />

eines Betriebszyklus von 12 Monaten gemäß dem<br />

FIFO-Prinzip (First In – First Out) nur das älteste<br />

Viertel aller Brennelemente gegen frische aus, die<br />

Borkonzentration [ppm]<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

Vorausberechnet<br />

Messwerte<br />

0 50 100 150 200 250<br />

Dauer Betriebszyklus [d]<br />

| Abb. 2<br />

Abnahme der Borkonzentration entlang des Betriebszyklus zur<br />

Aufrechterhaltung der Kritikalität.<br />

EOC nat<br />

300 350<br />

Feature | Operation and New Build<br />

Der Streckbetrieb – wie funktioniert er und warum eigentlich? ı Kai Kosowski, Marcus Seidl


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

übrigen sind noch nutzbar und bleiben im Kern.<br />

Abbildung 3 veranschaulicht die Abbrands- und<br />

Reaktivitätsreserven der Brennelemente unterschiedlicher<br />

Standzeiten im Kern am Beispiel einer<br />

Anlage zum Zyklusende. Die frischesten Brennelemente<br />

haben erst einen Abbrand von 12 – 20 MWd/<br />

kgU erfahren, während die zweijährigen Brennelemente<br />

etwa den doppel ten Abbrand aufweisen,<br />

und so weiter.<br />

Die Leistungsreserve der frischeren Brennelemente<br />

ist zwar vorhanden, aber es hapert zum natürlichen<br />

Zyklusende an der ausgeglichenen Neutronenbilanz.<br />

Der Leistungsbetrieb kann über das<br />

Reaktivität<br />

0,20<br />

0,10<br />

0,00<br />

-0,10<br />

-0,20<br />

1. Standzeit<br />

2. Standzeit<br />

4./5. Standzeit<br />

3. Standzeit<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Abbrand [MWd/kgU]<br />

| Abb. 3<br />

Verteilung des Abbrand zu EOC am Beispiel eines Betriebszyklus.<br />

60 70<br />

natürliche Zyklusende hinaus <strong>for</strong>tgesetzt werden,<br />

wenn eine zusätzliche, positive Reaktivitätsquelle<br />

den Reaktivitätsverlust durch <strong>for</strong>tschreitenden<br />

Ab brand des Urans kompensiert und die Neutronenbilanz<br />

wieder ausgleicht. Eine mögliche positive<br />

Reaktivitätsquelle bietet die Absenkung der<br />

Wassertemperatur. Dies bewirkt eine Erhöhung der<br />

Dichte des Wassers im Wasserspalt zwischen den<br />

Brennstäben (Abbildung 1). Anfangs schnelle<br />

Neutronen aus der Kernspaltung treffen nun mit<br />

höherer Wahrscheinlichkeit auf dichter gedrängte<br />

Wassermoleküle und werden flipperartig besser<br />

abgebremst, wodurch mehr langsame Neutronen<br />

für die Fortsetzung der kontrollierten Kettenreaktion<br />

zur Verfügung stehen. Die Neutronenbilanz<br />

hat sich dadurch verbessert. Die Verlängerung des<br />

Betriebszyklus mit der vorhandenen Kernbeladung<br />

über das natürliche Zyklusende hinaus wird als<br />

Streckbetrieb bezeichnet.<br />

Bei der Fahrweise mit sinkender Primärwassertemperatur<br />

werden die Turbineneinlassventile<br />

vollständig geöffnet. Einerseits erhöht sich durch<br />

den größeren Öffnungsquerschnitt der Turbineneinlassventile<br />

der Durchsatz an Frischdampf, die<br />

Turbine als Wärmesenke entzieht dem Primärkreis<br />

über den Sekundärkreis mehr Energie als die<br />

Wärmequelle Reaktor in dem Moment bei gegebener<br />

Reaktivitätsbilanz erzeugen kann. Andererseits<br />

bewirkt das Öffnen der Turbineneinlassventile,<br />

dass der Druck stromaufwärts absinkt. Durch<br />

Sättigungsbedingungen im Dampferzeuger be -<br />

stimmt der sinkende Druck vor dem Turbineneinlassventil<br />

die Temperatur im Dampferzeuger und<br />

durch die thermische Kopplung mit dem kalten<br />

Strang des Primärkreislaufs auch die Reaktoreintrittstemperatur.<br />

Der Primärkreislauf im Druckwasserreaktor<br />

wird in der Folge kälter und liefert<br />

über die Erhöhung der Dichte den zusätzlichen<br />

positiven Reaktivitätsbeitrag. Insgesamt folgt die<br />

Reaktorleistung der Charakteristik der Turbine,<br />

d. h. die Turbine extrahiert so viel Energie aus dem<br />

Reaktor, wie es die Reaktivitätsbilanz zulässt. Die<br />

Reaktorleistung nimmt dabei stetig ab.<br />

Die Abnahme der Reaktorleistung und das Absinken<br />

der Wassertemperatur wurde traditionell<br />

empirisch aus dem Anlagenbetrieb abgeleitet.<br />

Typische Werte der Leistungsreduzierung liegen<br />

zwischen 0,3 und 0,4 Prozentpunkten pro Tag.<br />

Die für die Neutronenbilanz er<strong>for</strong>derliche kontinuierliche<br />

Dichteerhöhung des Wassers bewirkt eine<br />

Volumenkontraktion im Primärkreislauf, welche<br />

sich im Füllstand des Druckhalters bemerkbar<br />

macht: Er sinkt in der Folge ebenfalls kontinierlich<br />

ab. Diese Betriebsphase, bis der Füllstand seinen<br />

unteren Grenzwert erreicht, wird als Phase 1<br />

be zeichnet.<br />

Eine Fortsetzung des Streckbetriebs ist danach nur<br />

möglich, wenn der Druckhalterfüllstand wieder<br />

aufgefüllt wird. Damit wäre ein weiteres Gleiten<br />

der Temperaturen verbunden mit der notwendigen<br />

Dichteerhöhung möglich. Diese Option wird<br />

Phase 2 genannt, bestehend aus den Phasen 2.1<br />

und 2.2, die durch ein zweites Auffüllen des Druckhälters<br />

abgegrenzt werden.<br />

Da die Temperaturen fallen und der Druck im<br />

Dampferzeuger stetig abnimmt und die Werte im<br />

Laufe des Streckbetriebs deutlich von ihren Nominalwerten<br />

abweichen, verringern sich die Abstände<br />

zu den unteren Grenzwerten von Reglern oder<br />

Begrenzungseinrichtungen oder sogar vom Reaktorschutz.<br />

Bei den oberen Grenzwerte werden die<br />

Abstände allerdings größer. Es muss daher sicherheitstechnisch<br />

gewährleistet werden, dass diese<br />

größeren Abstände zu oberen Grenzwerten als<br />

auch die geringen Abstände zu unteren Grenzwerten<br />

weiterhin akzeptabel sind, um alle Störfalle<br />

sicher zu erkennen und Maßnahmen zur Beherrschung<br />

auszulösen.<br />

FEATURE | OPERATION AND NEW BUILD 9<br />

Feature | Operation and New Build<br />

Der Streckbetrieb – wie funktioniert er und warum eigentlich? ı Kai Kosowski, Marcus Seidl


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

FEATURE | OPERATION AND NEW BUILD 10<br />

Reaktorleistung [%]<br />

100<br />

90<br />

80<br />

| Abb. 4<br />

Reaktorleistung am Ende des Streckbetriebs.<br />

Um unnötige Grenzwertauslösungen zu vermeiden,<br />

die sinkenden Werte von Temperatur und Druck<br />

auf untere Grenzwerte auflaufen, ist die rechtzeitige<br />

Anpassung dieser Grenzwerte – also das<br />

Verstellen nach unten, um die Abstände wieder auf<br />

den ursprünglichen Wert zu erhöhen – er<strong>for</strong>derlich.<br />

Dieses Verstellen von Grenzwerten und der<br />

Betrag des Verstellens ist im Rahmen der Lizensierung<br />

des Streckbetriebs schon seit vielen Jahren<br />

geübte Praxis. Eine ausführliche Beschreibung ist<br />

in 5 und 6 zu finden.<br />

Der Streckbetrieb ist business as usual –<br />

Betriebserfahrungen<br />

Der Streckbetrieb wurde in den letzten über 35<br />

Jahren in vielen Betriebszyklen angewendet.<br />

Ursprünglich wurde diese Form der Zyklusverlängerung<br />

durchgeführt, um den Kernbrennstoff in<br />

Zeiten hoher Brennstoffpreise besser auszunutzen<br />

und um die Brennelementwechsel- und Revisionsplanung<br />

flexibler zu gestalten. Abbildung 4 zeigt<br />

eine Punktewolke. Jeder Punkt steht für einen<br />

Betriebszyklus, bei dem Streckbetrieb durchgeführt<br />

wurde. Die Punkte geben die Reaktorleistung<br />

am Ende des Streckbetriebs an. Es bestand nie die<br />

Notwendigkeit, länger als 60 Tage Streckbetrieb zu<br />

fahren, aber die Druckwasserreaktoren können es.<br />

Praktisch haben sie sogar ein paar Mal fast 90 Tage<br />

erreicht. Theoretisch ginge noch länger.<br />

Obere Einhüllende (0,2%P R /d)<br />

Sektor des optimalen<br />

Streckbetrieb (φ 1 , φ 2.1 , φ 2.2 )<br />

Untere Einhüllende (0,5%P R /d)<br />

70 DWR 1<br />

DWR 2<br />

DWR 3<br />

60<br />

DWR 4<br />

DWR 5<br />

50<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />

Dauer Streckbetrieb [d]<br />

Sektor bei anschließendem<br />

Wechsel zum φ 3 -Modus<br />

Unabhängig vom Leistungsverlauf des eigentlichen<br />

Betriebszyklus, also unabhängig davon, ob Leistung<br />

in den Sommermonaten gedrosselt wurde,<br />

können im Streckbetrieb zusätzliche Strommengen<br />

erzeugt werden. Im ersten Jahrzehnt des<br />

Anlagenbetriebs führten viele Anlagen einen vollständigen<br />

Streckbetrieb durch, inklusive zweimaligem<br />

Wiederauffüllen des Druckhalters mit<br />

entsprechender Anpassung von Grenzwerten<br />

(Betrieb im gelben Sektor in Abbildung 4). In den<br />

1990er Jahren, als in Deutschland die meisten<br />

Kernkraftwerke in Betrieb waren, mussten Revisions-<br />

und Nachladeintervalle eng aufeinander<br />

abgestimmt werden, um den enormen Bedarf an<br />

technischen Fachkräften für wiederkehrende<br />

Prüfungen zu bewältigen. Eine Just-in-Time-<br />

Verlängerung der Zykluslänge mit dem Streckbetrieb<br />

war dabei vorteilhaft.<br />

An die Phasen 1, 2.1 und 2.2 mit zweimaligem<br />

Auffüllen des Druckhalters schließt sich die Phase 3<br />

an, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die<br />

Temperaturen nicht weiter abgesenkt werden,<br />

sondern nur noch die Reaktorleistung. Eine<br />

Ab nahme der Reaktorleistung weist ebenfalls<br />

einen positiven Reaktivitätsbeitrag aus. Ein<br />

weiteres Anpassen von Grenzwerten ist dann nicht<br />

mehr er<strong>for</strong>derlich. Allerdings fehlt nun der Reaktivitätsbeitrag<br />

durch das Absinken der Wassertemperaturen.<br />

Um dies zu kompensieren, erfolgt die<br />

Leistungsabsenkung pro Tag entsprechend größer.<br />

In der Regel war mit den Phasen 1 + 2.1 + 2.2 die<br />

beabsichtigte Zyklusverlängerung bereits sehr<br />

ausreichend, so dass Phase 3 übersprungen oder<br />

nur kurz betrieben wurde. Da Phase 2.1 und 2.2 ein<br />

Verändern von Grenzwerten er<strong>for</strong>derte, wurde sie<br />

später nicht mehr verwendet. Daher ist die<br />

häufigste Fahrweise heute Phase 1 + 3. In Abbildung<br />

4 würde beim Wechsel auf Phase 3 der<br />

Verlauf der Reaktorleistung den gelben Sektor<br />

verlassen und in den blauen Sektor mit einem sig -<br />

ni fi kanten Leistungsabfall im Laufe der Zeit<br />

schwenken. Der rechte Leistungsverlauf in Abbildung<br />

5 zeigt den charakteristischen Knick beim<br />

Umschalten auf Phase 3.<br />

Der wesentliche Vorteil dieser Kombination aus<br />

Phase 1 + 3 besteht darin, dass nur minimale<br />

Eingriffe bei der Grenzwertverstellung er<strong>for</strong> derlich<br />

sind. Nachteilig ist die stärkere Abnahme der Reaktorleistung<br />

gegenüber einem vollständig durchgeführten<br />

Streckbetrieb. Weitere Erfahrun gen<br />

zum Streckbetrieb sind in 5 und 6 aufgeführt.<br />

Doch welche zusätzliche Strommenge kann im<br />

Streckbetrieb erzeugt werden? Betrachten wir den<br />

5 Kosowski, K.; Seidl, M.,”Operation Cycle Length Extension of a Konvoi PWR – Requirements and Experience from Operator’s Viewpoint”,<br />

19th <strong>International</strong> Topical Meeting on <strong>Nuclear</strong> Reactor Thermal Hydraulics (NURETH-19), Brussels, Belgium, March 6-11, 2022, Paper ID: 35039.<br />

6 Kosowski, K.; Seidl, M.,”Zyklusverlängerung der Konvoi-Reaktoren durch Streckbetrieb – An<strong>for</strong>derungen und Erfahrungen aus Sicht des Betreibers”,<br />

Proceedings Kerntechnik 2022, Leipzig, 21./22. Juni 2022; https://www.kerntechnik.com/kerntechnik-wAssets/docs/2022/Proceedings.zip<br />

Feature | Operation and New Build<br />

Der Streckbetrieb – wie funktioniert er und warum eigentlich? ı Kai Kosowski, Marcus Seidl


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

| Abb. 5<br />

Typisches Absinken der Reaktorleistung während Phase 1+2.1+2.2 und kurzer Phase 3 (links) gegenüber Phase 1+3 mit charakteristischem Knick (rechts).<br />

linken Verlauf in Abbildung 5: nach 88 Tagen<br />

liegen noch 70 % der Reaktornennleistung vor. Die<br />

erzeugte Strommenge ist die farbige Fläche unterhalb<br />

der Kurve. Unterstellt man den linearen<br />

Verlauf von 100 auf 70 % in 88 Tagen, dann ist es<br />

das gleiche, als würde die Anlage 88 Tage mit dem<br />

Mittelwert 85 % konstant betrieben werden. In<br />

diesen 88 Tagen kann man grob 1400 MW el x 24<br />

Stunden x 88 Tage x 85 % = 2,5 TWh zusätzlich<br />

Strom produzieren.<br />

Fährt die Anlage den Streckbetrieb lediglich mit<br />

Phase 1 + 3, sind die Leistungseinbußen zum Ende<br />

des Streckbetriebs größer, siehe rechter Verlauf in<br />

Abbildung 5. Die Frage, ob die Anlage mit Phase<br />

1 + 3 jenseits der 60 Tage weiterbetrieben werden<br />

kann, hat sich in den letzten Jahren nicht gestellt,<br />

es gab keinen Grund, da es ökonomischer ist, den<br />

Zyklus zu beenden, Brennelemente nachzuladen<br />

und wieder 100 % Volllast zu fahren. Bei der<br />

derzeitigen Fragestellung, ob man mit Streckbetrieb<br />

eine mögliche Lieferverzögerung von Brennelementen<br />

überbrücken kann, ist die obige Frage<br />

mit ja zu beantworten, auch mit Phase 1 + 3 Betrieb<br />

können mehr als 60 Tage Streckbetrieb durchgeführt<br />

werden.<br />

Quantitativ könnten die drei verbleibenden Konvoi-<br />

Anlagen mit dem Streckbetrieb in etwa die Strommenge<br />

zusätzlich erzeugen, die das Gaskraftwerk<br />

Irsching Block 5 in einem ganzen Jahr produziert,<br />

wenn es denn Volllast liefe.<br />

meisten Zyklen in über 35 Jahren führte praktisch<br />

zu keinen Problemen oder nachteiligen Auswirkungen<br />

auf das Anlagenverhalten. Die Dauer des<br />

Streckbetriebs hängt von vielen Faktoren ab: Flexibilität<br />

des Revisionsbeginns, Kostenvorteil der<br />

Brennstoffeffizienz gegenüber der Brennstoffbeschaffung,<br />

Stromverkaufspreis und Besteuerungssystem<br />

für spaltbares Material.<br />

Abhängig von der Kombination der Fahrweisen<br />

und dem Umfang der (gewünschten) manuellen<br />

Eingriffe bei der Grenzwertverstellung ist eine<br />

nahtlose Verlängerung des Betriebszyklus zwi -<br />

schen 60 und 90 Tagen nach natürlichem Zyklusende<br />

mit zusätzlicher Erzeugung von erheblichen<br />

Strommengen im Bereich von Terawattstunden<br />

möglich – und dies ohne neuen Brennstoff nachladen<br />

zu müssen.<br />

Autoren<br />

Dr. Kai Kosowski<br />

PreussenElektra GmbH, Hannover.<br />

kai.kosowski@preussenelektra.de<br />

Dr. Kai Kosowski erhielt sein Diplom in Maschinenbau und promovierte auf<br />

dem Gebiet der Thermodynamik an der Technischen Universität Braunschweig.<br />

Seit 2009 arbeitet er als Ingenieur für nukleare Sicherheit bei der Preussen-<br />

Elektra GmbH. Er verfügt über ein breites Spektrum an Erfahrungen im Bereich<br />

der Sicherheitsanalysen mit Schwerpunkt auf Druckwasserreaktoren unter<br />

normalen und anormalen Betriebs- und Störfallbedingungen.<br />

FEATURE | OPERATION AND NEW BUILD 11<br />

Der Streckbetrieb<br />

„in a nutshell“<br />

Die Verlängerung des Betriebszyklus der Druckwasserreaktoren<br />

von PreussenElektra über das<br />

natürliche Zyklusende hinaus war „business as<br />

usual“. Die Anwendung des Streckbetriebs in den<br />

Dr. Marcus Seidl<br />

PreussenElektra GmbH, Hannover.<br />

marcus.seidl@preussenelektra.de<br />

Dr. Marcus Seidl erhielt sein Diplom in Physik an der Technischen Universität<br />

München (TUM) und promovierte anschließend an der Universität Mainz.<br />

Nach einer Beschäftigung beim TÜV Süd und der Framatome Advanced<br />

<strong>Nuclear</strong> Fuels ist er seit 2006 in der Abteilung Brennelementeinsatz und<br />

Entsorgung bei der PreussenElektra GmbH tätig.<br />

Feature | Operation and New Build<br />

Der Streckbetrieb – wie funktioniert er und warum eigentlich? ı Kai Kosowski, Marcus Seidl


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

INTERVIEW 12<br />

“The Strategy increases our Plans <strong>for</strong> Deployment of<br />

Civil <strong>Nuclear</strong>, to up to 24 GW by 2050, three times<br />

more than the Current Provision and Representing<br />

up to 25 % of our Projected Electricity Demand”<br />

Interview with Greg Hands I Minister of State at the UK Department<br />

<strong>for</strong> Business, Energy and Industrial Strategy<br />

Greg Hands<br />

Greg Hands was appointed Minister of State at the Department <strong>for</strong> Business,<br />

Energy & Industrial Strategy in September 2021.<br />

He was previously Minister of State <strong>for</strong> Trade Policy in the Department <strong>for</strong><br />

<strong>International</strong> Trade (DIT) from February 2020 to September 2021 and Minister<br />

of State in the Department <strong>for</strong> <strong>International</strong> Trade from 2016 to 2018. He was<br />

elected the Conservative MP <strong>for</strong> Hammersmith and Fulham in 2005, and <strong>for</strong><br />

Chelsea and Fulham in 2010.<br />

In April the UK government published the British<br />

Energy Security Strategy in response particularly,<br />

but not only, to the major energy policy challenges<br />

imposed by the Russian war on Ukraine. What are<br />

the major goals of this strategy?<br />

The overarching goal of the energy security strategy is<br />

to ensure that the UK’s energy system is clean, af<strong>for</strong>dable<br />

and above all secure.<br />

The near-term goal of the Strategy is to improve energy<br />

efficiency, reducing the amount of energy that households<br />

and businesses need. We are investing in decarbonising<br />

the UK’s homes and<br />

buildings through measures such<br />

as cavity wall insulation,<br />

improved product standards <strong>for</strong><br />

energy-using products, and<br />

expanding the use of heat pumps<br />

as opposed to gas boilers.<br />

The long-term solution set out by<br />

the Strategy is to address underlying vulnerability to<br />

international oil and gas prices by reducing dependence<br />

on imported oil and gas, while ensuring a smooth transition<br />

to net-zero. The Strategy details increasing<br />

renewable sources while building a British energy<br />

system that is more self-sufficient. This means ensuring<br />

we have power that can be relied on when the sun is not<br />

shining or the wind is not blowing, hence the huge<br />

investment and ambitious goals set out <strong>for</strong> nuclear<br />

power.<br />

As mentioned, these steps will also accelerate progress<br />

towards net zero, which is fundamental to energy<br />

The overarching goal of the<br />

energy security strategy is to<br />

ensure that the UK’s energy<br />

system is clean, af<strong>for</strong>dable and<br />

above all secure.<br />

security. By 2035 we will decarbonise our electricity<br />

system, subject to security of supply. This transition will<br />

reduce our dependence on imported oil and gas and<br />

deliver a radical long-term shift in our energy system.<br />

We will have cleaner, cheaper power, lower energy bills<br />

and thousands of high-wage, high-skilled jobs.<br />

The Energy Security Strategy builds on the Prime<br />

Minister’s ‘Ten point plan <strong>for</strong> a green industrial<br />

revolution’, and the ‘Net zero strategy’. Could you<br />

briefly recap <strong>for</strong> our readers the cornerstones of<br />

these policies?<br />

The ten-point plan was published<br />

in November 2020, and set out<br />

the approach government will<br />

take to build back better from the<br />

coronavirus pandemic, support<br />

green jobs, accelerate the UK’s<br />

path to net zero and invest in<br />

making the UK a global leader in<br />

green technologies. The plan<br />

focussed on increasing ambition in the following areas:<br />

• Advancing offshore wind<br />

• Delivering the growth of low carbon hydrogen<br />

• Delivering new and advanced nuclear power<br />

• Accelerating the shift to zero emission vehicles<br />

• Green public transport, cycling and walking<br />

• ‘Jet zero’ and green ships<br />

• Greener buildings<br />

• Investing in carbon capture, usage and storage<br />

• Protecting our natural environment<br />

• Green finance and innovation<br />

The ten-point plan mobilised £12 billion of government<br />

Interview<br />

“The “The Strategy Increases increases our Plans <strong>for</strong> Deployment of Civil <strong>Nuclear</strong>, to up to 24 GW by 2050, Three three Times times more More than the Current Provision and Representing up to 25 % of our Projected Electricity Demand” ı Greg Hands


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

investment and will potentially generate three times as<br />

much from the private sector, to create and support up<br />

to 250,000 green jobs.<br />

The Net Zero Strategy was published in October 2021<br />

and built on the foundations laid out by the 10-point<br />

plan. The Strategy sets out a delivery pathway showing<br />

indicative emissions reductions across sectors to meet<br />

our targets, based on our current understanding of each<br />

sector’s potential and a whole system view. This sits<br />

alongside clear policies and proposals on how we will<br />

deliver these reductions, including cross-cutting action<br />

to support the transition. Furthermore, the Strategy sets<br />

out how any remaining emissions will be hoovered up<br />

with greenhouse gas removals, whether natural (<strong>for</strong><br />

example trees) or technological, using carbon capture.<br />

Compared to the above, what are the differences<br />

and the enhancements of the Energy Security<br />

Strategy to adapt to the new energy reality, which<br />

the UK and all of Europe have to face?<br />

The Energy Security Strategy raises the ambitions set<br />

out in previous strategies. It recognises that the transition<br />

to net zero is fundamental to energy security.<br />

The Strategy seeks to accelerate the transition away<br />

from oil and gas, and thus go further in removing the red<br />

tape that holds back new clean energy developments<br />

and renewable technologies. One significant example of<br />

this was the significant commitment<br />

to new nuclear in the UK,<br />

reversing decades of underinvestment<br />

in a technology the UK used to<br />

lead on. The strategy increases our<br />

plans <strong>for</strong> deployment of civil<br />

nuclear, to up to 24 GW by 2050,<br />

three times more than the current provision and representing<br />

up to 25 % of our projected electricity demand.<br />

Having already committed to funding <strong>for</strong> one nuclear<br />

project to Final Investment Decision (FID) this parliament,<br />

the Energy Security Strategy commits to also<br />

bringing two projects to FID in the next parliament.<br />

Depending on the pipeline of projects, these ambitions<br />

could see us delivering the equivalent of one reactor a<br />

year, rather than one a decade as we have done previously.<br />

There are many other ambitious enhancements in the<br />

strategy, from ramping up deployment of solar and wind<br />

power to boosting our commitment to hydrogen and<br />

accelerating energy efficiency measures to help reduce<br />

our dependence on fossil fuels.<br />

The most obvious difference between UK and<br />

German energy policy is the assessment of nuclear<br />

power. What are the reasons to include a major<br />

share of nuclear in the long-term UK energy mix?<br />

The UK sees a strategic case <strong>for</strong> including nuclear in<br />

future energy mix, with advantages <strong>for</strong> both energy<br />

security and combatting climate change, alongside the<br />

economic benefits of nuclear.<br />

Modelling by the UK Government in 2020 concluded<br />

that most of the UK’s future electricity needs should be<br />

met by renewables and flexible technologies including<br />

energy storage. But it also showed that to achieve a<br />

stable, low-cost electricity system to meet net-zero, we<br />

need more low-carbon power to complement the intermittency<br />

of technologies such as wind and solar, and the<br />

uncertainties of storage technologies. We can only<br />

secure a big enough baseload of reliable power <strong>for</strong> the<br />

UK by drawing on nuclear, both through large-scale<br />

plant options and advanced nuclear technologies such<br />

as Small Modular Reactors and Advanced Modular<br />

Reactors.<br />

<strong>Nuclear</strong> is a low-carbon technology and has one of the<br />

lowest life-cycle emissions rates among generating technologies.<br />

It is also a proven technology and can help us<br />

fight against climate change today while we invest in<br />

future technologies; time is critical, and we cannot<br />

simply wait <strong>for</strong> these to be developed. <strong>Nuclear</strong> is also<br />

energy dense, providing a significant amount of energy<br />

from a relatively very small land area – Hinkley Point C<br />

will power the equivalent<br />

of around 6 million<br />

homes from just a quarter<br />

of a square mile. This is<br />

particularly important<br />

when balancing the<br />

needs of growing populations<br />

with demands <strong>for</strong> resources. Finally, nuclear is<br />

‘always on,’ providing continuous power and stability to<br />

the grid, providing a solid foundation <strong>for</strong> power generation<br />

on which renewable technologies can build.<br />

The Energy Security Strategy raises the<br />

ambitions set out in previous strategies.<br />

It recognises that the transition to net<br />

zero is fundamental to energy security.<br />

<strong>Nuclear</strong> also brings a host of economic benefits, with<br />

each large-scale nuclear power plant potentially<br />

supporting up to around 10,000 jobs at peak construction,<br />

and around 900 permanent jobs once in operation,<br />

a period expected to last at least 60 years. The sector<br />

also has a strong track record in apprenticeships, with<br />

over 2,000 recorded in 2019. The UK nuclear industry<br />

covers the life cycle of fuel production, generation,<br />

decommissioning, waste management and research,<br />

underpinning a broad economic footprint across the<br />

country. Currently the sector is estimated to contribute<br />

£6.4bn annually to the UK economy, which each civil<br />

nuclear employee contributing an estimated average<br />

over £96k, significantly higher than the UK average of<br />

around £56k.<br />

INTERVIEW 13<br />

Interview<br />

“The “The Strategy Increases increases our Plans <strong>for</strong> Deployment of Civil <strong>Nuclear</strong>, to up to 24 GW by 2050, Three three Times times more More than the Current Provision and Representing up to 25 % of our Projected Electricity Demand” ı Greg Hands


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

INTERVIEW 14<br />

The most obvious difference between UK and<br />

German energy policy is the assessment of nuclear<br />

power. What are the reasons to include a major<br />

share of nuclear in the long-term UK energy mix?<br />

The UK sees a strategic case <strong>for</strong> including nuclear in<br />

future energy mix, with advantages <strong>for</strong> both energy<br />

security and combatting climate change, alongside the<br />

economic benefits of nuclear.<br />

Modelling by the UK Government in 2020 concluded<br />

that most of the UK’s future electricity needs should be<br />

met by renewables and flexible technologies including<br />

energy storage. But it also showed that to achieve a<br />

stable, low-cost electricity<br />

system to meet net-zero, we<br />

need more low-carbon<br />

power to complement the<br />

intermittency of technologies<br />

such as wind and solar,<br />

and the uncertainties of<br />

storage technologies. We can only secure a big enough<br />

baseload of reliable power <strong>for</strong> the UK by drawing on<br />

nuclear, both through large-scale plant options and<br />

advanced nuclear technologies such as Small Modular<br />

Reactors and Advanced Modular Reactors.<br />

<strong>Nuclear</strong> is a low-carbon technology and has one of the<br />

lowest life-cycle emissions rates among generating technologies.<br />

It is also a proven technology and can help us<br />

fight against climate change today while we invest in<br />

future technologies; time is critical, and we cannot<br />

simply wait <strong>for</strong> these to be<br />

developed. <strong>Nuclear</strong> is also<br />

energy dense, providing a<br />

significant amount of<br />

energy from a relatively<br />

very small land area –<br />

Hinkley Point C will power<br />

the equivalent of around 6 million homes from just a<br />

quarter of a square mile. This is particularly important<br />

when balancing the needs of growing populations with<br />

demands <strong>for</strong> resources. Finally, nuclear is ‘always on,’<br />

providing continuous power and stability to the grid,<br />

providing a solid foundation <strong>for</strong> power generation on<br />

which renewable technologies can build.<br />

<strong>Nuclear</strong> also brings a host of economic benefits, with<br />

each large-scale nuclear power plant potentially<br />

supporting up to around 10,000 jobs at peak construction,<br />

and around 900 permanent jobs once in operation,<br />

a period expected to last at least 60 years. The sector<br />

also has a strong track record in apprenticeships, with<br />

over 2,000 recorded in 2019. The UK nuclear industry<br />

covers the life cycle of fuel production, generation,<br />

decommissioning, waste management and research,<br />

underpinning a broad economic footprint across the<br />

country. Currently the sector is estimated to contribute<br />

We can only secure a big enough baseload of<br />

reliable power <strong>for</strong> the UK by drawing on<br />

nuclear, both through large-scale plant<br />

options and advanced nuclear technologies.<br />

By 2030, we aim to have up to eight new<br />

reactors progressed, with up to 24 GW<br />

of new nuclear installed by 2050, supplying<br />

up to 25 % of total demand<br />

£6.4bn annually to the UK economy, which each civil<br />

nuclear employee contributing an estimated average<br />

over £96k, significantly higher than the UK average of<br />

around £56k.<br />

What is the starting point of this renewed nuclear<br />

initiative and what does the government plan<br />

to do to really pull it through this time given the<br />

urgency in terms of both security of supply and<br />

climate policy?<br />

The UK Government has set out an ambitious new<br />

nuclear initiative, backed up by expertise to deliver<br />

projects. By the end of 2022, we will have scoped and be<br />

setting up the Great British<br />

<strong>Nuclear</strong> vehicle, while the<br />

Future <strong>Nuclear</strong> Enabling<br />

Fund funding will have<br />

been awarded. In 2023, the<br />

selection process <strong>for</strong><br />

further nuclear projects<br />

will be initiated, with a final investment decision on one<br />

new nuclear project by the end of this parliament (2024)<br />

and two further decisions taken in the following parliament.<br />

By 2030, we aim to have up to eight new reactors<br />

progressed, with up to 24 GW of new nuclear installed<br />

by 2050, supplying up to 25 % of total demand.<br />

The UK Government will be working with skills bodies<br />

and industry to develop the skills required to meet these<br />

targets. This includes ongoing work with the <strong>Nuclear</strong><br />

Skills Strategy Group to bring together major employers,<br />

government, regulators<br />

and trades unions and work<br />

with other industries to<br />

address this challenge and<br />

ensure we can meet<br />

demand, while building a<br />

more diverse work<strong>for</strong>ce,<br />

leading innovation in new technology, and attracting<br />

more young people into the nuclear sector.<br />

With several new nuclear programmes announced<br />

in recent months – some of which quite ambitious –<br />

the issues of the capacities of the supply chain and<br />

of a qualified work <strong>for</strong>ce are raised. Should these<br />

issues be addressed in a joint ef<strong>for</strong>t by the different<br />

nuclear industries in the European nations?<br />

Development of further nuclear new build, regardless of<br />

technology, is likely to bring further supply chain<br />

companies to market. It will encourage increases in<br />

productivity and further innovation (such as advanced<br />

construction techniques, digital design, robotics, etc.) as<br />

companies bid more competitively <strong>for</strong> work, resulting in<br />

overall cost reductions. It will also help stimulate further<br />

investment in capability by signalling the opportunity<br />

<strong>for</strong> sustainable growth.<br />

Interview<br />

“The Strategy Increases our Plans <strong>for</strong> Deployment of Civil <strong>Nuclear</strong>, to up to 24 GW by 2050, Three Times More than the Current Provision and Representing up to 25 % of our Projected Electricity Demand” ı Greg Hands


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

We continue to welcome opportunities to collaborate to<br />

ensure that the UK can deliver its net zero ambitions.<br />

Of course, the increase in the number of nuclear projects<br />

in Europe and across the world means that the UK will<br />

need to increase the size of our work<strong>for</strong>ce and ensure the<br />

capacity of the supply chain. We are also focussing on<br />

diversifying our nuclear work<strong>for</strong>ce – in the UK, we are<br />

aiming <strong>for</strong> 40 % women in nuclear by 2030. This is<br />

something we’re already working with our international<br />

partners on and it’s a priority <strong>for</strong> the nuclear sector.<br />

Development and future deployment of SMRs is<br />

included in the strategy. What role do you think<br />

SMR-Technology will play in the UK and global<br />

nuclear industries and when?<br />

Advanced <strong>Nuclear</strong> Technologies have the potential to<br />

work alongside other low-carbon energy sources to<br />

support a secure, af<strong>for</strong>dable decarbonised energy<br />

system. Small Modular Reactors (SMRs) could offer an<br />

exciting way to cut costs and build new nuclear quickly.<br />

SMRs are potentially less expensive to build than traditional<br />

nuclear power plants because of their smaller<br />

size, factory based modular build and more flexible<br />

deployability.<br />

The Advanced <strong>Nuclear</strong> Fund, announced in 2020, will<br />

support research and development of domestic SMRs. As<br />

I’m sure you know, the UK<br />

Government has invested<br />

£210m to develop SMRs<br />

with Rolls Royce, and of<br />

course there are many SMR<br />

designs in development<br />

globally and the Government will continue to engage<br />

with other developers on their proposals <strong>for</strong> future<br />

projects.<br />

The Government’s ambition is to increase our plans <strong>for</strong><br />

the deployment of civil nuclear power up to 24 GW by<br />

2050, around 25 % of our projected 2050 electricity<br />

demand. My Department intends to take one project to<br />

Final Investment Decision (FID) this Parliament and two<br />

projects to FID in the next Parliament, including Small<br />

Modular Reactors. The Ten Point Plan <strong>for</strong> a Green Industrial<br />

Revolution set a target milestone to deploy SMRs in<br />

the UK by the early 2030s.<br />

We are also focussing on diversifying our<br />

nuclear work<strong>for</strong>ce – in the UK, we are aiming<br />

<strong>for</strong> 40 % women in nuclear by 2030<br />

conventional Pressurised Water Reactor (PWR) technology<br />

and to advanced reactors with high outlet temperatures<br />

that could work with high temperature electrolysis<br />

or thermochemical processes. We are cognisant of the<br />

safety and regulatory issues that need to be addressed<br />

be<strong>for</strong>e a new nuclear plant could be connected to a<br />

hydrogen production and distribution system, and we<br />

recently completed a study on this with support from<br />

National <strong>Nuclear</strong> Laboratory and DNV, a Norwegian assurance<br />

and risk management provider. We are planning to<br />

deploy a High Temperature Gas Reactor (HTGR) demonstrator<br />

by the early 2030s with the aim of demonstrating<br />

functionality with end users of high temperature heat,<br />

which could include hydrogen production.<br />

The issue of hydrogen could bring up a rather<br />

surprising technological aspect: has anyone<br />

thought of reviving and modernizing the AGR<br />

architecture <strong>for</strong> the purpose of efficient hydrogen<br />

production?<br />

The UK knowledge and skills gained through the operation<br />

of the current AGR fleet are a factor that influenced<br />

the decision to select High Temperature Gas Reactor<br />

(HTGR) technology <strong>for</strong> the UK programme to build a<br />

demonstration reactor by the early 2030s. The AGR fleet<br />

has provided several decades of safe low carbon electricity<br />

<strong>for</strong> the UK, and produces temperatures that are<br />

attractive <strong>for</strong> hydrogen<br />

production. However, there<br />

are now technologies available<br />

that can offer significant<br />

safety benefits, such as<br />

coated particle fuels, and it<br />

would be difficult to incorporate these technologies into<br />

a gas reactor with an oxidising coolant such as the AGRs.<br />

The Advanced Modular Reactor (AMR) Research, Development<br />

and Demonstration Programme that the UK<br />

government is currently running aims to let the market<br />

present options <strong>for</strong> achieving a HTGR demonstrator,<br />

which may include aspects of the AGR architecture, but<br />

we will have to wait until early 2023 to find out.<br />

Author<br />

Nicolas Wendler<br />

Head of Press and Politics<br />

KernD (Kerntechnik Deutschland e. V.)<br />

INTERVIEW 15<br />

The strategy also mentions hydrogen and includes<br />

its production by nuclear power as an option as<br />

does the EU, which otherwise has been very reluctant<br />

concerning the inclusion of nuclear in its<br />

energy and climate strategy. Are there any pilot<br />

projects in planning, like in the US?<br />

The UK recognises the potential <strong>for</strong> high efficiency<br />

hydrogen production by utilising both the heat and electricity<br />

from nuclear power plants. This applies to both<br />

nicolas.wendler@kernd.de<br />

Nicolas Wendler has been Head of Press and Politics at KernD since August 2013<br />

(<strong>Nuclear</strong> Technology Germany e. V. / German Atomic Forum e. V.) and started<br />

his career in March 2010 as Policy officer. Previously he was an international<br />

consultant <strong>for</strong> the international relations of the Young Union (Junge Union) of<br />

Germany among other topics of energy, climate and economic policy <strong>for</strong> the<br />

organization. Since January 2022 he is also the editor in chief at <strong>atw</strong>. Wendler<br />

studied in Munich and Bordeaux political science and economics and (North)<br />

American cultural history.<br />

Interview<br />

“The “The Strategy Increases increases our Plans <strong>for</strong> Deployment of Civil <strong>Nuclear</strong>, to up to 24 GW by 2050, Three three Times times more More than the Current Provision and Representing up to 25 % of our Projected Electricity Demand” ı Greg Hands


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 16<br />

The Global Renaissance<br />

of <strong>Nuclear</strong> Energy<br />

Björn Peters<br />

INTRODUCTION<br />

In the 1960s and 1970s, many countries have seen a fast buildout of nuclear power. The fastest buildout<br />

plan was introduced by France. Within only 13 years between 1980 and 1993, nearly 300 terawatt-hours<br />

of nuclear power production were added. In the 1990s, western countries stopped developing new nuclear<br />

power plants. Oil, coal, and gas were cheap commodities and carbon dioxide emissions were no topic of<br />

importance <strong>for</strong> decision-makers. <strong>Nuclear</strong> energy was too capital intense in comparison to fossil fuel-driven<br />

power stations. New political “green” movements emanated, that fought nuclear power, often funded by<br />

fossil fuel interests. The nuclear accident of Chornobyl, although technically impossible in all Western power<br />

stations, added to the erroneous fears that nuclear power could not be controlled sufficiently<br />

The communication style of the nuclear industry in<br />

Western countries – essentially focusing on technical<br />

in<strong>for</strong>mation <strong>for</strong> engineers, but ignoring the<br />

emotional side of the technology – created a void<br />

that greenish non-government organizations were<br />

happy to fill.<br />

Since the beginning of the 2020s, a global energy<br />

crisis started to evolve. Most of the reasons were<br />

policy-driven.<br />

Weather-dependent power sources, that had<br />

become dominant in several large countries, were<br />

underper<strong>for</strong>ming in the first half of 2021 due to<br />

unexpected weather. In Brazil, hydropower fell<br />

short of expectations, and in several European<br />

countries, wind energy. Un<strong>for</strong>tunately, these power<br />

sources had been built out without a proper, systematic<br />

analysis of the risks associated with increasing<br />

dependency on wind and solar irradiation in power<br />

production.<br />

To replace the energy, natural gas was used to<br />

produce electrical power, creating an unexpected<br />

increase in demand.<br />

In this light, many countries are considering or reconsidering<br />

nuclear energy as a stable, reliable, and<br />

relatively cheap source of energy, both <strong>for</strong> electricity<br />

and <strong>for</strong> industrial heat. As a relatively new trend,<br />

some countries foster the development of small and<br />

modular reactors (SMR). Around 70 companies<br />

globally are developing “new nuclear”, hence traditional<br />

pressurized water reactor (PWR) technologies<br />

and molten salt reactors (MSR) initially developed<br />

in the 1950s, or outright new designs that combine<br />

inherent safety with low production costs, such as<br />

Oklo, Copenhagen Atomics, or Dual Fluid Energy.<br />

This article outlines some trends in the global nuclear<br />

industry and argues that they have the potential<br />

to initiate a renaissance of nuclear power globally.<br />

We describe technological trends from an economic<br />

perspective and discuss their social and political implications<br />

as enablers <strong>for</strong> a transition from a world<br />

with some 450 nuclear power stations to one with<br />

ten thousands by mid-century.<br />

TECHNOLOGICAL TRENDS<br />

IN NUCLEAR ENERGY<br />

The supply of natural gas and crude oil could not be<br />

ramped up fast enough. The ‘divestment’ movement<br />

from political activists and capital market participants<br />

had reduced the amount of capital <strong>for</strong> funding<br />

fossil fuel production despite an unchanged global<br />

80 % dependency on fossil fuels. This situation is<br />

going to impede the upstream industry <strong>for</strong> some<br />

years.<br />

As a result, the prices <strong>for</strong> fossil fuels have multiplied<br />

within the calendar year 2021. The Russian assault<br />

on Ukraine has aggravated the scarcity of energy<br />

supplies further.<br />

The past: Existing nuclear fleet is still in<br />

excellent condition<br />

<strong>Nuclear</strong> power plants were developed in the 1950s<br />

and 60s. Their technical maturity was reached in<br />

the 1970s and 80s, and hundreds of power plants<br />

were built in many countries. The accidents of Three<br />

Mile Island, Chornobyl, and Fukushima triggered a<br />

vivid debate in the public on nuclear safety. In response,<br />

the nuclear industry created a global network<br />

that dealt with the technical and organizational root<br />

causes <strong>for</strong> these failures. Close to all nuclear power<br />

plants in operations globally have implemented safety<br />

features that would have prevented the accidents.<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

The Global Renaissance of <strong>Nuclear</strong> Energy ı Björn Peters


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

| Fig. 1:<br />

Electricity production in France by Theanphibian - own work, public domain, https://commons.wikimedia.org/w/<br />

index.php?curid=10123493<br />

These safety features include not only technical improvements<br />

but organizational measures, which<br />

acknowledge that any power plant is a socio-technical<br />

system, where technology communicates with<br />

humans, not only the other way round.<br />

As a consequence, nuclear power plants (NPP) are<br />

different engines and organizations today as<br />

compared to the time when<br />

they were built. Policies<br />

permitting, they could have<br />

a long-lasting future ahead<br />

of them. It is hence a positive<br />

sign that the premature<br />

closure of fully functioning<br />

NPPs is less and less<br />

accepted, e. g., in Cali<strong>for</strong>nia,<br />

Belgium, and Germany, by<br />

the electorate.<br />

The present: Generation<br />

III+ reactors<br />

All large-scale, new-build<br />

reactors are Generation III+<br />

reactors. These are defined<br />

as reactors that are able to<br />

contain the consequences of<br />

a meltdown to the reactor itself; a meltdown is still<br />

possible under extremely rare conditions and might<br />

destroy the power plant without harming the environment.<br />

In the case of Russian, Chinese and<br />

Korean models, their Generation III+ reactors are<br />

efficient, safe, af<strong>for</strong>dable, and are usually built<br />

within 5–8 years. In contrast, French and<br />

US-American projects are characterized by long<br />

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| Fig.: 2:<br />

<strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plant Olkiluoto, Finland OL3 von Kuusisenmaa aus: Tapani Karjanlahti / TVO<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

The Global Renaissance of <strong>Nuclear</strong> Energy ı Björn Peters


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 18<br />

delays and substantial cost overruns. Quite obviously,<br />

the disruption in the development and construction<br />

of nuclear power plants in Western countries,<br />

as described above, caused an entire generation<br />

of nuclear engineers to change jobs or reach<br />

retirement age. After such long delays without<br />

active projects, the practical knowledge on how to<br />

develop and build nuclear power stations has gotten<br />

lost. Nonetheless, countries such as Poland and<br />

Turkey are considering, among other technologies,<br />

investing in Generation III+ models from the<br />

U.S.A., France or Korea. France has announced to<br />

build at least six new reactors.<br />

In countries with substantially lower power consumption<br />

than the leading OECD countries, such as<br />

Estonia and many African countries, Gen III+ reactors<br />

are often oversized. There, SMRs are preferred<br />

over large-scale reactors as long as they are cost-effective.<br />

The future: SMR and large reactors,<br />

<strong>for</strong> power and heat production<br />

A relatively new trend is the emergence of Small Modular<br />

Reactors (SMR). This concept is offsetting a<br />

decade-long trend to create bigger and bigger reactors,<br />

hence exploiting ‘economies of scale.’ The basic<br />

concept here is that doubling any engine’s capacity<br />

does not increase its cost by a factor of two, but – depending<br />

on its component – typically between the<br />

square root to the cubic root of two. Over the decades,<br />

the net electrical capacity of nuclear power<br />

plants has increased from a few hundred megawatts<br />

to 1.60 gigawatts in the case of Finland’s Olkiluoto-3,<br />

the latest addition.<br />

The concept of small offsets this development, while<br />

it has always been the goal of nuclear power plant<br />

manufacturers to standardize their production processes<br />

as much as possible (see below).<br />

So, what exactly does small and modular mean?<br />

‘Small’ has been defined as an electrical capacity<br />

up to an arbitrary threshold of 300 megawatts. Several<br />

dozens of projects exist that develop reactors<br />

within this capacity. The main advantage of smaller<br />

reactors, potentially offsetting missing economies<br />

of scale, is supposed to be safety-induced savings:<br />

If SMR designs do not need external cooling to shut<br />

down safely, which is often referred to as ‘walk-away<br />

safety’, active cooling systems along with their controls<br />

are not required. The cost-saving of not needing<br />

so many safety components is substantial in the<br />

developing, licensing, building, operating, and decommissioning<br />

phases.<br />

It should be noted that an important part of the licensing<br />

process is to study the interaction between<br />

the different reactor components and safety systems.<br />

The development of safety scenarios is hence in parts<br />

a combinatory problem. Fewer systems allow <strong>for</strong> far<br />

fewer interactions, thus substantially less ef<strong>for</strong>t in<br />

designing, constructing, and licensing the entire<br />

NPP.<br />

‘Modular’ means, in analogy to prefabricated houses,<br />

that many components – even the reactor core itself<br />

– can be produced as a whole in the protected environment<br />

of a factory, and then the reactor is shipped<br />

in whole to the construction site.<br />

Economies of scale are implemented hence not by<br />

large size but by a high number of reactors sold. As<br />

each reactor is identical to the others of a series,<br />

this significantly reduces manufacturing costs and<br />

increases quality. In an analogy to the aircraft market,<br />

the new NPP will be closer to airplanes than to<br />

airports. Thus most SMR models will have the potential<br />

to operate at a higher reliability and lower cost<br />

than large tailored PWR models.<br />

Further, approval processes follow international<br />

standards but are of national responsibility. National<br />

nuclear supervision authorities cooperate across<br />

the globe. If an SMR is approved in one country, the<br />

others, almost identical, will follow suit, speeding<br />

up approval processes and saving costs.<br />

Some SMR developers plan to radically reduce fuel<br />

costs because they can burn natural uranium, thorium,<br />

plutonium, or “nuclear waste” completely. In<br />

the latter case, there would even be a negative fuel<br />

cost. In some models, fuel lasts 6 to 25 years, reducing<br />

refueling times. As some of these SMR models<br />

will be breeder reactors, the range of fissile material<br />

would be stretched by a factor of around 100, and as<br />

there are billions of tons of Uranium and Thorium in<br />

the oceans, nuclear fuel would be a truly sustainable<br />

resource, lasting <strong>for</strong> several hundred million years<br />

at current consumption rates, if all energy mankind<br />

uses came from nuclear energy.<br />

The safety and sustainability features of nuclear<br />

energy make them compliant with ESG (environmental,<br />

social, government) regulations, such as the<br />

EU Taxonomy, thus reducing capital and insurance<br />

costs of nuclear investments, as soon as financial<br />

market players price them in.<br />

Further, these safety improvements, due to the<br />

SMR‘s inherent lack of hazard, might be used to<br />

justify a substantial reduction of regulatory requirements,<br />

and abandonment of unique and burdensome<br />

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The Global Renaissance of <strong>Nuclear</strong> Energy ı Björn Peters


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

“nuclear grade” quality assurance requirements.<br />

This is a more fundamental change than merely reducing<br />

the number of safety components. Given the<br />

loss of economy of scale, such a re<strong>for</strong>m might be the<br />

most important lever to make SMRs competitive.<br />

With such design changes, the electricity sector<br />

could be trans<strong>for</strong>med substantially. But what about<br />

all other sectors where we use energy? Even in developed<br />

countries, electricity is less than a quarter of<br />

total primary energy usage. The remainder is used<br />

<strong>for</strong> heating, mobility, process heat in the industry,<br />

and material use of energy commodities.<br />

Hence, new and safer reactor models would open up<br />

the space <strong>for</strong> cogeneration of power and heat. Excess<br />

heat could be used <strong>for</strong> the desalination of seawater on<br />

a large scale. Those reactor models that produce high<br />

temperatures at or above 500 °C could fuel chemical<br />

reactions <strong>for</strong> mass hydrogen or synfuel production.<br />

At 800 °C or more, the production of steel, glass, cement,<br />

and base chemicals independent of fossil fuels<br />

could be enabled. The associated economies of scope<br />

will boost demand, as none of the weather-dependent<br />

sources of energy will be able to compete even<br />

close in quality and efficiency to the heat sources<br />

nuclear energy can provide.<br />

Hydrogen production by way of chemical reactions,<br />

instead of a detour via electricity and electrolysis of<br />

water, has substantial benefits on the cost side. To<br />

produce power from heat, then to use the power to<br />

create hydrogen or synfuels that are mainly characterized<br />

by their calorific value, wastes a large part of<br />

the initial heat energy. The direct usage of this heat<br />

<strong>for</strong> fuelling chemical processes would cut out these<br />

heat losses and make hydrogen/synfuel production<br />

substantially cheaper, to a level where it can compete<br />

with fossil fuels.<br />

| Fig. 3:<br />

Dual Fluid modular power plant DF300 (300 MWel). The fuel is delivered to the power station in a sealed cartridge. It is then heated and pumped into the reactor<br />

core, generating heat <strong>for</strong> about 25 years. At the end of the burning cycle, the spent fuel is transported to a recycling facility.<br />

SUCCESS FACTORS WITHIN<br />

THE NUCLEAR INDUSTRY<br />

If the nuclear industry wants to live through a renaissance,<br />

it has to trans<strong>for</strong>m its operating procedures<br />

and its conditions in the social process. Those nuclear<br />

plant producers that meet these conditions will<br />

profit more successfully from the evolving market<br />

of 150 to 200 GW globally per year by mid-century.<br />

Part of this demand is the replacement of current<br />

power stations but a larger part will be additional<br />

power and heat demand, mainly in the growing economies<br />

of Africa and Asia.<br />

Large reactors in large grids<br />

<strong>Power</strong> stations, in particular large power stations, require<br />

large, developed grids to operate in. Wherever<br />

this infrastructure is in place, the manufacturers of<br />

large pressurized water reactors will be able to pick<br />

up market demand, as long as they master the production<br />

process and have proven in time and budget<br />

deployment of nuclear energy. For large-scale PWR,<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 19<br />

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SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 20<br />

| Fig. 4:<br />

<strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plant Cruas, France.<br />

it will there<strong>for</strong>e be crucial to study carefully the conditions<br />

that made them successful in the 1970s and<br />

1980s and then try to imitate those conditions.<br />

A good example of efficient reactor deployment is<br />

the construction of the German Convoi series. In the<br />

decades be<strong>for</strong>e, students of nuclear engineering had<br />

profited from a high reputation among their peers,<br />

and excellent talent was attracted to the industry. Policymakers<br />

decided to commission many reactors of<br />

similar type within little time. Financing was mostly<br />

done with private capital but in the same cases<br />

with state guarantees. The construction teams were<br />

gathering every quarter or so across all companies<br />

involved, and with their best-skilled individuals, to<br />

discuss what went well and where they could jointly<br />

improve.<br />

As a result, every reactor was built faster, cheaper,<br />

and at higher quality standards than its predecessor.<br />

German reactors scored highest in the global availability<br />

ranking. In some years of the 1990s, seven<br />

and more out of the global top ten most reliable NPPs<br />

were German. German electricity prices, in contrast,<br />

were among the lowest of industrialized nations.<br />

Un<strong>for</strong>tunately, the U.S. and France have <strong>for</strong>gotten<br />

how to build large nuclear reactors efficiently, and<br />

Germany has <strong>for</strong>gotten to do so completely. It is a<br />

good sign that several countries, such as France,<br />

the UK, and Poland have issued build programs <strong>for</strong><br />

large-scale reactors, where a handful of reactors are<br />

going to be commissioned in the next years. To recruit<br />

a sufficiently high number of nuclear engineers,<br />

the perception of nuclear engineering needs to be<br />

influenced among young people.<br />

<strong>Nuclear</strong> energy needs to be cheaper than<br />

fossil fuels<br />

From a broader perspective, we are living through a<br />

productivity crisis very similar to the era at the end<br />

of the 18th century. At the time, the medieval farming<br />

methods had come to an optimum, while the<br />

population was growing rapidly. Thomas Malthus<br />

postulated in 1799 that if the population grows exponentially<br />

and agricultural productivity only linearly,<br />

a hunger crisis was immediately to follow.<br />

This perspective did not take technical progress<br />

into account. The invention of chemical fertilizers,<br />

tractors, pesticides, cooling technologies, and so<br />

on multiplied food production per unit of surface.<br />

Today, more people suffer from obesity than from<br />

hunger. The optimization of fossil fuel usage and<br />

the abundance of cheap energy spur simultaneous<br />

population and prosperity growth at an unprecedented<br />

level.<br />

Nonetheless, similar prophets to Thomas Malthus<br />

arose in the late 20th century. Fearful of natural<br />

energy resource exploration and production being<br />

slower than population growth, they demanded a<br />

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The Global Renaissance of <strong>Nuclear</strong> Energy ı Björn Peters


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

turn away from fossil fuels toward weather-dependent<br />

sources of energy.<br />

Today, this strategy proves to be costly: All countries<br />

that have invested heavily in solar and wind energy<br />

suffer from energy scarcity and high power prices.<br />

It is here where nuclear energy might be able to be<br />

seen as a remedy. If it is substantially more af<strong>for</strong>dable<br />

than power systems with intermittent sources, and<br />

at par with fossil fuel usage in power system cost,<br />

fuels, residential heating, and industrial heat provision,<br />

then more and more nations in developed and<br />

developing countries will turn to nuclear energy. The<br />

break-even price points can easily be derived from<br />

long-term (be<strong>for</strong>e-crisis) energy costs:<br />

p <strong>Power</strong> systems are dominated by coal. 80 USD/<br />

mt – so far the cheapest <strong>for</strong>m of electricity –<br />

define a price point of 4 cents/kWh that has to be<br />

met by nuclear power.<br />

p Heating energy at around 6 USD/MMBtu <strong>for</strong> gas<br />

corresponds to 2 cents/kWh <strong>for</strong> synthetic heating<br />

gases (syngases), such as hydrogen or methane,<br />

produced by high-temperature nuclear reactors.<br />

p To match 50 USD/bbl crude oil, synthetic fuels<br />

should cost no more than 3 cents/kWh or 33<br />

cents/liter.<br />

If prices <strong>for</strong> power, syngases, and synfuels from nuclear<br />

energy could be reduced to these price points,<br />

even those countries that are not compliant with CO 2<br />

reduction policies may adopt nuclear energy. Further<br />

strong arguments <strong>for</strong> nuclear energy as a source of<br />

power, syngases, and synfuels are ease of handling<br />

based on the same systems as be<strong>for</strong>e (e. g., combustion<br />

engines), negligible air pollution, and low land<br />

consumption. On the other side, the operation of<br />

nuclear energy plants requires different skills than<br />

traditional fossil fuel value chains. There are hence<br />

still some investments required.<br />

However, this is no different from large-scale deployment<br />

of technologies that use solar and wind energy<br />

to produce power and syngases.<br />

Energy systems predominantly based on solar and<br />

wind energy will find it extremely hard to meet the<br />

price points of fossil fuels. Governments who impose<br />

such technologies on their citizens at any cost will<br />

weaken their economies. The idea that energy consumption<br />

should be expensive is flawed in itself, and<br />

arguably even dangerous.<br />

Too much of a politically induced financial burden on<br />

energy usage will absorb the funds necessary to af<strong>for</strong>d<br />

the transition to better alternatives, if and when<br />

they are developed to maturity. But the danger goes<br />

further to the social contract itself. The global economic<br />

crisis enrolling 2008 was triggered by crude oil<br />

at 140+ USD/bbl. The poorest third of the US population<br />

paid too much <strong>for</strong> fuel and couldn‘t pay their<br />

mortgage. The USA reacted wisely with an energy<br />

turnaround from importer to exporter of fossil fuels.<br />

In Europe, there is no such option. Social unrest similar<br />

to the yellow vest protests in France and the<br />

dissolution of society will inevitably evolve, in particular,<br />

once people understand that high energy costs<br />

and their misery were intended by a misled elite. Policies<br />

that suggest “if you don‘t have bread, eat cake”<br />

have cost quite some heads in history.<br />

We won‘t be able to decarbonize the global economy<br />

if we don‘t combine it with human welfare and<br />

prosperity. <strong>Nuclear</strong> energy has this development<br />

potential, but the industry must find a way to make<br />

nuclear energy af<strong>for</strong>dable by adhering to a strict design-to-cost<br />

approach, to make it easy and to make<br />

it safe. Economies of scale, modularization, simplification,<br />

education, and better explanation are key<br />

to making nuclear energy the key energy technology<br />

in the 21st century.<br />

CONCLUSION<br />

The nuclear industry has been under pressure in the<br />

past thirty years, due to cheap oil and gas, as well<br />

as anti-nuclear lobby groups, whose false claims the<br />

industry was not capable of countering adequately.<br />

We are now at a turning point. The nuclear sector is<br />

currently one of the most innovative ones. The 2020s<br />

will mark strong technical progress in both the existing<br />

and the advanced sectors. The 2030s will mark<br />

their technical maturity, with many new nuclear<br />

companies reaching series production at high output,<br />

providing power, process heat, and synfuels<br />

to many in many economies. The future of nuclear<br />

energy has yet to begin properly.<br />

Author<br />

Dr. Björn Peters<br />

Member of the Executive Board and Head of Energy<br />

Policy, Deutscher Arbeitgeber Verband e. V.<br />

info@peterscoll.de<br />

Björn Peters is a physicist and experienced power plant financier. He heads the<br />

research and consulting institute Peters Coll., which he founded, advises entrepreneurs<br />

and politicians, and is involved in the start-up Dual Fluid Inc. On a voluntary<br />

basis, he is a founding member of the <strong>Nuclear</strong> Pride Coalition as well as a<br />

member of the federal board and head of the energy policy department at the<br />

economically liberal think tank “Deutscher Arbeitgeberverband e.V. (German<br />

Employers‘ Association), where he is responsible <strong>for</strong> the energy policy column<br />

„The Energy Question“.<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 21<br />

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The Global Renaissance of <strong>Nuclear</strong> Energy ı Björn Peters


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 22<br />

Dieses Papier beruht<br />

auf einer im September<br />

2021 auf der Website<br />

www.boernerlaw.de<br />

ins Internet gestellten<br />

englischen Version,<br />

deren Argumentation<br />

aktualisiert und verfeinert<br />

wurde.<br />

Fundamentales zur Wende in die<br />

Klimaneutralität und im Energiesektor<br />

Achim-R. Börner<br />

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel erscheint wegen seines großen Umfangs in zwei Teilen. Die Zusammenfassung<br />

sowie die Abschnitte eins „Vorgaben“ und zwei „Naturwissenschaftliche Bedenken“ sind in der Ausgabe<br />

04/2022 der <strong>atw</strong> – <strong>International</strong> <strong>Journal</strong> <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> erschienen.<br />

3. Volkswirtschaftliche und<br />

rechtliche Bedenken<br />

a) EUROPÄISCHE UNION<br />

aa) Konzeptionelle Fehler im<br />

„Green Deal“ der Kommission<br />

Die im Rahmen des Green Deal verfolgte Entwicklung<br />

zur CO 2 -Neutralität bietet Chancen 1 , verlangt<br />

aber auch riesige Investitionen 2 . Allein die deutsche<br />

Industrie rechnet mit einem Investitionsaufwand<br />

von 3.000 bis 4.000 Milliarden Euro. Hinzu<br />

kommen die privaten Investitionen in Wohngebäude<br />

und Mobilität sowie die staatlichen Investitionen<br />

in eine Umrüstung der öffentlichen Güter.<br />

Eine Studie der Prognos AG im Auftrag der Kreditanstalt<br />

für Weideraufbau schätzt den Aufwand für<br />

eine Klimaneutralität in 2045 auf 5.000 Milliarden<br />

Euro 3 . All diese Investitionen gehen in die Produktions-<br />

und Lebenshaltungskosten ein und verteuern<br />

die Preise für jeden Verbrauch.<br />

Hinzu kommt, dass mit Regulierung und Lenkungsabgaben<br />

wie der CO 2 -Bepreisung „grüne“ Investitionen<br />

von Wirtschaft und Gesellschaft 4 veranlasst<br />

werden sollen, was nur funktioniert, wenn die<br />

Mehrkosten der Investitionen 5 und ihres Betriebs<br />

unter den staatlich veranlassten, vermeidbaren<br />

Mehrkosten liegen.<br />

Es resultiert also eine erhebliche Kostensteigerung<br />

in allen Bereichen. Das lässt in realen Zahlen<br />

keinen Spielraum für Lohn- und Gehaltserhöhungen.<br />

Alle EU-Bürger müssen also aus unverändertem<br />

Einkommen erhebliche Mehrausgaben für<br />

Beschaffungen und Steuern aufwenden. Das trifft<br />

die Menschen, die sozial schwach sind, und die, die<br />

durch die Preissteigerungen sozial schwach<br />

werden. Ihr bisheriger Wohlstand lässt sich nicht<br />

halten. Die anderen können naturgemäß weniger<br />

direkt oder über Steuern indirekt sparen, was die<br />

Geldmenge, die für Investitionen zur Verfügung<br />

steht, verringert. Der Wohlstand entgleitet auf<br />

breiter Front.<br />

Hinzu kommt, dass mit der Verteuerung und<br />

Verkomplizierung der Produkte deren Exportchancen<br />

in Länder außerhalb der EU und einiger<br />

reicher Staaten schwinden: Die Produkte sind zu<br />

teuer und zu komplex; außerhalb der reichen<br />

Staaten bleiben dagegen ausländische Produkte<br />

erschwinglich und handhabbar. Der EU-Export,<br />

derzeit etwa 1/5 des EU-BIP, bricht weg. Das trifft<br />

nicht nur die wenigen Mitgliedstaaten mit Endfertigung<br />

und großen Häfen, sondern über die Lieferketten<br />

alle EU-Mitgliedsländer. Vom Volumen her<br />

kann die neue inländische Nachfrage nach Klima-<br />

Investitionen den zu erwartenden Exporteinbruch<br />

nicht auffangen. Die veränderte Nachfrage nach<br />

qualitativ hochwertiger Arbeit, die verminderte<br />

Produktion und die Reduzierung der Produktivität<br />

der Bevölkerung (aufgrund von erhöhten An<strong>for</strong>derungen<br />

an Aus- und Fortbildung, Einhaltung von<br />

Auflagen und An<strong>for</strong>derungen, Überwachung der<br />

Produktionsprozesse) intensivieren den Trend.<br />

Mit der insgesamt sinkenden Nachfrage nach Endprodukten<br />

im Inland und im Ausland steigen also<br />

die Arbeitslosigkeit und damit die soziale Bedürftigkeit.<br />

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die<br />

Mehrkosten mit den Erlösen aus dem Verkauf von<br />

CO 2 -Zertifikaten und den Zollein nahmen aus der<br />

Carbon Border Adjustment Tax auszugleichen . Die<br />

Lenkungsabgabe bringt aufgrund des gewünschten<br />

1 Zu den positiven Aspekten A. Löschel, V. Grimm, B. Lenz & F. Staiß, Die große Klima-Chance, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16.08.2021<br />

2 Zur parallelen Situation für die USA vgl. B. Lomborg, Wie Klimaklagen den Armen schaden, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27.05.2021, S. 17<br />

3 Kreditanstalt für Wiederaufbau, Pressemitteilung vom 07.10.2021, mit link auf die Studie H. Burret et al., Beitrag von Green Finance zum Erreichen von Klimaneutralität<br />

in Deutschland, Frankfurt am Main (KfW) März / Juli 2021, abrufbar unter: https://www.kfw.de/%C3%9Cber-die-KfW/Newsroom/Aktuelles/Pressemitteilungen-<br />

Details_673344.html<br />

4 Ironischerweise sind diese Investitionen nicht „grün“, weil sie den Pflanzen das nehmen, was sie für ihr Leben und ihr Wachstum brauchen, nämlich CO2, und weil sie<br />

Flächen, Natur und Umwelt verbrauchen<br />

5 EU Commission, Carbon Border Adjustment Mechanism: Questions and answers, Brussels 14.07.2021, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/<br />

detail/en/qanda_21_3661; Übersicht bei C. Hatcher, The EU Carbon Border Adjustment Mechanism, Lexology 19.08.2021, abrufbar unter www.lexology.com<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


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Ausweichverhaltens immer weniger ein, während<br />

die Kostensteigerung die Einkommen relativ und<br />

ggf. auch absolut mindert, so dass die soziale<br />

Bedürftigkeit steigt. Die Kommission übersieht<br />

also, dass sich mit der Zeit die finanzielle Schere<br />

nicht schließt, sondern auftut. Der Finanzplan ist<br />

schlicht ökonomischer Unsinn.<br />

Der neue Wunsch der Kommission, aus den<br />

Lenkungsabgaben – auch? – die Kredite des<br />

Aufbaufonds „Next generation“ zu tilgen, 6<br />

hilft<br />

auch nicht.<br />

Hinzu kommt, 7 dass die rechtliche Zulässigkeit der<br />

Carbon Border Adjustment Tax zumindest zweifelhaft<br />

ist. Art. XX lit g) des GATT lässt zwar Belastungen<br />

ähnlich den inländischen zum Schutz<br />

natürlicher Ressourcen zu. Aber:<br />

p Es ist fraglich, ob das Weltklima eine inländische<br />

natürliche Ressource ist, denn die inländische<br />

Luft wird durch den Import – aufgrund der<br />

CO 2 -Akkumulation in Blasen – auch dann<br />

entlastet, wenn im Produktionsstaat mehr CO 2<br />

erzeugt wird.<br />

p Es ist fraglich, ob eine „Bestrafung“ der Importe<br />

aus Staaten, die eine Produktion mit mehr CO 2<br />

ermöglichen, zulässig ist. Schon die Wirksamkeit<br />

auf andere Staaten, ihren CO 2 -Ausstoß zu<br />

Ziel: Klimaneutralität<br />

senken, ist zweifelhaft. 8 Insbesondere wirkt es<br />

diskriminierend, wenn Produkte aus Staaten<br />

belastet werden, die zwar einen erhöhten<br />

CO 2 -Einsatz zur Herstellung bestimmter<br />

Produkte gestatten, aber die Klimaschutzkonvention<br />

bzw. das Pariser Abkommen mit<br />

kompensatorischen anderen Maßnahmen wie<br />

z. B. CO 2 -Minderungen in anderen Bereichen<br />

oder CO 2 -Senken einhalten oder einzuhalten<br />

versuchen.<br />

p Schließlich steht die Belastung im Widerspruch<br />

zum Pariser Übereinkommen, das Entwicklungsländern<br />

gerade eine absolute Erhöhung ihres<br />

CO 2 -Ausstoßes gestattet, solange sie nur das<br />

Wachstum des BIP vom Wachstum des<br />

CO-Ausstoßes entkoppeln.<br />

p Ein weiterer Widerspruch ergibt sich daraus,<br />

dass die Entwicklungsländer mit Geldern zum<br />

Aufbau von Senken z. B. durch Auf<strong>for</strong>stung<br />

veranlasst werden, gleichzeitig aber ihr BIP mit<br />

der Steuer durch Exportverteuerung und damit<br />

-beschränkung vermindert wird, so dass sie trotz<br />

minderer verfügbarer Einkommen zu noch mehr<br />

– teurer – CO 2 -Minderung verpflichtet sind.<br />

Zudem steht die Cross border adjustment tax im<br />

Widerspruch mit der bisherigen EU-Handelspolitik,<br />

die offene Weltmärkte verlangt und voraussetzt. Es<br />

gibt jedoch Anzeichen, dass die EU-Kommission<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 23<br />

6 H. Kafsack, Klimaeinnahmen sollen EU-Schulden tilgen, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23.12.2021, S. 15<br />

7 In diese Richtung auch H. Kafsack, Die falsche Hoffnung vom Klimaklub, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 05.07.2021<br />

8 G. Felbermayr & K.M. Schmidt, CO2-Grenzausgleich: Klimaclub statt Klimafestung, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.05.2021, S. 18<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 24<br />

von dieser Handelspolitik zumindest teilweise<br />

abrücken will. 9<br />

bb) Fehler der Europäischen<br />

Zentralbank<br />

Die Allokation von Mitteln, die die EU-Regulierung<br />

zur Bekämpfung des Klimawandels – statt zur vorbeugenden<br />

Anpassung an ihn – auslöst, wird verstärkt<br />

durch die Geldpolitik der Europäischen<br />

Zentralbank. Nach den Verträgen ist ihre Aufgabe<br />

die Wahrung der Geldwertstabilität 10 . Sie will aber<br />

nun die Wirtschaftspolitik der EU-Kommission<br />

unterstützen und mit einem „Aktionsplan“ zum<br />

Erwerb von Anleihen und zur Minderung der Eigenkapitalan<strong>for</strong>derungen<br />

an die Banken grüne Investitionen<br />

fördern; sie behauptet, der Klimawandel<br />

gefährde die Stabilität der Finanzmärkte 11 .<br />

Damit leistet sie Vorschub einer Finanzblase im<br />

Bereich der Wirtschaft und einer erweiterten staatlichen<br />

Verschuldung. 12<br />

Soweit es nur um eine<br />

Verschiebung, nicht aber um eine Ausweitung der<br />

Anleihekäufe geht, kommt es zu keiner Ausweitung<br />

der Geldmenge und damit nicht zur<br />

verstärkten Enteignung von Sparguthaben (durch<br />

Grüne Geldpolitik –<br />

Risiko für die<br />

Finanzmarktstabilität?<br />

Entwertung der Einlagen von Sparern und der<br />

Anlagen von Fonds und Versicherern) durch Erweiterung<br />

der Niedrig- bzw. Negativzins-Politik.<br />

Jedoch steigert die Erleichterung der Finanzierung<br />

von grünen Projekten das Risiko von Ausfällen,<br />

denn neue Technologien und Politiken bergen<br />

immer erhöhte Risiken. Es ist also sehr fraglich, ob<br />

eine solche Förderung der Wirtschaftspolitik der<br />

Kommission vom vertraglichen Mandat der EZB<br />

gedeckt ist. 13<br />

Über die Geldwertpolitik hinaus<br />

obliegt der Europäischen Zentralbank auch das<br />

Monitoring der Verschuldung der Mitgliedstaaten,<br />

14 das gemäß dem Wachstums- und Stabilitätspakt<br />

eine Wiederholung der griechischen Krise von<br />

2010 vermeiden soll. In Anbetracht der hohen<br />

Neuverschuldung der Mitgliedstaaten während der<br />

Corona-Pandemie 15<br />

erhält diese Aufgabe zusätzliche<br />

Brisanz 16 . Daher geben auch die deutschen<br />

Pläne, 17 die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse<br />

18 zu umgehen, Anlass zu genauer Überwachung.<br />

Schon jetzt lassen sich die aufgehäuften<br />

Staatsschulden nur noch über eine Inflation, also<br />

unter Missachtung der Aufgabe der Europäischen<br />

Zentralbank, einfangen. 19<br />

9 H. Kafsack, Handlungsunfähige Handelspolitik, FAZ 28.10.2021, p. 16<br />

10 Art. 127 Abs. 1 Satz 1 AEUV<br />

11 W. Mussler, Klima-Stresstests für Banken, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 01.07.2021, S. 27; ders. Unterstützen grüne Anlagen die Finanzmarktstabilität?,<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 07.07.2021, S. 29; C. Siedenbiedel, Europäische Zentralbank will mit Geldpolitik das Klima schützen, Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung vom 09.07.2021, S. 1<br />

12 kritische Stimmen auch bei C. Siedenbiegel, Eine grüne Strategie für Europas Notenbank, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 09.07.2021, S. 15<br />

13 Ähnlich G. Braunberger, Das unterschätzte Ziel, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 09.07.2021, S. 1<br />

14 Artt. 5, 25 EZB-Satzung<br />

15 Vgl. Deutsche Bundesbank, Pressenotiz vom 17.09.2020: EZB erlaubt vorübergehende Erleichterung bei der Verschuldungsquote nach Feststellung außergewöhnlicher<br />

Umstände infolge der Pandemie, abrufbar unter: https://www.bundesbank.de/resource/blob/844294/c9c9802a8533817c51cf36651be94506/mL/2020-<br />

09-17-erleicherung-verschuldungsquote-download.pdf<br />

16 P. Towarski & A. Wiedmann, Das Corona-Problem in der Eurozone, SWP-aktuell 2021/A 24, Berlin (Stiftung Wissenschaft und Politik) 19.03.2021, abrufbar unter:<br />

https://www.swp-berlin.org/publikation/das-corona-schuldenproblem-in-der-eurozone; ebenso M. Krause & T. Lubik, Staatsverschuldung und Geldpolitik – Wege aus<br />

der Krise, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 28.04.2021, abrufbar unter: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/zfwp-2021-2049/html<br />

17 J. Löhr, Wird aus dem Corona- der Klimafonds?, FAZ of 15.10.2021, p. 17<br />

18 Art. 115 sowie 109, 143d GG<br />

19 Zutreffend bereits Anfang 2021 T. Mayer, EU-Corona-Schulden - Volkswirt warnt vor Inflationsfolgen für Sparer, Deutschlandfunk 26.01.2021, als Text abrufbar unter:<br />

https://www.deutschlandfunk.de/eu-corona-schulden-volkswirt-warnt-vor-inflationsfolgen-100.html<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


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b) DEUTSCHLAND<br />

Was hier für die EU gesagt ist, gilt ceteris paribus<br />

auch für Deutschland, das als Vorreiter des Klimaschutzes<br />

in der Welt auch in der EU besondere<br />

Lasten für den Klimaschutz übernimmt.<br />

aa) Bundesverfassungsgericht<br />

In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht<br />

das Bundesklimaschutzgesetz 20<br />

für unzureichend<br />

gehalten, 21<br />

weil es den CO 2 -Minderungspfad nur<br />

bis 2030 und nicht bis zur Klimaneutralität in 2050<br />

vorzeichnet; das sei eine Lastenverschiebung in die<br />

Zukunft und damit eine Beeinträchtigung der Freiheitsrechte<br />

kommender Generationen.<br />

Der Beschluss 22 zeichnet sich durch diverse Fehlverständnisse<br />

23 aus: Ein eher prozeduraler Fehler<br />

liegt in der Annahme, hiesige Emissionen würden<br />

Auswirkungen in Nepal, Bangladesch und Chile<br />

haben. Selbst der Saharastaub überwindet die<br />

Anden nicht, und auch unsere CO 2 -Emssionen<br />

erreichen den indischen Subkontinent nicht. Diese<br />

Gegenden leiden wenn, dann unter ihren eigenen<br />

Emissionen. Warum aber soll nun klagebefugt sein,<br />

wer – ohne dass es um völkerrechtswidrige Verbrechen<br />

geht – durch Deutschland bzw. die dort vollzogenen<br />

Handlungen keinen Schaden erleidet?<br />

Ein weiterer Fehler liegt darin, dass das Gericht<br />

nicht erkannt hat, dass die zum Teil vom Bundesumweltministerium<br />

bezuschussten Kläger und das<br />

die Bundesrepublik vertretende Bundesumweltministerium<br />

sowie dessen Gutachter gleichlaufende<br />

Interessen vertraten. So übersah das Gericht die Gefahr,<br />

durch Einseitigkeit im Sach- und Rechtsvortrag<br />

in die Irre geführt zu werden. Diese Gefahr<br />

realisierte sich, denn so übersah das Gericht, dass<br />

der hohe investive Umwelt-, Ressourcen- und Finanzaufwand<br />

für die Umgestaltung in eine CO 2 -<br />

neutrale Wirtschaft und Gesellschaft später amortisiert<br />

werden muss; so wird die CO 2 -Neutralität mit<br />

anderen Lasten für künftige Generationen erkauft,<br />

die sich de facto ähnlich freiheitsbeschränkend<br />

auswirken können wie eine verspätet erzielte CO 2 -<br />

Neutralität; gerade der bisher verfolgte Weg, Umgebungsenergien<br />

mit geringer Energiedichte zu<br />

nutzen, ist teuer, schädigt die Umwelt und belastet<br />

die Menschen heute und künftig.<br />

Wichtiger ist m. E. jedoch eine andere irrige Argumentation:<br />

Das Bundesverfassungsgericht 24<br />

geht davon aus,<br />

dass sich die zulässige Emissionsmenge kumuliert<br />

und damit ein festes Emissionsbudget verbindlich<br />

ist, das zweckmäßigerweise – ähnlich einer Notration<br />

– planmäßig jährlich gleichmäßig aufzubrauchen<br />

ist. Das ist irrig. CO 2 akkumuliert sich nicht in<br />

der Atmosphäre; vielmehr ist maßgeblich der<br />

jeweils aktuelle Ausstoß, gemindert durch Senken<br />

und Neutralisierungsmaßnahmen (die das Bundesverfassungsgericht<br />

nicht beachtet).<br />

Das Bundesverfassungsgericht hätte auch erkennen<br />

können und müssen:<br />

Der nationale CO 2 -Beitrag ist abzusenken auf die<br />

Jahreseckwerte gemäß einem nationalen Allokationsplan,<br />

der von der EU nach EU-Recht zu genehmigen<br />

ist; dabei ist es dem Mitgliedstaat überlassen,<br />

ob er die Emissionen in der Erzeugung<br />

senken oder nach der Erzeugung auffangen oder<br />

anderweitig neutralisieren möchte. 25<br />

Eine Verpflichtung zur Klimaneutralität oder gar<br />

zur Klimaverbesserung ergibt sich aus den internationalen<br />

Vereinbarungen nur mittelbar. Dort ist<br />

– nur – das Ziel der Begrenzung der Erwärmung der<br />

Erde auf 2 Grad, möglichst aber nur 1,5 Grad festgeschrieben.<br />

26 Deutschland hat mit seiner einseitigen<br />

Selbstverpflichtung nur eine unvollkommene, jederzeit<br />

revozierbare Obligation begründet.<br />

Mit seinem derzeitigen Beitrag von unter 2 % zur<br />

weltweiten anthropogenen CO 2 -Generierung 27<br />

kann es durch Emissionsvermeidung oder -neutralisierung<br />

nur geringfügig zum Weltklimaschutz<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 25<br />

20 Vom 12.12.2019 (BGBl. I S. 2513), inzwischen mit eiliger Ergänzung vom18.08.2021 (BGBl. I S. 3905), die auf der nachfolgend erörterten Entscheidung beruht<br />

21 Beschluss vom 24.03.2021, abrufbar unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/03/rs20210324_1bvr265618.html;<br />

Dazu gibt es die Pressemitteilung 31/2021 vom 29.04.2021, abrufbar unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/<br />

bvg21-031.html<br />

22 Kritisch dazu auch C. Calliess, Verfassungsänderung durch die Hintertür?, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.05.2021, S. 6; zu Callies teilweise abweichend R.<br />

Müller, Eine Popularklage auf Umweltschutz?, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14.05.2021, S. 8; das Urteil aus Auslöser neuer Regulierung sieht J. von Altenbockum,<br />

Holterdiepolter in die Klimaneutralität, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15.05.2021, S. 1; ähnlich vorher K.-H. Ladeut, Freiheit als Anspruch auf staatliche<br />

Planung, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 06.05.2021, S. 7<br />

23 Vgl. auch D. Wetzel, Die Verfassungsrechtler liegen bedenklich falsch, Die Welt 29.04.2021, abrufbar unter: https://www.welt.de/wirtschaft/plus230753435/Klimaschutz-Urteil-Die-Verfassungsrichter-liegen-bedenklich-falsch.html<br />

24 Dazu die Entscheidung als „Füllhorn klimatologischer Expertise“ lobend J. Müller-Jung, Im Namen der Freiheit, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 05.05.2021, S. N1<br />

25 A. Frey, Und wo bleibt das Negative, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 19.09.2021, S. 58 ist der Ansicht, ohne Rückgewinnung und Speicherung (CCS) oder<br />

Verwendung von CO2 sei Klimaneutralität nicht zu erreichen.<br />

26 Pariser Übereinkommen vom 12.12.2015, abrufbar unter: https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=IND&mtdsg_no=XXVII-7-d&chapter=27&clang=_<br />

enm; Übersicht unter: https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbereinkommen_von_Paris<br />

27 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/179260/umfrage/die-zehn-groessten-C02-emittenten-weltweit/<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


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ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 26<br />

Rechtsprechung<br />

oder Aktivismus?<br />

beitragen. Es wird mit seinen Bemühungen noch<br />

nicht einmal die nach dem Abkommen zulässige<br />

Mehremission der Entwicklungs- und Schwellenländer<br />

28 auffangen können. Ein wirksamer Beitrag<br />

kann nur mittelbar über die Bereitstellung von<br />

Technologie für die Welt erfolgen, aber das liegt<br />

außerhalb der völkerrechtlichen Vereinbarungen<br />

und auch der zwischenzeitlichen EU-rechtlichen<br />

Vorgaben.<br />

Die Vorzeichnung eines stetigen Minderungspfades<br />

ist realitätsfremd, da die Technologie durch kaum<br />

vorhersehbare Sprunginnovationen und deren<br />

Ökonomik geprägt ist. Erfahrungsgemäß laufen<br />

staatliche Planung, vor allem mehrjährige und<br />

mehrdezenniale Planungen, und Realität fast<br />

immer sehr auseinander. 29<br />

Folge der nun national gesetzlich festgelegten Minderungsziele<br />

ist eine Rigidität, die neben der Möglichkeit<br />

technologischer Sprünge insbesondere die<br />

häufigen konjunkturellen und sogar wetterbedingten<br />

Schwankungen außer Betracht lässt. Vor allem<br />

aber resultieren die Zielvorgaben in einem staatlich<br />

veranlassten Investitionszwang für die öffentliche<br />

Hand, die Industrie und die Verbraucher, der über<br />

die Zeit zu immer erheblicheren Fehlallokationen<br />

der Mittel und Ressourcen führt; so jedenfalls insbesondere<br />

die gerade in Deutschland naheliegende<br />

Erfahrung mit den Planwirtschaften, die am<br />

Schluss alle pleite und von der allgemeinen Entwicklung<br />

abgehängt waren.<br />

Soweit nicht im Inland investiert wird, müssen<br />

CO 2 -Senken im Ausland eingekauft und d. h.<br />

bezahlt werden. Das kann je nach Situation billiger<br />

sein als der inlands-investive Weg. Derart alternative<br />

Lösungen, die künftigen Generationen mehr<br />

wirtschaftliche Freiheit lassen, hat das Bundesverfassungsgericht<br />

nicht bedacht.<br />

Die Wende in die Klimaneutralität bewirkt – wie<br />

bereits dargelegt – eine erhebliche Verteuerung<br />

jeder Produktion (Güter, Wohnungen, Mobilität,<br />

Dienstleistungen) für die Verbraucher. Es liegt auf<br />

der Hand, dass eine Brotnot vieler den Gebrauch<br />

ihrer Freiheiten ganz erheblich einschränkt.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat also schlicht zu<br />

wenig nachge<strong>for</strong>scht, zu wenig nachgedacht und<br />

handwerklich juristisch, aber letztlich phantasielos<br />

gearbeitet.<br />

bb) Politik<br />

Dem unsozialen Aspekt des Wegs zur Klimaneutralität<br />

will nun die Politik begegnen und soziale<br />

Härten mit Steuermehreinnahmen ausgleichen.<br />

Das hat zwei Aspekte:<br />

Industrie und „Reiche“ können nicht so viel Steuern<br />

zahlen, wie man zum Ausgleich, insbesondere zum<br />

längerfristigen Ausgleich, an sozial Schwächere<br />

braucht. Hinzu kommt, dass eine höhere Besteuerung<br />

von Einkünften Kosten verursacht, die<br />

ihrerseits die Preise erhöhen, teils aufgrund des<br />

28 C. Hein, Kohle im Klimawandel begehrter, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15.09.2021, S. 23<br />

29 Das schließt zwischenzeitliche Gewinner nicht aus, vgl. W. von Petersdorff, Alles auf Grün, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.04.2021, S. 19<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


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Durchreichens der Produktionskosten in den Produktpreis,<br />

teils aufgrund minderer Verfügbarkeit<br />

von Investitionsmitteln. Eine zu hohe Besteuerung<br />

und eine Besteuerung von bereits versteuertem Vermögen<br />

nehmen den Anreiz, die verbliebenen Mittel<br />

zu riskieren; sie wirken als Fortschrittsbremse.<br />

Eine Steuermehreinnahme aufgrund Wirtschaftswachstums<br />

hat sich bisher als nachhaltiger und<br />

wirksamer erwiesen als erhöhte Steuerlasten:<br />

Private investieren grundsätzlich besser als der<br />

Staat. Alle Investitionen lösen zunächst Nachfrage<br />

und damit Wirtschaftswachstum aus; Wirtschaftswachstum<br />

bringt Steuern. Wenn es aber Fehlinvestitionen<br />

sind, werden die verauslagten Mittel nicht<br />

wieder eingespielt, und das verursacht bei den<br />

Privaten Verluste, die die Steuerlast senken und<br />

auch über die Freisetzung von Arbeitskräften das<br />

Steuereinkommen mindern. Deshalb ist es gefährlich,<br />

Private in staatlich gewünschte und ggf. mit<br />

Regulierung und Lenkungsabgaben erzwungene<br />

Investitionen zu treiben.<br />

Nun rechtfertigt man die Regulierung und eine<br />

erfindungsreiche Rechtsprechung 30<br />

aber damit,<br />

dass ohne sie mit größeren Schäden aus dem<br />

Klimawandel, insbesondere infolge von Extremwetterereignissen,<br />

zu rechnen sei. Das negiert die<br />

Einsicht der Betroffenen und auch ihre Reaktion<br />

auf Prämienerhöhungen der Versicherungswirtschaft.<br />

Dem liegt die Annahme zugrunde, dass<br />

niemand für das Gemeinwohl Mehrkosten auf sich<br />

nimmt und die individuelle Betroffenheit aus dem<br />

Klimawandel nicht unmittelbar am eigenen Leibe<br />

und am eigenen Vermögen spürbar ist. Das ist aber<br />

nur selten richtig: Die Versicherungsprämien für<br />

Gesundheit, Vermögensgegenstände und Haftung<br />

können gemäß Klimavorsorge gestaffelt werden;<br />

eine gute Vorsorge erhöht die Absetzbarkeit von<br />

Produkten an die Verbraucher und bringt damit<br />

wirtschaftlichen Erfolg. Auch ist die Annahme,<br />

dass private Investoren sich nicht ums allgemeine<br />

Wohl scherten, so in dieser Allgemeinheit nicht<br />

richtig. Anders als bonus-süchtige, angestellte<br />

Manager achten private Kapitalgeber sehr wohl<br />

darauf, dass ihre Investitionen zurückverdient<br />

werden, andernfalls ihr Kapitaleinsatz direkt oder<br />

via Kapitalsammelstellen indirekt verloren geht –<br />

und die Kapitalgeber haben natürlich einen<br />

längeren Hebel als ihre Angestellten. 31 Eine staatliche<br />

Regulierung setzt also die wirksamen Marktmechanismen<br />

außer Kraft. Sie führt zu vorgezogenen<br />

Investitionen in Maßnahmen, die den Markt<br />

verstopfen, und hindert damit die breite Umsetzung<br />

des technischen Fortschritts. Überspitzt<br />

<strong>for</strong>muliert: Anders als private Kapitalgeber und<br />

ihre Vertrauensleute kennen der öffentliche Dienst<br />

und insbesondere die Politik für ihre Entscheidungen<br />

weder Vorsicht noch die Zukunft der<br />

Marktentwicklung.<br />

Vier Beispiele:<br />

p Die Isolierung von Wohnraum führt zur Einpackung<br />

in Sondermüll und hindert nicht nur<br />

Umbauten, sondern auch die Umsetzung künftiger<br />

Maßnahmen, die umweltfreundlicher sind.<br />

p Die Förderung der Windenergie führte zum<br />

Aufbau wenig effizienter Anlagen, so dass zum<br />

Repowering eine Änderung der Regulierung<br />

er<strong>for</strong>derlich war.<br />

p Die Abschaltung der Kernkraftwerke führt dazu,<br />

dass hochenergetischer Müll gelagert statt<br />

ausgebeutet wird und der technische Fortschritt<br />

z. B. in neue Reaktorlinien gebremst wird bzw.<br />

ausbleibt.<br />

p Die Förderung von teuren Elektro-Autos mindert<br />

auf Jahre die Nachfrage nach Autos mit alternativen<br />

Antrieben und „grünen“ Kraftstoffen und<br />

entwertet bestehende Investitionen, also den<br />

bereits getätigten Umwelt- und Ressourcenverbrauch.<br />

c) ERGEBNIS<br />

Staatliche, vor allem politische Überheblichkeit,<br />

mediale Willfährigkeit und ein Anbiedern an moralisches<br />

Gutsein, aber mangelnder Wille – auch des<br />

obersten deutschen Gerichts – arbeitsam den<br />

Dingen wirklich auf den Grund zu gehen, lassen<br />

Deutschland und Europa in eine unrealistische und<br />

überteuerte Klimapolitik straucheln. Die übrige<br />

Welt lacht und nimmt ausgelobte Gelder, Vorteile<br />

und Chancen gerne mit.<br />

4. VORBEREITUNG ZUR ENERGIEWENDE<br />

Eine besondere Bedeutung für den Klimaschutz hat<br />

die Energiewende. 32<br />

Jetzt soll der Ausbau von<br />

Wind- und Solarenergie nochmals erheblich<br />

beschleunigt und der Ausstieg aus den fossilen<br />

Brennstoffen ebenfalls beschleunigt werden. Dieses<br />

politische Bestreben zeigt exemplarisch, wie<br />

Ideen vom grünen Tisch mit den Realitäten kollidieren.<br />

a) Elektrizität und Gas<br />

Nicht nur die privaten Haushalte und die Gemeinwesen,<br />

sondern vor allem auch die industriellen<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 27<br />

30 Kritisch dazu J. Pennekamp, Die Schattenseite der Klima-Urteile, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 02.06.2021, S. 16<br />

31 Das ist ein wichtiger Grund für die Kapitalbeteiligung angestellter Manager, die so viel Neid weckt.<br />

32 https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/energiewende/energiewende-im-ueberblick-229564<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


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ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 28<br />

Prozesse sind auf eine ununterbrochene Belieferung<br />

mit Elektrizität und Gas angewiesen: Wasser,<br />

Mobilfunk, Treibstoffe, Produktionsanlagen,<br />

Ampeln, Alarmanlagen, alles läuft elektrisch; fällt<br />

die Heizung aus, kann man mit Elektro-Öfchen das<br />

Zimmer wärmen. Also: Die Versorgungssicherheit<br />

für Elektrizität ist oberstes Gebot 33 , gerade auch für<br />

eine Industrienation; heute liegt die Ausfallzeit in<br />

Deutschland bei durchschnittlich 12 Minuten im<br />

Jahr. 34<br />

Wind- und Solarenergie trugen zwar bis zu 50 %<br />

zur Deckung des durch die Pandemie verminderten<br />

Elektrizitätsverbrauchs von 580 TWh bei, aber<br />

eben in der Art nur wie die Menge eines Hochwassers<br />

zur Wasserversorgung. 35 Über 100 GW installierte<br />

Leistung in Windkraft und Solarenergie<br />

decken nachhaltig, d. h. auf 8760 Bedarfsstunden<br />

des Jahres, nur ca. 15 GW des gegenwärtigen<br />

Bedarfs von bis zu 85 GW. Der Ausbau ist technisch<br />

möglich, 36 aber die Problematik der sog. Dunkelflaute<br />

ändert sich nicht, wenn man diese Anlagen<br />

verdoppelt oder 2 % der Landesfläche für diese<br />

Anlagen vorsieht. Diverse erhebliche Nachteile<br />

daraus, z. B. für Ökologie 37<br />

und Gesundheitsschutz,<br />

38 sind zu bedenken. Die irregulär auftretende<br />

Deckungslücke von bis zu 70 GW Leistung<br />

und ca. 10 GWh/d schließen bisher – neben einigen<br />

kleineren fossil befeuerten Anlagen, insbesondere<br />

Kombi-Kraftwerken – im Wesentlichen die großen<br />

Kernkraftwerke (2021 noch 8 GW), Steinkohlekraftwerke<br />

(25 GW) und Braunkohlekraftwerke<br />

(21 GW), die nun alle abgeschaltet werden sollen,<br />

die Kernkraftwerke per Ende 2022 39 und die Kohlekraftwerke<br />

per 2038. 40<br />

Eine Schließung der Lücke mit Batterie-, <strong>Power</strong>-to-<br />

Gas- und Pumpspeicherkraftwerken sowie Stromimporten<br />

ist auf mittlere Sicht nicht absehbar. „Um<br />

den deutschen Strombedarf an einem durchschnittlichen<br />

Wintertag auch nur für einen halben Tag aus<br />

Stromspeichern zu decken, müsste man Speicherkapazitäten<br />

in der Größenordnung von 180 GW<br />

Leistung 41 und 720 GWh Kapazität errichten.“ 42<br />

Das liegt nicht nur an den Ein- und Ausspeichersowie<br />

Halteverlusten, sondern vor allem auch an<br />

der verhältnismäßig geringen Kapazität der Speicher<br />

zur Ausspeicherung.<br />

33 Der Ausfall in Texas im Februar 2021 ist das letzte Beispiel; vgl. dazu W. von Petersdorff, Auf Gas und Erneuerbare war kein Verlass, Frankfurter Allgemeine Zeitung<br />

vom 19.02.2021. Zum Folgenden zutreffend N. Záboji, Dem Blackout vorbeugen, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 05.07.2021, S. 16<br />

34 N.N., Weniger Stromausfälle in Deutschland, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22.10.2020, abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/stromausfaellein-deutschland-im-schnitt-zurueckgegangen-17014621.html<br />

35 Wenn es also heißt, Elektrizität aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen sei heute preislich konkurrenzfähig mit Elektrizität aus fossilen und atomaren Anlagen,<br />

dann ist das erheblich irreführend. Richtigerweise müssen die Kosten einer ausreichenden die Speicherung zur Umwandlung des fluktuierenden Angebots in eine<br />

verlässliche Versorgung auch zu Spitzenlastzeiten mit eingerichtet und dann aus den Vollkosten ein Mischpreis „Erneuerbare“ gebildet werden, um mit dem Preis<br />

für jederzeit abrufbare Elektrizität aus fossilen und atomaren Anlagen vergleichbar zu sein. Der hohe Preis, der sich dann für Elektrizität aus erneuerbaren Quellen<br />

ergibt, indiziert den Umweltverbrauch, der mit dem Ausbau einhergeht.<br />

36 Zu den angeblichen Mythen, die einem Ausbau entgegenstehen, vgl. I. Overland, The geopolitics of renewable energy: Debunking four emerging myths, Energy<br />

Research & Social Science 49 (2019), 35<br />

37 Z.B. Hitzeschlote über Solarparks, Shreddern von Vögeln, Fledermäusen und Fluginsekten durch Windkraftanlagen<br />

38 Z.B. Gefahren aus Infraschall und dessen Interferenzen (!) aus Windkraftanlagen<br />

39 13. Novelle zum AtomG vom 31.07.2011, BGBl 2011 I 1704<br />

40 Gesetz zur Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung (Kohleausstiegsgesetz) vom 08.08.2020, BGBl 2020 I 1818<br />

41 Die Leistung muss so hoch sein, weil die Reaktionszeiten der einzelnen Speicher zu langsam sind.<br />

42 Bundesnetzagentur, Regelungen zu Stromspeichern im deutschen Strommarkt, Bonn März 2021, S. 5, abrufbar unter: https://www.bundesnetzagentur.de/Shared-<br />

Docs/Downloads/DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/ErneuerbareEnergien/Speicherpapier.pdf?__blob=publicationFile&v=2<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


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Stromimporte wären nur hinreichend, wenn unsere<br />

Nachbarländer, die unter gleichen klimatischen<br />

Verhältnissen leben, Exportkraftwerke<br />

bauen, die intermittierend zur Lückenfüllung laufen,<br />

und Zuleitungen in unser Netz bauen, das entsprechend<br />

verstärkt werden müsste. Die EU sieht<br />

solche Kuppelstellen zwar für 10 % der nationalen<br />

Erzeugungskapazität vor, 43 aber sie bestehen noch<br />

nicht; Die EU-Elektrizitätsbinnenmarktverordnung<br />

verlangt sogar, dass 70 % des nationalen Bedarfs<br />

über Interkonnektoren verfügbar sein sollen, aber<br />

das ist Illusion und widerspricht der Verantwortung<br />

der Übertragungsnetzbetreiber; 44 zudem geht es<br />

bei einer Importabhängigkeit um ganz erhebliche<br />

Mengen für ein Industrieland.<br />

Batterien sind teuer, <strong>Power</strong>-to-Gas Anlagen erst in<br />

der Erprobung, geologisch geeignete Lagen für<br />

Pumpspeicherkraftwerke sind rar; in den Nachbarstaaten<br />

sind die guten Lagen für den eigenen Bedarf<br />

erschlossen.<br />

Hohe Umwandlungs- und Leitungsverluste sowie<br />

die Dringlichkeit des Bedarfs machen die Auslieferung<br />

teuer, und die dringende Nachfrage wird<br />

Importe, zumal wenn sie in Konkurrenz zu lokalem<br />

ausländischem Bedarf stehen, sogar sehr teuer<br />

machen. 45 Und der Fahrer eines Elektroautos wird<br />

sich bedanken, wenn seine kleine Batterie als Netzspeicher<br />

benutzt wird und sozusagen sein „Tank“<br />

wegen der morgendlichen Bedarfsspitze geleert<br />

wurde, er aber zur Arbeit fahren will.<br />

weiterlaufen. Alle Industrieanlagen zusammen<br />

verbrauchen ungefähr die Hälfte des nationalen<br />

Bedarfs, und nur wenige sind technisch in der Lage,<br />

kurzfristig abzuschalten. Von hier gibt es also nur<br />

einen begrenzten Beitrag zur Bedarfsdeckung.<br />

Die Digitalisierung bringt zwar für alle vorgenannten<br />

Positionen eine Effizienzsteigerung, 46<br />

aber keine Trendänderung. Damit bleibt nur die<br />

Stützfeuerung mit Erdgaskraftwerken übrig. 47 Zu<br />

den bestehenden Gaskraftwerken (ca. 30 GW), die<br />

teilweise unterbeschäftigt sind, müssten also für<br />

den heutigen, regulären Bedarf von knapp 600<br />

TWh und künftig mindestens 48 650 TWh 49<br />

Gaskraftwerke mit einer Leistung von ca. 40 GW 50<br />

bis 60 GW 51 hinzugebaut werden, für den künftig<br />

durch Digitalisierung, Elektromobilität, Elektrowärme<br />

und andere Anwendungen steigenden<br />

Bedarf sogar noch mehr.<br />

Dieser Bedarf an Zubau mindert sich um 8 GW,<br />

wenn die letzten Kernkraftwerke entgegen dem<br />

Widerstand in Teilen der Bevölkerung doch noch<br />

nach 2022 am Netz bleiben.<br />

Für die Befeuerung der Gaskraftwerke braucht es<br />

die neue Importpipeline Nordstream II und eine<br />

Neuberechnung der er<strong>for</strong>derlichen Kapazitäten der<br />

Gasnetze 52 sowie eine Neuberechnung der Kapazitäten<br />

der Stromnetze, 53 und das angesichts dezentraler<br />

Einspeisungen nicht nur auf der Fernleitungsbzw.<br />

Übertragungsnetzebene.<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 29<br />

Eine Netzstabilisierung durch Abschaltung von<br />

Industrieanlagen ist teuer, weil die Produktion<br />

dann stillsteht und dennoch alle Kosten<br />

Schon die bisherige Planung für die Gashochdruckleitungen<br />

geht von einem Investitionsbedarf von<br />

1 Mrd. EUR aus. 54 Angesichts zunehmender<br />

43 Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur, EU-ABl<br />

2013 L 115/39<br />

44 Zutreffend T. Burmeister & P. Kistner, Zu weiteren Europäisierung der Netzwirtschaft durch das Clean Energy Package, Recht der Energiewirtschaft 2021, 179, 183; ein<br />

Beispielsfall für die Verantwortung ist der Stromausfall in SO-Europa, vgl. N.N., 63 Minuten “Inselbetrieb“: Europa schrammte am Freitag am Blackout vorbei, Moneyonline<br />

29.06.2021, abrufbar unter: https://www.focus.de/finanzen/energieversorgung-europa-schrammte-am-freitag-knapp-am-blackout-vorbei_id_12864728.html<br />

45 Das sieht Overland (FN 71) interessengebunden nicht so.<br />

46 P. Waver, Effiziente Erzeugung bis hin zur Übertragung, Speicherung und Nutzung von grünem Strom, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Verlagsspezial „Energie der<br />

Zukunft“ vom 01.02.2022, S. V 1<br />

47 Ebenso J. Hauser & P. Plickert, Stromausfälle werden zur Gefahr, Frankfurter Allgemeine Zeitung 20.09.2021, S. 23 unter Hinweis auf Äußerungen hoher Netzverantwortlicher.<br />

48 Kritische Stimmen, die Schätzung sei zu niedrig, bei M. Schäfers, E-Autos und andere Stromfresser, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14.07.2021, S. 15; vgl. auch<br />

N. Záboji, 13 Millionen E-Autos nötig, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17.04.2021, S. 18, wonach 2030 schon wegen Wärmepumpen und Autos ein Bedarf von<br />

745 TWh zu erwarten ist.<br />

49 Bundesministerium für Wirtschaft, Pressemitteilung Energie vom 13.07.2021, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2021/07/20210713-erste-abschaetzungen-stromverbrauch-2030.html<br />

50 Z.B. Jarass/Siebels, Netzentwicklungsplan Strom 2035 riskiert die sichere Stromversorgung Deutschlands, ZNER 2021, 255; es ist offenbar eine Nettozahl ohne Stillstände<br />

durch Wartung, Instandhaltung, Reparatur und Störfälle. Andere Zahlen wie z. B. 20 GW (D. Mewis, Umbau der Wirtschaft, Frankfurter Allgemeine Zeitung,<br />

Verlagsspezial „Energie der Zukunft“ vom 01.02.2011, S. V 1 unter Berufung auf Agora Energiewende; dem offenbar folgende H. Bünder & R. Burger, Trans<strong>for</strong>mation<br />

ohne Vorbild, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22.02.2022, S. 3) sind vermutlich nur Interimszahlen.<br />

51 Das ist dann die Bruttozahl. Für diese Größenordnung auch C. Geinitz, Gaskraftwerke für den Klimaschutz, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.06.2021, S. 20<br />

52 Unzureichend ist der Entwurf des Netzentwicklungsplans Gas 2020-2030, abrufbar unter: https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/NetzentwicklungUndSmartGrid/Gas/NEP_2020/Entwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=1;<br />

die Bundesnetzagentur hat<br />

den Szenariorahmen unter dem 20.02.2022 mit Änderungen bestätigt, vgl. https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/<br />

DE/2022/20220120_SR_Gas.html; die Änderungen betreffen wohl vor allem die gewünschte Wasserstoffwirtschaft, dazu unten, während der Erdgasnetzausbau<br />

begrenzt werden soll.<br />

53 Zweiter Entwurf des Netzentwicklungsplans Strom 2035, abrufbar unter: https://www.netzentwicklungsplan.de/de/netzentwicklungsplaene/netzentwicklungsplan-2035-2021;<br />

diesen Entwurf für die Übertragungsnetze hat die Bundesnetzagentur unter dem 14.01.2002 genehmigt, vgl. https://www.netzentwicklungsplan.<br />

de/sites/default/files/paragraphs-files/Pressemitteilung%20Best%C3%A4tigung%20des%20aktuellen%20Netzentwicklungsplans%202035%2C%20Version%20<br />

2021_14.01.2022.pdf<br />

54 FN 80<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 30<br />

Einsparung von Wärmeenergie in Gebäuden,<br />

insbesondere aufgrund gesetzlicher Vorgaben, 55<br />

die sich sogar noch verschärfen werden 56 , dienen<br />

die neuen Vorhaben in den Gasversorgungsnetzen<br />

der Belieferung von Gaskraftwerken zur Elektrizitätsversorgung.<br />

Mit einer effizienten und kostengünstigen<br />

Versorgung von traditionellen Wärmebedarfskunden<br />

haben diese Kosten nichts zu tun.<br />

Sie sind daher nicht Gegenstand der von der<br />

Gasnetzentgeltvorordnung erfassten Kosten und<br />

können somit nicht auf die traditionellen Kunden<br />

umgelegt werden. Vielmehr sind sie den Elektrizitätskunden<br />

zuzuordnen und ggf. über die EEG-<br />

Umlage zu finanzieren.<br />

Die Neuberechnung der Stromnetze ist noch<br />

komplizierter aufgrund<br />

p des durch Digitalisierung, Elektromobilität und<br />

Elektrowärme wachsenden Elektrizitätsbedarfs,<br />

p der Ausbauszenarien für Erneuerbare Energien<br />

und Speicher einschließlich küstennaher <strong>Power</strong>to-Gas-Anlagen,<br />

die auch Gas für den anderweitigen<br />

Verbrauch produzieren werden,<br />

p der Umstellung der konventionellen Erzeugung,<br />

p der zunehmenden Erzeugung für den Eigenbedarf<br />

durch sog. Prosumer,<br />

p des Markteintritts abschaltbarer Lasten usw.<br />

sowie<br />

p der Er<strong>for</strong>dernisse der Frequenz- und Spannungshaltung<br />

einschließlich Blindstromkompensation.<br />

p Daher ist schon für die Übertragungsebene ein<br />

Kostenrahmen noch gar nicht abschätzbar, und<br />

für die regionalen und lokalen Netze tappt man<br />

im Dunkeln.<br />

wie z. B. Stromspeicheranlagen, Wärmepumpen,<br />

Dämmungen usw.<br />

4. Zentral ist die Gefährdung der Versorgungssicherheit:<br />

Fallen Lieferungen aus, fehlt das Gas<br />

nun nicht nur in der Wärme-, sondern auch in<br />

der Elektrizitätserzeugung: 57 Es wird dann nicht<br />

nur kalt, sondern auch dunkel.<br />

Das macht die Energieversorgung anfällig, und<br />

zwar mit weitergehenden Auswirkungen als<br />

bisher, weil von der Elektrizitätsversorgung<br />

auch die Digitalisierung und zunehmend die<br />

Mobilität abhängen und der kurzfristige Ersatz<br />

von Erdgas durch Elektrizität in der Wärmeerzeugung<br />

ausfällt.<br />

5. Die erhöhte Abhängigkeit in Europa vom Erdgas<br />

hat erhebliche außenpolitische Implikationen.<br />

Deutschland deckt neben 55 % des gegenwärtigen,<br />

durch warme Winter verminderten<br />

Erdgasbedarfs auch 35 % des Erdöl- und 40 %<br />

des Steinkohlebedarfs mit Importen aus Russland,<br />

eine inzwischen bedrohliche Summation.<br />

Im Hinblick auf die anstehende, ernsthafte<br />

Verknappung im Elektrizitätsangebot werden die<br />

Stimmen lauter, die eine Verlängerung des<br />

Ausstiegs aus der Kernkraft befürworten. 58<br />

Man<br />

sollte auch überlegen, die Nutzung unserer heimischen<br />

Braunkohle zu erstrecken, und das angesichts<br />

der Situation klar sagen, statt sich später<br />

hinter den gesetzlichen Notfallklauseln zu verstecken.<br />

b) Wasserstoff<br />

Einen Ausweg aus dem Erdgasdilemma soll der<br />

Umstieg in eine Wasserstoffwirtschaft 59 bringen.<br />

Offenbar ist also:<br />

1. Elektrizität aus dem Netz wird sehr teuer, auch<br />

ohne die weitere Förderung der Erzeugung von<br />

Elektrizität aus erneuerbaren Quellen gemäß<br />

dem EEG.<br />

2. Mit der Ersetzung von Kern- und Kohlekraftwerken<br />

durch Gaskraftwerke steigt die Abhängigkeit<br />

vom Erdgas.<br />

3. Das hat zunächst preisliche Folgen. Steigt der<br />

Erdgaspreis z. B. nachfragebedingt, werden<br />

nicht nur LNG-Lieferungen attraktiv, sondern<br />

auf längere Sicht auch energetische Alternativen<br />

Heute braucht es 9 Liter Wasser, um einen Liter<br />

Wasserstoff herzustellen, und die Umwandlung für<br />

eine Energieeinheit Wasserstoff kostet 2–3 Energieeinheiten.<br />

60 Wasserstoff ist also eine sehr teure<br />

Energiequelle, deren Produktion von der Verfügbarkeit<br />

von Überschusselektrizität aus Windkraftund<br />

Solaranlagen abhängt. In den Trockenzonen<br />

der Welt sind diese grünen Energien günstiger, und<br />

das Wasser kann man über Entsalzungsanlagen<br />

gewinnen; a. 2,5 Liter Salzwasser ergeben dann<br />

einen Liter Süßwasser, und es braucht 1,5-21 kWh,<br />

im Durchschnitt 7 kWh, um einen Kubikmeter<br />

55 Gebäudeenergiegesetz (GEG) vom 08.08.2020, BGBl 2020 I 1728; mit Recht kritisch dazu L. Messari-Becker, Was ökologisches Wohnen braucht, Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung vom 21.01.2022, S. I 3<br />

56 Ziel ist die Klimaneutralität des Gebäudebestands bis 2050, vgl. www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/energiewende-im-gebaeudebereich.html mit Verweis auch<br />

auf Förderprogramme<br />

57 Hauser/Plickert, aaO., unter Hinweis auf die aktuelle Situation in Großbritannien; dazu ausführlicher P. Plickert, Gaskrise trifft Britannien ins Mark, Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung vom 21.09.2021, S. 15<br />

58 C. Geinitz, Zweifel am Atomausstieg wachsen, FAZ of 19.10.2021, p. 15; idem, Die Atom-Diskussion wagen, FAZ of 21.10.2021, p. 15<br />

59 Zur Farbenterminolgie des Wasserstoffs J. Hoffmann, Die Farben des Wasserstoffs, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Verlagsspezial „Energie der Zukunft“ vom<br />

01.02.2022, S. V 3<br />

60 TGA-Fachplaner, Wasserstoff: Wie viel Wasser wird dafür benötigt, Stuttgart (Gentner) 06.03.2021, available at: www.tag-fachplaner.de/energietechnik/energietraeger-wasserstoff-wie-viel-wasser-wird-dafuer-benoetigt<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Gaskompressorturbine<br />

Süßwasser herzustellen. Deshalb gilt Wasserstoff<br />

als „der Champagner der Energiewende“. 61<br />

Geplant ist für Deutschland, dass <strong>Power</strong>-to-Gas-<br />

Anlagen 62 Elektrizitätsmengen abnehmen, die<br />

aufgrund der fluktuierenden Produktion von<br />

Wind- und Solarkraftanlagen den aktuellen Bedarf<br />

einschließlich einer entgeltlichen Vermarktung ins<br />

Ausland übersteigen. Wasserstoff kann in entsprechend<br />

ausgelegten Kraftwerken in Elektrizität<br />

zurückgewandelt, in industriellen Prozessen 63<br />

verwendet, im Verkehrssektor (insbesondere im<br />

Schiffs-, Eisenbahn- und Schwerlastverkehr)<br />

eingesetzt und zur Heizung mit Brennstoffzellen<br />

verwendet werden. 64<br />

Der Transport des Wasserstoffs<br />

erfolgt über gesonderte Leitungen, auch<br />

umgewidmete Erdgasleitungen Aufgrund der<br />

Faszination für das Potential des „neuen“ Energieträgers<br />

fördert Deutschland ihn mit zunächst<br />

Bundesmitteln in Höhe von 9 Mrd. Euro; 65<br />

die<br />

Bundesgesetzgebung hat auch schon das Energiewirtschaftsgesetz<br />

um eine Sonderregelung für die<br />

Wasserstoffwirtschaft ergänzt. 66<br />

M. E. wird Wasserstoff das Erdgas in seiner traditionellen<br />

Anwendung nur in geringem Umfang<br />

ersetzen, weil seine sichere Handhabung technisch<br />

sehr anspruchsvoll ist. Es gilt, die Bildung von<br />

Knallgas zu vermeiden. Knallgas bildet sich durch<br />

einfache Oxidation des Wasserstoffs H zu HO und<br />

ist sehr explosiv. Anders als bei Erdgas ist eine<br />

Odorierung von Wasserstoff nicht möglich, denn<br />

die kleinen Wasserstoffatome tragen die schweren<br />

Geruchsmoleküle nicht; so fehlt es an der Frühwarnung<br />

vor Leckagen.<br />

Daher wird Wasserstoff vor allem in großtechnischen<br />

Anwendungen wie Kraftwerken und<br />

schweren Motoren sowie in hochenergetischen<br />

Anwendungen der Industrie (z. B. in der Stahlerzeugung<br />

als Ersatz für Koks 67 und Elektrizität 68 )<br />

zum Einsatz kommen. Ob sich das als vorrangige<br />

Methode der CO 2 -Vermeidung gegenüber<br />

CO 2 -Abscheidung und CO 2 -Senken rechnet, ist<br />

offen. 69<br />

Dagegen wird der Einsatz in Gebäudeheizungen 70<br />

schon durch die Problematik der Verteilung<br />

begrenzt: In das bestehende Erdgasnetz kann<br />

Wasserstoff nur begrenzt (zu 6–8 %) beigemischt<br />

werden. Das liegt daran, dass Methan (CH4)<br />

weniger Dichtaufwand benötigt als Wasserstoff<br />

(H) und der beigemische Wasserstoff den<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 31<br />

61 Vgl. vorige Fußnote<br />

62 Energieagentur NRW, <strong>Power</strong>-to-Gas, abrufbar unter: https://www.energieagentur.nrw/brennstoffzelle/brennstoffzelle-wasserstoff-elektromobilitaet/power-to-gas1;<br />

siehe außerdem: https://www.erdgas.info/energie/erneuerbares-erdgas/power-to-gas/strom-zu-gas/<br />

63 Bundesnetzagentur, aaO, S. 17<br />

64 Ausführlich zum Markt Michalski, J.; M. Altmann, U. Bünger & W. Weindorf, Wasserstoffstudie Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf (Ministerium für Wirtschaft Innovation,<br />

Digitalisierung und Energie) Mai 2019, S. 38 ff, abrufbar unter: https://www.wirtschaft.nrw/sites/default/files/asset/document/bericht_wasserstoffstudie_<br />

nrw-2019-04-09_komp.pdf<br />

65 Bundesregierung, Bundesregierung beschließt Wasserstoffstrategie, Berlin 10.06.2020, abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/energiewende/wasserstoffstrategie-kabinett-1758824<br />

66 Gesetz vom 16. Juli 2021, BGBl. 2021 I S. 3026<br />

67 Vgl. z.B. Thyssen-Krupp, Grüner Wasserstoff für die Stahlproduktion, 10.06.2020, abrufbar unter: https://www.thyssenkrupp-steel.com/de/newsroom/pressemitteilungen/gruener-wasserstoff-fuer-die-stahlproduktion-rwe-und-thyssenkrupp-planen-zusammenarbeit.html<br />

68 Vgl. z.B. das Projekt der Stadtwerke Bremen gemäß A. Bun, SWB Bye-bye Kohle – Hallo Wasserstoff, Zeitung für kommunale Wirtschaft Januar 20022, S. 17<br />

69 H. Bünder & R. Burger, Trans<strong>for</strong>mation ohne Vorbild, FAZ vom 22.02.2022, S. 3: „Allein die Stahlerzeugung in Duisburg wird (scil. auf Wasserstoffbasis) viereinhalbmal<br />

so viel elektrische Energie benötigen wie (scil. heute) die Hansestadt Hamburg.“<br />

70 C. Haack, Grünes Gas für den Wärmemarkt der Zukunft, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Verlagsspezial „Quantensprung Energiewirtschaft“ vom 15.09.2021, S. 1<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 32<br />

Brennwert so erhöht, dass die Verbrauchsanlagen<br />

umgestellt und ggf. zur Vermeidung der Bildung<br />

von Knallgas umgerüstet werden müssen.<br />

Wasserstoffnetze werden also die von Wind und<br />

Solarkraftanlagen mit Energie versorgten <strong>Power</strong>to-Gas-Anlagen<br />

mit Großabnehmern ortsnah<br />

verbinden, so dass sich der Aufwand für die<br />

Leitungen rechnet. Flächige Wasserstoffnetze<br />

ähnlich Elektrizitäts- und Erdgasnetzen sind kaum<br />

zu erwarten.<br />

c) Energiepreissprünge<br />

Die gegenwärtigen Preissprünge für Energie<br />

(Treibstoffe, Erdgas, Elektrizität) können Deutschland<br />

und die anderen EU-Mitgliedstaaten für den<br />

Gesichtspunkt der Energiekosten sensibilisieren. 71<br />

Erschwingliche und sichere Energie dient dem<br />

sozialen Frieden und der inneren Stabilität. Eine<br />

erhebliche Zahl von Verbrauchern von Energie<br />

abzuschneiden, ohne die Möglichkeit einer rechtzeitigen<br />

Anpassung der Nachfrage zu eröffnen<br />

(z. B. durch Einsparmaßnahmen, Umstellungen,<br />

Eigenerzeugung usw.), ist ein Rezept für sozialen<br />

Unfrieden und das Scheitern von Politiken und<br />

Gesellschaften.<br />

Die bisherige Erfahrung zeigt, dass, sobald die<br />

Industrienationen die Besteuerung des Energieverbrauchs<br />

verschärfen, die Produzentenstaaten<br />

erkennen, dass die Nachfrager höhere Endpreise<br />

akzeptieren und sich so die Möglichkeit ergibt,<br />

einen höheren Anteil am Endpreis zu verlangen.<br />

Die „Kaskade der Gier“ beginnt in den Staaten mit<br />

hoher Nachfrage und stellt damit die Einführung<br />

neuer Verbrauchsbelastungen (wie z. B. die<br />

CO 2 -Besteuerung) in Frage; dies auch dann, wenn<br />

sie auf der guten Absicht beruht, das Weltklima zu<br />

schützen bzw. zu retten und die Erzeugung aus<br />

erneuerbaren Energien wettbewerbsfähiger zu<br />

machen. 72<br />

Subventionen für Einsparmaßnahmen<br />

und neue Energieerzeugung haben diese Auswirkung<br />

auf die Produzentenstaaten nicht.<br />

In der heutigen Situation kommt hinzu, dass mit<br />

der Aufgabe bzw. Verminderung der Kohleverstromung<br />

in Europa die Nachfrage nach anderen Energieträgern,<br />

insbesondere auch Erdgas, steigt. Mit<br />

den Kosten für die Einsatzenergie steigt der Elektrizitätspreis.<br />

Heute heißt diese Interdependenz<br />

„Sektorkopplung“.<br />

Bloße Augenwischerei ist, in dieser Situation wie in<br />

Deutschland auf eine Verringerung der EEG-<br />

Umlage zu verweisen. Diese Umlage finanziert die<br />

Differenz zwischen dem Marktpreis für die fluktuierende<br />

Erzeugung und dem Einspeisepreis, der<br />

Investoren für diese Energieerzeugung gesetzlich<br />

zugesagt wurde. um sie zur Investition zu veranlassen:<br />

73 Zwar verringert sich diese Differenz, je höher<br />

der Marktpreis ist. Das Problem ist jedoch, dass mit<br />

dem höheren Marktpreis auch die Energie aus traditioneller<br />

Erzeugung eingekauft werden muss, die<br />

die Deckungslücke zwischen dem Angebot an<br />

erneuerbarer Energie und der Nachfrage schließt.<br />

Bei einem Verhältnis 50/50 bedeutet, dass, dass<br />

man nicht nur die 50 % erneuerbare Energie einkauft,<br />

sondern auch die 50 % aus traditioneller<br />

Erzeugung, also die gesamten 100 %. Es steigen<br />

also die Beschaffungskosten der Händler und damit<br />

die Endpreise für die Verbraucher.<br />

Auch die angekündigte Abschaffung der EEG-<br />

Umlage ändert an den Marktpreisen nichts. Sie ist<br />

wohlfeil, solange die Marktpreise steigen, denn<br />

damit sinkt der auszugleichende Preisabstand, der<br />

dann aus Steuermitteln den Investoren zufließt.<br />

Der gegenwärtige Preisanstieg hilft der Energiewende,<br />

denn er bringt neue Investitionen für<br />

Einsparung und Erzeugung (einschließlich Kleinanlagen<br />

zur dezentralen Erzeugung) „ins Geld“.<br />

Dieser Mechanismus ist wirksamer als alles regulatorische<br />

und preiskontrollierende Mikromanagement.<br />

74<br />

Der Marktmechanismus wirkt auch und insbesondere<br />

über die Börsen. Der sog. Räumungspreis<br />

(clearing price) ist der Preis für das teuerste<br />

Angebot, dass zur Befriedigung der Nachfrage<br />

noch angenommen wird; diesen Preis erhalten<br />

auch diejenigen, deren Angebote billiger waren<br />

(und daher angenommen wurden), so dass sie<br />

einen zusätzlichen Verdienst haben, der ihnen<br />

Investitionen, Gewinnausschüttungen oder künftige<br />

Preisnachlässe zur Sicherung ihrer Auslastung<br />

ermöglicht.<br />

Hier setzen nun die EU-Kommission und einige<br />

Mitgliedstaaten an und <strong>for</strong>dern zur Verbilligung<br />

des Preises für die Endverbraucher, dass die Börsen<br />

nur noch den Durchschnittspreis aller Angebote,<br />

die angenommen wurden, zum Vertragspreis<br />

71 J. Pennekamp, Die Krise nach der Krise, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.10.2021, S. 1; C. Siedenbiegel, Rekordpreise für Sprit und Strom, Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung vom 11.01.2022, S. 23<br />

72 Ausführlich zu Letzterem V. Grimm, J. Haucap & J. Kühling, Damit der Strom sicher fließt, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 02.04.2022, S. 16, abrufbar unter:<br />

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/sichere-energieversorgung-was-die-politik-jetzt-tun-sollte-17924588.html<br />

73 A. Hoenig, Wie lässt sich der Strompreis stabilisieren, Rhein-Zeitung vom 16.10.2021, S. 7<br />

74 Zu dieser Tendenz der EU-Kommission vgl. H. Kafsack, Die Kommission werkelt herum, FAZ vom 14.10.2021, S. 15<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

machen. Dieser Durchschnittspreis entmutigt die<br />

Anbieter, neu anzubieten, weil die Hälfte der zur<br />

Nachfragedeckung er<strong>for</strong>derlichen Angebotsmenge<br />

Verlust einfahren wird. Es bieten nur noch die<br />

Anbieter, die ihre Angebote unterdurchschnittlich<br />

bepreisten, und diese Angebote können die Nachfrage<br />

nicht decken. Nach einem kurzen Anfangserfolg<br />

für die Verbraucher mündet diese Preisgestaltung<br />

in einem größeren und – wegen der<br />

Zurückhaltung von Investitionen – längeren Angebotsengpass:<br />

75 Einfache, eingängige Lösung –<br />

katastrophales Ergebnis.<br />

In Deutschland führt die Verteuerung dazu, dass<br />

diverse Billiganbieter die Belieferung von Kunden<br />

einstellen und diese in die tarifgebundene Grundversorgung,<br />

zu der der größte lokale Lieferant verpflichtet<br />

ist, zurückkehren. Der Grundversorger<br />

hatte keine Veranlassung, für diese Kunden rechtzeitig<br />

einzukaufen, und muss den neuen Bedarf<br />

daher aktuell teuer eindecken.<br />

Die Politik wird nun aufge<strong>for</strong>dert zu verhindern,<br />

dass der Grundversorger die Kosten für den teuren<br />

Zusatzeinkauf an die neuen Kunden weitergibt; 76 er<br />

soll sie auf die Gesamtheit seiner Kunden umlegen.<br />

Aber der Grundversorger differenziert seinen Preis<br />

mit Recht: 77 Es wäre unfair, wenn die bisherigen<br />

(Alt-)Kunden des Grundversorgers durch Umlage<br />

der erhöhten Beschaffungskosten, die für den<br />

Reservestrom der Neukunden anfallen, nachträglich<br />

für deren Fehlspekulation aufkommen<br />

müssten.<br />

d) Auswirkungen des<br />

Ukraine-Krieges<br />

Diese Basislage verändert der Krieg, mit dem Russland<br />

die Ukraine überzieht. 78 Während die Kohleund<br />

Erdölimporte Deutschlands aus Russland<br />

(40 % resp. 35 % des Bedarfs) noch einigermaßen<br />

rasch, wenn auch mit erhöhten Transportkosten<br />

aus dem Weltmarkt substituierbar sind, ist das mit<br />

dem Erdgas anders. Hier liegt die Importabhängigkeit<br />

corona-pandemie-bedingt bei 55 %, unter<br />

normalen Umständen bei Ausnutzung der Flexibilitäten<br />

der Importverträge sogar noch höher. In<br />

Deutschland fehlen die für alternative Importe<br />

notwendigen Infrastrukturen wie Pipelines und<br />

LNG-Häfen; in den auf anderen Kontinenten<br />

liegenden Exportländern lässt sich die Förderung<br />

nicht schnell hochfahren und es fehlen die Infrastrukturen<br />

wie Pipelines zu den Exporthäfen und<br />

auch diese Häfen selbst. Kurzfristige Gasbeschaffungen<br />

erhöhen die Preise noch über den Kostenpreis<br />

per Einspeisungspunkt, der in etwa beim<br />

Zweieinhalb- bis Dreifachen des Pipeline-Importpreises<br />

liegt. Was also tun?<br />

Auf lange Sicht kommen der Bezug aus anderen<br />

Gasmärkten und die Substitution von Erdgas durch<br />

andere Energieträger, insbesondere solche aus<br />

heimischen erneuerbaren Energien, in Betracht.<br />

Auf kurze Sicht sind im Wärmemarkt für Gebäude<br />

Einsparungen durch eine Absenkung der Temperaturen<br />

für Raumheizung und Warmwasser sowie<br />

eine Substitution vor allem durch Elektrizität<br />

möglich; diese er<strong>for</strong>dert den Weiterbetrieb der<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 33<br />

75 See also H. Kafsack, Planlos marktlos, FAZ of 23.10.2021, p. 17; his earlier versions are complicated by a simultaneous view on the gas market: idem, Aufgeheizt statt<br />

abgekühlt, FAZ of 18.10.2021, p. 17 and idem, Von der Leyen will Krise mit Wind und Sonne lösen, FAZ of 21.10.2021, p. 16<br />

76 K. Gelinsky, Wie Stromanbieter reguliert werden können, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.01.2022, S. 21<br />

77 Zutreffend OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.04.2022, Versorgungswirtschaft 20022, 140 ff<br />

78 Zum Folgenden siehe auch H. Bünder et al., Wie Energie aus Russland ersetzt werden kann, Frankfurter Allgemein Zeitung vom 10.03.2022, S. 18, abrufbar unter:<br />

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klima-nachhaltigkeit/ukraine-krieg-wie-energie-aus-russland-ersetzt-werden-kann-17865030.html<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 34<br />

LNG-Terminal Swinemünde<br />

Kern- und Kohlekraftwerke. Kokerei- bzw. Stadtgas,<br />

Holz und andere Biomassen, Geothermie usw.<br />

mögen lokal kleinere Beiträge leisten, setzen aber<br />

ebenso wie die Verwendung von leichtem Heizöl,<br />

Wärmepumpen und Solarthermiekollektoren<br />

erhebliche Umrüstungen voraus.<br />

Auf kurze Sicht sind im industriellen Wärmemarkt<br />

keine wesentlichen Alternativen realisierbar. Vor<br />

allem in der Verwendung in der Agrar- und Grundstoffindustrie<br />

(Lebensmittel, Metalle, Steine und<br />

Erden, Chemie) ist Erdgas nicht rasch ersetzbar.<br />

Zwar sieht für Krisenfälle das EU-Recht eine<br />

vorrangige Belieferung für Bevölkerung und Infrastrukturen<br />

wie Hospitäler und eine frühe Abschaltung<br />

industrieller Verbräuche vor, weil notfalls die<br />

Industriellen Produkte, die auf Erdgasbasis hergestellt<br />

werden, aus dem Weltmarkt importiert<br />

werden können. Hier mag man durch Preissignale<br />

Anreize zur Freigabe von Gasmengen setzen, aber<br />

dieses Instrument löst die Gefahr aus, dass für den<br />

einzelnen Betrieb eine Abschaltung machbar und<br />

sogar profitabel sein kann, aufgrund der Bedeutung<br />

der Produktion in der Herstellungskette aber<br />

wichtige Endprodukte ausfallen, weil nachgelagerte<br />

Produktionsstufen nicht ausreichend Ersatz<br />

finden.<br />

Auch muss eine großflächige Abschaltung möglichst<br />

vermieden werden, weil mit der Abschaltung<br />

der heimischen Produktion, die zumindest bis zu<br />

einer – nicht immer möglichen – Umrüstung wirkt,<br />

eine hohe direkte Arbeitslosigkeit und ein Stopp der<br />

Belieferung für Weiterverarbeiter bzw. Endverbraucher<br />

verbunden sind, so dass die gesamte<br />

Volkswirtschaft tief einbricht. Wenn aber wichtige<br />

primäre und sekundäre Produktion stoppt, und<br />

zwar egal auf welcher Verarbeitungsstufe und<br />

aufgrund der Lieferverflechtungen in fast der gesamten<br />

EU, ist der russischen Aggression kaum<br />

noch etwas entgegenzusetzen.<br />

Hier liegt unsere eigentliche Verwundbarkeit.<br />

Kurz- und mittelfristige Umrüstungen sind nur auf<br />

die Sekundärenergie Elektrizität möglich. Das ist<br />

ein weiterer Grund, aus dem Atom- und Kohleausstieg<br />

jedenfalls fürs Erste auszusteigen. Verstärkte<br />

CO 2 -Einspar- und Absorptionsbedingungen in<br />

anderen Sektoren können den CO 2 -Schaden<br />

mindern; notfalls ist das EU-Klimagesetz anzupassen.<br />

Allgemeine Einsparungen tragen zur<br />

Entschärfung der Problematik bei, sind also ein<br />

weiterer Baustein für die Reduzierung der Abhängigkeit,<br />

aber sie allein lösen das aktuelle Problem<br />

nicht; hierfür bedarf es So<strong>for</strong>tmaßnahmen.<br />

Später mag man ein neues Gleichgewicht unter<br />

verstärktem Einbezug Erneuerbarer Energien<br />

finden und durch ihren vorrangigen Ausbau stabilisieren.<br />

Aber das ist nicht leicht: Mit der Verwendung<br />

von Flächen für die Erzeugung heimischer<br />

„grüner“ Energie – und die ist mehr als nur<br />

Biomasse – geht vor allem Agrarland verloren,<br />

dessen Produktion gebraucht wird, um dem Hunger<br />

in der Welt zu begegnen, der aufgrund des Ausfalls<br />

von Getreiden und Ölen aus der Ukraine, Russland<br />

und den Dürregebieten in der Welt ein akutes,<br />

humanitäres Problem darstellt, das dringender ist<br />

als die Vermeidung von CO 2 .<br />

Nach alledem werden alternative und neue<br />

Beschaffungen und die Umrüstungen als Folge des<br />

Ukraine-Krieges vor allem die Nutzenergie und<br />

damit alle Produkte und Leistungen erheblich<br />

verteuern. Ob diese negativen Auswirkungen die<br />

Ersparnisse aufgrund der bisherigen<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Energiebezüge aus Russland überschreiten, ist eine<br />

offene Frage. Mit der Fokussierung auf billige<br />

Beschaffung hat man sich in eine Zwangslage<br />

manövriert, aus der man jetzt auch nicht durch<br />

eine EU-weite Nachfragebündelung 79 herauskommt.<br />

Die Lösung liegt vielmehr in einer<br />

EU-weiten Ressourcenteilung und darauf aufbauenden<br />

nationalen Politiken. EU-weit aber wird es<br />

unverständlich, wenn Deutschland nach Erdgas<br />

aus den Mitgliedstaaten ruft und auf eine Bedarfsreduzierung<br />

verzichtet, die den Einsatz von Kernund<br />

Kohlekraftwerken verlangt.<br />

5. FAZIT<br />

Die gegenwärtige Diskussion zum Klimaschutz und<br />

zur Energiewende ist durch Alarmismus und gute<br />

Absichten geprägt, aber realitätsfern. Es ergibt<br />

keinen Sinn, in Europa und in Deutschland die<br />

Volkswirtschaft und den Wohlstand mit eiligen<br />

regulatorischen, planwirtschaftlichen Vorgaben<br />

aufs Spiel zu setzen, um eventuell nur an Symptomen<br />

statt an Ursachen eines Klimawandels zu<br />

arbeiten. Vielmehr bedarf es wissenschaftlicher<br />

Nüchternheit statt moralischen Gutwillens. Es<br />

ergibt weitaus mehr Sinn, sich auf den Klimawandel<br />

einzustellen, als in eine CO 2 -Neutralität zu<br />

steuern; dies umso mehr, als<br />

(a) nach dem Pariser Abkommen die Entwicklungsländer<br />

keine Pflichten zur absoluten<br />

Minderung ihres CO 2 -Ausstoßes übernommen<br />

haben, vielmehr nur CO 2 relativ zum<br />

Wachstum ihres Brutto-Inlandsproduktes<br />

sparen sollen,<br />

(b) Europa sich nicht in eine selbstversorgende<br />

Festung verwandeln kann und als Lieferant<br />

für die Welt schon aus Gründen des umweltund<br />

Ressourcenschutzes nicht deindustrialisieren<br />

sollte,<br />

(c) der Plan einer Carbon Border Adjustment Tax<br />

zur Vermeidung von Carbon leakage rechtlich<br />

gegen das GATT und weitere internationale<br />

Rechtsvorgaben verstoßen dürfte.<br />

Ein aggressives Bemühen um einen realitätsnahen<br />

Ansatz ist auch für die Energiewende er<strong>for</strong>derlich;<br />

hier hat sich gezeigt, dass am grünen Tisch erdachte<br />

„große“ Lösungen wie DESERTEC, erneuerbare<br />

Energien und Wasserstoffwirtschaft weit engere<br />

Grenzen als erhofft haben und für sich allein oder<br />

auch nur prädominant Welt und Klima nicht retten<br />

können, vielmehr sogar nachhaltig schädigen<br />

können. Das Bemühen um Rationalität und unvoreingenommene<br />

Aufklärung gilt auch für die<br />

Gerichte, damit sie nicht einem zwar öffentlichkeitswirksamen,<br />

aber unbedarften Gutmenschentum<br />

anheimfallen und damit letztlich Unheil<br />

anrichten.<br />

Zur Stabilisierung einer nachhaltigen Energieversorgung<br />

bedarf es eines marktgetriebenen Mixes<br />

aller Energieträger, einer Diversifizierung der<br />

Importe, der Forschung und Entwicklung in allen<br />

Bereichen und des schrittweisen Ausprobierens<br />

von technischem Fortschritt, um den stetig wachsenden<br />

Energiebedarf einer immer komplexer und<br />

vernetzter arbeitenden Wirtschaft und Gesellschaft<br />

zu decken. Dafür braucht es auch „Spielgeld“,<br />

um neue Wege zu probieren, und nicht neidund<br />

geizgetriebener Kargheit. Ökonomischen<br />

Zwängen aus Marktbedingungen mag der Staat im<br />

Einzelfall kurzfristig abhelfen, aber regulatorische<br />

Vorgaben, egal ob legislativ, exekutiv oder judikativ<br />

veranlasst, führen regelmäßig ins ökonomische<br />

Abseits.<br />

Die Notwendigkeit dieser Zielsetzung einer resilienten<br />

Energieversorgung und der Dringlichkeit<br />

der Zielverfolgung verdeutlicht der Krieg, mit dem<br />

Russland die Ukraine überzieht. Die alternativen<br />

Beschaffungen und die Kosten der Umrüstungen<br />

der Energiewirtschaft und der Energieverbraucher<br />

zur Beendigung der Abhängigkeit von russischen<br />

Importen werden alle Produkte und Leistungen in<br />

der EU verteuern. Eine kurzfristige Überbrückung<br />

des Energiemangels ist im Wesentlichen nur durch<br />

Substitution mit Elektrizität und d. h. durch den<br />

Weiterbetrieb aller Kraftwerke möglich.<br />

Autor<br />

Dr. Achim-Rüdiger Börner<br />

Rechtsanwalt, Börner Ecological Resource<br />

Enhancement, Köln)<br />

info@boernerlaw.de<br />

1955 als Sohn des Zivil-, Europa- und Energierechtlers Prof. Dr. Bodo Börner<br />

geboren, wurde er nach Studium von Rechtswissenschaft, Volkswirtschaft und<br />

Orientalistik, Militärdienst und Promotion 1981 als Rechtsanwalt zugelassen. Ab<br />

1982 folgten Stationen als Syndicus der Ruhrgas AG in Essen, Leiter der<br />

Rechtsabteilung und Prokurist der Aachener und Münchener Versicherung AG in<br />

Aachen, Associate bei der M&A-Boutique RAe Lang & Landwehrmann und seit<br />

1989 Inhaber der Kanzlei RAe Börner in Düsseldorf, später bis heute in Köln.<br />

Aufgrund seiner biologischen Interessen betreibt er die Beratung Börner Ecological<br />

Resource Enhancement. Sein Arbeitskreis Industriebiologie hat das Ziel,<br />

gewerbliche und industrielle Flächen ökologisch aufzuwerten. Er hat ca. 190 juristische<br />

und volkswirtschaftliche sowie 38 herpetologische Arbeiten veröffentlicht.<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 35<br />

79 Rb/fab, EU will Gas für alle kaufen, DW vom 23.03.2022, abrufbar unter: https://www.dw.com/de/eu-will-gas-f%C3%BCr-alle-kaufen/a-61237051<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

SPOTLIGHT ON NUCLEAR LAW 36<br />

Strahlenschutz: Quo vadis? –<br />

Zur anstehenden Revision der ICRP-Empfehlungen von 2007<br />

Ulrike Feldmann<br />

EINLEITUNG<br />

Die letzte Fassung der „Allgemeinen Empfehlungen“ der <strong>International</strong> Commission on Radiological Protection,<br />

bekannt als „ICRP Publication 103“, datiert von 2007. Vor dem Hintergrund (u. a.) neuer wissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse beschloss die ICRP daher im vergangenen Jahr, diese Empfehlungen einer weiteren<br />

Revision zu unterziehen. Sie hat dazu ein Papier unter dem Titel „Keeping the ICRP-Recommendations fit<br />

<strong>for</strong> purpose“ veröffentlicht, mit dem sie in einem ersten Schritt zu einer weltweiten Diskussion mit Fachorganisationen<br />

wie auch mit einzelnen Bürgern über Themen anregen will, die nach Auffassung der ICRP im<br />

Fokus einer Revision stehen sollten, um in einem zweiten Schritt mit Hilfe des vorgelegten Papiers und auf<br />

der Grundlage der nun initiierten Diskussionen Verbesserungen zu erarbeiten. Daneben will die ICRP auch<br />

ihr Arbeitsprogramm für die nächsten Jahre entwickeln. Die ICRP nimmt für die von ihr herausgegebenen<br />

Empfehlungen zum Schutz vor den schädlichen Wirkungen ionisierender Strahlung in Anspruch, dass sie<br />

„the basis of standards, regulations, legislation, and the practice of radiological protection worldwide“<br />

(Keeping the ICRP-Recommendations fit <strong>for</strong> purpose , S. 2. Nr. 1 Abs. 1) bilden.<br />

A. Wer oder was ist die ICRP?<br />

Die ICRP ist eine unabhängige gemeinnützige<br />

Organisation zur Förderung wissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse über den Strahlenschutz. Sie wurde<br />

1928 auf dem 2. <strong>International</strong>en Radiologie-<br />

Kongress als „<strong>International</strong> X-ray and Radium<br />

Protection Committee“ (IXRPC) gegründet, um<br />

sich mit der Wirkung ionisierender Strahlung bei<br />

der Anwendung in der Medizin zu befassen. Mit<br />

der Zeit wurde erkannt, dass es ebenfalls wichtig<br />

ist, die Wirkung von Strahlung außerhalb des<br />

medizinischen Bereichs zu untersuchen. 1950<br />

wurde deshalb die Organisation umstrukturiert<br />

und trägt inzwischen den Namen <strong>International</strong><br />

Commission on Radiological Protection. Nachdem<br />

anfänglich Empfehlungen und Hilfestellungen in<br />

verschiedenen Fachblättern veröffentlicht<br />

wurden, schuf die ICRP eine eigene Serie von<br />

Empfehlungen, die sie zu bestimmten Themen<br />

oder als „Allgemeine Empfehlungen“ seit 1977 in<br />

ihren „Annals of ICRP“ publiziert.<br />

Die ICRP besteht aus einem „Main-Committee“<br />

und 4 „Committees“, denen jeweils mehrere „Task-<br />

Forces“ zugeordnet sind. Ein und dieselbe Task-<br />

Force kann auch mehrere Committees beraten<br />

und ihnen zuarbeiten. Alle Gremien der ICRP sind<br />

mit Fachleuten für Strahlenschutz aus aller Welt<br />

besetzt, die sich überwiegend aus Vertretern<br />

nationaler Strahlenschutzbehörden und<br />

Forschungsstellen sowie aus Universitäten und der<br />

Medizin rekrutieren. Daneben sind ebenfalls<br />

Mitarbeiter von internationalen Vereinigungen<br />

wie der <strong>International</strong> Atomic Energy Agency<br />

(IAEO) und der <strong>International</strong> Radiation<br />

Protection Association (IRPA) sowie vereinzelt<br />

ebenfalls Industrievertreter in den ICRP-Gremien<br />

vertreten. Die ICRP sieht sich als Schnittstelle<br />

zwischen Wissenschaft und Politik.<br />

B. Stand der Diskussion<br />

I. Ansatz der ICRP<br />

In ihrem o. g. Papier „Keeping the ICRP-Recommendations<br />

fit <strong>for</strong> purpose“ (im folgenden „ICRP-<br />

Papier) stellt die ICRP eingangs klar, dass das<br />

bisherige Strahlenschutzsystem sich bewährt hat<br />

und robust ist. Jedoch hält die ICRP eine Anpassung<br />

an die wissenschaftlichen Entwicklungen<br />

und die Veränderungen in der Gesellschaft für<br />

er<strong>for</strong>derlich, um die Zweckmäßigkeit des Strahlenschutzsystems<br />

zu gewährleisten. Dabei hätten<br />

Konsistenz, Verständlichkeit und Klarheit und, wo<br />

möglich, die Einfachheit der empfohlenen Regelungen<br />

eine hohe Priorität. Die ICRP betont ferner<br />

die beiden übergreifenden Strahlenschutzziele,<br />

die das Strahlenschutzsystem der ICRP-Empfehlungen<br />

durchzögen, nämlich den Schutz der<br />

Menschen und den der Umwelt.<br />

Als wichtig benennt die ICRP außerdem das<br />

Konzept der individuellen Dosisbegrenzung sowie<br />

die ethische Verpflichtung, das Individuum unter<br />

allen Umständen zu schützen (bei Notfällen wie<br />

auch bei bestehenden Expositionssituationen<br />

durch die Verwendung von Referenzwerten) und<br />

regt an zu prüfen, ob nicht die Verpflichtung zum<br />

Schutz des Einzelnen in ein allgemeines Prinzip<br />

gefasst werden könne, das für alle Expositionssituationen<br />

(geplante Expositionssituation,<br />

bestehende Expositionssituation und Notfall-<br />

Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

Strahlenschutz: Quo vadis? ı Ulrike Feldmann


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Expositionssituation) gelte und jeweils auch Dosisgrenzwerte,<br />

Dosisrichtwerte und Referenzwerte<br />

umfasse. Zu bedenken bei einer solchen Änderung<br />

ist allerdings, dass sie eine erneute Prüfung und<br />

Klärung von Dosisgrenz werten, -richtwerten und<br />

Referenzwerten er<strong>for</strong>dern würde.<br />

Als weitere mögliche Felder, die einer Überprüfung<br />

unterzogen werden sollten, nennt die ICRP in<br />

ihrem Papier:<br />

p Klassifizierung von Strahlenwirkungen<br />

(mit speziellem Fokus auf Gewebereaktionen),<br />

p Neu<strong>for</strong>mulierung des Schadensbegriffs<br />

(der möglicherweise auch nicht krebsbedingte<br />

Krankheiten umfassen sollte),<br />

p Zusammenhang zwischen Schädigung<br />

und effektiver Dosis (einschließlich der Unterscheidung<br />

von Schädigung bei Männern und<br />

Frauen und unter Berücksichtigung des Alters),<br />

p individuelle Unterschiede bei<br />

Reaktionen auf eine Strahleneinwirkung<br />

sowie<br />

p Strahlenwirkungen und<br />

-risiken für Lebewesen der<br />

unbewohnten Umwelt (soll<br />

der Schutz der unbewohnten Umwelt in das<br />

Strahlenschutzsystem einbezogen werden und<br />

sollen die<br />

3 Kategorien „medizinische Exposition“,<br />

„berufliche Exposition“ und „Exposition der<br />

Öffentlichkeit“ um eine vierte Kategorie<br />

„non-human biota“ ergänzt werden?<br />

p das Austarieren des Schutzes von Menschen<br />

und Umwelt,<br />

p schrittweise Verbesserungen der grundlegenden<br />

Prinzipien der Rechtfertigung<br />

und Optimierung.<br />

Ferner regt die ICRP an zu prüfen,<br />

p wie eine Klarstellung der 2007 eingeführten<br />

Expositionssituationen aussehen könnte,<br />

p an welchen Stellen im Strahlenschutz es<br />

hilfreich wäre, die ethische Basis des Strahlenschutzes<br />

mit in die Betrachtung einzubeziehen,<br />

p wie die Wichtigkeit der Kommunikation<br />

im Strahlenschutz und die Einbeziehung<br />

Betroffener besser reflektiert werden könnte<br />

und<br />

p wie die Beratung zur allgemeinen und beruflichen<br />

Bildung verbessert werden könnte.<br />

Als Zeitrahmen für die Diskussion sieht die ICRP<br />

die nächsten 6–7 Jahre vor.<br />

lud die ICRP am 19. und 20. Oktober 2021 zu<br />

einem digitalen Workshop ein. In über 60<br />

Beiträgen nahmen Teilnehmer aus aller Welt und<br />

von den unterschiedlichsten Institutionen wie<br />

z. B. IAEO, IRPA, HERCA (Heads of European<br />

Radiation Protection Competent Authorities) und<br />

NEA (<strong>Nuclear</strong> Energy Agency), aber auch Einzelpersonen<br />

zu den Revisionsvorschlägen der ICRP<br />

Stellung. Die internationalen Organisationen<br />

haben in der Regel spezielle Arbeitsgruppen eingerichtet,<br />

die die Überarbeitung der ICRP-Empfehlungen<br />

von 2007 aktiv begleiten sollen.<br />

Neben dem digitalen Workshop bot die <strong>International</strong><br />

Organization <strong>for</strong> Medical Physics (IOMP) in<br />

Zusammenarbeit mit der ICRP am 20. April 2022<br />

ein Webinar zum Thema „Are radiation risks<br />

below mGy <strong>for</strong> example through recurrent CT<br />

procedures of real concern <strong>for</strong> radiological protection?“<br />

an, bei dem Prof.<br />

„Als Zeitrahmen für die<br />

Diskussion sieht die ICRP die<br />

nächsten 6–7 Jahre vor.“<br />

Werner Rühm/ Uni.<br />

München und amtierender<br />

ICRP-Präsident;<br />

Dominique Laurier/<br />

Institut de Radioprotection<br />

et de Sûreté Nucléaire, Frankreich; Prof.<br />

Richard Wake<strong>for</strong>d/ Uni. Manchester, GB und Dr.<br />

Roger Coates/ ehemals BNFL und langjähriger<br />

Vize-Präsident und Präsident der IRPA zum Krebsrisiko<br />

bei niedrigen Strahlendosen referierten.<br />

Die Beiträge zeigen, dass der Re<strong>for</strong>mbedarf im<br />

Hinblick auf das Strahlenschutzsystem bisher<br />

recht unterschiedlich bewertet wird. Die Bandbreite<br />

der Auffassungen und Vorschläge reicht<br />

sozusagen von der reinen Lehre des Strahlenschutzes<br />

bis zu der Forderung nach einer Vereinfachung,<br />

besseren Verständlichkeit und einer<br />

deutlich situationsangepassteren und praktischeren<br />

Ausrichtung des Strahlenschutzsystems.<br />

Ein besonders strittiges Thema, das daher auch<br />

größeren Raum in der Diskussion einnimmt, ist<br />

die – immer wiederkehrende – Frage nach der<br />

Richtigkeit der LNT-Hypothese bzw. die Frage<br />

nach dem Risiko kleiner Strahlendosen. Manche<br />

Stimmen, zu denen auch Rühm, Laurier und<br />

Wake<strong>for</strong>d gehören, verweisen auf neueste Studien<br />

über die Wirkung kleiner Strahlendosen, wonach<br />

ein strahlungsbasiertes Krebsrisiko bei Dosen von<br />

mehreren 100 mGy bei längerer Exposition beobachtet<br />

wurde und es auch zunehmend Beweise für<br />

ein strahlungsbasiertes Krebsrisiko bei Dosen<br />

unter 100 mGy gibt.<br />

SPOTLIGHT ON NUCLEAR LAW 37<br />

II. Diskussion des ICRP-Papiers<br />

Als „Aufschlag“ gemeinsamer Fachdiskussionen<br />

Von Seiten der Praxis, insbesondere der medizinischen<br />

Praxis, wird dagegen kritisiert, dass das<br />

Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

Strahlenschutz: Quo vadis? ı Ulrike Feldmann


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

SPOTLIGHT ON NUCLEAR LAW 38<br />

ICRP-Papier zwar die Unsicherheit der LNT-Hypothese<br />

(LNT=„Linear-No-Threshold“) anerkennt,<br />

aber gleichwohl an ihrer Anwendung festhalten<br />

will. Bei niedrigen Dosen sei es u. U. jedoch nicht<br />

möglich, die Dosis zu messen. Darüber hinaus sei<br />

zu berücksichtigen, dass eine niedrige Dosis auch<br />

ein niedriges Risiko bedeute und dieses Risiko im<br />

Rauschen der Hintergrundstrahlung untergehe.<br />

Für Röntgenärzte könne die Anwendung der LNT-<br />

Hypothese zur Folge haben, dass ein 7 kg schwerer<br />

Bleischutz für eine längere Operation getragen<br />

werden müsse, obwohl die während der OP zu<br />

erstellende Röntgenaufnahme nur kurze Zeit in<br />

Anspruch nehme und für den Patienten (ohne<br />

Bleischutz) lediglich ein Risiko von 0.0025 %<br />

beinhalte, irgendwann in seinem Leben an Krebs<br />

zu erkranken, jedoch durch das lange Tragen des<br />

Bleischutzes das Risiko von Muskel-Skelett-Verletzungen<br />

erhöht werde. Nach Auffassung von Coates<br />

muss bei der Risikoabwägung auch „common<br />

sense“ eine Rolle spielen. Er stellt die Frage, ob es<br />

„the best use of resources“ für die Gesellschaft sei,<br />

wenn auf der einen Seite<br />

Zehntausende von<br />

Urlaubern ihre Ferien in<br />

Cornwall verbringen<br />

und jeder eine zusätzliche<br />

Dosis von mehreren<br />

10 Mikrosievert erhält, was niemanden störe, aber<br />

auf der anderen Seite bei der Freigabe trotz des 10<br />

Mikrosievert-Kriteriums aufgrund zusätzlich<br />

ge<strong>for</strong>derter Konservativitäten große finanzielle<br />

Anstrengungen unternommen werden müssten,<br />

um die Dosis gegen 0.1 Mikrosievert zu drücken.<br />

In diesem Zusammenhang ist auch der Themenbereich<br />

„Reasonableness and Tolerability“ im Strahlenschutz<br />

von Interesse. Mit der ICRP-Empfehlung<br />

„Publication 60“ wurde 1990 bereits ein Modell<br />

für Risikotoleranz eingeführt. Mit „Publication<br />

101 wurde dann 2004 der Ansatz zur Umsetzung<br />

des Optimierungsprozesses und zur Verdeutlichung,<br />

was vernünftigerweise machbar ist, eingeführt.<br />

Eine Arbeitsgruppe der ICRP wird sich mit<br />

der Überarbeitung dieses Themenkomplexes<br />

befassen und will eine praktische Hilfestellung für<br />

Entscheidungen geben.<br />

„Welche Auswirkungen die Überarbeitung<br />

auf unsere Strahlenschutzlandschaft haben<br />

wird, ist längst noch nicht prognostizierbar.“<br />

Astronauten sowie für Tiere, die in den Beiträgen<br />

zum digitalen Workshop im letzten Jahr angesprochen<br />

wurden (https://www.icrp.org/page.<br />

asp?id=510 ).<br />

Mittlerweile hat die ICRP 3 Themenfelder ausgemacht,<br />

die in ihren Augen prioritär, am besten in<br />

den nächsten 18 Monaten, betrachtet werden<br />

sollten. Es sind dies:<br />

p Auswirkungen und Risiken für die Lebewesen<br />

der unbewohnten Umwelt,<br />

p Expositionssituationen und Kategorien von<br />

Expositionen (einschließlich der Umwelt),<br />

p Auswirkungen der individuellen Reaktion und<br />

Individualisierung von Dosis und Risiko.<br />

Ausblick<br />

Zur Zeit ist nicht absehbar, ob am Ende die revidierte<br />

Fassung der ICRP-Empfehlungen vorwiegend<br />

die Handschrift der praktischen Vernunft<br />

oder doch eher die der<br />

Strahlenschutztheoretiker<br />

tragen wird oder ob<br />

fast alles beim Alten<br />

bleiben wird. Welche<br />

Auswirkungen die neue<br />

Überarbeitung der ICRP-Empfehlungen auf<br />

unsere Strahlenschutzlandschaft und unser Regelwerk<br />

haben wird, ist also längst noch nicht prognostizierbar.<br />

Vom 7. – 11. November 2022 besteht anlässlich des<br />

von der ICRP ausgerichteten „6. <strong>International</strong><br />

Symposium on the System of Radiological Protection“<br />

in Vancouver eine weitere Möglichkeit, sich<br />

intensiv in den Überarbeitungsprozess einzubringen.<br />

Autor<br />

Ulrike Feldmann<br />

Justitiarin,<br />

Kerntechnik Deutschland e. V. (KernD), Berlin<br />

Eine ebenfalls große Rolle in der Diskussion dürfte<br />

die Forderung nach der Einbindung des Schutzes<br />

künftiger Generationen und ihres Lebensraumes<br />

bei der Festsetzung von Dosiswerten spielen.<br />

Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer Themen<br />

wie z. B. die Berücksichtigung ethischer Gesichtspunkte<br />

und den verbesserten Strahlenschutz für<br />

ulrike.feldmann@kernd.de<br />

Ulrike Feldmann studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Münster<br />

und Lausanne/Schweiz. Seit 1980 ist sie als Rechtsberaterin für den WKK e. V.,<br />

den Deutschen Verband der Kernbrennstoffkreislaufwirtschaft und Kerntechnik,<br />

tätig, der 2019 zum Verein für Kerntechnik (KernD e. V.) wurde, einem Zusammenschluss<br />

des Deutschen Atom<strong>for</strong>ums (DAtF) und WKK.<br />

Ulrike ist Mitglied der <strong>International</strong> <strong>Nuclear</strong> Law Association sowie der Deutsch-<br />

Schweizerischen Gesellschaft für Strahlenschutz. Sie veröffentlicht regelmäßig<br />

„Spotlights on <strong>Nuclear</strong> Law“ im „<strong>atw</strong> – <strong>International</strong> <strong>Journal</strong> <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong>“.<br />

Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

Strahlenschutz: Quo vadis? ı Ulrike Feldmann


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Impressum<br />

Offizielle Mitgliederzeitschrift der Kerntechnischen Gesellschaft e. V. (KTG)<br />

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INFORUM Verlags- und Verwaltungsgesellschaft mbH<br />

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ISSN 1431-5254<br />

Impressum


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 40<br />

| Get together<br />

der WIN Germany e. V. im Rahmen der KERNTECHNIK 2022.<br />

Wiederauferstehung –<br />

erfolgreiche KERNTECHNIK 2022 nach<br />

drei Jahren unfreiwilliger Pause<br />

Nicolas Wendler<br />

Am 21. und 22. Juni 2022 fand erstmals nach drei Jahren Unterbrechung wieder die gemeinsame<br />

Branchentagung von Kerntechnik Deutschland e. V. (KernD) und Kerntechnischer Gesellschaft e. V. (KTG)<br />

statt. Wegen der corona-bedingten Verschiebung sowohl in 2020 als auch 2021 war die KERNTECHNIK<br />

2022 zugleich das erste Mal in dem das neue, zweijährliche und auf Wunsch vieler Besucher und Aussteller<br />

modifizierte und gestraffte Tagungsprogramm realisiert wurde. Auch war ein neuer Tagungsort angeraten,<br />

da der bisherige langjährige Tagungsort in Berlin sich im Laufe der Jahre als zunehmend überdimensioniert<br />

für die unvermeidlich schrumpfende und in ihren finanziellen Möglichkeiten stärker eingeschränkte<br />

Branche erwiesen hat. Es ist auch kein Geheimnis, dass der für Nicht-Berliner entlegen wirkende Standort<br />

und der Umgang mit den Unbilden der Corona-Krise eine weitere Zusammenarbeit nicht nahegelegt haben.<br />

Eine Tagung im neuen Rahmen<br />

Die Premiere im neuen Format, mit einem neuen<br />

Orga-Partner und an einem anderen Standort war<br />

ein voller Erfolg, sowohl im Blick auf die Teilnehmerzahl<br />

als auch die Aussteller und vor allem das<br />

inhaltliche Programm. So wurde die Tagung von<br />

rund 400 Teilnehmern besucht, es gab 15 Aussteller<br />

sowie 40 Fachvorträge in den Technical Sessions,<br />

acht Vorträge als Special Topics, zehn Plenarredner<br />

und den Young Scientist‘s Workshop, dem noch ein<br />

eigener Bericht gewidmet ist. Der Programmausschuss<br />

hatte im Vorfeld viel zu tun und es konnten<br />

bei der Vielzahl an Einreichungen nicht alle<br />

Beiträge berücksichtigt werden. So gab es in<br />

diesem Jahr erstmals eine Poster-Session in der<br />

Ausstellung, die gut angenommen wurde.<br />

Die neue zeitliche Gliederung mit Plenarvorträgen<br />

an beiden Tagen und großzügigeren Pausen um<br />

den Rahmen für das „Networking“ der Teilnehmer<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Conference Report ı Nicolas Wendler


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

und die Präsentation der Aussteller zu verbessern,<br />

hat sich bewährt. Die Ausstellung selbst wurde in<br />

diesem Jahr durch einige Anschauungsobjekte wie<br />

eine Messdrohne des TÜV Nord, den Roboterhund<br />

der Framatome GmbH, eine Messanlage der Firma<br />

Krantz sowie eines Schaltschranks der BRENK<br />

Systemplanung bereichert.<br />

Thematische Bandbreite<br />

als Alleinstellungsmerkmal<br />

Einzig bei den letzten Plenarvorträgen hat sich das<br />

Teilnehmerfeld trotz der sehr verkehrsgünstigen<br />

Lage des Tagungshotels und der Stadt Leipzig<br />

ausgedünnt, so dass bei einer Neuauflage zu prüfen<br />

wäre, die Tagung nur bis zum frühen Nachmittag<br />

zu führen. In den Vorträgen der Technical Sessions<br />

wurden die Themenfelder Kompetenz und Sicherheit,<br />

<strong>International</strong>e Trends und Entwicklungen,<br />

Rückbau und Abfallbehandlung sowie Zwischenund<br />

Endlagerung eingehend betrachtet, in den<br />

acht Vorträgen der Special Topics wurden Kernenergie<br />

und Klimaschutz, <strong>International</strong>e Energiewende,<br />

die Entwicklungen im französischen Kernenergieprogramm,<br />

die öffentliche und politische<br />

Kommunikation über Kernenergie im Zeitalter der<br />

sozialen Medien, das neu begründete<br />

Center <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Safety der Technischen<br />

Universität München, datenbasiertes<br />

Verschleißmanagement, die<br />

Kuriositäten des Atomzeitalters und<br />

neue Bestimmungen zum Transport<br />

oberflächlich kontaminierter großer<br />

Frachtstücke thematisiert. In den<br />

Plenarvorträgen spiegelten sich die<br />

vielen Facetten der Kerntechnik auch<br />

über Deutschland hinaus: Dr. Guido<br />

Knott von PreussenElektra erläuterte<br />

die Rückbaustrategie des größten deutschen<br />

Betreibers von Kernkraftwerken,<br />

Jan Prásil vom Tschechischen Ministerium<br />

für Industrie und Handel berichtete<br />

über die aktuellen Entwicklungen der<br />

Kernenergie in Tschechien, Prof. Dr. Christian<br />

Linsmeier vom Forschungszentrum Jülich brachte<br />

das Thema Kernfusion ein und Herbert Saurugg<br />

von der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge<br />

betrachtete die großen Heraus<strong>for</strong>derungen<br />

für die Versorgungssicherheit nach dem<br />

Ausstieg aus der Kernenergie – ein vormals oft<br />

beiseitegeschobenes Thema, das nun eine beängstigende<br />

Aktualität und Dringlichkeit erhalten hat.<br />

Am zweiten Tag haben die Teilnehmer von Lukas<br />

Aebi vom Nuklear<strong>for</strong>um Schweiz einen Einblick in<br />

die aktuelle schweizerische Diskussionslage zur<br />

Kernenergie erhalten und wurden von Peter Berben<br />

von ENGIE Corporate über den Stand der<br />

Rückbauplanungen in Belgien in<strong>for</strong>miert. Status<br />

und Zukunft der Kernenergie im Vereinigten<br />

Königreich und die Zukunft der Kernenergie in<br />

Frankreich waren die Themen der Reden von Prof.<br />

Dr. Bruno Merk von der University of Liverpool und<br />

von Myrto Tripathi von Voix du Nucléaire, Frankreich.<br />

Die KERNTECHNIK hat so ihr Alleinstellungsmerkmal<br />

im deutschsprachigen Raum – die<br />

inhaltliche Bandbreite und den nach vorne gerichteten<br />

Blick über den deutschen Tellerrand – auch<br />

im neuen Format erhalten können.<br />

Die Tagung hat auch eine davor unerwartete erhebliche<br />

Medienresonanz gefunden. Von Ende Februar<br />

bis Anfang April gab es eine intensive öffentliche<br />

Diskussion über einen krisenbedingten Weiterbetreib<br />

von Kernkraftwerken in Deutschland, die mit<br />

einem regen Medieninteresse einherging. Danach<br />

allerdings beruhigte sich die Diskussion, auch weil<br />

sich eine krisenhafte Entwicklung noch nicht<br />

manifestierte und die Bundesregierung sich pro -<br />

non ciert negativ positioniert hatte. Kurz vor der<br />

Tagung allerdings wurden dann die russischen<br />

Gaslieferungen auch nach Deutschland gekürzt<br />

und die Kernkraftwerke rückten wieder in den<br />

| Partner, Aussteller und Sponsorenwand der KERNTECHNIK 2022.<br />

.<br />

Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Dies hat sich in<br />

etlichen Interviews während der Tagung und zahlreichen<br />

schriftlichen Anfragen auch danach<br />

nieder geschlagen.<br />

Den Auftakt des Programms machten wie früher<br />

die Eröffnungsreden der Vorsitzenden der beiden<br />

Ausrichter, Thomas Seipolt für KernD und Frank<br />

Apel für die KTG ergänzt um eine persönliche Rede<br />

des Stellvertretenden Vorsitzenden von KernD und<br />

langjährigen Streiters für die Kernenergie, Dr. Ralf<br />

Güldner. Im Folgenden sollen die Eröffnungsreden<br />

nun den Anfang des Specials zur KERNTECHNIK<br />

2022 bilden.<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 41<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Conference Report ı Nicolas Wendler


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 42<br />

Eröffnungsansprache 1. Teil<br />

Frank Apel<br />

Herzlich willkommen in Leipzig! Ich begrüße Sie zur Fachtagung KERNTECHNIK 2022, die ich hiermit als<br />

eröffnet erkläre. Mein besonderer Dank gilt hier all denen, die diese Tagung unserer Branche nach dreijähriger<br />

Zwangspause ermöglicht haben: also Ihnen, unseren Teilnehmern, den Vortragenden, den Rednern,<br />

dem Programmausschuss, den Ausstellern und natürlich den Geschäftsstellen der KTG und von KernD. Wie<br />

auch in der Vergangenheit richten KernD und KTG diese Tagung gemeinsam aus.<br />

Unser fünfzigstes Jubiläum der Tagung haben wir<br />

in 2019 gefeiert, damals noch unter dem Namen<br />

AMNT. Die lange Pause war natürlich der Corona-<br />

Pandemie geschuldet. Parallel haben wir die<br />

Tagung umgestaltet, auch um sie an die veränderten<br />

Rahmenbedingungen unserer Branche<br />

anzupassen. Das betrifft vor allem die Umstellung<br />

von einem jährlichen auf ein zweijährliches Format.<br />

Dem erfahrenen Teilnehmer wird auch eine<br />

gewisse Verkleinerung auffallen – auch dies eine<br />

notwendige Anpassung an die Gegebenheiten und<br />

damit eine Maßnahme zur Zukunftssicherung.<br />

Unsere Strategie ist aufgegangen: die heutige<br />

Tagung erreicht eine volle Auslastung. Die Liste der<br />

Plenarredner ist umfangreich, interessant und<br />

auch international. Vor allem aber wurden sehr<br />

viele Vorträge eingereicht und die Auswahl der<br />

Vortragenden war keine leichte Aufgabe für den<br />

Programmausschuss. Aber so soll es sein, denn es<br />

zeigt, dass die Kerntechnik in Deutschland lebendig<br />

ist und auch junge Talente anzieht!<br />

[<br />

Ausstieg aus der Kernenergie<br />

erscheint als unverrückbares Dogma<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,<br />

bei allen Ereignissen und Unsicherheiten der<br />

vergangenen Jahre, der vergangenen Wochen und<br />

Monate, die im Leben der meisten von uns wohl<br />

ohne Beispiel sind, gibt es einen Umstand, auf den<br />

leider Verlass zu sein scheint: Dass Deutschland aus<br />

der Kernenergie aussteigt, komme was wolle und<br />

offenbar auch um fast jeden Preis.<br />

Mir jedenfalls fehlt in Anbetracht der Entwicklung<br />

im Energiemarkt und in der Gesamtwirtschaft<br />

inzwischen die Fantasie, mir vorzustellen, welche<br />

Umstände dazu führen könnten, dass es hier auch<br />

nur eine begrenzte Neubewertung gibt.<br />

Wir haben eine in ihrem weiteren Verlauf völlig<br />

unberechenbare latente Energieversorgungskrise.<br />

Wir haben seit Mitte vergangenen Jahres eine<br />

Energiepreiskrise, die vielen Bürgern und immer<br />

mehr Unternehmen den wirtschaftlichen Atem<br />

raubt. Und die Energiepreise wiederum treiben die<br />

allgemeine Preissteigerung wegen der Liefer- und<br />

Logistikprobleme massiv und auf breiter Front. Wir<br />

haben – das soll nicht vergessen werden – im<br />

vergangenen Jahr auch eine starke Erhöhung des<br />

CO 2 -Ausstoßes in Deutschland gehabt, vor allem<br />

wegen eines deutlichen Anstiegs der Kohleverstromung.<br />

Aber der Ausstieg aus der Kernenergie bleibt<br />

gesetzt, der Fahrplan dafür soll unbeirrbar umgesetzt<br />

werden.<br />

Ich beende auch dieses Thema an dieser Stelle,<br />

denn die KTG ist eine Fachgesellschaft, keine politische<br />

oder Lobby-Organisation. Dennoch fällt es<br />

uns derzeit schwer, einem normalen Bürger, der<br />

der Kernenergie vielleicht nicht unbedingt zugetan<br />

ist, sie aber auch nicht fanatisch ablehnt, die Situation<br />

zu erklären.<br />

[<br />

Positiver Umschwung bei unseren<br />

europäischen Nachbarn<br />

Erfreuliches zu berichten, gibt es über die Kernenergie<br />

aber aus unseren europäischen Nachbarund<br />

Partnerländern. Hier sind in den vergangenen<br />

Monaten gleich mehrere Entscheidungen gefallen.<br />

Allen voran genannt sei das klare Bekenntnis des<br />

wiedergewählten französischen Präsidenten<br />

Emmanuel Macron zur Kernenergie, dass er vor der<br />

Wahl aussprach. Dieses mündet nun in ein<br />

konkretes Bauprogramm für sechs neue Reaktorblöcke<br />

des Typs EPR2 an drei Standorten mit der<br />

Option auf acht weitere Anlagen. Darüber hinaus<br />

sollen mehrere SMR’s, also kleinere modulare<br />

Reaktoren errichtet werden. Die aktuelle Situation<br />

in Frankreich wird in der morgigen Plenarsitzung<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Eröffnungsreden ı Frank Apel, Thomas Seipolt, Ralf Güldner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

von meiner ehemaligen Kollegin Myrto Tripathi<br />

beschrieben werden.<br />

In Tschechien hat der Betreiber ČEZ vor drei<br />

Monaten die Ausschreibung für einen neuen Block<br />

des Kernkraftwerks Dukovany mit 1.200 MW elektrischer<br />

Leistung bekannt gemacht. Die Regierung<br />

hat dafür eine Sicherheitsbewertung<br />

der<br />

Angebote von EDF aus<br />

Frankreich, von Westinghouse<br />

aus den<br />

Vereinigten Staaten<br />

sowie von Korea Hydro &<br />

<strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> vorgenommen.<br />

Die Ausschreibung<br />

läuft bis November,<br />

entsprechende Verträge<br />

sollen 2024 unterzeichnet<br />

werden. Vom<br />

tschechischen Ministerium<br />

für Industrie und<br />

Handel werden wir dazu<br />

gleich noch Näheres<br />

hören.<br />

| Frank Apel<br />

Vorsitzender der Kerntechnischen Gesellschaft e.V. (KTG).<br />

In den Niederlanden hat<br />

sich die neue Koalition im vergangenen Dezember<br />

als Kompromiss auf die Errichtung von zwei Kernkraftwerksblöcken<br />

geeinigt. Das Verfahren steht<br />

noch ganz am Anfang, wurde aber seitens der<br />

Regierung mit einer Anschubfinanzierung von 500<br />

Millionen Euro bis 2025 versehen.<br />

Im Vereinigten Königreich hat sich die britische<br />

Regierung als Reaktion auf den Krieg in der<br />

Ukraine zu einem noch stärkeren Ausbau der Kernenergie<br />

auf bis zu 24 Gigawatt installierter Leistung<br />

bekannt. Damit soll ein Viertel des dann<br />

höheren Stromverbrauchs im Jahr 2050 gedeckt<br />

werden.<br />

In Finnland, dem Vorreiter der nuklearen Renaissance<br />

in Europa wurde bei dem im Bau befindlichen<br />

finnischen Endlager ONKALO ein weiterer<br />

Meilenstein erreicht: Ende vergangenen Jahres hat<br />

die Betreibergesellschaft Posiva den weltweit<br />

ersten Genehmigungsantrag für den Betreib eines<br />

Endlagers für bestrahlte Brennelemente und der<br />

dazu gehörigen Einrichtungen gestellt. Damit<br />

erweist sich Finnland einmal mehr als globaler<br />

Pionier der Endlagerung.<br />

Dicht gefolgt von Schweden, wo Ende Januar die<br />

Regierung nach einem sehr umfangreichen<br />

abschließenden Prüfverfahren die Errichtung<br />

eines Endlagers für bestrahlte Brennelemente in<br />

Östhammar - in der Nähe des Kernkraftwerkes<br />

Forsmark - und der Anlage für die Verpackung und<br />

Konditionierung in Oskarshamn genehmigt hat.<br />

Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Es kann jedenfalls<br />

niemand mehr sagen, keiner wisse wohin mit<br />

radioaktiven Abfällen![Gute Chancen für<br />

Kerntechniker<br />

und Kompetenzerhaltung<br />

Meine Damen und Herren,<br />

diese und andere europäischen<br />

Projekte haben<br />

für die deutsche Branche<br />

eine herausragende Bedeutung.<br />

Zum einen ergeben sich<br />

daraus gute Geschäftsperspektiven<br />

für deutsche<br />

Unternehmen in der<br />

Kerntechnik außerhalb<br />

des Heimatmarktes. Zum anderen erleben wir<br />

nun, wie sich die besten Perspektiven seit Jahrzehnten<br />

für Studenten und Absolventen der Kerntechnik<br />

eröffnen. Mit diesem Pfund müssen wird<br />

künftig wuchern, wenn wir für das Fach werben.<br />

Diese kerntechnische „Zeitenwende“ muss auch in<br />

das Bewusstsein der Hochschulleitungen, der<br />

zuständigen Landesregierungen und des Bundes<br />

gebracht werden, wenn es um Lehrstühle und<br />

Geldmittel geht.<br />

Die erneuerbaren Energien haben in der Hochschul-<br />

und Forschungslandschaft ihren Aufschwung<br />

erlebt, die Kerntechnik hat ihre<br />

Wiederbelebung vor sich!<br />

Meine Damen und Herren,<br />

liebe Mitglieder der KTG,<br />

lassen Sie mich Ihnen, lassen Sie mich uns eine<br />

gelungene Tagung, einen intensiven Austausch<br />

von Angesicht zu Angesicht, gute Gespräche und<br />

viele neue Ideen im Rahmen des Netzwerkes<br />

wünschen.<br />

Nun übergebe ich das Wort an den zweiten Veranstalter<br />

der Tagung, dem Vorsitzenden des<br />

Vorstands von Kerntechnik Deutschland, Herrn<br />

Thomas Seipolt.<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 43<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Eröffnungsreden ı Frank Apel, Thomas Seipolt, Ralf Güldner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 44<br />

Eröffnungsansprache 2. Teil<br />

Thomas Seipolt<br />

nach Eröffnung durch die KTG möchte ich Sie alle, Redner, Vortragende, Teilnehmer und Aussteller im<br />

Namen des Verbandes KernD zur Fachtagung KERNTECHNIK 2022 begrüßen und herzlich in Leipzig<br />

willkommen heißen. Besonders begrüßen möchte ich Herrn Jan Prášil, den Direktor für Strategie,<br />

Forschung und internationale Zusammenarbeit im Direktorat für Kernenergie im tschechischen Ministerium<br />

für Industrie und Handel.<br />

Zunächst freue ich mich darüber, dass wir uns alle<br />

hier wieder einmal real, in Präsenz und in größerem<br />

Rahmen treffen können. Den Umständen der<br />

Corona-Pandemie geschuldet ist das nun das erste<br />

Mal, dass die zweijährliche Nachfolgeveranstaltung<br />

des früheren AMNT tatsächlich stattfinden kann.<br />

Genaugenommen ist es nun schon etwas über drei<br />

Jahre her, seit die letzte Tagung stattfand. Lassen<br />

Sie uns alle schon allein deshalb die Konferenz zu<br />

einem Erfolg und zum sichtbaren Zeichen machen,<br />

dass die Kerntechnikbranche in Deutschland in der<br />

Breite weiter besteht und erfolgreich arbeitet. Dies<br />

gilt ungeachtet des beschlossenen Ausstiegs aus der<br />

Stromerzeugung mit Kernenergie in Deutschland<br />

und auch ungeachtet der Frage, wann dieser nun<br />

tatsächlich vollzogen wird.<br />

[<br />

Energiekrise und Diskussion um den<br />

Weiterbetrieb von Kernkraftwerken<br />

Das bringt uns bereits zum ersten Thema, der Diskussion<br />

um den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken<br />

in Deutschland. Diskutiert wurde und wird dies<br />

derzeit im Zusammenhang mit der Energiekrise<br />

und den Befürchtungen zu einer möglichen Zuspitzung<br />

als Folge des Krieges in der Ukraine. Eine ähnliche<br />

Diskussion wurde in den vergangenen Jahren<br />

bereits gelegentlich wegen des Beitrags der Kernkraftwerke<br />

zur Klimapolitik geführt. Das hat uns in<br />

den vergangenen Wochen und Monaten beschäftigt,<br />

manchmal beflügelt und vielleicht auch frustriert.<br />

Die Bundesregierung hat schon früh – obwohl<br />

Sie selbst die aktuelle Diskussion eröffnet hat –<br />

klargestellt, dass sie diesen Weg nicht gehen will.<br />

An dieser Entscheidung der Bundespolitik hat sich<br />

bislang nichts geändert. Der sogenannte Prüfvermerk<br />

von Umwelt- und Wirtschaftsministerium,<br />

der dafür die Entscheidungsgrundlage bildet, ist<br />

alles andere als überzeugend. Das ist Ihnen sicher<br />

allen bereits bekannt. Als Verband haben wir uns<br />

mit einer Richtigstellung an die Öffentlichkeit und<br />

an die Regierung gewandt. Dies hat durchaus<br />

Resonanz gefunden, einige Zustimmung erfahren<br />

und vermutlich auch zur Meinungsbildung in Reihen<br />

der aktuellen Opposition beigetragen. Am<br />

Ende aber sind es die Bundesregierung und deren<br />

parlamentarische Mehrheit, die die Entscheidung<br />

treffen, ob man vom Fahrplan des Ausstiegs<br />

abweicht. Diese Entscheidung wurde nicht getroffen.<br />

Und auch der Bundeskanzler hat nicht erkennen<br />

lassen, dass er der Politik an dieser Stelle eine<br />

neue Richtung geben will.<br />

Uns bleibt nun lediglich, die Lage weiter zu beobachten<br />

und zu begleiten sowie die praktische<br />

Umsetzung des Atomausstiegs <strong>for</strong>tzusetzen. Das<br />

war allerdings in den vergangenen Jahren bei allen<br />

abgeschalteten Anlagen schon der Fall und es wird<br />

wohl auch so bleiben. Gleichwohl darf man bedauern,<br />

dass einige Politiker nicht über den Schatten<br />

ihrer angestammten Position springen können,<br />

komme was da wolle. Ob sich diese Nicht-Entscheidung<br />

für die kommenden Monate und Jahre als<br />

tragfähig erweist, werden vor allem die Umstände<br />

bestimmen, nicht die politisch Verantwortlichen. Es<br />

wurden jedenfalls seitens der Politik nicht alle<br />

Hebel in Bewegung gesetzt und nicht alles getan,<br />

um die Robustheit unseres Landes in einem Krisenszenario<br />

bestmöglich zu erhöhen, soviel steht fest.<br />

Abseits der Kernenergie hat die gegenwärtige Energiekrise<br />

aber doch einen positiven Effekt: Nach<br />

Jahren einer fast ausschließlichen Fokussierung<br />

auf Klimafragen erhalten Versorgungssicherheit<br />

und Kosten der Energieversorgung wieder große<br />

Aufmerksamkeit. Die Bürger und die Unternehmen<br />

spüren das unmittelbar durch die deutlich, teils<br />

drastisch erhöhten Kosten und die Befürchtungen<br />

über die Verlässlichkeit der Versorgung. Auch in der<br />

Politik ist wieder angekommen, dass das Energiesystem<br />

nicht erfolgreich nur mit einem Ziel auf Kosten<br />

der anderen Ziele weiterentwickelt werden<br />

kann. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich<br />

möglich, im Sinne eines Realitätschecks<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Eröffnungsreden ı Frank Apel, Thomas Seipolt, Ralf Güldner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

festzustellen, was bis wann tatsächlich erreicht<br />

werden kann. Das neue Energiesystem nach der<br />

Energiewende muss in Sachen Klimaschutz besser<br />

per<strong>for</strong>men als das alte. Aber es darf bei Versorgung,<br />

Verfügbarkeit und Preisniveau eben auch nicht<br />

schlechter sein! Diese Feststellung muss für alle<br />

Energie-Sektoren und ganz unabhängig von der<br />

genutzten Technologie<br />

gelten. Ansonsten würde<br />

die derzeitige Klimapolitik<br />

nur zu einem Synonym<br />

für Rückschritt,<br />

Niedergang und am Ende<br />

auch für viele Menschen<br />

Armut bedeuten. Das<br />

wäre ein Weg, auf dem<br />

wohl niemand sonst in<br />

der Welt Deutschland folgen<br />

wollte. In den vergangenen<br />

Wochen wurde<br />

sogar eine neue grundsätzliche<br />

Diskussion über<br />

die Nutzung der Kernenergie<br />

in Deutschland<br />

für die längerfristige<br />

Zukunft ins Spiel gebracht.<br />

Diese Diskussion<br />

| Thomas Seipolt<br />

Vorsitzender des Vorstands von Kerntechnik Deutschland e.V. (KernD).<br />

kann aus unserer Sicht natürlich gerne geführt werden!<br />

Denn es gibt viele gute Gründe für die Kernenergie!<br />

Ob sich daraus etwas entwickelt, darf man<br />

zumindest bei den heutigen Entscheidungsträgern<br />

bezweifeln, denn der fruchtbarste Boden für Kernenergie<br />

ist Deutschland derzeit nicht.<br />

Aber eine solche Diskussion – selbst wenn sie am<br />

Schluss nicht zu einer Neubewertung der Kernkraft<br />

führt – könnte zwei positive Ergebnisse haben: Zum<br />

einen, dass überhaupt einmal wieder unter den<br />

Aspekten ‚Realisierbarkeit‘ und ‚wirtschaftlicher<br />

Nutzen‘ über Energiepolitik in Deutschland diskutiert<br />

wird. Das hat unsere Gesellschaft regelrecht<br />

verlernt. Und es ist fast schon der letzte Moment,<br />

noch einmal inne zu halten und sich die Karten zu<br />

legen, bevor mit der Demontage der alten Energieinfrastruktur<br />

irreversible Fakten geschaffen sind.<br />

Zum anderen könnte eine Debatte über Kernenergie<br />

in Deutschland zu einem größeren Verständnis<br />

für die Energiepolitik anderer Staaten führen – auch<br />

dann, wenn Deutschland weiter einem Weg ohne<br />

Kernenergie folgt und andere einem Weg mit Kernenergie.<br />

Auch das wäre für unsere kerntechnischen<br />

Unternehmen sowie vor allem die Nachwuchsgewinnung<br />

und die Wissenschaft ein deutlich positives<br />

Ergebnis! Nicht zuletzt soll mit dem Ende des Jahres<br />

2022 die kommerzielle Energieerzeugung mittels<br />

Kernkraft in Deutschland enden – aber das ist nicht<br />

das Ende der Kerntechnik. Viele andere Themen<br />

bleiben relevant und werden uns noch für Jahre begleiten<br />

– Rückbau, Abfallbehandlung, Zwischen- und<br />

Endlagerung, Transporte, Brennelementfertigung,<br />

Urananreicherung, Forschung, Isotopenproduktion.<br />

Vielleicht werden künftige Generationen auch<br />

in Deutschland offener für Technologien die SMRs<br />

und Kernfusion sein.<br />

[Die geänderten<br />

Bedingungen für<br />

die Branche prägen<br />

den Verband<br />

Mit Blick auf unseren Verband<br />

lässt sich feststellen:<br />

Der seit einigen Jahren absehbare<br />

Ausstieg aus der<br />

Stromerzeugung durch<br />

Kernkraft in Deutschland<br />

prägt seitdem die<br />

Entwicklung des Verbandes<br />

bzw. seiner beiden<br />

Vorgänger. Der größte<br />

einzelne und sichtbarste<br />

Schritt war die Verschmelzung<br />

von Deutschem<br />

Atom<strong>for</strong>um – DAtF – und dem WKK im Jahr 2019.<br />

Für diese Vorbereitung auf die Zeit nach den deutschen<br />

Kernkraftwerken möchte ich meinen beiden<br />

Amtsvorgängern, Dr. Ralf Güldner als Präsident des<br />

DAtF und Dr. Joachim Ohnemus beim WKK und später<br />

KernD herzlich danken. Seit der Verschmelzung<br />

gehen die Veränderungen durch eine Anpassung<br />

des Leistungsspektrums an die neuen Gegebenheiten<br />

kontinuierlich weiter. Damit wurde eine robuste<br />

Struktur geschaffen, die ihre Aufgaben für die Branche<br />

in den kommenden Jahren wahrnehmen kann<br />

und die bereits genannten Entwicklungen als Verband<br />

fachlich und politisch begleiten wird.<br />

Meine Damen und Herren,<br />

Ihr Engagement ist für die jetzt beginnende gemeinsame<br />

Tagungen von KTG und KernD essentiell und<br />

macht sie erst zu dem Raum für Austausch und Kontaktpflege,<br />

als die sie bekannt und geschätzt ist. Für<br />

alle Beiträge zur Programmplanung und zum Programm,<br />

für die Ausarbeitung von Fachvorträgen<br />

und für eine lebendige Teilnahme an allen Diskussionen<br />

danke ich Ihnen ganz herzlich. Unseren wieder<br />

zahlreichen Partnern in der Industrieausstellung,<br />

welche die Tagung KERNTECHNIK mit möglich<br />

machen, möchte ich hier ebenso herzlich danken.<br />

Das Wort erhält nun Herr Dr. Ralf Güldner.<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 45<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Eröffnungsreden ı Frank Apel, Thomas Seipolt, Ralf Güldner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 46<br />

Eröffnungsansprache 3. Teil<br />

Ralf Güldner<br />

meine Vorredner haben die aktuelle Situation der Kerntechnik in Deutschland ja schon beleuchtet. Zum<br />

Glück ist die Kernenergie ja in vielen anderen Ländern, auch in Europa weiterhin oder wieder unverzichtbarer<br />

Bestandteil der Stromerzeugung und liefert damit nicht nur CO 2 -armen Strom, den wir auch in<br />

Deutschland in den nächsten Jahren dringend benötigen werden sondern eben auch Aufträge und Arbeit<br />

für die Unternehmen der Kerntechnik bei uns, d. h. für viele von Ihnen.<br />

Ich habe über 40 Jahre in der Kerntechnik bei<br />

deutschen und einem französischen Unternehmen<br />

gearbeitet und ich war auch, Herr Seipolt hat es erwähnt,<br />

lange Jahre in den Führungsgremien von<br />

KernD bzw. dem Atom<strong>for</strong>um, der KTG und von Foratom<br />

aktiv. Seit ca. 30 Jahren bin ich regelmäßig<br />

Teilnehmer unserer Tagung, als Teilnehmer, Redner<br />

oder Moderator. Diese Tagung ist die letzte an der<br />

ich aktiv teilnehmen werde. Erlauben Sie mir daher<br />

ein paar Gedanken, die mich bewegen, mit Ihnen<br />

zu teilen.<br />

40 Jahre Kerntechnik, viele von Ihnen haben ja zumindest<br />

ein Teil davon selbst miterlebt, das war<br />

natürlich eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Da<br />

waren die großen Reaktorunfälle in der Welt, die<br />

jeweils auch Auswirkungen auf die Kerntechnik in<br />

Deutschland hatten und da waren politische Entscheidungen,<br />

die uns essentiell und existentiell<br />

betroffen haben. Insbesondere gilt das natürlich<br />

für die 180° Kehrtwendung von Frau Merkel nach<br />

den Ereignissen in Fukushima. Noch kurz vorher<br />

hatten wir die Laufzeitverlängerungen im Rahmen<br />

des Energiekonzeptes von Herrn Röttgen mit großer<br />

Euphorie aufgenommen.<br />

Gerade heute im Zeichen des <strong>for</strong>tschreitenden<br />

Klimawandels, steigender Strompreise und der<br />

unsicheren Versorgungslage mit dem Beginn des<br />

Kriegs in der Ukraine bin ich der Überzeugung dass<br />

unser Land in Fragen des Klimaschutzes, der Versorgungssicherheit<br />

und der Wirtschaftlichkeit unserer<br />

Energieversorgung weit besser aufgestellt wäre<br />

wenn unsere Politik an dem Energiekonzept von<br />

2010 festgehalten hätte und nicht unter dem Eindruck<br />

der sicherlich schrecklichen Bilder aus Japan<br />

eine Kehrtwendung mit weitreichenden Folgen vollzogen<br />

hätte. Ich erinnere mich noch gut an unsere<br />

Klimaschützerkampagne in den Jahren 2009, 2010.<br />

Die Argumente, die wir dort eingebracht haben, sind<br />

heute aktueller denn je.<br />

Heute würde vielleicht sogar eine Mehrheit der Bevölkerung<br />

diesen Argumenten folgen und einen<br />

Weiterbetrieb unserer Anlagen unterstützen, aktuelle<br />

Umfragen liegen bei ca. 50 %. Auch die Industrie<br />

würde uns sicherlich kräftig unterstützen. Heute ist<br />

das aber zu spät, die Bundesregierung ist offensichtlich<br />

nicht bereit ernsthaft über längere Laufzeiten<br />

verbliebener KKWs nachzudenken. Aus meiner Sicht<br />

ein großer Fehler.<br />

Ich frage mich was wir in der Kommunikation hätten<br />

besser oder anders machen können um mehr Akzeptanz<br />

und Unterstützung in der Politik, den Medien<br />

und der Öffentlichkeit zu bekommen.<br />

Es gab in diesen 40 Jahren aber auch eine Konstante,<br />

die mich immer wieder begeistert hat und dazu geführt<br />

hat, dass ich der Kerntechnik über mein ganzes<br />

Berufsleben treu geblieben bin. Das ist die Zuverlässigkeit<br />

unserer Anlagen und die Kompetenz und das<br />

Engagement der Menschen, die auch in schwierigen<br />

Zeiten unsere KKWs sicher und zuverlässig betrieben<br />

haben. Sie hier im Saal gehören dazu. Die vielen<br />

Top-Platzierungen in den weltweiten Ranglisten der<br />

höchsten jährlichen Stromerzeugung sind nur ein<br />

untrüglicher Beleg für die Zuverlässigkeit des Betriebs<br />

unserer Anlagen.<br />

Dank dieser Zuverlässigkeit und Ihrer herausragenden<br />

Kompetenz hatte ich nie das Gefühl eine Technik<br />

zu vertreten, die ich nicht verantworten kann. Für<br />

mich, für meine Glaubwürdigkeit war das bei vielen<br />

öffentlichen Auftritten wichtig, insbesondere nach<br />

Tschernobyl und Fukushima.<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Eröffnungsreden ı Frank Apel, Thomas Seipolt, Ralf Güldner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Diese Kompetenz in der Kerntechnik ist auch im Ausland<br />

anerkannt. Daher haben auch deutsche Firmen,<br />

die heute noch kerntechnische Produkte und Lösungen<br />

anbieten auf dem Weltmarkt ein großes Ansehen<br />

und können damit Arbeitsplätze in Deutschland<br />

sichern, Ihre Arbeitsplätze! Damit das so bleibt müssen<br />

wir aber den Kompetenzerhalt vorantreiben,<br />

Universitäten und Forschungsanstalten<br />

spielen<br />

hier eine große Rolle. Hier<br />

liegt ein Schwerpunkt der<br />

weiteren Aktivitäten von<br />

KernD und der KTG. Bitte<br />

engagieren Sie sich dafür<br />

im gleichen Umfang wie<br />

Sie sich für den Betrieb<br />

unserer Anlagen engagiert<br />

haben.<br />

| Dr. Ralf Güldner<br />

Stellvertretender Vorsitzender Kerntechnik Deutschland e. V. (KernD)<br />

In 193 Tagen wird mit großer<br />

Wahrscheinlichkeit<br />

das letzte Kernkraftwerk<br />

in Deutschland vom Netz<br />

gehen. Damit wird die<br />

erfolgreiche Stromerzeugung<br />

aus Kernenergie in<br />

Deutschland vorerst beendet.<br />

Mit der uns eigenen Sorgfalt müssen wir<br />

aber noch aufräumen, in unserer Branche heißt das<br />

Rückbau der Anlagen, Konditionierung der dabei<br />

entstehenden Abfälle und letztendlich Endlagerung<br />

der radioaktiven Reststoffe. Das wird noch über<br />

Jahrzehnte kerntechnische Kompetenz er<strong>for</strong>dern,<br />

wenn auch mit anderen Schwerpunkten als beim<br />

Betrieb der Kraftwerke.<br />

Das ist für mich die Überleitung zu unserem ersten<br />

Key Note Speaker. Es ist Dr. Guido Knott, der<br />

Vorsitzende der Geschäftsführung<br />

der<br />

PreussenElektra GmbH<br />

und damit mein direkter<br />

Nachfolger in dieser Funktion.<br />

Guido Knott hatte<br />

verschiedene Positionen<br />

im E.ON Konzern inne,<br />

unter anderem war er<br />

Mitglied der Geschäftsleitung<br />

der E.ON Energie AG.<br />

Als Senior Vice President<br />

„Politik und Kommunikation“<br />

der E.ON SE hatte er<br />

später so manchen harten<br />

Strauß in Sachen Kernenergie<br />

mit der Berliner<br />

Politik auszufechten. In<br />

seiner heutigen Funktion<br />

ist er unter anderem für<br />

den Rückbau verantwortlich und er hat die „Transmutation“<br />

der PreussenElektra vom „Betreiber zum<br />

Rückbauer“, so der Titel seines Vortrags, entscheidend<br />

geprägt.<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 47<br />

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2024<br />

RING FREI FÜR NEUE IDEEN UND<br />

LÖSUNGEN DER KERNTECHNIK<br />

Renommierte Experten steigen gemeinsam mit Ihnen in den Ring, um die<br />

neuesten Entwicklungen der Kerntechnik zu diskutieren.<br />

Ob Fortschritte im laufenden Rückbau oder beim weltweiten Reaktorneubau,<br />

ob neue Ergebnisse aus industrieller F&E sowie aus<br />

Forschung & Lehre: Seien Sie gespannt auf ein innovatives Konzept<br />

mit zahlreichen Neuigkeiten aus der Nuklearbranche!<br />

Mit der Verleihung des Best Presentation Awards 2024 und<br />

wie gewohnt einem „Special Topic“ Vortrag der etwas<br />

anderen Art erwarten Sie zudem besondere Highlights!<br />

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HYPERION Hotel<br />

Leipzig<br />

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Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Eröffnungsreden ı Frank Apel, Thomas Seipolt, Ralf Güldner


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 48<br />

KTG-Ehrenmitgliedschaft<br />

für Dr. Erwin Fischer<br />

Laudatio Frank Apel<br />

Laudatio anlässlich der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft der Kerntechnischen Gesellschaft e. V. an<br />

Dr. Erwin Fischer am 22. Juni 2022 im Hyperion Hotel Leipzig.<br />

Sehr geehrten Damen und Herren!<br />

Liebe KTG-Mitglieder! Werte Gäste!<br />

Wir kommen langsam zum Ende unserer – für mich<br />

sehr gelungenem – Fachtagung KERNTECHNIK<br />

2022. Und das Beste kommt bekanntlich zum<br />

Schluss: die Würdigungen.<br />

Seit Jahren ehren wir verdiente Größen unserer<br />

Branche und es ist mir eine große Freude, Sie zur<br />

diesjährigen Verleihung der KTG-Ehrenmitgliedschaft<br />

begrüßen zu dürfen.<br />

» Kerntechnik –<br />

meine Faszination …<br />

Zum 40. Mal wird heute<br />

eine Persönlichkeit für<br />

ihre Verdienste um die<br />

Kerntechnik ausgezeichnet und ich freue mich ganz<br />

besonders, in diesem Jahr Herrn Dr. Erwin Fischer<br />

für sein unermüdliches Engagement und seinen tatkräftigen<br />

Einsatz für die Kerntechnik ehren zu dürfen.<br />

Lieber Erwin, Du hast in Deinem gesamten Berufsleben<br />

Ehrgeiz, Einsatz und Engagement bewiesen,<br />

das verrät auch ein Blick auf Deine berufliche Vita:<br />

1978 schloss Dr. Fischer sein erstes Studium an der<br />

Fachhochschule für Bergbau in Bochum ab und war<br />

dann 2 Jahre als Versuchsingenieur für Motorenversuche<br />

bei Daimler-Benz in Stuttgart tätig. 1979<br />

wechselte er zum Materialprüfungsamt Nordrhein-<br />

Westfalen nach Dortmund.<br />

einer MOX-Anlage zuständig war. Danach führte<br />

ihn sein Weg nach Franken, wo Erwin von 2001 –<br />

2005 Bereichsleiter Maschinentechnik im Kernkraftwerk<br />

Grafenrheinfeld war. Dann ging es<br />

wieder zurück nach Hannover, zuerst als Leiter der<br />

Technischen Unternehmenssteuerung und von<br />

2006 – 2010 als Leiter der Technik. Und in 2010<br />

ging es erneut nach Bayern, als Technischer Leiter<br />

des Kernkraftwerks Isar. Die letzte Etappe des aktiven<br />

Berufslebens führte dann nochmal nach Hannover.<br />

Seit 2014 war Dr. Fischer bei der E.ON<br />

Kernkraft GmbH bzw.<br />

nach der Umfirmierung<br />

bei der PreussenElektra<br />

GmbH als Geschäftsführer<br />

für Technik und<br />

Betrieb tätig.<br />

Neben Deinem eindrucksvollen beruflichen<br />

Werdegang hast Du Dich – lieber Erwin – auch in<br />

verschiedenen Verbänden national und international<br />

– zum Beispiel in der WANO – für die Kerntechnik<br />

nachhaltig eingesetzt.<br />

In der KTG hast Du Dich im Vorstand überaus engagiert<br />

für unsere Verbandsarbeit eingesetzt und hast<br />

auch als Schatzmeister aufgepasst, dass wir<br />

Danach folgte ein weiteres Studium an der Ruhr-<br />

Universität Bochum an, dass er 1985 als Diplom-<br />

Ing. für Maschinenbau und Energietechnik abschloss.<br />

Am Lehrstuhl für Reaktortechnik der Ruhr-<br />

Uni Bochum promovierte Dr. Fischer dann 1991 auf<br />

dem Gebiet der Reaktortechnik.<br />

Und dann ging es nach Hannover, wo Dr. Fischer im<br />

Zeitraum zwischen 1991 und 2001 bei der E.ON<br />

Kernkraft in verschiedenen Positionen für die Nukleare<br />

Systemtechnik, für Nachrüstungen, periodische<br />

Sicherheitsanalysen oder das Großprojekt<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Ehrenmitgliedschaft ı Laudatio Frank Apel


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

verantwortungsvoll mit unseren Mitteln wirtschaften.<br />

Neben Fachmann, Netzwerker und<br />

Kommunikator bist Du – lieber Erwin – übrigens<br />

immer eins geblieben: ein Mensch, Familienmensch/ein<br />

Chef – mit großem Herz und Empathie,<br />

einem offenen Ohr für berufliches und<br />

privates. Deine ehemaligen Kollegen haben<br />

mich in<strong>for</strong>miert, dass Du auch die deutsche<br />

Sprache bereichert hast. Es gibt da einige<br />

„typische“ Erwin „Dr. Sicher“-Zitate:<br />

• Der Strom kommt eben nicht nur einfach<br />

aus der Steckdose!<br />

• Strom ist die edelste Form von Energie<br />

• Strom hat und Strom ermöglicht Zukunft<br />

• Plutonium kennt keine Eile<br />

Dr. Fischer hat sich nach 39 „kernigen“ Berufsjahren<br />

Ende Februar 2022 aus den Diensten für PreussenElektra<br />

verabschiedet. Ich denke, dass eine<br />

Reihe von den hier Anwesenden auch seine<br />

Abschieds-E-Mail erhalten haben, aus der ich nachfolgend<br />

kurz zitieren möchte:<br />

„Wir zusammen, und da meine ich unsere Hersteller,<br />

Betreiber, Gutachter, Behörden, Forschungszentren,<br />

Hochschulen, Universitäten und die<br />

kerntechnischen Gesellschaften, haben dazu beigetragen,<br />

dass wir die deutschen kerntechnischen<br />

Anlagen stets sicher für Mensch und Umwelt ihren<br />

Bestimmungen gemäß gebaut, betrieben und auch<br />

teilweise schon rückgebaut haben. Die Kompetenz<br />

und Fähigkeiten der deutschen kerntechnischen<br />

Industrie sind bis heute weltweit in höchstem Maße<br />

anerkannt.<br />

Leider haben wir es bei uns im Land nicht geschafft,<br />

auch gesellschaftlich zu überzeugen, um einen<br />

politischen Willen aufrecht zu erhalten, mit dem es<br />

möglich wäre, mit unseren Kernkraftwerken einen<br />

weiteren, nachhaltigen Beitrag zu unserer sicheren,<br />

zuverlässigen, wirtschaftlichen und bezahlbaren<br />

Energieversorgung, zu leisten.<br />

Auf einem Treffen mit allen CEO’s der weltweiten<br />

kerntechnischen Industrie habe ich meine Sicht<br />

geäußert: ‚Die Kernkraft ist die stärkste Kraft auf<br />

Erden. Wir könnten sie nutzen, um unsere kostbare<br />

Welt in kurzer Zeit zu zerstören, sie bietet aber<br />

auch die nachhaltige Chance, mit großer Wirkung<br />

die Heraus<strong>for</strong>derungen des Klimaschutzes bei<br />

gleichzeitigem Wohlstand zu begegnen. Diese<br />

Chance sollten wir nicht verpassen oder aufs Spiel<br />

setzen, indem die Kernkraftwerke nicht oder nicht<br />

sicher betrieben werden, ein weiterer schwerer<br />

Unfall wäre tragisch für die gesamte kerntechnische<br />

Industrie.‘ „Safety makes Per<strong>for</strong>mance“ ist der<br />

Leitsatz aus meinem Verständnis und meiner<br />

Erfahrung bei PreussenElektra.<br />

Die Energiewende als Ausdruck für den menschlichen<br />

Traum, der Natur auf Erden in verträglicher<br />

Weise das abgewinnen zu können, was uns ein<br />

kom<strong>for</strong>tables Leben in unserer Zeit und darüber<br />

hinaus ermöglicht. Dies im Einklang mit der Natur,<br />

im Sinne der Nachhaltigkeit, nur so viel der Natur<br />

zu entnehmen, dass sie für uns in unerschöpflicher<br />

Weise und rückwirkungsfrei in der Zukunft<br />

verfügbar bliebe. Wie viel wir entnehmen dürfen,<br />

wie hoch unser Anspruch sein darf, um nachhaltig<br />

zu sein, ist uns bis heute aber nicht gewiss. Mehr<br />

Bescheidenheit scheint aus meiner Sicht er<strong>for</strong>derlich!“<br />

Starke Worte. Und damals wie heute:<br />

bewegte Zeiten, in denen es auf engagierte und<br />

beherzte Menschen ankommt, die sich von der<br />

Kerntechnik nicht nur faszinieren lassen sondern<br />

sich für diese auch stark machen. Menschen wie<br />

Du, lieber Erwin, die sich mit tiefster Überzeugung<br />

und unermüdlicher Hingabe für unsere Branche<br />

einsetzen. Dafür möchten wir uns bedanken und<br />

als Zeichen unserer hohen Wertschätzung Dich mit<br />

der Ehrenmitgliedschaft der Kerntechnischen<br />

Gesellschaft auszeichnen.<br />

Lieber Erwin, willkommen als neues Ehrenmitglied<br />

der KTG! Du warst und bist eine große Bereicherung<br />

für uns. Das Motto der KTG könnte – lieber<br />

Erwin – Dein Lebenscredo sein: „KERNTECHNIK<br />

– Meine Faszination“.<br />

Herzlichen Dank!<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 49<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Ehrenmitgliedschaft ı Laudatio Frank Apel


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

www.ktg.org<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 50<br />

Jetzt Mitglied werden<br />

Wenn Ihnen die sachliche Auseinandersetzung mit der Kernenergie<br />

ebenso wie uns am Herzen liegt, wenn Sie Teil des kerntechnischen Netzwerkes<br />

in Deutschland werden möchten oder wenn Ihnen einfach Ihr persönliches<br />

Engagement für Ihre Überzeugungen wichtig ist, sollten Sie nicht länger zögern!<br />

Werden Sie Mitglied der KTG und steigen Sie aktiv in unser Netzwerk ein!<br />

Wofür wir stehen<br />

Wir engagieren uns dafür, Wissen zu vermitteln und weiterzugeben,<br />

um die sachliche Auseinandersetzung mit der Kerntechnik zu fördern.<br />

Dabei liegen die Schwerpunkte auf:<br />

! Erörterung wissenschaftlicher und technischer Fragestellungen<br />

! Förderung der Diskussion unter verschiedenen Disziplinen und Einrichtungen<br />

! Erfahrungsaustausch mit Organisationen im In- und Ausland<br />

! Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Institutionen<br />

! Wissenschaftliche, gesellschaftliche und berufliche Weiterbildung<br />

unserer Mitglieder<br />

! Nachwuchsförderung<br />

Unser ganz persönliches Willkommensgeschenk an Bord der KTG:<br />

3 Ein Abonnement der beliebten Fachzeitschrift<br />

<strong>atw</strong> – <strong>International</strong> <strong>Journal</strong> <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong>.<br />

https://www.ktg.org/ktg/faszination-kerntechnik/mitglied-werden<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Ehrenmitgliedschaft ı Laudatio Frank Apel


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Antwort von Dr. Erwin Fischer<br />

nach der Verleihung<br />

der KTG-Ehrenmitgliedschaft<br />

ich empfinde die mir erteilte Ehrenmitgliedschaft<br />

der KTG als ganz besondere Ehre.<br />

Wenn ich in die Liste der bisherigen Ehrenmitglieder<br />

schaue, bin ich eher gerührt und empfinde<br />

Demut und Bescheidenheit anlässlich dieser<br />

Auszeichnung.<br />

Meine Ehrenmitgliedschaft möchte ich aber auch<br />

als Zeichen sehen und interpretieren an meinen<br />

ehemaligen Doktorvater Prof. Dr. rer. nat. Albert<br />

Ziegler. Er ist im gesegneten Alter von 97 Jahren<br />

vor einigen Jahren verstorben. Er war einer von<br />

drei Pionieren in der damals noch jungen Bundesrepublik<br />

Deutschland, die die Grundsteine des<br />

Wissen zur friedlichen Nutzung der Kernenergie<br />

durch deutsche Kerntechnik gelegt haben, und mit<br />

dem Bau der Kernkraftwerke MZFR, Kahl, Obrigheim,<br />

Stade und dem KNK II sowie dem SNR 300<br />

maßgebend umgesetzt haben.<br />

Prof. Ziegler hat mich persönlich beruflich stark<br />

geprägt. Er hat in mir die Faszination zur Kerntechnik<br />

entfacht, als Hochschullehrer an der Ruhr-<br />

Universität Bochum am damaligen Lehrstuhl für<br />

Reaktortechnik. Er hat mir und anderen Tugenden<br />

vermittelt, wie sie von echten Kerni’s zu erwarten<br />

sind. Vorweg Zuverlässigkeit und Wissen, immerwährender<br />

Respekt vor der „Maschine“, aber<br />

ebenso Respekt vor den Menschen, die in der<br />

Kerntechnik miteinander tätig und verantwortlich<br />

sind. Darüber hinaus, stets die menschlichen Leistungen<br />

an zu erkennen. Und die Tatsache, dass<br />

höchste Leistungen nur von Freiwilligen erbracht<br />

werden. Daraus resultierte dann auch einer meiner<br />

Leitsprüche: „Weltmeister werden nur Freiwillige!“<br />

Menschen mit Motivation, Faszination,<br />

Passion, Leidenschaft und Freiheit für das, was sie<br />

tun.<br />

Mein persönlicher Erfolg und unsere Unternehmensleistungen<br />

und -erfolge sind aber ausschließlich<br />

Ergebnisse von Mannschaften, die gerade so<br />

zusammengearbeitet haben, mit Verantwortung<br />

und festem Willen zum Miteinander. Deshalb<br />

gelten auch heute mein außerordentlicher Dank,<br />

mein Respekt und meine Anerkennung der Mannschaft<br />

von PreussenElektra, mit denen ich ebenso<br />

gerne diese Ehrung teilen möchte!<br />

Liebe KTG’ler, verehrte Damen und Herren,<br />

innerhalb der KTG Sektionen, Fachgruppen, im<br />

Beirat, im Vorstand und insbesondere bei den<br />

Jahrestagungen und -treffen habe ich stets unsere<br />

Passion und Leidenschaft für unsere Kerntechnik<br />

erlebt, auch hier wieder in den letzten zwei Tagen<br />

in Leipzig. Möge sie uns erhalten bleiben, auch in<br />

der Zukunft, bis zur „Wiederauferstehung“ der<br />

Kerntechnik in Deutschland, an die ich persönlich<br />

glaube!<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 51<br />

Dieses kulturelle Gerüst hat mich selbst und meine<br />

Organisationen, in denen ich arbeiten durfte, stets<br />

begleitet. Diese Kultur hat uns bei PreussenElektra<br />

über Dekaden hinweg sehr erfolgreich gemacht,<br />

wie wir gestern schon im Vortrag von Guido Knott<br />

hören konnten.<br />

„Was die Kerntechnik insbesondere für uns als<br />

Gesellschaft in Deutschland wert war und ist,<br />

werden wir aber ggf. erst dann realisieren, wenn<br />

wir sie nicht mehr haben!“<br />

Ihr Dr. Erwin Fischer<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Ehrenmitgliedschaft ı Antwort Erwin Fischer


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 52<br />

Impressionen KERNTECHNIK 2022<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

21.–22. Juni · Leipzig ı Impressionen


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 53<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

21.–22. Juni · Leipzig ı Impressionen


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 54<br />

BEST PRESENTATION AWARD – 1 st<br />

Automatisierung der<br />

Kontaminationsmessung<br />

im Rückbauprozess<br />

kerntechnischer Anlagen<br />

Alena Wernke<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Im Rückbauprozess kerntechnischer Anlagen ist die Freimessung von Oberflächen eine zentrale Aufgabe,<br />

um einerseits so wenig wie möglich Endlagervolumen zu generieren und andererseits um die Materialien<br />

für die Wiederverwertung dem Stoffkreislauf zuführen zu können 1 . Der Schutz von Mensch und Umwelt<br />

sind dabei zentrale Aspekte seitens der Politik 2 . Die in diesem Prozess manuell durchgeführte Freimessung<br />

ist im Bezug auf die zu untersuchende Gebäudestruktur für die Arbeiter vor Ort durch die zu tragende<br />

Schutzausrüstung physisch belastend. Ebenso ist der Arbeitsablauf monoton und kommunikationsarm.<br />

Diese Belastungsfaktoren führen zu einer Fehleranfälligkeit der Messungen. Durch die Automatisierung<br />

der Kontaminationsmessung an ebenen Wandoberflächen besteht das Potenzial, Messfehler zu reduzieren<br />

und gleichzeitig die persönliche Strahlenbelastung der Arbeitskräfte zu senken. Mit Hilfe automatisierter<br />

Positions- und Messdatenerfassung wird zudem eine nachvollziehbare Dokumentation realisiert.<br />

EINLEITUNG<br />

Eine Möglichkeit um den Nachweis der Einhaltung<br />

der Freigabewerte zu erbringen, besteht in<br />

der Direktmessung der Oberflächenaktivität<br />

mittels Kontaminationsmonitoren. Bei diesem<br />

Verfahren wird der zu untersuchende Bereich von<br />

einem Mitarbeiter mit einem Kontaminationsmessgerät<br />

händisch ausgemessen und geprüft, ob<br />

die flächenbezogenen Grenzwerte eingehalten<br />

werden 3 . Diese Art der Messung ist von den Oberflächeneigenschaften<br />

des Messgutes und den<br />

geometrischen Bedingungen bzw. der Erreichbarkeit<br />

des Messbereiches abhängig. Daher eignet<br />

sich diese Methode besonders für die Freimessung<br />

von festen Materialien mit zugänglicher Oberfläche<br />

wie beispielsweise ebene Betonflächen. 4<br />

Weitere wichtige Aspekte für die Durchführung<br />

dieser Messungen sind In<strong>for</strong>mationen aus der<br />

Betriebshistorie sowie das Wissen über die Art und<br />

Energie der radioaktiven Teilchen. In Bereichen,<br />

die im Rahmen des Betriebes beispielsweise renoviert<br />

oder gestrichen wurden, besteht die Gefahr,<br />

dass radioaktive Kontaminationen überdeckt<br />

wurden. Alpha- oder niederenergetische Betateilchen<br />

durchdringen die neue Deckschicht nicht<br />

und können mit diesem Messverfahren nicht nachgewiesen<br />

werden. 5<br />

Nach Angaben der <strong>International</strong>en Atomenergie-<br />

Organisation wurden bis 2017 weltweit etwa 600<br />

Reaktoren und 300 Anlagen der Ver- und Entsorgung<br />

außer Betrieb genommen. Allein in Deutschland<br />

befanden sich 21 Kernkraftwerke und 6<br />

Forschungsreaktoren in verschiedenen Phasen der<br />

Stilllegung. 6 Die Stilllegungs- und Rückbaumaßnahmen<br />

werden dabei überwiegend manuell<br />

durchgeführt 7 . Die Freimessung von Gebäudestrukturen,<br />

die routinemäßig ausgeführt wird, ist<br />

für die Mitarbeiter in einem Vollschutzanzug aufgrund<br />

der einseitigen Hand-Arm-Schulter-Belastung<br />

physisch ermüdend, insbesondere Messungen<br />

an schwer zugänglichen Stellen wie beispielsweise<br />

Decken und Vorsprünge oder in gebückter Haltung.<br />

Für den Einsatz automatisierter Lösungen im Rückbauprozess<br />

wurden bisher komplexe, anlagenspezifische<br />

Robotersysteme entwickelt, die oftmals<br />

nicht auf andere Anlagen und Gebäude übertragbar<br />

sind. Da die Betriebsdauer dieser technischen<br />

Lösungen im Vergleich zu Serienprodukten<br />

1 Schüler, J.F.: Digitalisierung der In<strong>for</strong>mationskette für Rückbauplanungen von Atom- und Kernkraftwerken unter Berücksichtigung der Building In<strong>for</strong>mation Modeling<br />

(BIM)-Methodik. Fakultät Bauingenieurwesen Institut für Bauin<strong>for</strong>matik, Technische Universität Dresden (2019)<br />

2 Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Forka - Forschung für den Rückbau kerntechnischer Anlagen. Förderkonzept: Rückbau und Entsorgung (2017)<br />

3 Thierfeldt, S., Schartmann, F.: Stilllegung und Rückbau kerntechnischer Anlagen. Erfahrungen und Perspektiven - 4. neu bearbeitete Auflage -, 4th edn., Aachen (2012)<br />

4 Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg: Leitfaden zur Freigabe nach Teil 2 Kapitel 3 der Strahlenschutzverordnung (2020)<br />

5 National Physical Laboratory: Measurement Good Pratice Guide No. 30. Pratical Radiation Monitoring, ISSN 1368-6550<br />

6 Brendebach, B., Bruhn, G., Dewald, M., May, H., Schneider, S., Stahl, T.: Stilllegung kerntechnischer Anlagen, ISBN 978-3-946607-62-5 (2017)<br />

7 McGrath, R., Reid, R., Tran, P.: EPRI Report: Guidance in the Use of Robotics and Automation <strong>for</strong> Decommissioning <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants - 17440. WM 2017 Conference,<br />

Phoenix, Arizona, USA. http://archive.wmsym.org/2017/pdfs/FinalPaper_17440_0131034630.pdf (2017)<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Best Presentation Award ı Automatisierung der Kontaminationsmessung im Rückbauprozess kerntechnischer Anlagen ı Alena Wernke


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

deutlich geringer ist, ist ein Einsatz roboterbasierter<br />

Lösungen mit hohen Kosten verbunden, die<br />

der manuellen Messung gegenüber stehen.<br />

Weiterhin müssen die technischen Lösungen sicher<br />

und effizient arbeiten, um in der anspruchsvollen<br />

Umgebung einer sich im Rückbau befindlichen<br />

Anlage zu funktionieren. 7, 8<br />

Am Institut für Technologie und Management im<br />

Baubetrieb des Karlsruher Institutes für Technologie<br />

(KIT-TMB) wird in dem Projekt ROBDEKON an<br />

der Entwicklung automatisierter Lösungen für die<br />

Umgebungsexploration und Raumaufnahme kerntechnischer<br />

Anlagen sowie die Dekontamination<br />

und Freimessung ge<strong>for</strong>scht. Die bisher manuell ausgeführten<br />

Arbeitsfolgen „Raumaufnahme – Voruntersuchung<br />

– Dekontamination – Freimessung“<br />

werden in einer automatisierten Kette abgebildet<br />

und maschinell durchgeführt, ohne Personaleinsatz<br />

vor Ort. Innerhalb dieser Kette wird ein universelles<br />

System zur Automatisierung der<br />

Kontaminationsmessung entwickelt („Kontaminationsarray“).<br />

Das Ziel der Forschung ist es, ein<br />

modulares, automatisiertes System zu entwicklen,<br />

das flexibel an veränderte Umgebungsbedingungen,<br />

wie die Gebäudestruktur, angepasst werden<br />

kann. Durch den Einsatz dieses automatisierten<br />

Systems für die Freimessung wird die Qualität und<br />

Zuverlässigkeit der Messergebnisse gesteigert und<br />

das Expositionspotenzial der Mitarbeiter reduziert.<br />

Der Zeitplan für Rückbauprojekte kann verkürzt<br />

werden. 7<br />

Das entwickelte Konzept sowie die<br />

sen sorische Umsetzung des automatisierten Systems<br />

sind in 9 beschrieben. In Abbildung 1 ist der<br />

aktuelle Aufbau des Kontaminationsarrays an<br />

einem Ausleger einer modifizierten Hubarbeitsbühne<br />

(links) und auf einer mobilen, modularen<br />

Platt<strong>for</strong>m (rechts) dargestellt. Im Folgenden werden<br />

die Einflussfaktoren auf den Entwicklungsprozess<br />

sowie der Prozessablauf zur Automatisierung<br />

der Messungen beschrieben.<br />

ENTWICKLUNGSPROZESS<br />

„Es ist das Ziel der Automatisierungstechnik,<br />

Systeme so zu steuern, dass die automatisierten<br />

Systeme selbstständig ihre Funktion erfüllen“. 10<br />

Nach Abbildung 2 besteht ein automatisiertes<br />

Sytem aus einem zu automatisierenden Prozess<br />

und aus einer Automatisierungseinrichtung bzw.<br />

Steuereinheit. Über die Automatisierungseinrichtung<br />

werden wichtige Stellgrößen an den entwickelten<br />

Prozess vorgegeben, über die das Prozessverhalten<br />

aktiv beeinflusst wird („Steuern”). Die<br />

Prozess- und Messdaten werden an die Steuereinheit<br />

übertragen. 10 Damit ein automatisiertes<br />

System wie das Kontaminationsarray sicher und<br />

effizient in einer kerntechnischen Anlage arbeitet,<br />

muss es robust sein 7 .<br />

Robust „ist ein Produkt, dessen Eigenschaften<br />

möglichst wenig von bestimmten Störgrößen<br />

(bestimmten Fertigungs- oder Einsatzbedingungen)<br />

abhängen“. 11<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 55<br />

| Abb. 1<br />

Aufbau des Kontaminationsarrays an einem Ausleger (l.) und auf mobiler Platt<strong>for</strong>m (r.).<br />

8 Bakari, M. J., Zied, K. M., Seward, D. W.: Development of a Multi-Arm Mobile Robot <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Decommissioning Tasks, ISSN 1729-8806, pp. 387-406. https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.5772/5665<br />

(2007)<br />

9 Wernke, A., Gentes, S.: Development of a novel tool <strong>for</strong> automation of the contamination measurement. Saf. Nucl. Waste Disposal, 1, 29–30, https://doi.org/10.5194/<br />

sand-1-29-2021, 2021<br />

10 Prof. Dr.-Ing. Jan Lunze: Automatisierungstechnik. Methoden für die Überwachung und Steuerung kontinuierlicher und ereignisdiskreter Systeme, 4th edn. Walter de<br />

Gruyter GmbH, Berlin (2016)<br />

11 Prof. Dr. Wilhelm Kleppmann: Versuchsplanung. Produkte und Prozesse optimieren. Praxisreihe Qualität, 10th edn. Carl Hanser Verlag, München (2020)<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Best Presentation Award ı Automatisierung der Kontaminationsmessung im Rückbauprozess kerntechnischer Anlagen ı Alena Wernke


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

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| Abb. 2<br />

Grundstruktur automatisierter Systeme nach 10 .<br />

Die Entwicklung einer automatisierten Lösung für<br />

die Direktmessung der Oberflächenaktivität in<br />

einer kerntechnischen Anlage hängt neben den<br />

messtechnischen An<strong>for</strong>derungen von den Umwelteinflüssen<br />

sowie der konstruktiven Gestaltung des<br />

Werkzeuges ab (siehe Abbildung 3). Wichtige<br />

An<strong>for</strong>derungen, die im Rahmen der Entwicklung<br />

berücksichtigt und im Labor untersucht werden,<br />

sind in Abbildung 3 hervorgehoben.<br />

Einflussgrößen auf den Messprozess können in<br />

Steuer- und Störgrößen unterteilt werden 11 . Störgrößen<br />

werden in der Automatisierungstechnik als<br />

zufällig auftretende Eingangssignale beschrieben,<br />

über die die Umwelt den Prozess beinflusst.<br />

Sie sind messbar, können aber<br />

nicht von dem automatisiertem<br />

System beeinflusst werden. 10 Ungenauigkeiten<br />

bei der Positionierung des<br />

Kontaminationsarrays, Schmutz,<br />

Farbe o. ä. auf der Oberfläche sowie<br />

die Hintergrundstrahlung oder sonstige<br />

Strahlungsquellen sind beispielsweise<br />

Störgrößen aus der Umwelt, die<br />

den zu automatisierenden Prozess<br />

beeinflusssen können.<br />

Durch die horizontale bzw. vertikale<br />

Bewegung des Kontaminationsarrys<br />

und der -monitore (siehe Abbildung<br />

1) können zudem Schwingungen<br />

entstehen, die die Prozessstabilität<br />

ebenfalls beeinflussen. Steuergrößen,<br />

die in diesem Entwicklungsprozess fokussiert<br />

werden, werden im Folgenden beschrieben:<br />

Definierte Messzeit<br />

Um den Aufbau des automatisierten Systems zu<br />

vereinfachen und die Durchführungszeit für einen<br />

Messvorgang zu verkürzen, werden vier kommerziell<br />

erhältliche Kontaminationsmesssysteme, die<br />

für die Messungen parallel geschaltet werden,<br />

verwendet („Array“). Mit dem Kontaminationsarry<br />

werden stationäre Messungen an rasterförmig<br />

eingeteilten Oberflächen durchgeführt. Daher<br />

ergibt sich die stationäre Messzeit zunächst durch<br />

das verwendete Detektorsystem und dessen<br />

| Abb. 3<br />

An<strong>for</strong>derungen und Einflussfaktoren zur Automatisierung einer Kontaminationsmessung.<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

Best Presentation Award ı Automatisierung der Kontaminationsmessung im Rückbauprozess kerntechnischer Anlagen ı Alena Wernke


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| Abb. 4<br />

Prozessablauf Kontaminationsarray.<br />

Eigenschaften, wie das nuklidspezifische Oberflächenansprechvermögen,<br />

sowie durch die Einhaltung<br />

der Grenzwerte für die Freigabemessung. Ein<br />

weiterer Aspekt ist die derzeitige Gestaltung des<br />

Prozessablaufes.<br />

Abstand Detektor – Oberfläche<br />

Die Einhaltung eines vorgegeben Abstandes<br />

zwischen dem Detektor und der Oberfläche ist<br />

aufgrund der Reichweite der radioaktiven Teilchen<br />

ein wichtiges Gütekriterium für die Qualität der<br />

Messergebnisse. Dieser Ist-Wert (siehe Abbildung<br />

2, „Prozessdaten“) wird durch die Oberflächen-beschaffenheit<br />

des Untersuchungsbereiches<br />

als auch durch die Genauigkeit der verwendeten<br />

Sensorik beeinflusst. Die Oberflächenbeschaffenheit<br />

der jeweiligen Gebäudestruktur wiederum<br />

hängt von anlagenspezifischen Umwelteinflüssen<br />

wie beispielsweise dem angewendeten Dekontaminationsverfahren<br />

oder dem Vorhandensein von<br />

Schmutz o. ä. auf der Oberfläche ab. Die Genauigkeit<br />

der verwendeten Sensorik beeinflusst die<br />

Lokalisierung und Positionierung vor dem Untersuchungsbereich.<br />

Beide Faktoren werden zur<br />

Bestimmung der Abweichung des Ist-Wertes vom<br />

Soll-Wert betrachtet.<br />

Robustheit<br />

Die automatisierte Messung der Oberflächenaktivät<br />

mit dem Kontaminationsarray soll robust sein.<br />

Robustheit bedeutet in diesem Zusammenhang,<br />

dass das Kontaminationsarray unabhängig von den<br />

Störgrößen aus der Umwelt die Messungen zuverlässig<br />

durchführt, der Prozess ist stabil. Die<br />

Prozessparameter wie etwa die Oberflächenbeschaffenheit<br />

dürfen die Zielgrößen nicht beeinflussen<br />

bzw. die Werte der Zielgrößen dürfen trotz<br />

des Auftretens von Störgrößen nur wenig streuen 11 .<br />

Das Ziel ist es die Abweichung zwischen den Istund<br />

Soll-Werten zu minimieren. Robustheit muss<br />

aber auch softwareseitig umgesetzt werden. Dafür<br />

werden alle verwendeten Sensoren in eine zentrale<br />

Software eingebunden. Die Software macht einen<br />

wesentlichen Teil der Gesamtkomplexität eines<br />

automatisierten Systems und ist in den meisten<br />

Entwicklungsprojekten die kritische Komponente 8 .<br />

Durch die Ausarbeitung einer bedienerfreundlichen<br />

Benutzerschnittstelle kann der Anwender<br />

relevante Parameter individuell berücksichtigen<br />

und wichtige In<strong>for</strong>mationen werden in Echt-Zeit<br />

bereitgestellt.<br />

Ebenso wichtig für den Einsatz des Kontaminationsarrays<br />

im kerntechnischen Bereich ist die<br />

Dekontaminierbarkeit sowie die Zugänglichkeit<br />

zum Untersuchungsbereich, die durch die Art und<br />

den Zeitpunkt der Messung beeinflusst wird.<br />

Handelt es sich um eine Vor- oder Entscheidungsmessung<br />

und kann das System durch die Anlage<br />

barrierefrei transportiert werden? Das sind relevante<br />

Untersuchungsaspekte, die im Realeinsatz<br />

des Werkzeuges beachtet werden müssen, aber im<br />

Rahmen der Laborentwicklung kaum fokussiert<br />

werden können.<br />

PROZESSABLAUF<br />

Ausgangsbasis des entwickelten Messprozzesses ist<br />

die Lokalisation des Kontaminationsarrays im<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 57<br />

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Parameter<br />

Bezeichnung<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 58<br />

Stationäre Messzeit (s) t MESS 10,0 5,0 2,5<br />

Zeit horizontaler Vorgang (s) t HOR.MIN 114,9 64,9 39,9<br />

Zeit vertikaler Vorgang (s) t VERT.MIN 140,0 140,0 140,0<br />

Gesamtmesszeit (s) t GES 254,9 204,9 179,9<br />

| Tab. 1.<br />

Darstellung der Gesamtmesszeit je nach stationärer Messzeit.<br />

Raum vor dem Untersuchungsbereich (siehe Abbildung<br />

4). Dafür werden Daten, wie beispielsweise<br />

der Abstand zwischen der Detektorfolie und dem<br />

Messgut, aber auch die Ausrichtung im Raum in<br />

Echt-Zeit ermittelt und <strong>for</strong>tlaufend überwacht. Ist<br />

die Zielposition erreicht, kann die erste Kontaminationsmessung<br />

automatisiert von einem Leitstand<br />

aus gestartet werden. Nach Ablauf der Messzeit ist<br />

zu überprüfen, ob der Grenzwert überschritten<br />

wurde und ggfs. eine Kontrollmessung durchgeführt<br />

werden muss. Anschließend wird das System<br />

horizontal mit Hilfe einer Lineareinheit um eine<br />

definierte Länge versetzt und eine zweite Kontaminationsmessung<br />

gestartet. Auch hier muss nach<br />

Ablauf der Kontaminationsmessung bei Bedarf<br />

eine Kontrollmessung durchgeführt werden.<br />

Anschließend wird das System vertikal um eine<br />

definierte Länge versetzt. Der oben beschriebene<br />

Messvorgang wird wiederholt, bis der Untersuchungsbereich<br />

vollständig ausgemessen wurde.<br />

Ist das Kontaminationsarray vor dem Untersuchungsbereich<br />

positioniert, hängt die Gesamtmesszeit<br />

des Prozessablaufes von der horizontalen<br />

und vertikalen Bewegung des Kontaminationsarrays<br />

ab. Die minimale Zeit für die vertikale Bewegung<br />

basiert auf der Detektorlänge und wird durch<br />

die maximale Traglast des Linearantriebes<br />

begrenzt. Sie wird für den Versuchsstand einmalig<br />

definiert. Die minimale Zeit für einen horizontalen<br />

Vorgang setzt sich aus einer Versatzbewegung des<br />

Werkzeuges und der stationären Messzeit<br />

zusammen. Die Zeit für die horizontale Versatzbewegung<br />

wird ebenfalls durch die Leistung des<br />

Linearantriebes begrenzt und einmalig definiert.<br />

Die stationäre, nuklidspezifische Messzeit wird<br />

berechnet und kann individuell an den Untersuchungsprozess<br />

angepasst werden.<br />

Quadratmeter in Abhängigkeit der stationären<br />

Messzeit, die systematisch reduziert wird. Eine<br />

Halbierung der Messzeit t MESS von 10 s auf 5 s reduziert<br />

die Gesamtmesszeit t GES um etwa 20 %,<br />

beträgt tMess 2,5s wird t GES um etwa 30 % reduziert.<br />

AUSBLICK<br />

Die Automatisierung der Kontaminationsmessung<br />

bietet ein hohes Potenzial um die Fehleranfälligkeit<br />

zu reduzieren und die Qualität der Messergebnisse<br />

in der Freigabemessung zu steigern. Mit Hilfe des<br />

oben vorgestellten Prozessablaufes können<br />

einzelne Wandbereiche oder ganze Quadratmeter<br />

automatisiert untersucht werden. Ein wichtiger<br />

Einflussparameter ist die Gesamtmesszeit, die von<br />

dem gestalteten Messprozess und der stationären<br />

Messzeit abhängt. Hier zeigt sich, dass die limitierenden<br />

Zeitfaktoren bei der Automatisierung dieses<br />

Prozesses sich durch die Versatzbewegung der<br />

Linearantriebe und die stationäre Messzeit bedingt<br />

durch die messtechnischen An<strong>for</strong>derungen<br />

ergeben. Bei der Definition der minimalen Messzeit<br />

muss aber neben den oben beschriebenen<br />

Faktoren auch die Stabilität der Kommunikation<br />

bei der Übertragung der Messergebnisse beachtet<br />

werden. Eine Minimierung der Messzeit unter<br />

Zunahme der Streuung bei der Datenübertragung<br />

kann die Prozessstabilität verringern und kann<br />

sich negativ auf die Robustheit des zu automatisierenden<br />

Prozesses auswirken.<br />

Autorin<br />

Aleyna Wernke<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

Karlsruher Institut für Technologie, Institut<br />

für Technologie und Management im Baubetrieb.<br />

Für die Gesamtmesszeit gilt:<br />

tt !"# = tt $"%&,()* + tt +,%,()* = tt (,$",$"%& + tt (,$",+,% + tt ("##<br />

Die stationäre Messzeit t MESS ist ein wichtiger<br />

Einflussparameter auf die Wirtschaftlichkeit des<br />

Kontaminationsarrays. Tabelle 1 zeigt die zu<br />

erwartende Gesamtmesszeit für einen<br />

alena.wernke@kit.edu<br />

Nach dem Studium des Maschinenbaus am Karlsruher Institut für Technologie<br />

(KIT), absolvierte Frau Wernke ein Fernstudium in Medizinischer Physik und<br />

Technik an der Technischen Universität Kaiserslautern und war zwischenzeitlich<br />

als Konstrukteurin für die Bereiche Strahlenschutz und Prozessmesstechnik bei<br />

der Berthold Technologies GmbH tätig. Seit Juli 2019 ist sie als wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin zurück am KIT und dort vor allem mit automatisierten Lösungen für<br />

den Rückbau kerntechnischer Anlagen beschäftigt<br />

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Best Presentation Award ı Automatisierung der Kontaminationsmessung im Rückbauprozess kerntechnischer Anlagen ı Alena Wernke


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BEST PRESENTATION AWARD – 1 st<br />

3. Sicherheitsüberprüfung<br />

der Urananreicherungsanlage<br />

Gronau<br />

Burkhard Kleibömer<br />

EINLEITUNG<br />

In der Urananreicherungsanlage Gronau (UAG) wird Uran angereichert und werden somit Kernbrennstoffe<br />

erzeugt. Dazu besitzt Urenco D eine Anlagengenehmigung nach § 7 AtG und muss gemäß § 19a Abs. 3 AtG<br />

als sonstige kerntechnische Anlage auch eine Sicherheitsüberprüfung durchführen (so wie Kernkraftwerke<br />

und z. B. auch Advanced <strong>Nuclear</strong> Fuels GmbH (ANF)).<br />

Daher liegt alle 10 Jahre eine Mammutaufgabe vor der Urenco Deutschland: die Sicherheitsüberprüfung<br />

der UAG muss durchgeführt werden. Die Sicherheitsüberprüfung er<strong>for</strong>dert zig Bearbeiter, erzeugt tausende<br />

Seiten Papier und kostet einen siebenstellige Euro-Betrag. Dieser große Aufwand dient dazu nachzuweisen,<br />

dass die er<strong>for</strong>derliche Schadensvorsorge weiterhin getroffen ist.<br />

VORGABEN FÜR DIE<br />

SICHERHEITSÜBERPRÜFUNG DER UAG<br />

Die Sicherheitsüberprüfung beinhaltet nach § 19a<br />

Abs. 3 AtG die Überprüfung und Bewertung der<br />

nuklearen Sicherheit der Anlage unter Berücksichtigung<br />

von Erkenntnis<strong>for</strong>tschritten in Wissenschaft<br />

und Technik und die kontinuierliche<br />

Verbesserung der nuklearen Sicherheit der Anlage.<br />

Sie dient zum Nachweis der nach § 7 Abs. 2 Nr. 3<br />

AtG nach dem Stand von Wissenschaft und Technik<br />

er<strong>for</strong>derlichen Vorsorge gegen Schäden aus Errichtung<br />

und Betrieb der Anlage.<br />

Außerdem ist gemäß § 19a Abs. 4 AtG zu überprüfen,<br />

ob zur Verhütung von Unfällen und zur Abmilderung<br />

von Unfallfolgen ausreichende Maßnahmen<br />

getroffen sind.<br />

Maßstab für diese Überprüfung sind die Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen<br />

des BMU für Uranan-<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 59<br />

| Abb. 1.:<br />

Urananreicherungsanlage Gronau (Luftbild).<br />

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KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 60<br />

reicherungs anlagen nach dem Gas ultra zentrifugen<br />

prinzip. Sie stellen eine nähere Bestimmung<br />

der gemäß § 7 AtG Abs. 2 Nr. 3 nach dem Stand von<br />

Wissenschaft und Technik er<strong>for</strong>derlichen Vorsorge<br />

gegen Schäden durch die Errichtung und den<br />

Betrieb der UAG dar.<br />

Bei der SÜ wird daher die Erfüllung der Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen<br />

zum Stichtag 30.06.2021 geprüft.<br />

KONZEPT/DURCHFÜHRUNG<br />

DER SICHERHEITSÜBERPRÜFUNG<br />

Bei der Sicherheitsüberprüfung werden die in den<br />

Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen des BMU genannten<br />

übergeordneten Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen für den<br />

Standort, Einwirkungen von Außen, Brand- und<br />

Explosionsschutz usw. zugrunde gelegt. Ergänzt<br />

um die Themen Integriertes Managementsystem<br />

und Alterungsmanagement wird einerseits die<br />

Einhaltung sämtlicher übergeordneten Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen<br />

und andererseits der Sicherheitszustand<br />

aller sicherheitstechnisch wichtigen<br />

Systeme untersucht (siehe Abbildung 2). Dabei<br />

werden Änderungen des Regelwerkes seit der<br />

letzten Sicherheitsüberprüfung im Jahr 2011,<br />

Änderungen in der Anlage, Erfahrungen aus<br />

Betrieb und Instandhaltung herangezogen. Zur<br />

Überprüfung des Standes von Wissenschaft und<br />

Technik wurde u. a. eine Überprüfung der Lastannahmen<br />

des Bemessungserdbebens für den<br />

Standort in Auftrag gegeben.<br />

In ca. 9 Monaten wurden 95 Berichte mit mehr als<br />

3.000 Seiten plus Sekundärliteratur erstellt.<br />

Die Dokumentation der Sicherheitsüberprüfung<br />

gliedert sich in folgende Teile:<br />

◊ Anlagenbeschreibung<br />

◊ Berichte zur Überprüfung und Bewertung<br />

der Erfüllung der für die UAG geltenden<br />

Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen:<br />

◊ übergeordnet für die UAG<br />

◊ für die sicherheitstechnisch wichtigen<br />

Systeme und Anlagenteile<br />

◊ Berichte zu systemübergreifenden Aspekten:<br />

◊ Flugzeugabsturz<br />

◊ Integriertes Managementsystem<br />

◊ Alterungsmanagement<br />

◊ Probabilistische Störfallanalyse<br />

◊ Anlagensicherung<br />

◊ Zusammenfassende Bewertung des Sicherheitsstatus<br />

der UAG<br />

Die Überprüfungsberichte beinhalten eine<br />

Beschreibung des sicherheitstechnisch wichtigen<br />

Systems, die Angabe der für das System<br />

Konzept zur Darstellung und Bewertung des Sicherheitszustandes der UAG<br />

Anlagenbeschreibung UAG<br />

Einzelbericht<br />

Standort<br />

Einzelbericht<br />

Druckreduzierstation UFR<br />

Erfüllung der übergeordneten<br />

Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen<br />

Einzelbericht<br />

EvA<br />

Einzelbericht<br />

Strahlenschutz<br />

Einzelbericht<br />

Betrieb der Anlage<br />

Einzelbericht<br />

Störfallanalyse<br />

Einzelbericht<br />

...<br />

Darstellung und Bewertung der Systeme<br />

(aufgeteilt nach UAG-1 und UAG-2)<br />

Einzelbericht<br />

Enddruckpumpen UPP/UTP<br />

Einzelbericht<br />

Störfalllüftung UTA-1 GAM<br />

Einzelbericht<br />

Behältervorbereitung LLB<br />

Einzelbericht<br />

Brandmeldeanlage QBA<br />

Einzelbericht<br />

...<br />

Abschließende Bewertung<br />

| Abb. 2:<br />

Darstellung der Gesamtmesszeit je nach stationärer Messzeit.<br />

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<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

zutreffenden Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen, eine<br />

Beschreibung der Ergebnisse der zweiten Sicherheitsüberprüfung<br />

einschl. Abarbeitung der<br />

Hinweise/Empfehlungen, die Darlegung der Erfüllung<br />

der Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen zum Stichtag<br />

30.06.2021 und die Bewertung der für den Betrachtungszeitraum<br />

der SÜ 2021 relevanten Änderungen<br />

des Regelwerks/der Auslegung, Inbetriebnahmen/Änderungen<br />

in der Anlage sowie der<br />

Betriebserfahrungen (UAG/extern).<br />

Gegenüber der Sicherheitsüberprüfung 2011<br />

wurden die Probabilistische Störfallanalyse und<br />

eine separate Betrachtung des Alterungsmanagements<br />

in den Umfang der SÜ 2021 aufgenommen.<br />

Dies führte zu 3 weiteren Berichte mit ca. 200<br />

Seiten.<br />

BEISPIELE FÜR DIE UNTERSUCHUNGEN<br />

Erdbeben<br />

Für die Auswahl des Standortes der UAG war die<br />

Lage in der Erdbebenzone 0 nach DIN 4149 zum<br />

Schutz der Zentrifugen entscheidend.<br />

Dennoch war eine Auslegung gegen Erdbeben nach<br />

KTA 2201.1 er<strong>for</strong>derlich. Für die Bestimmung der<br />

Kenngrößen des Bemessungserdbeben waren als<br />

Themen u. a. die deterministische und probabilistische<br />

Bestimmung des Bemessungserdbebens,<br />

Paläoerdbeben, seismotektonische Einheiten/<br />

Quellzonen, Behandlung von Unsicherheiten zu<br />

betrachten.<br />

Für den Nahbereich wurde als Modellerdbeben die<br />

Erdbebenserie bei Bielefeld 1612 in die Nähe des<br />

Standortes verschoben. Für den Fernbereich wurde<br />

das Paläoerdbeben bei Bree an die standortnächste<br />

Stelle des Viersener Sprungs verschoben.<br />

Das Bemessungserdbeben hat eine makroseismische<br />

Standortintensität Stärke VI – VII (6,5 +/- 0,5<br />

auf der MSK-Skala).<br />

Für die SÜ 2021 wurde eine umfassende Probabilistische<br />

Störfallanalyse durchgeführt. Hierfür wurden<br />

repräsentative Störfallszenarien der UAG<br />

probabilistisch untersucht und anhand ihrer potentiellen<br />

radiologischen Auswirkungen bewertet. Im<br />

Einzelnen erfolgte<br />

◊ Eine Betrachtung aller Auslegungsstörfälle<br />

◊ Die Ermittlung der Eintrittshäufigkeiten<br />

der auslösenden Ereignisse auf Basis der<br />

Betriebserfahrung<br />

◊ Die Ermittlung der Ausfallhäufigkeiten der<br />

für den Störfallablauf relevanten Systeme/<br />

Komponenten auf Basis der Betriebserfahrung<br />

◊ Ereignisablaufanalysen unter der Annahme<br />

des Ausfalls dieser Systeme/Komponenten<br />

◊ Zusammenstellung und Bewertung der<br />

Eintrittswahrscheinlichkeiten, Freisetzungsmengen<br />

und resultierenden Expositionen bei<br />

den verschiedenen Ereignisabläufen<br />

Die Betrachtungen zeigen, dass die Störfallvorsorge<br />

der UAG ausgewogen ist.<br />

ERGEBNISSE DER<br />

SICHERHEITSÜBERPRÜFUNG<br />

Die übergeordneten Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen<br />

sind erfüllt. Die sicherheitstechnisch wichtigen<br />

Systeme erfüllen im Einzelnen die Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen.<br />

Die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik<br />

er<strong>for</strong>derliche Vorsorge gegen Schäden durch die<br />

Errichtung und den Betrieb der UAG ist weiterhin<br />

getroffen. Die nukleare Sicherheit der UAG erfüllt<br />

weiterhin alle An<strong>for</strong>derungen und wird kontinuierlich<br />

verbessert.<br />

Die Sachverständigen der atomrechtlichen<br />

Aufsichtsbehörde prüfen derzeit die von Urenco D<br />

vorgelegten Berichte.<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 61<br />

Im Rahmen der SÜ 2021 wurde zur Überprüfung<br />

der Lastannahmen des Bemessungserdbebens ein<br />

neues seismologisches Gutachten (2021) erstellt.<br />

Als Ergebnis kann das bestehende Bemessungserdbeben<br />

weiterhin als gültig betrachtet werden.<br />

Autor<br />

Dr. Burkhard Kleibömer<br />

Leiter der Anlage Urananreicherungsanlage Gronau,<br />

Urenco Deutschland GmbH<br />

Probabilistische Störfallanalyse<br />

Aufgrund einer Empfehlung aus dem Gutachten des<br />

TÜV Süd zur SÜ 2011 wurde im Nachgang zur SÜ<br />

2011 eine erste Analyse u. a. aufgrund bereits vorliegender<br />

Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen für<br />

die UAG durchgeführt.<br />

burkhard.kleiboemer@urenco.com<br />

Nach seinem Physikstudium in Kiel promovierte Herr Dr. Kleibömer<br />

in Melbourne (Australien). Seit 1988 ist er bei der Firma Uranit/Urenco<br />

Deutschland GmbH, zunächst als Mitarbeiter beim Laseranreicherungsverfahren,<br />

dann in der Genehmigungsabteilung, später als Leiter Überwachung<br />

und zuletzt als Leiter der Anlage Urananreicherungsanlage Gronau, beschäftigt.<br />

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Best Presentation Awards ı 3. Sicherheitsüberprüfung der Urananreicherungsanlage Gronau ı Burkhard Kleibömer


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BEST PRESENTATION AWARD – 2 nd<br />

Hydrogen Fusion and the<br />

Importance of Thermal<br />

Energy Storage Systems –<br />

Development of the DEMO<br />

Balance of Plant<br />

Andreas Bender, Sabrina Gil Pascual<br />

INTRODUCTION<br />

According to ITER General Director Bernard Bigot, hydrogen fusion is the new synonym of nuclear fusion.<br />

One reason is that nuclear technology is experiencing a kind of renaissance in the light of climate change.<br />

Another reason is an impending energy crisis throughout Europe, unless society rethinks with regard to<br />

the acceptance of nuclear energy. An electricity-generating “hydrogen” fusion power plant still seems to be<br />

a far-off vision. Europe, however, is already on the verge of developing DEMO, the electricity-generating<br />

successor to ITER. Kraftanlagen Heidelberg (KAH) has a long-standing partnership with the Karlsruhe<br />

Institute of Technology (KIT) and with its strategic orientation to support the development of future carbon-free<br />

fusion power plants, the final piece of the puzzle <strong>for</strong> a sustainable power generation.<br />

CHALLENGES OF HYDROGEN FUSION FOR<br />

ELECTRICITY PRODUCTION<br />

In contrast to nuclear fission, nuclear fusion does<br />

not have to overcome the risks of an uncontrolled<br />

chain reaction; instead, maintaining the fusion<br />

reaction is the greatest challenge. Due to the Tokamak<br />

principle used in both ITER and the European<br />

DEMO, only pulsed operation is feasible. The reasons<br />

<strong>for</strong> this are numerous and mainly due to the<br />

magnetic confinement concept, which is easier to<br />

realise than the Stellarator principle. In the Stellarator,<br />

the twisting field is produced entirely by<br />

external non-axisymmetric coils, meaning that no<br />

central solenoid and consequently no pulsed operation<br />

is needed.<br />

In the Tokamak, the rotational twist of a helical<br />

magnetic field is <strong>for</strong>med by a toroidal field<br />

generated by external coils together with a poloidal<br />

field generated by the plasma current. The required<br />

current is induced by the central solenoid shown in<br />

Figure 1 (left), which must be recharged after<br />

every pulse.<br />

In the described tokamak scenario <strong>for</strong> DEMO, a pulse<br />

time of two hours is assumed with a subsequent<br />

dwell time of approx. 10 – 30 minutes. The greatest<br />

challenge to the BoP design and its components is<br />

the extreme gradient that occurs between the two<br />

operating modes, as the fusion reaction ends and<br />

begins abruptly. Another resulting challenge is to<br />

compensate <strong>for</strong> the power drop during the dwell<br />

time. To ensure that a future fusion power plant has<br />

a stable and flexible electricity output, it is essential<br />

to implement a thermal energy storage system. In<br />

summary, a future fusion power plant is dependent<br />

| Fig. 1:<br />

Main features of the Tokamak (left) and stellarator (right) device <strong>for</strong> magnetic confinement.<br />

[Max-Planck-Institute <strong>for</strong> Plasma Physics Greifswald, public relations 2011]<br />

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Best Presentation Award ı Hydrogen Fusion and the Importance of Thermal Energy Storage Systems – Development of the DEMO Balance of Plant ı Andreas Bender, Sabrina Gil Pascual


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

| Fig. 2:<br />

Preliminary Layout of DEMO BoP Design featuring all systems, PHTS, IHTS and PCS up to the Turbo-Generator.<br />

[W. Hering, X.Z. Jin, E. Bubelis, S. Perez-Martin, B.E. Ghidersa, Operation of the Helium Cooled Demo Fusion <strong>Power</strong> Plant and Related Safety Aspects,<br />

IAEA-TEcdoc-13657, 2020]<br />

on a thermal energy storage system in order to ensure<br />

a reliable and continuous power output.<br />

DEVELOPMENT OF A RELIABLE DEMO<br />

BALANCE OF PLANT FOR NUCLEAR<br />

FUSION<br />

DEMO as a Tokamak fusion reactor operates in a<br />

pulsed mode due to solenoid loading and vacuum<br />

pump capacity. Consequently, the intermittent<br />

thermal power leads to a discontinuous electrical<br />

power output. In order to realise a steady and<br />

flexible DEMO electrical power output, a thermal<br />

energy storage based on heat transfer fluids such as<br />

molten salt which is widely used in Renewable<br />

Energy <strong>Power</strong> Plants, was included to the design.<br />

The so-called Intermediate Heat Transfer System<br />

(IHTS) is equipped with an Energy Storage and<br />

serves as an interface between the Primary Heat<br />

Transfer System (PHTS) and the <strong>Power</strong> Conversion<br />

System (PCS).<br />

The system was developed at KIT and Figure 2<br />

shows the preliminary 3D layout of the DEMO<br />

Balance of Plant. In the Breeding Blankets (BB) the<br />

heat generated by hydrogen fusion is transferred to<br />

the helium coolant. Additionally, heat is removed<br />

from the Vacuum Vessel and Divertor via a water<br />

coolant, which is used to preheat the feed water of<br />

the PCS upstream the steam generator. The main<br />

goal is the transfer of plasma thermal power from<br />

the breeding blanket to the PCS and consequently<br />

generate electricity.<br />

The validation and readiness of the DEMO BoP<br />

design <strong>for</strong> the conceptual design has been verified<br />

by static and dynamic simulations. Figure 3 shows<br />

the simplified model of the DEMO ICD BoP design.<br />

Currently, the temperature levels <strong>for</strong> the helium<br />

reactor coolant are limited to approx. 500 °C due to<br />

the usage of reduced activation steel. With the<br />

usage of more heat resistant reactor materials, the<br />

overall PCS efficiency could be increased by using<br />

liquid metal as storage medium and consequently<br />

raising the temperature levels to approx. 600 –<br />

700 °C.<br />

The presented BoP concept was widely investigated<br />

by KAH as the industrial partner <strong>for</strong> the KIT. Accordingly,<br />

adapted Readiness Level (RL) scales and<br />

definitions were elaborated. For the review, a definition<br />

of Technology Readiness Levels (TRL) alone<br />

is too generic and insufficiently detailed, which is<br />

necessary <strong>for</strong> accurate system-specific definitions.<br />

From KAH point of view, the introduced Integration<br />

Readiness Level (IRL) is adequate <strong>for</strong> proven<br />

technologies that only need to be adapted to the<br />

system boundary conditions. The same applies to<br />

the overall HCPB BoP ICD concept where a System<br />

Readiness Level (SRL) definition is needed in order<br />

to assess the overall project progress.<br />

Currently, the DEMO BoP design with an IHTS is<br />

assessed to fulfil the requirements to have an IRL<br />

and SRL of 4, meaning that <strong>for</strong> advancing to level 5,<br />

a pilot plant <strong>for</strong> the PHTS/IHTS interaction is needed.<br />

KAH is supporting the KIT with the upgrade of<br />

the Helium Loop Karlsruhe (HELOKA) facility with<br />

a thermal storage system. For that purpose, a regulation<br />

strategy is being developed <strong>for</strong> DEMO BoP<br />

which is then tested in this upgraded facility.<br />

Since KAH was already involved in the planning<br />

and construction of German <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants<br />

(NPP) and still carries out decommissioning<br />

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| Fig. 3:<br />

Overview of the DEMO Balance of Plant variant indicating the different Heat Transfer Fluids (HTF) and the interfaces (dashed lines) .<br />

[Evaldas Bubelis, Wolfgang Hering, Sara Perez-Martin, Industry supported improved design of DEMO BoP <strong>for</strong> HCPB BB concept with energy storage system,<br />

FED, Vol. 146, Part B, September 2019, Pages 2334-2337]<br />

projects at the sites today, there is a sound knowledge<br />

of the used power plant classification system<br />

called Kraftwerk-Kennzeichensystem KKS and its<br />

successor Reference Designation System <strong>for</strong> <strong>Power</strong><br />

Plants RDS-PP. The KKS <strong>for</strong> German NPPs is in<br />

principle based on a coding system, which was<br />

developed <strong>for</strong> NPP new builts in the late 1960s. For<br />

the upcoming conceptual design of the DEMO<br />

systems, KAH proposed a coding system which is in<br />

principle based on German NPP coding systems but<br />

adapted to DEMO needs.<br />

WHAT COULD THE ELECTRICITY GRID<br />

LOOK LIKE IN 2050 AND BEYOND?<br />

Another important aspect <strong>for</strong> the utilisation of fusion<br />

energy by the middle of the century is the integration<br />

in the future electricity grid,<br />

which dramatically affects the<br />

DEMO plant design and operation.<br />

When checking the EU projection <strong>for</strong><br />

the greenhouse gas emission reduction<br />

by 2050, renewable energy share<br />

will provide most of the electric<br />

energy. With the integration of FPPs<br />

to the future market, an added value<br />

to reliable power production is generated,<br />

especially <strong>for</strong> balancing the<br />

steadily increasing share of Variable<br />

Renewable Energy Sources (VRES)<br />

by load following operation and sector<br />

coupling. This means that FPPs<br />

dependent on a thermal storage system<br />

will be very attractive <strong>for</strong><br />

supporting grid stability. Today, this concept is considered<br />

in advanced nuclear power plants, where<br />

innovative reactor designs (e. g. Integral Molten<br />

Salt Reactor) provide energy storage systems to<br />

handle the dynamics of the electrical grid.<br />

The integration of a future FPP into a multi-modal<br />

energy system must respect several aspects that<br />

need to be addressed:<br />

p Analysis of characteristic data of a future FPP<br />

(extrapolation from DEMO)<br />

p Development of FPP grid embedding strategies<br />

(considering internal/ external energy storage<br />

solutions)<br />

p Including sector coupling power-to-heat (P2H)<br />

and vice versa via inbuilt PCS<br />

| Fig. 4:<br />

Hydrogen Fusion Road Map towards a future FPP.<br />

[European Research Roadmap to the Realisation of Fusion Energy,<br />

EUROfusion Programme Management Unit – Garching]<br />

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p Consideration of required start-up per<strong>for</strong>mance<br />

on assessment of grid stability<br />

The fusion road map as shown in Figure 4 indicates<br />

the steps needed <strong>for</strong> reaching a future commercial<br />

FPP.<br />

THE IMPORTANCE OF ENERGY<br />

STORAGE FOR FUSION AS A RENEWABLE<br />

ENERGY SOURCE<br />

As already described in the DEMO BoP concept, a<br />

heat storage concept suitable <strong>for</strong> the application<br />

plays a key role in the integration into future electricity<br />

grids.<br />

The main purpose of the IHTS is to dampen or even<br />

to eliminate the negative effects of the pulsed<br />

operation of DEMO (2 h pulse and 10 – 30 min<br />

dwell time). KAH investigated together with potential<br />

suppliers the feasibility of DEMO BoP without<br />

an IHTS. Having no IHTS integrated, the operational<br />

boundary conditions of the PCS will change<br />

periodically, leading to undesired load cycles that<br />

eventually lead to:<br />

p Unstable el. power output, with even a negative<br />

balance in dwell time where nearly no el. power<br />

is generated<br />

p High revision costs due to shortened revision<br />

intervals<br />

p Fatigue <strong>for</strong> the pressure parts of the steam<br />

generator, especially when alternating stresses<br />

are present<br />

p The necessity to provide at least 10 to 20 % of live<br />

steam to the turbo machine is only feasible with<br />

additional heat sources in a scenario with zero fusion<br />

power<br />

The necessity of decoupling heat and power generation<br />

is already evident in various technologies, as<br />

the seasonal discrepancy between power generation<br />

and power demand is drifting further and<br />

further apart. Even modern conventional coal-fired<br />

power plants are becoming increasingly uneconomical<br />

to operate, despite their high efficiency.<br />

This is mainly due to the boundary conditions of<br />

the market, since at present all electricity generation<br />

has to be subordinated to renewable energies.<br />

Consequently, it is so important to anchor reliable<br />

highly flexible low carbon power plants in the<br />

German and European market to stabilise the grid<br />

<strong>for</strong> a safe and secure energy supply in the longterm.<br />

In addition, nuclear fusion as a predictable<br />

energy source can drive emission reduction technologies.<br />

SYNERGIES OF FUSION POWER THERMAL<br />

STORAGE SYSTEMS TO OTHER POWER<br />

PLANT TYPES<br />

Fusion has to master extreme challenges in any<br />

field providing various spin-off effects to the German<br />

Industry like the ones described here. Additionally,<br />

effects to the development of industrial grade<br />

high temperature superconductors applicable from<br />

power lines to manned space flight radiation protection.<br />

Thus, a close follow-up or even participation<br />

in fusion research can develop new business<br />

fields in the short-term, which are important in the<br />

European or international competition.<br />

CONCLUSION<br />

Hydrogen fusion is going to play a major role in the<br />

future energy supply of the world, not only because<br />

the world’s energy hunger is constantly growing,<br />

but also because natural resources are limited. In<br />

fact, fusion does have the potential to serve as an<br />

independent renewable energy source whose fuel is<br />

almost limitless and widely available. Its ability to<br />

flexibly provide large amounts of energy based on<br />

the fusion of hydrogen isotopes in combination<br />

with large-scale thermal storage systems is another<br />

advantage of this future technology. As nuclear fission<br />

used to be an innovative technology of its time,<br />

so will hydrogen fusion be the next logical step towards<br />

an advanced and prosperous future <strong>for</strong> humankind.<br />

Authors<br />

Andreas Bender<br />

Technical Responsible Officer <strong>for</strong> nuclear fusion<br />

related projects<br />

Kraftanlagen Heidelberg GmbH, Heidelberg<br />

andreas.bender@kraftanlagen.com<br />

After studying process engineering at the University of Applied Sciences in<br />

Mannheim, Andreas Bender worked on his bachelor thesis at the coal-fired<br />

power plant GKM in Mannheim. From 2012 on, he has been working at Kraftanlagen<br />

Heidelberg GmbH focusing on tritium engineering. Since 2015, he has<br />

been employed as a technical responsible officer <strong>for</strong> nuclear fusion related<br />

projects.<br />

Sabrina Gil Pascual<br />

Project Manager – Technologies &<br />

Innovation<br />

Kraftanlagen Heidelberg GmbH, Heidelberg<br />

Sabrina.GilPascual@kraftanlagen.com<br />

After studying process engineering at the Karlsruhe Institute of Technology,<br />

Sabrina Gil Pascual worked on her master‘s thesis at Daimler AG. From 2014 on<br />

she has been initially a project and quality manager <strong>for</strong> ITER and DEMO projects<br />

and since 2019 she has been employed in the business development area as a<br />

project manager <strong>for</strong> innovation and technologies, especially <strong>for</strong> nuclear fusion<br />

and related tritium technologies at Kraftanlagen Heidelberg GmbH.<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 65<br />

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BEST PRESENTATION AWARD – 3 rd<br />

Early Launch of Validation<br />

via an Evolving Engineering<br />

Simulator (ELVEES)<br />

Guillaume Hémery<br />

INTRODUCTION<br />

As the worldwide reference supplier of safety Instrumentation and Control (I&C) systems, components and<br />

integrated solutions <strong>for</strong> nuclear power plants operation, Framatome must ensure the high quality of its<br />

deliverables. The deliverables qualified <strong>for</strong> safety-significant applications are complemented with likely<br />

qualified, dedicated human-machine interfaces (HMI) implemented as conventional, hardwired panels and<br />

installed along the main control room walls. The plants’ main HMIs – multiple desktop screens installed on<br />

each operator’s desk – are computerized and capable to intuitively visualize plant process data and effectively<br />

support operators’ per<strong>for</strong>mance of plant operation tasks. The sets of displays shown on the desktop<br />

screens are renowned Framatome deliverables that perfectly match the procedural instructions in the plant<br />

operating manuals and optimally fit operators’ needs. In the last phase of the design process <strong>for</strong> these<br />

V-shaped displays, the established Framatome practice of integrated system validation uses the plant’s Full-<br />

Scale Simulator (FSS) prior to plant commissioning. The FSS is a mandatory tool <strong>for</strong> the training, subsequent<br />

licensing, and periodic re-training of plant operators. Notwithstanding the significance of the FSS<br />

role, it un<strong>for</strong>tunately becomes operational very late in the project, typically too late <strong>for</strong> both validation<br />

activities and the challenging resolution of validation findings to be executed in a manner that doesn’t<br />

overrun costs nor threaten the project schedule.<br />

That’s why in 2018 the Framatome I&C business<br />

unit joined its subsidiary CORYS to explore whether<br />

a lower-fidelity FSS, accessible to the HMI design<br />

team during the project’s design phases, would enable<br />

and support the early and iterative validation of<br />

engineered HMI displays and other I&C systems.<br />

This lower-fidelity simulator will evolve in parallel<br />

with the progress of the project and the increasing<br />

maturity of the deliverables’ design. This Framatome<br />

strategy is not centered on the plant fluid and<br />

steam systems (as usual) but based instead on the<br />

deliverables of the I&C business unit. The adoption<br />

and implementation of Systems Engineering principles<br />

as well as Digital Continuity have been<br />

embedded in the overall engineering process.<br />

ELVEES application in the new-build project Angra<br />

3 (Brazil) and the further development of its evolving<br />

functionalities and capabilities follows a 5-step<br />

strategy described and illustrated below.<br />

| Fig. 1:<br />

The stepwise ELVEES approach.<br />

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Step 1<br />

The validation of operator displays is identified as<br />

the first step. Drafted using a standard graphic<br />

editor, the displays are imported into ELVEES and<br />

integrated into the simulation environment. A set<br />

of graphic functions is thereby linked to an inventory<br />

of display elements and used to drive them.<br />

HFE-guided validations can be conducted in a<br />

dynamic environment of sufficient fidelity. While<br />

full-fledged plant behavior cannot yet be represented,<br />

the characteristics of the representation<br />

provided by each of the simulated displays is duly<br />

reflected and can be viewed and evaluated. The<br />

import of displays that are no longer drafts and<br />

already implemented using the plant HMI plat<strong>for</strong>m<br />

is also possible.<br />

Step 2<br />

The validation of the consistency of the plant I&C<br />

systems (operational and safety-related) is identified<br />

as the second step. All different I & C modules<br />

can be virtually integrated whereas at the real test<br />

bay full interconnection is not always possible.<br />

Early validation of these modules’ interfaces is<br />

definitely promising!<br />

Combined with the displays of Step 1, understanding<br />

of the I & C functions is effectively enhanced<br />

and their complexity reduced. The view of an<br />

animated display representing the dynamic<br />

closed-loop level control in a tank and the corresponding<br />

actuation of the control valve and pump,<br />

<strong>for</strong> example, is easier to grasp than the underlying<br />

piping and instrumentation P&I and logic circuitry<br />

diagrams. Nor are additional testing routines<br />

required. The testing routines already developed<br />

<strong>for</strong> the open loop control test can be reused.<br />

Step 3<br />

The functional validation is identified as the third<br />

step. This is the costliest step as it requires a plant<br />

model, including accurate models of the systems’<br />

hydraulic and electrical parts. Models can be based<br />

on the CORYS simulation workshop ALICES® or on<br />

any other (plant) models used in the project.<br />

Step 4<br />

At this step, ELVEES is a worthy Engineering Simulator<br />

able to effectively support commissioning<br />

activities and eliminate their associated risks<br />

(de-risking). The preparation of commissioning<br />

procedures and instructions <strong>for</strong> tests of the complex<br />

I&C logics will be considered as well as Hardwarein-the-Loop<br />

testing.<br />

Step 5<br />

The transition from an Engineering Simulator to a<br />

simulator used <strong>for</strong> the (operator) training (named<br />

OTS or FSS) would be quite small when both share<br />

the same models. Commonly known FSS-related<br />

challenges can be considerably simplified and<br />

would just consist (optimally) of the erection and<br />

cabling of a replica of the plant Main Control Room.<br />

Thus, de-risking the project helps also to de-risk the<br />

“FSS project” allow to propose the training earlier.<br />

Step 6<br />

No need to stop. ELVEES can also be used to develop<br />

and evaluate proposed ideas of innovative plant<br />

optimization.<br />

RESULTS<br />

The stepwise approach allows the release of some<br />

new practices aiming to de-risk each design step<br />

and, at the end, the commissioning. For this<br />

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| Fig. 2:<br />

ELVEES Examples of Services.<br />

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| Fig. 3:<br />

Step 1 example: two operator displays planned to be used together.<br />

purpose, ELVEES has been deployed on the project<br />

Angra 3 since 2018 (on Framatome’s scope) and on<br />

three other smaller projects. It reached the intended<br />

objective to insert an engineering simulator inside<br />

of the engineering process. This leads to an<br />

improvement of the deliverables, and also brings<br />

engineering disciplines together to jointly solve encountered<br />

challenges.<br />

Step 1: HMI Concept Validation<br />

Step 1 was adopted in 2019 by the Framatome engineering<br />

department. The new practice provides<br />

better <strong>for</strong>malization and standardization of the<br />

process of displays design and evaluation. Last but<br />

not least, looking at the operator display makes<br />

engineers of various plant engineering disciplines<br />

come together to jointly explore encountered problems<br />

and resolve them using a holistic approach,<br />

taking into account each discipline’s tradeoffs and<br />

constraints (collaborative solution).<br />

As illustrated in Figure 3 some customer requirements<br />

(impacted by the legacy of the past) might be<br />

disturbing <strong>for</strong> the operator when visualized on the<br />

real HMI.<br />

Step 2: Validation of the Consistency of the<br />

plant I&C systems<br />

All different I&C systems (operational and safetyrelated)<br />

using potentially different I&C technologies<br />

can be virtually integrated, whereas at the real<br />

test-bay full interconnection is not always possible<br />

(as different systems from different suppliers are<br />

required at the same place and at the same time<br />

within a suitable configuration). Through the<br />

combination of the displays (developed in Step 1)<br />

and different means used to integrate the I&C in<br />

the simulator, the understanding and testing of the<br />

I&C functions are effectively enhanced. Testing<br />

material used during the (single) system open-loop<br />

test campaign can be re-used in this new context.<br />

The plat<strong>for</strong>m also assists in drafting electronic plant<br />

operating manuals. As a practical example we can<br />

mentioned the execution of Architecture tests to verify<br />

the correct signal propagation … tests that are<br />

difficult to organize prior to the site commissioning.<br />

Step 3: Functional Validation<br />

The strategy helped ISOGEN 1<br />

on the Isotope<br />

Production System (IPS) project to dynamically<br />

| Fig. 4:<br />

Step 2: Architecture Finding example.<br />

1 CORYS: https://www.corys.com/en/.<br />

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| Fig. 5:<br />

ELVEES <strong>for</strong> virtual Commissioning. Typical deliverables used and validated during Step 3.<br />

validate the Software Specification i. e., I & C specifications<br />

prior to the I&C implementation (subcontracted).<br />

Even if the scope was small (less than 30<br />

devices to be synchronized to handle a compressed<br />

air circuit), in the time of “work from home” due to<br />

Covid restrictions the identification of specification<br />

mistakes has been greatly simplified via the use of<br />

a simulator. Live demos (or video) illustrate and<br />

support the exchanges with the customer. A<br />

problem on the entire system per<strong>for</strong>mance was<br />

identified. Customer’s feedback: “The simulator<br />

ELVEES was a great tool <strong>for</strong> giving us quick feedback<br />

on the IPS logic; A+ score on problem solving.<br />

I am glad that we decided to have you use it.”<br />

Thanks to the test campaign the initial operator<br />

displays have been improved as they were being<br />

used by the designers.<br />

Step 4: De-risk commissioning<br />

Finally, and after having been through the entire<br />

process, ELVEES has been used on one of the Angra<br />

3 Emergency Diesel Generator (EDG) to virtually<br />

demonstrate the correctness of the entire system<br />

including: HMI, implemented I&C, back-up panel,<br />

operating procedures as well as commissioning<br />

procedure.<br />

The Return on Investment (RoI) has been assessed<br />

and is as expected positive (as 13 findings would<br />

have been discovered during installation / commissioning,<br />

14 during functional tests, and five potentially<br />

during operation). As Framatome I&C wants<br />

to enhance collaboration around model exchange<br />

with its suppliers and customers, a new project has<br />

been started consisting of integrating a KWU NPP<br />

plant model named NLOOP (developed by the<br />

Installed Based business unit of Framatome and<br />

used <strong>for</strong> plant transient analysis). The target is to<br />

couple it with the entire I&C of the Angra 3 project<br />

to per<strong>for</strong>m dynamic tests at the plant level.<br />

Step 5: Training<br />

Step 5 and 6 are still under assessment.<br />

CONCLUSIONS<br />

The development of an I&C project can face several<br />

challenges: specifications more or less mature,<br />

partial immersion of the design team into plant<br />

operation, and a huge number of systems to be<br />

developed in parallel. First integrations and multisystem<br />

V&V are per<strong>for</strong>med late in the project which<br />

leads to delays and extra costs <strong>for</strong> the project and the<br />

customer. New tools serving new practices must be<br />

developed to master the challenge of integration of<br />

I&C systems which become more and more complex.<br />

Framatome is planning to further extend the use of<br />

ELVEES in its projects and on different technologies.<br />

Early insight provided by ELVEES means that issues<br />

are discovered and corrected throughout the design<br />

process, avoiding costly and time-consuming redesign<br />

work later in the project, helping to secure the<br />

commissioning and support and optimize the I&C<br />

V&V ef<strong>for</strong>ts. Engineers of various plant engineering<br />

disciplines come together and explore encountered<br />

problems and resolve them in a holistic approach<br />

with the ability to take into account each discipline’s<br />

trade-offs and constraints.<br />

Author<br />

Guillaume Hémery<br />

BU I&C - Systems Engineering Core Team –<br />

Stream Lead ”Robust Design and Simulation“.<br />

Framatome GmbH, Erlangen<br />

guillaume.hemery@framatome.com<br />

Since 2006 Guillaume Hémery is employed at Framatome GmbH. He started his<br />

career as a Technical Leader <strong>for</strong> the integration of Framatome safety I&C systems<br />

in full scope simulator. Since 2018 he is working as R&D Manager, responsible of<br />

the Stream “Robust design and Simulation” in the Systems Engineering Trans<strong>for</strong>mation<br />

Team.<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 69<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

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Young Scientist‘s<br />

Workshop 2022<br />

Jörg Starflinger<br />

The Young Scientist workshop is a friendly competition among young scientists, mainly doctoral students<br />

and graduates in their early career phase. In the 2022 competition, in total 17 participants gave 10 min-presentations<br />

in front of the jury, co-chaired by K. Stummeyer, GRS, M. Daichendt, Kraftanlagen Heidelberg,<br />

M.K. Koch, Ruhr-University Bochum and J. Starflinger, University of Stuttgart. The jury noted the high<br />

quality of the compacts and the excellent presentation and discussion skills of the young scientists. A brief<br />

summary of the content of the contributions is given as follows:<br />

The contribution of S. Caceres was an “Experimental<br />

investigation on the start-up behaviour of a<br />

straight two-phase closed thermosyphon (TCPT)<br />

bundle <strong>for</strong> passive heat transfer from spent fuel<br />

pools”. In the test facility ATHOS (Atmospheric<br />

THermosyphon cOoling System) at IKE (Institute of<br />

<strong>Nuclear</strong> Technology and Energy Systems, University<br />

of Stuttgart) the heat transfer per<strong>for</strong>mance of a<br />

long straight TPCT bundle can be investigated. The<br />

experiments reported show a reliable start-up <strong>for</strong><br />

the case of an accidental scenario at low and high<br />

air-cooling velocities.<br />

S. Cevikalp Usta presented “Validation of ATHLET<br />

<strong>for</strong> Bayonet Heat Exchangers (BHX) with Natural<br />

Convection Heat transfer”. Bayonet Heat Exchangers<br />

are candidates <strong>for</strong> components of Small Modular<br />

Reactors due to their compactness and ability to<br />

operate in a natural circulation. To evaluate and<br />

validate ATHLET code in terms of modelling of the<br />

BHXs, input decks were created <strong>for</strong> two experimental<br />

setups. Predictions of the ATHLET simulation<br />

and experimental results show good agreement.<br />

M. Junaid Chaudhry explained “Treatment of Radioactive<br />

Secondary Waste from Waterjet Abrasive<br />

Suspension (WAS) Cutting Using Separation Techniques”.<br />

Due to the addition of abrasive, the WAS<br />

process produces a waste mixture of inactive abrasive<br />

particles and radioactive steel particles (activated<br />

by neutron radiation) during the dismantling of<br />

steel components in nuclear facilities. The research<br />

project aims to separate the two fractions (abrasive<br />

and steel particles) with the help of magnetic separation<br />

and wet sieving. For this purpose, a prototype<br />

separation system with a magnetic filter has<br />

already been built and tested, which can separate<br />

up to 90 % of the steel particles from the mixture.<br />

E. Diaz-Pescador reported about “NuScale SMR<br />

3-D modelling and analysis of boron dilution with<br />

the system code ATHLET in the framework of<br />

McSAFER”. The modelling of NuScale SMR with<br />

the system code ATHLET was shown. The results<br />

from an inadvertent boron dilution sequence, based<br />

on the Design Certification Application (DCA) were<br />

discussed. Steady-state and transient results show<br />

agreement, thereby demonstrating ATHLET strong<br />

simulation capabilities on complex transients<br />

applied to SMR designs.<br />

L. Heibges explained “Analytical Methods <strong>for</strong><br />

Simulation of Hard Projectile Impact on Rein<strong>for</strong>ced<br />

Concrete Structures”. A simplified and robust<br />

mechanical analysis approach <strong>for</strong> predicting the<br />

load-bearing capacity of rein<strong>for</strong>ced concrete structures<br />

under hard impact loads is presented. The<br />

mechanical principles of the enhanced engineering<br />

model are based on a nonlinear two degree of freedom<br />

(TDOF) system by Schlüter, which was extended<br />

<strong>for</strong> applications on hard impact scenarios. For<br />

verification and validation purposes and to ensure<br />

the physical correctness of the failure mechanism,<br />

experimental data from the Technical Research<br />

Centre of Finland are used which show good agreement<br />

with the improved model.<br />

L. Helm reported about “Self-Centering Ring<br />

Spring Dampers <strong>for</strong> Seismic Design of Steel<br />

Frames”. Ring spring dampers are extremely<br />

robust, heat-resistant, durable, and have almost no<br />

maintenance requirements. Investigation shows<br />

that the damping is approximately 16 % up to 33 %<br />

considering the preload. In addition, the nonlinear<br />

<strong>for</strong>ce-de<strong>for</strong>mation curve can be calculated. A system<br />

equipped with ring springs can withstand an<br />

earthquake without major plastic de<strong>for</strong>mation and<br />

damage, thus makes a significant contribution to<br />

investment protection (economic efficiency) and<br />

the sustainable use of scarce materials and<br />

resources.<br />

The topic of the presentation of M. Hoffmann was<br />

the “Calculation of Decomposition Properties of<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD YSW ı Conference Report ı Jörg Starflinger


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

| Young Scientist‘s Workshop award ceremony<br />

from left to right: Dr. Katharina Stummeyer, Frank Apel, Julia Krieger, Marc Kirsch, Nelson Felipe Rincón Soto, Eduard Diaz-Pescador,<br />

Souad Pederzani, Prof. Dr. Jörg Starflinger, Markus Brodoch.<br />

Silicate Concrete and Applying then to Simulations<br />

of Several Experiments with AC²-COCOSYS”.<br />

As part of the external validation of the AC² model<br />

basis, simulations of Molten Core-Concrete Interactions<br />

(MCCI) are conducted, in particular BETA,<br />

MOCKA and OECD-CCI tests. The focus of this<br />

work is the calculation of the decomposition parameter<br />

of silicate concrete and the modelling of the<br />

heat transfer between melt and concrete. An<br />

approach <strong>for</strong> calculating the decomposition parameters<br />

of concrete is presented and the influences<br />

of the individual components are shown. Depending<br />

on the calculated decomposition properties<br />

of the concrete and the heating power, the effective<br />

heat transfer coefficients can be determined.<br />

M. Kirsch reported about “Experimental investigation<br />

on the long-term operational behaviour of<br />

two-phase closed thermosyphon bundles <strong>for</strong><br />

passive heat transfer from spent fuel pools under<br />

normal, abnormal, and accident conditions”. Twophase<br />

closed thermosiphons (TPCT) are passive<br />

heat transfer devices that can ensure the safe<br />

operation of nuclear facilities in the event of a<br />

power failure or other malfunction. In the present<br />

investigations at the ATHOS (Atmospheric Thermosiphon<br />

cOoling System) test facility at University<br />

of Stuttgart, the long-term operation of TPCTs<br />

under different heat transfer rates, temperatures<br />

and cooling airflow conditions were investigated.<br />

The investigations show that a reliable long-term<br />

operation is feasible. Maximum heat transfer rates<br />

of up to 900 W per TPCT were achieved.<br />

J. Krieger talked about the „Simulation of the<br />

OSU-MASLWR Test Facility with the system Code<br />

AC ² ”. To evaluate the applicability of AC ² -ATHLET<br />

<strong>for</strong> the simulation of SMRs, the experimental test<br />

facility OSU-MASLWR (Oregon State University-<br />

Multi Application Small Light Water Reactor) is<br />

simulated and compared with experimental<br />

results. The focus is on the primary loop driven by<br />

natural convection and the heat transfer in the<br />

helically coiled steam generator. The currently<br />

available data of the ICSP 3 (<strong>International</strong> Collaborative<br />

Standard Problem) test serve as a basis<br />

<strong>for</strong> the input deck modelling. The results show that<br />

AC ² -ATHLET is able to model the natural circulation<br />

in good agreement, but that deviations of the<br />

temperature and mass flow course occur. By<br />

increasing the heat transfer, qualitative as well as<br />

quantitative improvements are achieved on the<br />

secondary side.<br />

F. Krist per<strong>for</strong>med an “Analysis of the AC ² Models<br />

regarding Fission Product Release using PHÉBUS<br />

experiments.” For the analysis and validation of<br />

the accident analysis code AC ² – ATHLET-CD,<br />

simulations of the experiments Phébus FPT1 and<br />

FPT3 are presented and discussed. The release<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 71<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD YSW ı Conference Report ı Jörg Starflinger


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 72<br />

behaviour of relevant fission products, which is<br />

simulated by means of different calculation<br />

approaches, is examined in a comparative analysis.<br />

The analysis shows that an adequate representation<br />

of the release behaviour of volatile fission<br />

products is achieved <strong>for</strong> both experiments.<br />

S. lo Muzio carried out a “Simulation of CEFR<br />

Neutronic Start-up Tests with FENNECS and<br />

Coupled Pin-by-Pin Model of a CEFR Subassembly”.<br />

Within the frame of the IAEA Coordinated<br />

Research Program I31032, FENNECS was<br />

used to simulate Neutronic Start-up Tests,<br />

per<strong>for</strong>med at the China Experimental Fast Reactor<br />

(CEFR). The FENNECS simulations showed a good<br />

agreement with the measurements as well as with<br />

the results obtained by Serpent. In addition, a<br />

high-fidelity coupled FENNECS/ATHLET model of<br />

a single CEFR fuel assembly using pin cell-homogenized<br />

and parameterized cross section libraries<br />

was developed <strong>for</strong> first test calculations. The<br />

obtained results demonstrate the basic applicability<br />

of FENNECS to coupled SFR multiphysics<br />

simulations including transients.<br />

method <strong>for</strong> simulating the components is investigated.<br />

Satisfactory predictions of the global de<strong>for</strong>mation<br />

behaviour and the resulting reaction <strong>for</strong>ces<br />

can be shown. Also, the determination of the loadtime<br />

functions of the projectiles as well as the<br />

damage simulation of the projectiles shows high<br />

correspondence with the experimental projectile<br />

damage as well as with analytical calculations<br />

from literature.<br />

M. Pfau talked about “Development of a universally<br />

applicable internal pipe separation system <strong>for</strong><br />

hard-to-reach (contaminated) areas (RoTre)”. The<br />

development of an innovative and more competitive<br />

internal pipe cutting device is given with a<br />

wide range of applications in terms of pipe<br />

diameter, wall thickness and material. Any chips<br />

or other residual materials are to be continuously<br />

extracted. In addition to the dismantling of pipelines<br />

that are difficult to access dismantling should<br />

be possible both in air and under water. For flexible<br />

use, the operation as well as the insertion into the<br />

pipe to be separated shall be possible manually or<br />

remotely. The system is designed in such a way<br />

that it can be decontaminated<br />

after use so that it can be used<br />

universally. Due to the high<br />

flexibility and the universal<br />

applicability, many working<br />

hours <strong>for</strong> the development and<br />

construction of special individual<br />

solutions can be saved.<br />

| Silvia lo Muzio<br />

during her lecture at the Young Scientist‘s Workshop 2022.<br />

The contribution of I. Münch was about “Nonlinear<br />

Dynamic Calculation of Impact Tests on<br />

Induced Vibrations: IRIS 3 PHASE B”. Induced<br />

vibrations due to the impact of de<strong>for</strong>mable projectiles<br />

are investigated. For the processing of the<br />

IRIS 3 project, the impact FE simulations are<br />

carried out with LSDYNA and a more practical<br />

M. Müßle presented “EMOS –<br />

Development of a mobile,<br />

automated, optical inspection<br />

system <strong>for</strong> radioactive drums”.<br />

Waste inventories dating back<br />

several decades are now<br />

located at interim storage sites<br />

and their safekeeping must be<br />

ensured even <strong>for</strong> an indefinite<br />

period of interim storage. The<br />

usual practice in the interim<br />

storage facilities is recurrent<br />

inspections, which are almost<br />

exclusively carried out manually<br />

and without electronic<br />

comparative recordings. To overcome<br />

this shortage, an automated drum inspection<br />

system EMOS is developed. This system<br />

enables inspection of the individual drum containers<br />

in a uni<strong>for</strong>m and reproducible manner.<br />

N. Felipe Rincón Soto reported about “Assessment<br />

and Validation of the ATHLET-Code <strong>for</strong><br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD YSW ı Conference Report ı Jörg Starflinger


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

| Youngs Scientist‘s Workshop at KERNTECHNIK 2022.<br />

Simulating Residual Heat Removal via a Two-<br />

Phase Large Scale Loop Thermosyphon”. Loop<br />

thermosiphons (LTS) are considered suitable<br />

devices <strong>for</strong> a Passive Residual Heat Removal<br />

System. Datasets from a large-scale atmospheric<br />

LTS-experimental facility were used to assess and<br />

validate the per<strong>for</strong>mance of LTS-models developed<br />

with ATHLET-code. A total of 18 stationary<br />

states <strong>for</strong> single and two-phase operation were<br />

analyzed in detail featuring variations in heat<br />

inputs and filling ratios. A proper data agreement<br />

and prediction of loop fluctuations <strong>for</strong> the twophase<br />

operation was achieved, indicating that<br />

ATHLET is suitable <strong>for</strong> simulating LTS-facilities.<br />

R. Vennemann explained “Simulation of Pool<br />

Scrubbing Experiments Per<strong>for</strong>med in the Large-<br />

Scale SAAB Facility”. The paper deals with a<br />

review of the experimental facility including a<br />

description of a specific experiment and its simulation<br />

with the Containment Code System COCOSYS,<br />

which is part of the software package AC ² . The<br />

considered experiment investigates the retention<br />

of CsI by Pool Scrubbing. The Pool Scrubbing<br />

model SPARC-B/98 is used to calculate the aerosol<br />

depletion efficiency and the decontamination<br />

factor. Contrary to the simulation, the depletion<br />

efficiency decreases <strong>for</strong> larger aerosols in the<br />

experiment, which is explained by a coursing of<br />

the aerosols and a shift in the size distribution. It<br />

becomes obvious that the discrepancy in the<br />

decontamination factor can not only be explained<br />

by hydrodynamic parameters.<br />

Shanyao Zhang talked about a “Comparison of<br />

the Per<strong>for</strong>mance Parameters of Tools <strong>for</strong> a Decontamination<br />

of Corners”. Currently, corners are<br />

worked on with hand-held tools with a connected<br />

vacuum exhaust system <strong>for</strong> the reduction of the<br />

dust emissions, such as needle gun, milling tool<br />

and concrete grinder. These tools are not specially<br />

designed <strong>for</strong> the decontamination of corners, so<br />

that they cannot provide a good work per<strong>for</strong>mance<br />

to decontaminate the corners. Based upon a<br />

comparison of per<strong>for</strong>mance parameters and investigation<br />

of the fracture mechanisms of the<br />

currently used tools, an innovative, partially automated<br />

demonstrator <strong>for</strong> a dry-mechanical decontamination<br />

of corners in nuclear facilities will be<br />

developed.<br />

Author<br />

Prof. Dr.-Ing. Jörg Starflinger<br />

Chair of <strong>Nuclear</strong> Technology and Reactor Safety at<br />

the Institute of <strong>Nuclear</strong> Technology and Energy<br />

Systems of the University of Stuttgart<br />

joerg.starflinger@ike.uni-stuttgart.de<br />

Jörg Starflinger received his Dr.-Ing. from Ruhr University Bochum in 1997. Afterwards,<br />

he moved to FZK (now KIT) as a Post-Doc working on hydrogen safety and<br />

nuclear plant simulations. From 2006-2010, he served as coordinator a FP6 European<br />

Project (HPLWR Phase 2). In 2010, he became full professor.<br />

Being member of the Board of the German <strong>Nuclear</strong> Society he is serving as<br />

contact point <strong>for</strong> the “KTG Junge Generation” and was elected KTG Treasurer in<br />

2021. He became board member, Vice-President of the European <strong>Nuclear</strong> Education<br />

Network (ENEN aisbl.) and was elected President of ENEN in 2020. He is proactively<br />

supporting and promoting national and international activities <strong>for</strong><br />

students during their career development. Together with engaged and <strong>for</strong>wardthinking<br />

colleagues, he is co-organizing the Young Scientist Workshop.<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 73<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD YSW ı Conference Report ı Jörg Starflinger


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 74<br />

BEST PAPER AWARD YOUNG SCIENTIST‘S WORKSHOP<br />

Experimental Investigation on the<br />

Long-term Operational Behaviour of<br />

Two-phase Closed Thermosyphon<br />

Bundles <strong>for</strong> Passive Heat Transfer from<br />

Spent Fuel Pools under Normal, Abnormal,<br />

and Accident Conditions<br />

Marc Kirsch, Sergio Iván Cáceres Castro<br />

INTRODUCTION<br />

Since the reactor accident at the Fukushima Daiichi nuclear power plant in Japan, the research focus in the<br />

field of heat management has shifted towards passive heat removal systems. In laboratory tests passively<br />

operating systems, such as TPCT, showed that the the decay heat in spent fuel pools can be removed with<br />

TPCT in principle. TCPTs are wickless, gravity-driven heat pipes whose operating principle is based on the<br />

evaporation and condensation of a working fluid in a sealed pipe. Thus, the heat transfer cycle takes place<br />

within the sealed pipe, which distinguishes this operating principle from classic cooling cycles. A detailed<br />

description of the operating principle can be found in works by Faghri 1 , Reay and Kew 2 or Groll and Rösler 3 .<br />

Despite of the simple thermodynamic principle of TPCTs the exact thermodynamic processes within a TPCT<br />

are not fully understood, even after many years of research in this field 3 . The behaviour of TPCTs strongly<br />

changes with the selected diameter, length and working fluid, there<strong>for</strong>e, suitable similarity equations must<br />

always be developed to reliably describe the heat transfer of the TPCTs. Especially in the context of the<br />

approval <strong>for</strong> nuclear facilities, an exact understanding of the TPCT behaviour under different operating<br />

conditions is necessary. Initial research ef<strong>for</strong>ts were made by Graß et al. 4 5 6 . In corresponding laboratory<br />

tests it could be proved that a single TPCT could dissipate up to 2 kW of heat at 60 °C heat source temperature.<br />

Initial tests with ATHOS showed that at a spent fuel pool temperature of 60 °C about 3.2 kW heat can<br />

be dissipated by a 3 x 3 TPCT tube bundle.<br />

In the context of this study, the work of Graß et al. 5<br />

is to be extended. In the ATHOS test facility which<br />

is equipped with a water tank as a heat source and<br />

a chimney with controllable cooling airflow as a<br />

heat sink, an extended test matrix <strong>for</strong> long-term<br />

observation of TPCT bundles is to be carried out.<br />

The setup provides realistic boundary conditions<br />

of the application planned later in a spent fuel pool<br />

of a nuclear facility<br />

EXPERIMENTAL SETUP AND PROCEDURE<br />

The ATHOS test facility is located at the IKE of the<br />

University of Stuttgart. It is an experimental setup<br />

installed that has two 3 m³ water tanks as a heat<br />

source. The water in the tanks is heated with<br />

screw-in heaters mounted in the lower tank area.<br />

The screw-in heaters are mounted in two horizontal<br />

rows of 5 each and have a maximum heating<br />

power of 10 kW. Two different TPCT bundles are<br />

installed in these water tanks with a base area of 1<br />

m². These are a straight 3 x 3 tube bundle and a<br />

double bent 2 x 2 tube bundle, the exact geometry<br />

can be seen in Figure 1. The pipes, made of 1.4301<br />

stainless steel, with an internal diameter of 32 mm<br />

and a thickness of 1.5 mm, are immersed 1.5 m<br />

into the water tanks. The TPCTs are filled with<br />

distilled and degassed water as working fluid. A<br />

filling ratio of 70 % is selected, which corresponds<br />

1 A. Faghri, Heat Pipe Science and Technology, Global Digital Press, 2016.<br />

2 D.A. Reay, Heat pipes: Theory, design and applications, Sixth edition (Online-Ausg.), Elsevier, Amsterdam, 2014.<br />

3 M. Groll, S. Rösler: Operation Principles and Per<strong>for</strong>mance of Heat Pipes and Closed Two-PhaseThermosyphons. <strong>Journal</strong> of Non-Equilibrium Thermodynamics 17 (1992)<br />

4 C. Graß, R. Kulenovic, J. Starflinger: Experimental Investigation on Passive Heat Transfer by Long Closed Two-Phase Thermosiphons. <strong>International</strong> <strong>Journal</strong> <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong><br />

<strong>Power</strong> (2017), S. 481–485<br />

5 C. Graß, R. Kulenovic, J. Starflinger, Atmospheric spent fuel pool cooling by passive two-phase closed thermosyphons, Atw <strong>International</strong>e Zeitschrift fuer Kernenergie<br />

50 (2019) 427–431.<br />

6 C. Graß, R. Kulenovic, J. Starflinger, Experimental Investigation on Atmospheric, Passive Spent Fuel Pool Cooling by Two-Phase Closed Thermosyphons, Proceedings of<br />

18th <strong>International</strong> Topical Meeting on <strong>Nuclear</strong> Reactor Thermal Hydraulics, NURETH-18 (18-23 August, 2019).<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD Young Scientist‘s Workshop ı Marc Kirsch, Sergio Iván Cáceres Castro


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

| Fig. 1:<br />

Schematic of the ATHOS test facility and instrumentation scheme of the temperature sensors on the 2 x 2 TPCT bundle.<br />

to a quantity of 890 g and a filling height of about<br />

1 m in the tube. Through an opening in the outer<br />

shell, the pipe bundles are led into a 7.5 m high<br />

chimney in which the cooling airflow can be<br />

controlled via 6 fans. Approximately 5 m of the<br />

pipe is in the chimney. This length corresponds to<br />

the condensation zone, whereby the airflow of the<br />

chimney starts after 1 m.<br />

The measurement technology of the test facility is<br />

designed to create a broad data basis in order to<br />

enable not only the optimisation of the heat<br />

transfer rates and bundle effects of TPCT but also<br />

a data basis <strong>for</strong> validiation of numerical simulations.<br />

The TPCTs are equipped over their entire<br />

lengths with Pt100 thermometers (measuring<br />

range –40 °C to 200 °C, accuracy ±0.35 °K). The<br />

pressure measurement in the TPCT is carried out<br />

with absolute pressure transmitters (Keller<br />

PAA-33X, pressure range 0 to 3 bar, error of ±0.15<br />

% on the final value). In the 2 x 2 pipe bundle, all<br />

TPCTs are equipped with a absolute pressure<br />

transmitter. The flow measurement in the chimney<br />

is carried out by 8 thermal anemometers which<br />

are installed according to the DIN EN 16211 7 standard<br />

(see Figure 1). These sensors have an accuracy<br />

of ±5 % of the measured value plus 0.4 % of<br />

the final value with a measuring range of 0 – 10<br />

m/s, and the integrated temperature sensors have<br />

an accuracy of ±1 °K <strong>for</strong> a measuring range of<br />

–20 °C to 70 °C.<br />

RESULTS<br />

The results of the 2 x 2 TPCT bundle configuration<br />

are presented as follows. The influence of different<br />

cooling airflow velocity impost in different<br />

operating conditions of the water tank on the heat<br />

transfer rates of TPCT was investigated. The<br />

operating conditions are derived from the standard<br />

of the <strong>Nuclear</strong> Safety Standards Commission<br />

KTA 3303 8<br />

with 45 °, 60 ° and 80 °C water tank<br />

temperature corresponding to normal, abnormal<br />

and accidental thermal operating conditions of<br />

spent fuel pools in nuclear power plants. These<br />

three thermal operating conditions are compared<br />

<strong>for</strong> three defined cooling airflow velocities. As the<br />

measurements were carried out under varying<br />

weather conditions, e. g. changing wind conditions,<br />

the cooling airflow velocity in the chimney<br />

was not constant with a constant fan setting.<br />

There<strong>for</strong>e, the division into 0.5 m/s intervals was<br />

carried out <strong>for</strong> the flow range 0 – 2.5 m/s. The<br />

measurements were carried out in a long-term<br />

interval of 3 days. All measurements were repeated<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 75<br />

7 DIN EN 16211 Lüftung von Gebäuden – Luftvolumenstrommessung in Lüftungssystemen – Verfahren; Deutsche Fassung EN 16211:2015.<br />

8 KTA 3303:2015-11. Wärmeabfuhrsysteme für Brennelementlagerbecken von Kernkraftwerken mit Leichtwasserreaktoren.<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD Young Scientist‘s Workshop ı Marc Kirsch, Sergio Iván Cáceres Castro


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 76<br />

| Fig. 2:<br />

Temperature curves of TPCT V27-1 at 45 °C (a), 60 °C (b) and 80 °C (c) water tank temperature and airflow velocities of 1 – 1.5 m/s.<br />

to prove stable long-term operation and to expand<br />

the data basis through changing weather conditions.<br />

Figure 2 shows an example of the temperature<br />

curves at different heights along the thermosiphon<br />

V27–1 (see Figure 1) during continuous operation<br />

over 3 days at low airflow velocity between 1 and<br />

1.5 m/s. The numbers given in the legend correspond<br />

to the temperature measurement position<br />

along the TPCT height. The sensor at the height of<br />

10,000 mm is located inside the TPCT while the<br />

other sensors are contact sensors at the outer TPCT<br />

surface. T_Turm shows the cooling air temperature<br />

entering the chimney. Several conclusions<br />

can be drawn from Figure 2. For a water tank<br />

temperature of 45 °C (a), the TPCT does not<br />

operate in a stable state. This can be seen from the<br />

strong fluctuation of the sensor at 7,500 mm. For a<br />

tank temperature of 60 °C (b), a stable operating<br />

state is obtained.<br />

However, in the upper area of the condenser at<br />

9,500 mm the temperature still approaches the<br />

outside ambient temperature. This suggests that<br />

the supplied heat is dissipated quickly, and there<strong>for</strong>e<br />

the entire length of the condensation zone of<br />

the TPCT is not required. For a water tank temperature<br />

of 80 °C (c), it can be seen that the temperature<br />

is nearly uni<strong>for</strong>m over the entire length of the<br />

TPCT condensation zone. The temperature of the<br />

condensation side is not affected by the day/night<br />

variation of the ambient heat sink. The only temperature<br />

that fluctuates with the outside ambient<br />

temperature is the internal temperature sensor at<br />

a height of 10,000 mm. Here it is reasonable to<br />

assume that a small layer of non-condensable gas<br />

has <strong>for</strong>med due to outgassing processes of the<br />

working fluid since the first filling of the TPCT 3<br />

years ago. The work of Caceres et al confirms this<br />

assumption 9 . However, the temperature courses<br />

indicate that a long-term operation is possible even<br />

after several years. The TPCTs were able to reach<br />

an average heat transfer per<strong>for</strong>mance of about 115<br />

W, 325 W and 650 W per TPCT at 45 °C, 60 °C and<br />

80 °C water tank temperature. The highest heat<br />

transfer per<strong>for</strong>mance of a TPCT within the entire<br />

measurement campaign was about 900 W at a<br />

water tank temperature of 80 °C and a cooling<br />

airflow velocity between 2.0 and 2.5 m/s.<br />

Figure 3 shows the overall view of the measurements<br />

plotted against the ambient temperature<br />

and the heating power applied to the water tank.<br />

Hourly averages <strong>for</strong> the ambient temperature, the<br />

airflow velocity and the transferred heating power<br />

were determined from all the measurements<br />

carried out. Three heating power clusters emerge,<br />

which result from the selected water tank temperature<br />

(45/60/80 °C). Within the clusters, the<br />

different airflow velocities are indicated.<br />

For the cohort with 45 °C water tank temperature,<br />

no clear influence of the airflow velocity can be<br />

determined. Results from previous measurements<br />

from Graß et al. 5 as well as own measurement data<br />

allow the conclusion that the TPCTs are not in a<br />

stable operating point at a water tank temperature<br />

of 45 °C, and thus most of the heat is dissipated<br />

due to heat conduction within the thermosiphon.<br />

For the cluster with 60 °C water tank temperature,<br />

a first “layering effect” occurs due to the airflow<br />

velocity i. e. there is a tendency <strong>for</strong> a higher heat<br />

output to be transferred at a higher airflow velocity.<br />

This becomes even more visible in the third<br />

cohort at a water tank temperature of 80 °C.<br />

Another finding is that a larger temperature difference<br />

between the heat source and the heat sink<br />

9 S. I. Cáceres Castro, M. Kirsch, R. Kulenovic, J. Starflinger, Experimental investigation on the startup behavior of a straight two-phase closed thermosyphon bundle <strong>for</strong><br />

passive heat transfer from spent fuel pools, KERNTECHNIK 2022 Young Scientists Workshop, Leipzig, (21-22 Juni, 2022).<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD Young Scientist‘s Workshop ı Marc Kirsch, Sergio Iván Cáceres Castro


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

| Fig. 3:<br />

Hourly mean of heat transfer per<strong>for</strong>mance of all measurements versus ambient temperature<strong>for</strong> different airflow velocity in the chimney.<br />

results in a higher total heat transfer which is more<br />

or less valid <strong>for</strong> all measurements.<br />

This is based on the relationship that the heat<br />

transfer is the ratio of the heat source/heat sink<br />

temperature difference and the thermal resistances<br />

along the TPCT 3 10 . Since these thermal<br />

resistances do not change as much as the driving<br />

temperature differences <strong>for</strong> selected boundary<br />

conditions, the thermal resistance of TPCT is the<br />

parameter with the major impact.<br />

ACKNOWLEDGEMENT<br />

The presented work was funded by the German<br />

Federal Ministry of Economic Affairs and Energy<br />

(BMWi, project no. 1501612A) on basis of a decision<br />

by the German Bundestag.<br />

Authors<br />

Marc Kirsch<br />

Research associate<br />

University of Stuttgart, Institute of <strong>Nuclear</strong><br />

Technology and Energy Systems<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 77<br />

CONCLUSION<br />

The behavior of TCPT in continuous operation<br />

under variation of boundary conditions, temperature<br />

of the heat source and speed of the cooling air<br />

flow was investigated. For this purpose, long-term<br />

tests were carried out at the ATHOS test rig under<br />

realistic boundary conditions.<br />

1. The operational capability of TPCT over a long<br />

period of time could be demonstrated.<br />

2. The effect of higher air-cooling flow velocitiys on the<br />

heat transfer of TCPT was demonstrated when the<br />

driving temperature difference was sufficiently large.<br />

3. It has been demonstrated that as the driving<br />

temperature difference increases,<br />

the heat transfer efficiency increases.<br />

4. At the peak, an average power of up to 900 W<br />

per TCPT of a 2 x 2 bundle was dissipated.<br />

marc.kirsch@ike.uni-stuttgart.de<br />

After completing his bachelor‘s degree in renewable energies at the University<br />

of Stuttgart with a focus on thermal energy systems, he completed a master‘s<br />

degree in energy technology with a focus on nuclear energy technology and<br />

building energetics. Today, M. Kirsch is employed as a research associate at the<br />

University of Stuttgart, where he devotes himself to the topic of passive cooling<br />

of fuel element wet storage facilities.<br />

Sergio Iván Cáceres Castro<br />

Research associate<br />

University of Stuttgart, Institute of <strong>Nuclear</strong><br />

Technology and Energy Systems<br />

sergio.caceres@ike.uni-stuttgart.de<br />

After completing his mechanical engineering studies at the Universidad Industrial<br />

de Santander in Bucaramanga, he obtained a bachelor‘s degree in energy<br />

technology at the University of Applied Sciences in Bremen. This was followed by<br />

a Master‘s degree in Energy Engineering at the University of Stuttgart with a<br />

focus on renewable energies and efficient energy use. Today, S. Cáceres Castro<br />

works as a research associate at the University of Stuttgart, where he dedicates<br />

his work to the topic of passive cooling of fuel element wet storage facilities.<br />

10 Verein Deutscher Ingenieure, VDI-Wärmeatlas. 11 Auflage, Berlin, Springer Vieweg, 2013.<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD Young Scientist‘s Workshop ı Marc Kirsch, Sergio Iván Cáceres Castro


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 78<br />

BEST PAPER AWARD YOUNG SCIENTIST‘S WORKSHOP<br />

Simulation der OSU-MASLWR<br />

Versuchsanlage mit dem Systemcode AC 2<br />

Julia Krieger<br />

EINLEITUNG<br />

Small Modular Reactors (SMR) werden anhand ihrer elektrischen Leistung, die bis zu 300 MW betragen<br />

kann, charakterisiert. Aufgrund der zahlreichen Vorteile von SMR, insbesondere in Bezug auf die Sicherheit,<br />

wird die Forschung auf dem Gebiet der SMR zunehmend gefördert, wodurch zum jetzigen Zeitpunkt<br />

bereits mehr als 70 SMR-Designs für unterschiedliche Anwendungen entwickelt werden. Einige Konzepte<br />

befinden sich bereits in einem <strong>for</strong>tgeschrittenen Entwicklungs- bzw. Lizensierungsstadium. Insbesondere<br />

integrale Druckwasserreaktoren, wie z. B. der NuScale <strong>Power</strong>, LLC. SMR, zählen zu den in der Entwicklung<br />

weit <strong>for</strong>tgeschrittenen SMR-Konzepten aufgrund der bereits fundierten und langjährigen Erfahrungen mit<br />

Druckwasserreaktoren. 1 Aufgrund der vielfältigen und voranschreitenden Entwicklungen ergibt sich die<br />

Notwendigkeit Systemcodes für die Simulation von SMR zu ertüchtigen. Aus diesem Grund wird eine generische<br />

Betrachtung am Beispiel der OSU-MASLWR (Oregon State University-Multi Application Small Light<br />

Water Reactor) Testanlage durchgeführt.<br />

EXPERIMENT<br />

Das Konzept des MASLWR wurde vom Idaho National<br />

Engineering and Environmental Laboratory, der<br />

Oregon State University und NEXANT-Bechtel entwickelt.<br />

Eine skalierte Testanlage mit einer maximalen<br />

Kernleistung von 398 kW wurde an der OSU<br />

errichtet und zur Untersuchung bei Leistungsbetrieb<br />

sowie unter transienten Bedingungen genutzt.<br />

Das Anlagenkonzept zählt zu den integralen Druckwasserreaktoren,<br />

das sich beispielsweise durch den<br />

im Reaktordruckbehälter (RDB) installierten helikalen<br />

Rohrbündelwärmeübertrager (Hellicaly Coiled<br />

Steam Generator; HCSG) auszeichnet. 2<br />

Der Primärkreislauf im RDB wird durch Dichteunterschiede<br />

und den Höhenunterschied von Wärmequelle<br />

sowie -senke passiv betrieben. Das Kühlmittel<br />

steigt aufgrund der Erwärmung im Kern auf<br />

und umströmt im Downcomer die Rohre des helikalen<br />

Wärmeübertragers, wodurch Wärme von der<br />

Primär- an die Sekundärseite übertragen wird. Das<br />

Speisewasser wird durch die Erwärmung des auf<br />

der Außenseite strömenden Kühlmittels vollständig<br />

verdampft. 2 Die Besonderheit liegt hier in der Geometrie<br />

des Wärmeübertragers, da das darin strömende<br />

Speisewasser aufgrund der gewundenen<br />

Form Zentrifugalkräften unterliegt. Diese erzeugen<br />

aufgrund von Druckgradienten über den Rohrquerschnitt<br />

eine Sekundärströmung, die durch zwei<br />

gegenläufig verlaufende Wirbel charakterisiert<br />

wird. Dieser Effekt verbessert die Durchmischung<br />

und somit die Wärmeübertragung, wodurch eine<br />

kompaktere Auslegung des Wärmeübertragers ermöglicht<br />

wird. 3<br />

Der ICSP 3 Test der IAEA (<strong>International</strong> Atomic<br />

Energy Agency) diente der Untersuchung des sich<br />

ausbildenden Naturumlauf im Primärsystem bei<br />

steigender Leistung. Der Versuchszeitraum betrug<br />

6000 s. Durch die Leistungszufuhr im Primärkreis<br />

und der übertragenen Wärme an die Sekundärseite<br />

wurde zunächst überhitzter Dampf am Austritt des<br />

HCSG erreicht. Ab ca. 4500 s wurde der Speisewassermassenstrom<br />

erhöht, um gesättigten Dampf am<br />

Austritt einzustellen. Dies führte dazu, dass zwischen<br />

4500 s und 5500 s mehr Leistung abgeführt<br />

wurde als im Primärkreis eingebracht wurde. Als<br />

Konsequenz wurde ebenfalls eine Abkühlung auf<br />

der Primärseite beobachtet. Diese Kühlmittelabkühlung<br />

führte zu einer Druckabsenkung und einer<br />

Reduktion des gesamten RDB Inventarvolumens,<br />

woraufhin zwischen 4900 s bis 5400 s eine Kühlmitteleinspeisung<br />

in das untere Plenum durchgeführt<br />

wurde. 2<br />

AC 2 -Modellierung<br />

Als Basis für die Datensatzmodellierung werden die<br />

Daten des ICSP 3 Tests zugrunde gelegt. Für die Simulationen<br />

wird der RDB sowie der helikale Wärmeübertrager<br />

modelliert. Primär- und Sekundärseite<br />

werden über Wärmeleitobjekte (HCO)<br />

miteinander gekoppelt. Die Experimentanlage<br />

1 <strong>International</strong> Atomic Energy Agency; „Advances in Small Modular Reactor Technology Developments; https://aris.iaea.org/Publications/SMR_Book_2020.pdf (2020);<br />

Zugriff: 31.03.2021.<br />

2 <strong>International</strong> Atomic Energy Agency; „Evaluation of Advanced Thermohydraulic System Codes <strong>for</strong> Design and Safety Analysis of Integral Type Reactors”; IAEA-<br />

TECDOC-1733 (2014).<br />

3 Dravid, A.N.; Smith, K.A.; Merrill, E.W.; Brian, P.L.T; „Effect of Secondary Fluid Motion on Laminar Flow Heat transfer in Helically Coiled Tubes”, AIChE <strong>Journal</strong>, 17 (5), S.<br />

1114-1122 (1971).<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD Young Scientist‘s Workshop ı Julia Krieger


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

| Abb. 1:<br />

OSU-MASLWR Experimentanlage 2 und zugehörige ATHLET Modellierung.<br />

sowie eine schematische Darstellung dieser können<br />

der Abbildung 1 (linke Seite und Mitte) entnommen<br />

werden. Darüber hinaus wird die schematische<br />

Nodalisierung in ATHLET gezeigt (rechte Seite).<br />

Es wurden im Vorfeld Simulationen mit zwei verschiedenen<br />

Längen zu Durchmesserverhältnissen<br />

im HCSG sowie des gekoppelten Downcomerbereichs<br />

durchgeführt, um den Einfluss der Nodegröße<br />

zu analysieren. Zum einen wurde ein Verhältnis<br />

von Sechs eingestellt, wodurch sich 80 Nodes ergeben.<br />

Zum anderen wurde das Verhältnis von Eins<br />

(480 Nodes) untersucht 4 . In diesem Zusammenhang<br />

konnte festgestellt werden, dass ein Verhältnis<br />

von Eins verbesserte Ergebnisse bezüglich des<br />

hochtransienten Verdampfungsprozesses erzielt.<br />

Aufgrund dessen wurden die Simulationen mit<br />

einer Anzahl von 480 Nodes über die Rohrlänge<br />

durchgeführt. Um eine geeignete Rohrkonfiguration<br />

für die Analysen der helikalen Rohre zu ermitteln,<br />

wurde ein gerades, vertikales sowie ein schräges<br />

Rohr modelliert und Simulationen durchgeführt.<br />

Anhand der Analysen wurde ersichtlich, dass die<br />

Simulationsergebnisse der geraden Rohrkonfiguration<br />

näher am Experiment liegen. Grund hierfür ist<br />

Nutzung des Mixture Level Modells, das eine genauere<br />

Auflösung beider Phasen sowie der Gemischspiegeloberfläche<br />

ermöglicht. Das Modell kann jedoch<br />

nur für vertikale Rohre bzw. Rohre mit einer<br />

Steigung von sin()>0,2, mit dem Steigungswinkel<br />

, angewendet werden. Da sich für den vorliegenden<br />

Fall sin()=0,187 ergibt, wird hier ein vertikales<br />

Rohr modelliert. 5 Zur Einstellung einer konstanten<br />

Strömung wird eine Speisewassereinspeisung<br />

am Rohreintritt sowie ein Time-Dependent-Volume<br />

(TDV) am Austritt, das als Druck- und Enthalpierandbedingung<br />

dient, eingefügt. Die Leistung im<br />

Kern wird durch ein Heatadd Signal, das eine zeitabhängige<br />

Leistungszufuhr ermöglicht, realisiert.<br />

Darüber hinaus werden zwei weitere Wärmeleitobjekte<br />

modelliert, die den Wärmeübergang zwischen<br />

Riser und Downcomer sowie zwischen Downcomer<br />

und der Umgebung berücksichtigen.<br />

Zur Einstellung der Anfangsbedingungen wird der<br />

initiale Massenstrom im Primärkreislauf mit<br />

0,68 kg/s definiert. Der Kühlmittelmassenstrom<br />

stellt sich über den Experimentverlauf basierend<br />

auf der zugeführten Leistung ein. Die Leistung im<br />

Kern wird von 40 kW auf 320 kW schrittweise um je<br />

40 kW erhöht (siehe Abbildung 2 linke Seite). Zu<br />

Beginn wird eine Kerneintrittstemperatur von<br />

250,3 °C sowie eine Kernaustritttemperatur von<br />

262,8 °C vom Experiment vorgegeben. Aufgrund<br />

der initialen Erwärmung der Sekundärseite werden<br />

zur adäquaten Einstellung des stationären Zustands<br />

die Temperaturen um 10 °C erhöht. Der Druck wird<br />

durch das im Druckhalter installierte Heizelement<br />

bei 87,18 bar gehalten. Der Sekundärseite wird ein<br />

zeitlich variierender Speisewassermassenstrom<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 79<br />

4 Bratfisch, C.; Bratfisch, C.; Frist, F.; Peschel, J.M.; Koch, M.K.; „Externe Validierung und Analyse ausgewählter Modelle der Störfallanalysecodes ASTEC, ATHLET und<br />

ATHLET-CD (EVA3A) ; PSS-TR-10 (2019).<br />

5 Austregesilo, H.; Lee,.J.; Schöffel, P.; Skorek, T.; Von der Cron, D.; Weyermann, F.; Wing Wong, K.; „ATHLET 3.3, Models and Methods”; Vol. 4 Rev. 6; (2021).<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD Young Scientist‘s Workshop ı Julia Krieger


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 80<br />

| Abb. 2:<br />

Zugeführte<br />

| Abb. 3:<br />

Temperaturen am Austritt des helikalen Wärmeübertragers.<br />

mithilfe einer hinterlegten Tabelle im Datensatz<br />

aufgeprägt, der insgesamt 14 Rohre mit einem<br />

Durchmesser von 0,0126 m und einer durchschnittlichen<br />

Länge von 6,14 m durchströmt (siehe Abbildung<br />

2 rechte Seite). Am Austritt des HCSG wird<br />

initial (bei 40 kW Leistung) eine Dampftemperatur<br />

von 256,4 °C im Experiment erreicht. Der Druck<br />

wird am Austritt auf 14,46 bar eingestellt. 2<br />

Der<br />

Datensatz umfasst die gesamte Experimentdauer<br />

sowie eine Vorkalkulationsphase von 2000 s, um zu<br />

Beginn einen stationären Zustand einzustellen. 2<br />

ERSTE SIMULATIONSERGEBNISSE<br />

Im Folgenden werden die Ergebnisse der ATHLET-<br />

Simulationen im Vergleich zu den Experimentdaten<br />

präsentiert. Die mit ATHLET durchgeführten<br />

Simulationen bestehen zum einen aus der originalen<br />

Modellbasis (ATHLET) und zum anderen aus<br />

einer angepassten, internen Arbeitsversion des<br />

Quellcodes (ATHLET_modi). Zunächst wurden<br />

Korrelationen speziell für helikale Wärmeübertrager<br />

in den Quellcode implementiert und analysiert.<br />

Diese zeigen bisher jedoch keine Verbesserungen.<br />

Aus diesem Grund werden weitere<br />

Analysen sowie Simulationen durchgeführt und<br />

der Quellcode dahingehend angepasst, dass die<br />

bestehenden Korrelationen beibehalten werden,<br />

aber um den Faktor 3,5 erweitert werden. Explizit<br />

werden die Wärmeübergänge einphasiger Fluide,<br />

die Wärme aufnehmen und abgeben sowie zweiphasiger<br />

Fluiden, die Wärme aufnehmen angepasst.<br />

Hierdurch wird die Erhöhung des Wärmeübergangs<br />

auf der Innen- und Außenseite des helikalen<br />

Wärmeübertragers erzielt. Da die Wärmeübergänge<br />

für das gesamte System angepasst<br />

werden und die separate Implementierung noch<br />

weiterer Entwicklung bedarf, ergibt sich ebenfalls<br />

ein Einfluss auf die weiteren Wärmeleitobjekte.<br />

Die Temperaturen am Austritt des HCSG sind in<br />

Abbildung 3 dargestellt. ATHLET ist in der Lage<br />

die Dampfaustrittstemperaturen in guter<br />

Übereinstimmung mit dem Experiment zu<br />

berechnen. Der stationäre Zustand in der Vorkalkulationsphase<br />

wird jedoch überschätzt mit einer<br />

Temperaturdifferenz von 3 °C (ATHLET_modi)<br />

bzw. 4 °C (ATHLET). Der Temperaturabfall sowie<br />

der Temperaturgradient (ab ca. 4600 s), der aus der<br />

Erhöhung des Massenstroms folgt, wird mit<br />

ATHLET nicht adäquat abgebildet. Mit Erhöhung<br />

des Wärmeübergangs um den Faktor 3,5 lässt sich<br />

jedoch eine wesentliche Annäherung an das Experiment<br />

erzielen, indem der Temperaturabfall<br />

verzögert berechnet wird. Darüber hinaus wird der<br />

darauffolgende Temperaturgradient in guter Übereinstimmung<br />

abgebildet.<br />

Die Temperaturen ab 5200 s werden jedoch ebenfalls<br />

überschätzt berechnet. Es ergibt sich eine<br />

durchschnittliche Abweichung um ca. 10 %. Der<br />

Temperaturverlauf des Experiments sowie der<br />

Simulation zeigt eine direkte Abhängigkeit des<br />

Speisewassermassenstroms. Dieser Einfluss wird<br />

in den Simulationen jedoch verstärkt wiedergegeben,<br />

wodurch quantitativ größere Abweichungen<br />

zu erkennen sind.<br />

Die Ergebnisse der Temperaturen am Kerneintritt<br />

können der Abbildung 4 entnommen werden. Zu<br />

Beginn ist in den Simulationen ein Einschwingvorgang<br />

des Naturumlaufs zu erkennen, der auf die<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD Young Scientist‘s Workshop ı Julia Krieger


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

| Abb. 4:<br />

Temperaturen am Kerneintritt.<br />

initiale Erwärmung der Sekundärseite zurückzuführen<br />

ist. Da für die ATHLET_modi Simulation<br />

der Wärmeübergang des gesamten Systems angepasst<br />

wird, wird hier zu Einstellung des stationären<br />

Zustandes eine Erhöhung der Kerneintritts- sowie-<br />

Kernaustrittstemperaturen um insgesamt 13 °C<br />

durchgeführt.<br />

Im weiteren Verlauf lässt sich erkennen, dass die<br />

Temperatur nach 1000 s mit dem Experiment in guter<br />

Übereinstimmung berechnet wird. Der qualitative<br />

Verlauf kann mit beiden Simulationen gut abgebildet<br />

werden. Der Temperaturabfall ab 4650 s<br />

aufgrund der Erhöhung des Speisewassermassenstroms<br />

bei gleichbleibender Leistung sowie der Zufuhr<br />

von weiterem Kühlmittel wird hingegen quantitativ<br />

nicht exakt wiedergegeben. Begründet werden<br />

kann dies durch Unsicherheiten der Randbedingungen,<br />

wie z. B. der zusätzlichen Kühlmitteleinspeisung<br />

sowie in Bezug auf die Wärmeverluste<br />

des RDB.<br />

Im direkten Vergleich beider Simulationen wird<br />

ersichtlich, dass die Ergebnisse der ATHLET_<br />

modi Simulation leicht erhöhte<br />

Temperaturen erreichen,<br />

die über den<br />

Experimentverlauf ansteigen.<br />

Ursächlich hierfür ist<br />

eine erhöhte Wärmeübertragung<br />

von Riser zu Downcomer,<br />

wodurch mehr Wärme<br />

im Primärsystem verbleibt.<br />

Erkennbar wird dies anhand<br />

der Differenz des übertragenen<br />

Wärmestroms beider Simulationen<br />

(ATHLET_modi<br />

– ATHLET), die am Riser-<br />

Eintritt über die Experimentdauer<br />

von zu Beginn ca.<br />

| Abb. 5:<br />

Temperaturen am Kernaustritt.<br />

100 W auf über 300 W zum<br />

Experimentende ansteigt.<br />

In Abbildung 5 sind die Temperaturen<br />

am Kernaustritt<br />

dargestellt. Wie bereits zuvor<br />

zeigt sich eine qualitativ gute<br />

Abbildung des Verlaufs.<br />

Die Temperaturerhöhungen<br />

zwischen 3700 s und 4700 s<br />

werden in den Simulationen<br />

überschätzt und es stellt sich<br />

eine Temperaturdifferenz<br />

zum Experiment von ca. 5 °C<br />

ein. Dies ist auf die ab 3700 s<br />

immer stärker unterschätzten Massenströme<br />

zurückzuführen. Da der Massenstrom direkt<br />

abhängig von der Leistung ist, zeigt sich ein größerer<br />

Einfluss auf die Kernauslasstemperatur im<br />

Gegensatz zur Kerneinlasstemperatur. Der Gradient<br />

des anschließenden Temperaturabfalls wird<br />

ebenfalls unterschätzt, wodurch ein flacherer Verlauf<br />

zu beobachten ist. Daraufhin ergibt sich eine<br />

Differenz zum Experiment bei 5500 s von 13 °C, die<br />

bis zum Experimentende ansteigt. Weiterhin zeigen<br />

sich auch hier die erhöhten Temperaturen der ATH-<br />

LET_modi Simulation im Vergleich zu ATHLET.<br />

Nachfolgend werden in Abbildung 6 die Kühlmittelmassenströme<br />

im Primärkreis dargestellt. Da<br />

die Reibungskoeffizienten aus dem Experiment<br />

nicht bekannt sind, wird für die Simulationen eine<br />

Parametervariation durchgeführt, um die Anfangsbedingungen<br />

adäquat abbilden zu können. Somit<br />

zeigt sich initial eine gute Übereinstimmung von<br />

Experiment und Simulationen. Die Massenströme<br />

stellen sich basierend auf der Leistung im Kern ein,<br />

wodurch der Verlauf der eingestellten Leistung<br />

folgt.<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 81<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

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KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 82<br />

| Abb. 6:<br />

Kühlmittelmassenstrom im Primärkreislauf<br />

Nach der Vorkalkulationsphase zeigt sich zunächst<br />

eine gute Abbildung des Massenstroms in den Simulationen.<br />

Ab 3000 s wird er hingegen bis zum Ende<br />

des Experiments immer stärker unterschätzt, wodurch<br />

eine Abweichung am Experimentende von<br />

ca. 0,2 kg/s auftritt. Dieser Verlauf kann auf eine<br />

über den Experimentverlauf zu hohe Berechnung<br />

der Reibungskoeffizienten im Primärkreis zurückzuführen<br />

sein, da insbesondere die Reibung im<br />

Kern den Massenstrom beeinflusst.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Der Fokus der Analysen liegt auf dem sich ausbildenden<br />

Naturumlauf sowie der Wärmeabfuhr über<br />

den helikalen Wärmeübertrager. Hierfür wird ein<br />

Datensatz entsprechend der OSU-MASLWR<br />

Versuchsanlage modelliert und mit AC²-ATHLET<br />

simuliert. Die Analysen haben gezeigt, dass ein<br />

Längen zu Durchmesserverhältnis der Nodes von<br />

Eins sowie eine gerade Rohrkonfiguration in<br />

Verbindung mit dem Mixture Level Modell zur<br />

Modellierung eines HCSG empfohlen werden<br />

können. Darüber hinaus kann anhand der Ergebnisse<br />

sowie weiterer Analysen darauf geschlossen<br />

werden, dass durch eine modifizierte Berechnung<br />

des Reibungskoeffizienten sowie Kenntnis der<br />

Wärmeverluste die Belastbarkeit der Simulation<br />

erhöht werden kann, woraus eine weitere Annäherung<br />

der Ergebnisse an das Experiment resultiert.<br />

Im Allgemeinen zeigt sich bereits eine qualitativ<br />

gute Abbildung der Primär- sowie Sekundärseite<br />

der originalen ATHLET Simulation. Insbesondere<br />

durch die Erhöhung des Wärmeübergangs der<br />

Innen- und Außenseite des HCSG können die<br />

sekundärseitigen Temperaturen in guter Übereinstimmung<br />

mit dem Experiment berechnet werden.<br />

In diesem Zusammenhang wird speziell der Temperaturgradient<br />

von überhitztem zu gesättigtem<br />

Dampf adäquat abgebildet, da dieser verzögert und<br />

steiler berechnet wird. Im weiteren Verlauf zeigen<br />

sich jedoch Abweichungen,<br />

die eine erhöhte Sensitivität<br />

in Bezug auf den Massenstrom<br />

erkennen lassen.<br />

Aufgrund des globalen<br />

Einflusses der Wärmeübertragung<br />

auf die Wärmeleitstrukturen<br />

im Primärsystem,<br />

werden <strong>for</strong>tführende Untersuchungen<br />

einer auf den<br />

HCSG begrenzenden Implementierung<br />

durchgeführt.<br />

Weitere Analysen werden<br />

ebenfalls bezüglich einer<br />

generischen Berechnung des<br />

Wärmeübergangskoeffizienten<br />

für helikale Wärmeübertrager durchgeführt.<br />

DANKSAGUNG<br />

Diese Arbeit wird vom Bundesministerium für<br />

Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und<br />

Verbraucherschutz (BMUV) unter dem Förderkennzeichen<br />

1501607B aufgrund eines Beschlusses<br />

des Deutschen Bundestages gefördert. Projektpartner<br />

des Konsortiums sind die Gesellschaft für<br />

Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) gGmbH,<br />

das Institut für Kerntechnik und Energiesysteme<br />

(IKE) der Universität Stuttgart und die Arbeitsgruppe<br />

Plant Simulation and Safety (PSS) der<br />

Ruhr-Universität Bochum.<br />

Die Ergebnisse wurden unter Verwendung des GRS<br />

DV-Programms AC 2 -2021.0 erzielt.<br />

Autorin<br />

Julia Krieger<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

Ruhr-Universität Bochum, Plant Simulation and<br />

Safety, Bochum<br />

julia.krieger@pss.ruhr-uni-bochum.de<br />

Nach dem Studium der Umwelttechnik und des Resourcenmanagements an<br />

der Ruhr-Universität Bochum, absolvierte Frau Krieger ihr Masterstudium<br />

Maschinenbau mit der Vertiefungsrichtung Energie- und Verfahrenstechnik.<br />

Das Thema ihrer Arbeit lautete „Einfluss der Oberflächentopologie bei einer<br />

Prozesskombination aus inkrementeller Blechum<strong>for</strong>mung und Laserpulverauftragsschweißen“.<br />

Seit 2019 ist Frau Krieger als wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

an der Ruhr-Universität Bochum tätig. Ihr Fachgebiet ist die Analyse<br />

sicherheitstechnischer Fragestellungen zu Small Modular Reactors mit AC 2 .<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD Young Scientist‘s Workshop ı Julia Krieger


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

SEMINARPROGRAMM<br />

2. JAHRESHÄLFTE 2022<br />

Veränderungsprozesse gestalten – Heraus<strong>for</strong>derungen meistern, Beteiligte gewinnen<br />

TERMIN 06. – 07. SEPTEMBER 2022 WEBINAR PREIS 998,– € zzgl. gesetzl. USt.<br />

Referentinnen Dr. Tanja-Vera Herking Senior Consultant des IAOP | Dr. Christien Zedler Managing Director des IAOP<br />

Grundlagenschulung: Einführung in die Kern- und Entsorgungstechnik<br />

TERMIN 15. – 16. SEPTEMBER 2022 BERLIN PREIS 1.398,– € zzgl. gesetzl. USt.<br />

Referent Sebastian Stransky Dipl.-Ing. für Kernenergietechnik, Berlin<br />

Public Hearing Workshop – Öffentliche Anhörungen erfolgreich meistern<br />

TERMIN 19. – 20. SEPTEMBER 2022 WEBINAR PREIS 1.598,– € zzgl. gesetzl. USt.<br />

Referent Dr. Nikolai A. Behr Medien- und Interviewtrainer, Deutsches Institut für Kommunikations- und Medientraining GmbH (DIKT)<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 83<br />

Stilllegung und Rückbau in Recht und Praxis<br />

TERMIN 27. – 28. SEPTEMBER 2022 BERLIN PREIS 1.598,– € zzgl. gesetzl. USt.<br />

Referenten Dr. Matthias Bauerfeind TÜV SÜD Energietechnik GmbH Baden-Württemberg | Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

Das Strahlenschutzrecht und seine praktische Umsetzung<br />

TERMIN 11. – 12. OKTOBER 2022 BERLIN PREIS 1.598,– € zzgl. gesetzl. USt.<br />

Referentinnen Dr. Maria Poetsch TÜV SÜD Energietechnik GmbH Baden-Württemberg | Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

Atomrecht – Ihr Weg durch Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren<br />

TERMIN 08. NOVEMBER 2022 BERLIN PREIS 998,– € zzgl. gesetzl. USt.<br />

Referent Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

Für weitere In<strong>for</strong>mationen besuchen Sie unsere Website<br />

www.kernd.de/kernd/seminare<br />

Anfragen und Anmeldungen: seminare@kernd.de<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

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KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 84<br />

BEST PAPER AWARD YOUNG SCIENTIST‘S WORKSHOP<br />

Assessment and Validation of ATHLET-Code<br />

<strong>for</strong> Simulating Residual Heat Removal<br />

via a Two-Phase Large-Scale Loop Thermosyphon<br />

Nelson Felipe Rincón Soto<br />

INTRODUCTION<br />

Interest in Small Modular Reactors (SMRs) is gaining momentum over the last decades, as they offer an<br />

attractive alternative <strong>for</strong> a vast range of energy markets due to their flexibility, transportability and simplified<br />

manufacturing. SMRs are new generation reactors designed to produce up to 300 MW electric power,<br />

introducing advanced reactor technology and safety features 1 . Inherent reactor safety and passive residual<br />

heat removal systems (PRHRS) are common design features in emerging SMRs. PRHRS are responsible <strong>for</strong><br />

the removal of residual core-generated heat after plant shutdown 2 . PRHRS rely on naturally-driven <strong>for</strong>ces<br />

to transfer the residual heat to an intermediate heat sink, usually a water-filled emergency cooling tank<br />

(ECT) with a limited grace period. To avoid ECT-water depletion due to evaporation, the residual heat must<br />

be transferred via a tertiary loop to an ultimate heat sink (UHS), such as the environment or to an air-cooling<br />

tower (ACT). Multiple process schemes and models <strong>for</strong> indefinite PRHRS-operation in SMRs considering<br />

an UHS have been studied extensively 3 . A representative example of such process schemes is shown in<br />

Figure 1. In this case, the PRHRS operates in case of emergency once the turbine upstream valve closes.<br />

The remaining decay heat produces steam in the secondary loop which is directed to the ECT via the PRHRS<br />

and condenses after releasing its heat to the ECT-water pool, causing a temperature rise of its water inventory.<br />

To maintain the pool water temperature below saturation point, a tertiary loop is required so that<br />

excess heat is transported to the ACT.<br />

| Fig. 1:<br />

Indefinite PRHRS-operation concept <strong>for</strong> a pressurized water SMR featuring a LTS-configuration <strong>for</strong> heat transfer to an ACT.<br />

EXPERIMENT<br />

Loop thermosyphons (LTS) are considered suitable<br />

tertiary loops <strong>for</strong> this heat transport purpose 4 . A<br />

simplified scheme of a LTS is displayed on Figure<br />

1. LTS are a type of wickless two-phase operated<br />

heat pipes, featuring a closed-loop configuration<br />

with an evaporation and a condensation zone<br />

contained within a circuit-like flow channel. Even<br />

though two-phase LTS and heat pipes are built on<br />

the same principle of a density difference-based<br />

natural circulation <strong>for</strong> transporting latent heat<br />

over a vertical distance, LTS feature a distinct loop<br />

configuration instead of a vertical arrangement,<br />

making them more suitable <strong>for</strong> other kind of<br />

1 <strong>International</strong> Atomic Energy Agency – IAEA, Advances in Small Modular Reactor Technology Developments. Austria, (2018).<br />

2 K. H. Bae, H. C. Kim, M. H. Chang, S. K. Sim, “Safety evaluation of the inherent and passive safety features of the smart design”. Annals of <strong>Nuclear</strong> Energy, 28(4), pp.<br />

333-349 (2001).<br />

3 K. H. Bae, H. C. Kim, M. H. Chang, S. K. Sim, “Indefinite sustainability of passive residual heat removal system of small modular reactor using dry air cooling tower”.<br />

<strong>Nuclear</strong> Engineering and Technology, 52(5), pp. 964-974 (2020).<br />

4 R. Swart, R.T. Dobson, “Thermal-hydraulic simulation and evaluation of a natural circulation thermosyphon loop <strong>for</strong> a reactor cavity cooling system of a high-temperature<br />

reactor”. <strong>Nuclear</strong> Engineering and Technology, 52(2), pp. 271-278 (2020).<br />

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applications, where gas-liquid flow interactions<br />

are to be minimized 5 . In a LTS, an inside-loop<br />

working fluid is used as a heat transport medium,<br />

which takes up the heat in the evaporation zone<br />

and releases it in the condensation one, after<br />

transporting it a certain distance. For large heat<br />

transfer rates, a two-phase operation is preferred.<br />

Hence, appropriate pressure ranges must be<br />

selected, so that the saturation state of the working<br />

fluid is reached 5 . On the other hand, the ratio of<br />

working fluid to total system volume, also known<br />

as filling ratio (FR), is also of utmost importance to<br />

LTS per<strong>for</strong>mance, as it governs key thermal<br />

hydraulic phenomena within the loop 6 .<br />

In terms of SMR-licensing and design, thermalhydraulic<br />

simulation tools (THS) are widely used<br />

to evaluate two-phase flows in PRHRS under<br />

various accident scenarios and thus require appropriate<br />

validation. An accurate prediction of the<br />

working fluid’s mass flow is a decisive factor in<br />

assessing the reliability of THS 7 . In the present<br />

study, the per<strong>for</strong>mance of the system code ATHLET<br />

(Analysis of Thermal-Hydraulics of Leaks and<br />

Transients) regarding mass flow-and temperature<br />

profile prediction is evaluated and validated<br />

against experimental data from a large-scale LTSexperimental<br />

facility operating at atmospheric<br />

pressure 4 . Experimental data from further LTStest<br />

facilities operating at sub atmospheric pressures<br />

is also available in the literature 8 .<br />

Alongside with experiments, LTS-models are available<br />

in the literature to predict heat transfer rates<br />

and loop efficiency under certain process conditions.<br />

Most of the existing models feature the<br />

supplied heat as an input parameter which<br />

determine the mass flow inside the loop, and<br />

consequently, the heat transfer coefficients.<br />

Hence, the experimental mass flow is a common<br />

parameter <strong>for</strong> model validation purposes 9 . On the<br />

other hand, further easily measurable model<br />

outputs, such as temperature profiles throughout<br />

the loop and pressure drop are widely considered<br />

<strong>for</strong> assessing the agreement of LTS-models with<br />

experimental data 10 . Most of the developed<br />

one-dimensional LTS-models are not coupled with<br />

analysis codes <strong>for</strong> advanced nuclear reactors<br />

directly, complicating the integration of other<br />

reactor systems in the overall plant safety assessment<br />

10 . Hence<strong>for</strong>ward, a validation of current<br />

codes <strong>for</strong> advanced nuclear reactors, e. g. ATHLET,<br />

in terms of LTS-simulation capability needs to be<br />

conducted. Extensive code validation activities <strong>for</strong><br />

different configurations of heat exchangers is<br />

considered within ATHLET continuous improvement<br />

strategies. However, LTS-oriented code<br />

assessment has not been yet carried out 11 .<br />

METHODOLOGY<br />

Experimental facility and<br />

model boundary conditions<br />

Experimental data from the tests conducted by 4<br />

were used to validate the ATHLET-LTS model. A<br />

depiction of the LTS-facility is shown in Figure 2:<br />

It consists of a 66.0 m stainless steel closed loop<br />

pipe of 70 mm OD and 66 mm ID. Two 6.0 m horizontal<br />

sections and two 27.0 m vertical sections<br />

compose the main loop, where water flows in<br />

clockwise direction as working fluid. The evaporator<br />

section consists of 27 heating elements<br />

divided into four sets of resistances; wall temperatures<br />

were measured at their inlets/outlets (TE1 –<br />

TE8). The evaporator section is isolated with<br />

ceramic fabric material. On the other hand, 10<br />

sections of concentric-tube heat exchangers are<br />

placed in the horizontal and vertical sections of<br />

the loop to serve as condensers. Cooling water is<br />

used and its mass flow and inlet/outlet temperatures<br />

are also monitored. Moreover, the working<br />

fluid mass flow and loop pressure are recorded at<br />

the bottom of the loop. Further details on instrumentation<br />

and experimental layout are available<br />

in 4 .<br />

An ATHLET-model of the test facility was developed<br />

to assess the suitability of the already builtin<br />

features of the code regarding LTS-simulations.<br />

Simulations were per<strong>for</strong>med with ATHLET 3.2<br />

with a 6-Balance equation approach. Figure 2<br />

illustrates the nodalization that represents the<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 85<br />

5 H. Jouhara, A. Chauhan, T. Nannou, S. Almahmoud, B. Delpech, L. C. Wrobel, “Heat pipe based systems - Advances and applications”. Energy, 128, pp. 729–754,<br />

(2017).<br />

6 V. Guichet, S. Almahmoud, H. Jouhara, “Nucleate pool boiling heat transfer in wickless heat pipes (two-phase closed thermosyphons): A critical review of correlations”.<br />

Thermal Science and Engineering Progress, 13, pp. 100384, (2019).<br />

7 IAEA Safety Standards, “Deterministic Safety Analysis <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants”. <strong>International</strong> Atomic Energy Agency, SSG-2 (Rev 1), pp. 31-40 (2019).<br />

8 Z. Xiong, C. Ye, M. Wang, H. Gu, “Experimental study on the sub-atmospheric loop heat pipe passive cooling system <strong>for</strong> spent fuel pool”. Progress in <strong>Nuclear</strong> Energy,<br />

79, pp. 40-47 (2015).<br />

9 K. K. Dewangan, P. K. Das, “Assessing the effect of flashing on steady state behavior and Ledinegg instability of a two phase rectangular natural circulation loop”.<br />

<strong>International</strong> <strong>Journal</strong> of Heat and Mass Transfer, 116, pp. 218-230 (2018).<br />

10 P. Zhang, B. Wang, W. Shi, L. Han, X. Li, “Modeling and per<strong>for</strong>mance analysis of a two-phase thermosyphon loop with partially/fully liquid-filled downcomer”.<br />

<strong>International</strong> <strong>Journal</strong> of Refrigeration, 58, pp. 172-185 (2015).<br />

11 H. Austregesilo, C. Bals, A. Langenfeld, G. Lerchl, P. Schöffel, T. Skorek, D. Von der Cron, F. Weyermann, ATHLET 3.2. Models and Methods. Gesellschaft für Anlagenund<br />

Reaktorsicherheit (GRS) GmbH, 4(5), Germany (2019).<br />

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| Fig. 2:<br />

LTS-experimental facility and ATHLET model nodalization.<br />

experimental facility. The first thermo-fluid<br />

system is the main loop and it comprises four<br />

thermo-fluiddynamic objects (TFOs) arranged in<br />

two priority chains (PR): RISER, DOWNCOMER,<br />

EXPIPE and TDV. The first PR closes the loop<br />

between RISER and DOWNCOMER, whereas the<br />

second one attaches EXPIPE to the horizontal<br />

lower section of DOWNCOMER. Every TFOs is<br />

divided in a particular number of control volumes<br />

(CVs) as shown in Figure 2. CVs are enumerated<br />

<strong>for</strong> the main loop, as output data from selected CVs<br />

will be extracted, processed and compared to the<br />

experimental data.<br />

Heat losses and interactions with the sorroundings<br />

were modelled through an additional TFO:<br />

P0-CONT, which is an air-filled object conceted to<br />

the outer sided of the relevant HECOs. The local<br />

heat transfer coefficient in the P0-CONT side was<br />

computed via a control signal (GCSM) as a function<br />

of the wall temperatures with a natural<br />

convection correlation developed by 12 . A total of<br />

18 stationary states (SS) were used <strong>for</strong> model validation.<br />

Process conditions <strong>for</strong> single and twophase<br />

experiments are presented in Table 1.<br />

Variations in the Heat Input (HI) and the volumetric<br />

total Filling Ratio (FR) were considered in the<br />

experimental matrix and used as initial conditions<br />

<strong>for</strong> the model: Initial water inventory in the loop<br />

and heat load on every electric resistance. Initial<br />

experimental loop pressure and cooling water<br />

process conditions were also model inputs.<br />

Parametric sweep and<br />

agreement optimization<br />

The insulation thickness and the magnitude of the<br />

Single-phase experiments<br />

SS N° HI (kW) FR (%) SS N° HI (kW) FR (%) SS N° HI (kW) FR (%)<br />

1 1.2 100 4 7.1 100 7 13.2 100<br />

2 3.4 100 5 8.9 100 8 14.8 100<br />

3 5.5 100 6 11.1 100 9 16.7 100<br />

Two-phase experiments<br />

SS N° HI (kW) FR (%) SS N° HI (kW) FR (%) SS N° HI (kW) FR (%)<br />

10 18.2 100 13 18.2 90 16 18.2 70<br />

11 19.4 100 14 19.4 90 17 19.4 70<br />

12 20.5 100 15 20.5 90 18 20.5 70<br />

| Table 1:<br />

Experimental quasi stationary states (SS) <strong>for</strong> model validation.<br />

12 B. H. Dieter, S. Karl, Heat and mass transfer. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg (2011).<br />

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local heat transfer coefficient in the surroundings<br />

side are the selected parameters <strong>for</strong> optimizing the<br />

model agreement, so that the heat losses match the<br />

experimental ones. An objective function considering<br />

the quadratic error between the measured and<br />

simulated fluid temperatures (i) (T TE , T TC , T BE , T BC )<br />

over time (t) <strong>for</strong> all SS (j) was built and used to find<br />

an optimal parameter combination. A total of 400<br />

combinations were simulated.<br />

+,<br />

*<br />

1<br />

OOOO = ) ) )*TT<br />

18xx4tt "#,% − TT "#,& - '<br />

!<br />

# !<br />

-(+ "(+ #()<br />

RESULTS<br />

The model was initially validated with experimental<br />

data from 18 stationary states (SS). Every<br />

SS comprises initial transient records characterizing<br />

the dynamics needed to reach a stable operation.<br />

Figures 3a and Figure 3b show the transient<br />

needed to reach SS-10. A proper agreement<br />

between simulated and experimental data was<br />

reached in terms of the fluid temperature profile<br />

around the loop. Minor temperature fluctuations<br />

are appreciated in the model output once the twophase<br />

operation is reached (After 10.000 s).<br />

Prediction of the working fluid mass flow was very<br />

accurate during the single-phase stage of the transient.<br />

As Churn flow is developed in the loop<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 87<br />

a<br />

b<br />

c<br />

d<br />

| Fig. 3a, 3b, 3c, 3d:<br />

(a) Transient until SS 10 is reached, fluid temperature profile; (b) Transient until SS 10 is reached, mass flow; (c) average values single phase operation; (d) average<br />

values two-phase operation. Sub-indexes e & s: experimental and simulated, respectively.<br />

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(two-phase stage of the transient), it becomes<br />

experimentally challenging to record precise<br />

values of the fluid mass flow rate, as they are constantly<br />

oscillating. Nevertheless, as the mass flows<br />

were measured with a relatively high frequency (3<br />

values per second), a high-density data region<br />

with representative more accurate average values<br />

was developed <strong>for</strong> every SS in the two-phase<br />

operation. Simulated values of two-phase mass<br />

flows are within the experimental order of magnitude<br />

and match the values of higher data density,<br />

as seen in Figure 3b. Regarding the comparison<br />

with stationary state values, Figure 3c and Figure<br />

3d illustrate the average values of fluid temperatures<br />

and mass flows <strong>for</strong> three selected SS. The<br />

experimental average values were computed over<br />

a 2.000 s time <strong>for</strong> every SS once process parameters<br />

were stable.<br />

No major discrepancies are found <strong>for</strong> the singlephase<br />

SS in neither, temperature profiles nor<br />

working fluid mass flow. As the heat input is<br />

increased (Comparing SS-1, SS-4 and SS-7), a<br />

temperature rise around the loop was expected<br />

and properly represented by the model. Regarding<br />

SS-10 to SS-16, a decrease in the loop filling ratio<br />

triggered experimental increments in the upper<br />

loop temperatures, while fairly keeping the bottom<br />

temperatures constant. This behavior was<br />

captured by ATHLET as well. The relatively larger<br />

disagreements between experimental and simulated<br />

data occurred in the mass flow of the twophase<br />

SS. However, they do not exceed an 8.0 %<br />

error after comparing between average values.<br />

Regarding the agreement optimization, heat losses<br />

to the environment in the evaporator section were<br />

adjusted by sweeping between insulation thicknesses<br />

from 0.5 to 8.5 cm and heat transfer coefficient<br />

multipliers from 1.2 to 10 in the surroundings<br />

side. A local minimum value <strong>for</strong> the objective<br />

function was found to be within low multipliers<br />

<strong>for</strong> the heat transfer coefficient (Around 1.6)<br />

and insulation thicknesses of 5.5 to 7.5 cm, indicating<br />

that the parameter combination represents in<br />

this case the heat losses of the experimental facility<br />

more properly. Other local minimums are<br />

found at high multipliers (5.0) and low insulation<br />

thicknesses (1.0 cm).<br />

their corresponding starting up transients. An<br />

ATHLET LTS-model of the facility was built and<br />

validated with fluid temperature and mass flow<br />

measurements <strong>for</strong> single- and two-phase operations:<br />

Its agreement with experimental data was<br />

further uptimized via parametric sweeps adjusting<br />

the heat losses to the surroundings. The<br />

agreement between model and experimental data<br />

was evidenced <strong>for</strong> both, single- and two-phase SS.<br />

Minor deviations in the fluid temperature profiles<br />

were appreciated and temperature dynamic increments<br />

were accurately represented by the model.<br />

On the other hand, the full amplitude of the experimental<br />

mass flow fluctuations <strong>for</strong> two-phase SS<br />

was not fully captured by the model. However, the<br />

predicted values correspond to the areas of highdensity<br />

of recorded data and represent experimental<br />

average mass flows properly. After conducting<br />

the parametric sweep, it was shown that the<br />

experimental heat losses can be represented with<br />

a model applying a heat transfer coefficient multiplier<br />

of about 1.6 in the surroundings side, and an<br />

insulation thickness of around 5.5. cm.<br />

Overal, ATHLET is a suitable code to represent<br />

LTS-facilities, nevertherless, integration of heat<br />

transfer correlations <strong>for</strong> computing coefficients in<br />

the air-filled TFOs should be carried out to avoid<br />

the use of GCSM functions <strong>for</strong> that porpose.<br />

Author<br />

Nelson Felipe Rincón Soto<br />

Research associate<br />

University of Stuttgart, Institute of <strong>Nuclear</strong><br />

Technology and Energy Systems<br />

rincon@ike.uni-stuttgart.de<br />

After completing his bachelor‘s degree in chemical engineering at the Universidad<br />

Nacional de Colombia with a focus on reactor design and simulation, he<br />

completed a master‘s degree in environmental process engineering with a focus<br />

on flue gas cleaning <strong>for</strong> energy systems at the University of Stuttgart. Today, N.<br />

Rincón Soto is working on his PhD in nuclear and energy engineering at the<br />

University of Stuttgart.<br />

CONCLUSION<br />

Aimed to assess the reliability of ATHLET built-in<br />

features <strong>for</strong> simulating residual heat removal from<br />

SMRs via LTS, a model of a large-scale LTS-facility<br />

was developed and evaluated. The 27.0 m height<br />

LTS-facility offered quasi 18 sationary states and<br />

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NuScale SMR 3-D Modelling and Analysis of<br />

Boron Dilution with the System Code ATHLET<br />

in the Framework of McSAFER<br />

Eduard Diaz-Pescador<br />

INTRODUCTION<br />

<strong>Nuclear</strong> power constitutes one of the largest sources of low-carbon baseload electricity. It represents a reliable<br />

source <strong>for</strong> climate change mitigation and a viable solution to meet energy supply security. In the<br />

current worldwide decarbonization context, the development and deployment of SMRs is receiving increasing<br />

attention by several countries and organizations due to cost reduction, energy flexibility and advanced<br />

safety features. The deployment of SMRs in Europe is expected to be driven <strong>for</strong>ward following recent<br />

modifications in the European Union (EU) Taxonomy Regulation, that include nuclear activities as part of<br />

the roadmap <strong>for</strong> the decarbonisation of the Union’s economy by 2050. More concisely, the EU Taxonomy<br />

envisages the construction of new nuclear power plants using best available technologies, highlighting the<br />

new generation of water cooled SMRs.<br />

The NuScale <strong>Power</strong> Module (NPM) consists of a<br />

water cooled SMR, developed by NuScale <strong>Power</strong><br />

LLC in the USA <strong>for</strong> electricity production and nonelectrical<br />

process heat applications 1 . One of the<br />

unique features of NuScale consists of passive heat<br />

removal by natural convection in all operation<br />

modes. Natural convection is driven by differences<br />

in coolant densities, thereby reducing reactor size<br />

and components, as well as eliminating pumps<br />

inside the reactor coolant system (RCS). This leads<br />

to a higher simplicity and reduction of core damage<br />

frequency compared to existing reactor designs 1 .<br />

The SMR NuScale design is modelled by HZDR in the<br />

framework of the EU H2020 McSAFER project, whose<br />

main goal is the demonstration of the inherent safety<br />

features of SMR-core designs under postulated<br />

design basis accident conditions by state-of-the-art<br />

experimental and numerical methodologies 2 . The<br />

work presented in this contribution highlights the<br />

development of a thermohydraulic model of NuScale<br />

SMR with the best estimate system code ATHLET<br />

and includes discussion of results from applied safety<br />

analyses. The reference accident scenario is an<br />

inadvertent deboration through the make-up line of<br />

the chemical and volume control system (CVCS) at<br />

hot full power. This event is based on one of the accident<br />

scenarios from the DCA report 1 .<br />

The thermohydraulic model of NuScale SMR comprises<br />

a state-of-the-art 3-D integral reactor pressure<br />

vessel (RPV) and two helical coil steam generators<br />

(HCSG) with extended secondary-side piping<br />

beyond isolation valves. The 3-D RPV in ATHLET is<br />

built upon parallel multichannel approach. This approach<br />

is supported by ATHLET 3D-Module through<br />

rectangular and cylindrical grids and extension of<br />

momentum balance equation convective term in<br />

2-D/3-D Cartesian and cylindrical coordinates 3 .<br />

This allows consideration of cross-flow momentum<br />

transport and simulation of 3-D phenomena such as<br />

coolant mixing. This modelling approach is intended<br />

to provide a more realistic representation of<br />

multidimensional flows, especially inside downcomer<br />

and riser regions. The presented NuScale<br />

3-D RPV model benefits from the modelling experience<br />

gained by the authors in previous studies 4 5 .<br />

NUSCALE SMR AND ATHLET MODELLING<br />

Nuscale power module<br />

The NuScale <strong>Power</strong> Module (NPM) consists of a<br />

SMR of integral pressurized water reactor (PWR)<br />

type operated with light water driven by natural<br />

circulation with reactor core, HCSGs and pressurizer<br />

system located in a common reactor vessel surrounded<br />

by a cylindrical steel containment. The<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 89<br />

1 NuScale <strong>Power</strong> LLC, NuScale Standard Plant Design Certification Application. U.S. <strong>Nuclear</strong> Regulatory Commission (NRC), (2020)..<br />

2 V.H. Sanchez-Espinoza, S. Gabriel, H. Suikkanen, J. Telkkä, V. Valtavirta, M. Bencik, S. Kliem, C. Queral, A. Farda, F. Abéguilé, P. Smith, P. Van Uffelen, L. Ammirabile,<br />

M. Seidl, C. Schneidesch, D. Grishchenko, H. Lestani, The h2020 mcsafer project: Main goals, technical work program, and status, Energies. 14 (2021).<br />

3 A. Wielenberg, L. Lovasz, P. Pandazis, A. Papukchiev, L. Tiborcz, P.J. Schöffel, C. Spengler, M. Sonnenkalb, A. Schaffrath, Recent improvements<br />

in the system code package AC2 2019 <strong>for</strong> the safety analysis of nuclear reactors, Nucl. Eng. Des. 354 (2019) 110211..<br />

4 E. Diaz-Pescador, A. Grahn, S. Kliem, F. Schäfer, T. Höhne, Advanced modelling of complex boron dilution transients in PWRs –<br />

Validation of ATHLET 3D-Module against the experiment ROCOM E2 . 3, Nucl. Eng. Des. 367 (2020) 110776..<br />

5 E. Diaz-Pescador, F. Schäfer, S. Kliem, Modelling of multidimensional effects in thermal-hydraulic system codes under asymmetric flow conditions –<br />

Simulation of ROCOM tests 1.1 and 2.1 with ATHLET 3D-Module, Nucl. Eng. Technol. 53 (2021) 3182–3195..<br />

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containment is submerged in a water pool, which<br />

constitutes the ultimate heat sink. The pressurizer<br />

is located in the RPV upper head and provides pressure<br />

control by actuation of spray nozzles and two<br />

immersion heat bundles, each providing 400 kW<br />

during normal operation. The nominal core power<br />

accounts <strong>for</strong> 160 MWth with an electrical output of<br />

50 MWe. The layout of NuScale <strong>Power</strong> Plant is depicted<br />

in Figure 1.<br />

The 2 HCSGs comprise 1380 tubes, arranged in several<br />

bundle sets connected to inlet and outlet<br />

plena. Subcooled water is injected by feedwater<br />

pumps and superheated steam is generated inside<br />

the tubes. Upon abnormal or accident conditions,<br />

two diverse and redundant passive safety systems<br />

bring decay heat from reactor core into the water<br />

pool. The decay heat removal system (DHRS) lines<br />

are connected to the secondary side piping and provide<br />

heat removal through two passive condensers<br />

submerged in the water pool. The emergency core<br />

cooling system consists of a set of 3 reactor vent and<br />

2 recirculation valves to provide core cooling in<br />

case of loss-of-coolant-accident events. Finally, the<br />

water pool provides containment passive cooling<br />

and reduction of containment pressure.<br />

ATHLET model<br />

The thermohydraulic model of NuScale <strong>Power</strong><br />

Plant is developed with the best estimate system<br />

code ATHLET 3 , based on available geometric data<br />

.from the DCA report 1<br />

and engineering judgement<br />

assumptions. The model layout is displayed in<br />

Figure 2. The main systems and components are<br />

listed as:<br />

1. 3-D reactor pressure vessel<br />

2. Helical coil steam generators<br />

3. Feedwater and steam lines<br />

4. Decay heat removal system<br />

5. Chemical and volume control system<br />

The main component of the thermohydraulic<br />

model is the 3-D RPV, which is built upon cylindrical<br />

and rectangular grids based on the massive<br />

representation of vertical (1-D) parallel channels.<br />

Hydraulic channels are connected by cross-connection<br />

objects and single junction pipes. The RPV<br />

topology comprises three main regions; downcomer<br />

annulus, those regions inside the downcomer-to-riser<br />

walls and pressurizer vessel on top.<br />

The downcomer is discretized in an annular<br />

geometry, whereas those regions inside downcomer-to-riser<br />

walls are discretized by two radial<br />

rings surrounding a central channel in a cylindrical<br />

grid. The core region comprises lower and upper<br />

support plates, radial reflector and fuel assemblies,<br />

arranged in a rectangular grid with individual<br />

representation of each assembly channel.<br />

The RPV and HCSG include heat structures <strong>for</strong> the<br />

simulation of heat transfer processes. The core<br />

comprises 37 fuel assemblies, each in<br />

a fuel matrix of 17x17-25. A dedicated<br />

fuel rod model provides simulation of<br />

nuclear heat generation. The 1380<br />

HCSG tubes are modelled by inclined<br />

(straight) pipes to preserve overall<br />

heat transfer area and design<br />

symmetry. Enhanced heat transfer 6 is<br />

achieved by the implementation of a<br />

geometry multiplication factor in the<br />

HCSG tubes heat conduction objects.<br />

The pressurizer heaters are modelled<br />

by two separated HCOs integrated in<br />

the pressurizer vessel and the insulation<br />

losses are input by stationary<br />

heat flow controlled by a heat transfer<br />

coefficient.<br />

| Fig. 1:<br />

NuScale <strong>Power</strong> Module layout 1<br />

The secondary side includes two<br />

feedwater and steam lines, which<br />

extend beyond the main isolation<br />

valves and are connected to inlet and<br />

outlet HCSG plena. Feedwater flow is<br />

6 R.C. Xin, M.A. Ebadian, Natural convection heat transfer from helicoidal pipes, J. Thermophys. Heat Transf. 10 (1996) 297–302.<br />

Special | KERNTECHNIK 2022<br />

BEST PAPER AWARD Young Scientist‘s Workshop ı Eduard Diaz-Pescador


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

To FW Line 2<br />

Downcomer<br />

| Fig. 2:<br />

ATHLET nodalization of NuScale SMR.<br />

MSIVs<br />

Main Steam Line<br />

Pressurizer<br />

11.327 m<br />

-6.096 m<br />

Riser<br />

Core region<br />

SG-1 tubes<br />

CVCS make-up line<br />

provided by fill-objects (massflow/enthalpy boundary<br />

condition) at the inlet of feedwater piping, and<br />

the outlet of the steam lines is connected to timedependent<br />

volume objects (pressure/enthalpy<br />

boundary condition). The DHRS consists of two<br />

lines connected to main steam and feedwater lines.<br />

The water pool is modelled by a fixed temperature<br />

boundary condition of 37 °C imposed over the<br />

DHRS condensers. Finally, the CVCS is represented<br />

by the make-up and letdown lines, which are<br />

modelled by fill-objects connected to riser and<br />

downcomer regions, respectively. The actuation of<br />

the several reactor systems follows the engineered<br />

safety features actuation system (ESFAS) and is<br />

controlled by the GCSM module. Those are introduced<br />

in Section 3 together with the analysis of the<br />

transient results.<br />

Boron dilution scenario<br />

The boron dilution scenario is started by an inadvertent<br />

deboration through the make-up line of the<br />

Feedwater<br />

DHRS<br />

To FW Line 1<br />

CVCS at a rate of 3.15 kg/s and<br />

298 K. The transient calculation<br />

is started at hot full power and<br />

beginning of cycle with a<br />

nominal boron concentration of<br />

1600 ppm. Deboration inside<br />

the vessel is calculated with the<br />

“Spatial Profile Model I” boron<br />

tracking model. Neutronic<br />

calculation is conducted with<br />

the point kinetics model and a<br />

conservative reactivity boron<br />

coefficient of –10 pcm/ppm.<br />

Decay heat generation is based<br />

on an ANS-94 time-dependent<br />

table. The model includes a hot<br />

pin fuel assembly with a hot<br />

channel factor of 2.0 <strong>for</strong> the<br />

evaluation of departure from<br />

nucleate boiling ratio.<br />

ANALYSIS OF THE RESULTS<br />

Prior to the implementation of the boundary<br />

conditions, a 6000 s zero-transient calculation is<br />

per<strong>for</strong>med with ATHLET to reach stable nominal<br />

conditions be<strong>for</strong>e the beginning of the transient<br />

calculation. The simulation results, together with<br />

a comparison to NuScale DCA report are gathered<br />

in Table 1.<br />

Firstly, a transient calculation has been per<strong>for</strong>med<br />

at constant power (without reactivity feedbacks)<br />

to assess the boron front propagation along the<br />

vessel and time <strong>for</strong> loss of shutdown margin (SDM)<br />

below 1388 ppm, which is reached at 1884 s in the<br />

DCA report. The results in ATHLET show agreement<br />

with a loss of SDM at 1879 s. The transient<br />

calculation with point kinetics is started with the<br />

injection of cold and non-borated water into the<br />

riser section through the make-up line at a rate of<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 91<br />

Parameter Unit DCA HZDR Error (%)<br />

RCS pressure bar 127.55 126.45 – 0.86<br />

Core inlet temperature degK 531.48 526.87 – 0.86<br />

Core outlet temperature degK – 588.08 –<br />

RCS mass flow rate kg/s 535.24 531.97 – 0.61<br />

Core mass flow rate kg/s 496.17 490.89 – 1.06<br />

Pressurizer level % 60 58.82 – 1.96<br />

Feedwater mass flow rate kg/s 67.07 67.07 0.00<br />

HCSG inlet temperature degK 421.87 421.44 – 0.10<br />

HCSG outlet temperature degK 580.04 583.88 0.66<br />

Secondary pressure bar 34.47 33.58 – 2.58<br />

| Table 1:<br />

Steady state parameters.<br />

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KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 92<br />

| Fig. 3:<br />

Boron concentration and CVCS mass flow rate (left) and system powers (right).<br />

3.15 kg/s. This leads to a continuous reduction in<br />

boron concentration at the core and to positive<br />

reactivity insertion by the boron feedback and a<br />

subsequent core thermal power increase. This<br />

behaviour is observed in Figure 3.<br />

The core thermal power increase leads to a<br />

progressive heat-up of the RCS with subsequent<br />

coolant thermal expansion, pressure and pressurizer<br />

level increase (see Figure 4). At around 168<br />

s, the reactor trip function “high pressurizer pressure”<br />

is triggered at 137.89 bar. This setpoint also<br />

constitutes the ESFAS function <strong>for</strong> the secondary<br />

side isolation and opening of the DHRS actuation<br />

valves. The control rod banks are fully inserted<br />

within 2 s, providing enough negative reactivity to<br />

shut down the reactor. The reactivity contribution<br />

is depicted in Figure 5. Following reactor trip, the<br />

fission chain reaction is terminated and core outlet<br />

temperature decreases drastically leading to a<br />

rapid fall in natural circulation mass flow rates, as<br />

observed in Figure 4. From then on, the core ∆T<br />

corresponds to the decay heat power generated by<br />

the decaying fission products.<br />

After “high pressurizer pressure” setpoint is<br />

reached, the ESFAS leads to the closure of the<br />

main steam and feedwater isolation valves and the<br />

secondary side is isolated. This leads to a rapid<br />

pressure increase inside both steam generators, as<br />

observed in Figure 4. Likewise, the ESFAS opens<br />

the DHRS actuation valves. The DHRS actuation<br />

provides a reliable heat sink, which cools down the<br />

RCS by stable heat removal provided by the two<br />

lines connected to the steam generators. Figure 6<br />

shows the stable mass flow rates and heat removal<br />

through one of the DHRS lines. Due to reactor<br />

design symmetry, the behaviour of both lines is<br />

nearly identical in this accident scenario. The<br />

effect of the DHRS actuation can be appreciated in<br />

the stable primary to secondary heat transfer (see<br />

Figure 3) and the increase and stabilization in the<br />

| Fig. 4:<br />

System pressures (left) and mass flow rates (right).<br />

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| Fig. 5:<br />

Core temperatures (left) and reactivity contribution (right).<br />

KERNTECHNIK 2022 · 21. – 22. JUNI · LEIPZIG 93<br />

| Fig. 6:<br />

DHRS mass flow rates (left) and heat removal efficiency (right).<br />

RCS mass flow rates following reactor trip, as<br />

observed from Figure 4.<br />

CONCLUSIONS<br />

In the framework of the EU H2020 McSAFER<br />

project, HZDR has developed a thermohydraulic<br />

model of NuScale SMR with the system code<br />

ATHLET. The model includes a state-of-the-art<br />

3-D RPV, which has proven to be capable to accurately<br />

represent nominal operation conditions as<br />

well as boron transport and correct prediction of<br />

loss of SDM.The results from the inadvertent deboration<br />

show that the reactor is tripped by the “high<br />

pressurizer pressure” setpoint following an<br />

increase of core power by the positive reactivity<br />

insertion by the boron feedback. The ESFAS<br />

isolates the secondary side and activates the<br />

DHRS. The latter provides a reliable heat sink to<br />

cool down the RCS by maintaining stable natural<br />

circulation flow rates and is able to bring the<br />

reactor to a long-term safe shutdown condition.<br />

ACKNOWLEDGEMENTS<br />

This work is conducted in the framework of the EU<br />

H2020 McSAFER project. This project has received<br />

funding from the Euratom research and training<br />

programme 2019 – 2020 under grant agreement No<br />

945063.<br />

Author<br />

Eduard Diaz-Pescador<br />

Research associate<br />

Helmholtz-Zentrum<br />

Dresden-Rossendorf<br />

e.diaz-pescador@hzdr.de<br />

After studying energy engineering at the Technical University of Madrid, Eduard<br />

worked on his master‘s degree in nuclear engineering at the Technical University<br />

of Catalonia, followed by a doctorate on reactor safety at the Technical University<br />

of Dresden. (The dissertation has to be defended). Today, E. Diaz-Pescador is<br />

a research associate at the Helmholtz Center Dresden Rossendorf and is further<br />

working on reactor safety in the field of three-dimensional coupled thermohydraulic-neutronic<br />

calculations, applied to conventional light water reactors and<br />

small modular reactors.<br />

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94<br />

KTG-FACHINFO<br />

KTG-Fachinfo 18/2022 vom 17.08.2022<br />

Irritation um Meldung des<br />

Wall Street <strong>Journal</strong> zu Weiterbetrieb<br />

von Kernkraftwerken<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

am Nachmittag des 16. August 2022 verbreitete das Wall<br />

Street <strong>Journal</strong> (WSJ) mit Bezugnahme auf nicht genannte<br />

Regierungsmitarbeiter nicht genannter Stellen die Meldung,<br />

es sei eine Vorentscheidung zu Gunsten eines Weiterbetriebs<br />

von Kernkraftwerken in Deutschland nach dem 31.12.2022<br />

gefallen, um eine Energieknappheit infolge der Kürzung<br />

russischer Gaslieferungen zu vermeiden. In der Meldung<br />

wurde ausgeführt, dass die Entscheidung noch vom Kabinett<br />

beschlossen werden müsse und „wahrscheinlich“ – tatsächlich<br />

wäre das zwingend er<strong>for</strong>derlich – eine Änderung des Atomgesetzes<br />

erfolgen müsse. Unter Bezug auf die anonymen<br />

Quellen wurde in der Meldung mitgeteilt, dass über einige<br />

Details noch gesprochen werde, ohne diese zu benennen und<br />

dass vor einer Kabinettsentscheidung noch die Ergebnisse des<br />

laufenden Stresstests zur Stromversorgung im kommenden<br />

Winter abgewartet werden müssten. Es seien gemäß den<br />

Quellen aber nun die Bedingungen für einen Weiterbetrieb<br />

erfüllt, nämlich einerseits ein erwarteter Gasmangel und<br />

andererseits die Einschätzung, dass es gegen einen Weiterbetreib<br />

keine Sicherheitsbedenken gebe.<br />

Kurze Zeit später dementiert das Bundesministerium für Wirtschaft<br />

und Klimaschutz (BMWK) die WSJ-Meldung. Schriftlich<br />

erklärte eine Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur<br />

Bloomberg (UK), dass die Meldung ungenau sei und keine Tatsachengrundlage<br />

habe. Darüber hinaus erklärte die Sprecherin,<br />

dass der Stresstest zur Stabilität des Stromnetzes noch<br />

<strong>for</strong>tdauere.<br />

Der Münchner Merkur berichtet, dass das Bundesamt für<br />

Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) zuletzt vor voreiligen<br />

Schlüssen aus dem Stresstest-Ergebnis warnte. Aus<br />

einem Interview mit den Funke-Zeitungen vom Montag wird<br />

der Behördenleiter Wolfram König wie folgt zitiert: „Der laufende<br />

Stresstest soll eine Antwort auf die Versorgungssicherheit<br />

mit Strom im nächsten Winter geben“; „Die für einen<br />

eventuellen Weiterbetrieb not wendige nukleare Sicherheit<br />

der Atomkraftwerke wird dabei nicht betrachtet.“ König<br />

mahnt auch die Beachtung unterschiedlicher Zuständigkeiten<br />

für die Bewertung der Energieversorgungssicherheit einerseits<br />

und der nuklearen Sicherheit andererseits an. Diese Positionierung<br />

des BASE-Präsidenten zum Stresstest der Stabilität der<br />

Stromversorgung könnte so interpretiert werden, dass an der<br />

WSJ-Meldung über die regierungsinterne Meinungsbildung –<br />

so ungenau sie auch sein mag – doch etwas dran sein könnte.<br />

Der Branchenverband Kerntechnik Deutschland hatte sich<br />

zum Thema Weiterbetrieb zuletzt am 29. Juli mit der Feststellung<br />

geäußert, dass nur ein Weiterbetrieb mit neuer Brennstoffbeladung<br />

der Versorgungs- und Preiskrise angemessen<br />

und sinnvoll sei, ein ausschließlich mit dem vorhandenen<br />

Brennstoff für wenige Wochen oder Monate geführter<br />

Weiterbetrieb dagegen nur einen sehr begrenzten Beitrag<br />

leisten könne. So bleibt abzuwarten, wann und welcher Form<br />

die Ergebnisse des Stresstests veröffentlicht werden und in<br />

welche Richtung sich die Diskussion danach bewegen wird.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

KTG-Fachinfo 17/2022 vom 19.07.2022<br />

Fortgesetzte Debatte um<br />

Weiterbetrieb von Kernkraftwerken<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

die seit der Drosselung der Gasbelieferung durch die Pipeline<br />

Nord Stream 1 Mitte Juni stark intensivierte Debatte um einen<br />

Weiterbetrieb von Kernkraftwerken zur Absicherung der<br />

Energieversorgung hat einen neuen Impuls erhalten, wie u. a.<br />

die FAZ berichtet. Am Montag kündigte eine Sprecherin des<br />

Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)<br />

einen weiteren „Stresstest“ zur Stromversorgung unter<br />

verschärften Bedingungen an, dessen Ergebnis für die<br />

kommenden Wochen erwartet werde. Zuvor war am 14. Juli<br />

vom BMWK eine Analyse der Übertragungsnetzbetreiber im<br />

Auftrag des Ministeriums veröffentlicht worden, in der keine<br />

Lastunterdeckung für Deutschland identifiziert wurde. Allerdings<br />

war der Schwerpunkt der Untersuchung eher die<br />

Gassubstitution im europäischen Strommarkt als die Stabilität<br />

der Stromversorgung selbst. Auch bei den Grundannahmen<br />

der Analyse ist zumindest die Unterstellung, dass die Brennstoffe<br />

für die Kraftwerke, also auch Erdgas, zur Verfügung<br />

stehen, in der aktuellen Situation nicht überzeugend. Zu<br />

diesem Schluss ist man offenbar auch im BMWK gekommen,<br />

weshalb eine neue Analyse in Auftrag gegeben wurde. Auch<br />

die Frage des möglichen Weiterbetriebs von Kernkraftwerken<br />

soll dann im Licht der Ergebnisse dieser Untersuchung<br />

bewertet werden. Es sei hier auf eine Kurzanalyse von KernD<br />

vom 7. April zur Relevanz der Kernkraftwerke für die Stromversorgungssicherheit<br />

hingewiesen. In dieser konnte natürlich<br />

das gerade beschlossene Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz<br />

noch nicht berücksichtigt werden. Unterdessen hat die<br />

CDU vorgeschlagen, die inhaltlich völlig unzusammenhängenden<br />

Themen (befristetes) generelles Tempolimit auf<br />

Autobahnen und Weiterbetrieb von Kernkraftwerken zur<br />

Versorgungssicherheit politisch in einem Kompromiss<br />

miteinander zu verknüpfen. FDP und CSU haben sich gegen<br />

diese Verknüpfung ausgesprochen, die grünen Landesumweltminister<br />

von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen,<br />

Tobias Goldschmidt und Oliver Krischer haben sich<br />

ebenso wie die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die<br />

Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, der Erste Bürgermeister<br />

der Hansestadt Hamburg, Peter Tschentscher (SPD)<br />

und die Vorsitzende des DGB, Yasmin Fahimi, gegen einen<br />

Weiterbetreib von Kernkraftwerken ausgesprochen. Zuvor<br />

hatte allerdings die Bundesparteivorsitzende von Bündnis 90/<br />

KTG-Fachinfo


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Die Grünen, Ricarda Lang, einen Weiterbetrieb nicht<br />

ausgeschlossen. Dies allerdings unter Bedingungen – keine<br />

neuen Brennelemente – die einen Weiterbetrieb weitgehend<br />

des Sinns berauben. Am bemerkenswertesten ist vielleicht,<br />

dass die langjährige Anti-Atom- und Anti-Gorleben-Aktivistin<br />

und Europaabgeordnete der Grünen, Rebecca Harms, einem<br />

begrenzten Weiterbetrieb der Kernkraftwerke in der aktuellen<br />

Situation zustimmen würde. Sie tut dies auch vor dem<br />

Hintergrund gesamteuropäischer Versorgungssicherheit,<br />

nachdem etwa schon vor zwei Wochen der EU-Binnenmarktkommissar<br />

Thierry Breton Deutschland dazu aufge<strong>for</strong>dert hat,<br />

die verbliebenen Kernkraftwerke weiter zu betreiben.<br />

In Anbetracht des neuen Stresstests für die Stromversorgung<br />

wird die Diskussion über einen Weiterbetrieb wohl noch<br />

einige Wochen <strong>for</strong>tdauern, auch unabhängig von der mit<br />

bangem Blick betrachteten Entwicklung um die Routinewartung<br />

der Pipeline Nord Stream 1, die ja übermorgen<br />

beendet sein soll. Gazprom hat jedenfalls gegenüber Uniper<br />

hinsichtlich der Gaslieferung gestern die Force-Majeure-Klausel<br />

geltend gemacht, sicher kein gutes Zeichen.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

KTG-Fachinfo 16/2022 vom 14.06.2022<br />

Startschuss zur Schließung des<br />

des Bergwerks Gorleben<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

mit einer Pressemitteilung vom heutigen Tag teilt das Bundesministerium<br />

für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und<br />

Verbraucherschutz (BMUV) mit, dass es durch Gesellschafterbeschluss<br />

der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) den<br />

Auftrag erteilt habe, die Schachtanlage Gorleben zu schließen<br />

und zu verfüllen. Dieser Auftrag ergibt sich aus dem Ausschluss<br />

des Standorts Gorleben (Salzstock) im ersten Schritt der ersten<br />

Phase des Standortauswahlverfahrens, dem Zwischenbericht<br />

Teilgebiete der BGE. Dieser wird weder vom Bundesamt für<br />

die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) noch vom<br />

BMUV aufsichtlich geprüft und er<strong>for</strong>dert keinen Bundestagsbeschluss.<br />

In der untenstehenden Mitteilung lässt man auch<br />

die Gelegenheit nicht verstreichen, noch einmal die „Atompolitik“<br />

der Vergangenheit zu brandmarken.<br />

Mit dem Zwischenbericht Teilgebiete vom 28. September<br />

2020 der Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) war<br />

der Salzstock Gorleben aus geologischen Gründen aus der<br />

Endlagersuche ausgeschieden. Im September 2021 hatte das<br />

Bundesumweltministerium daraufhin die grundsätzliche<br />

Absicht verkündet, das Bergwerk stillzulegen. Nun hat das<br />

BMUV der BGE den konkreten Auftrag zur Schließung und<br />

Verfüllung der Schachtanlage Gorleben erteilt. Umwelt-Staatssekretär<br />

Stefan Tidow: ‚Das Bergwerk Gorleben wird<br />

geschlossen. Der Beschluss des Gesellschafters markiert einen<br />

Schlusspunkt unter eine jahrzehntelange Diskussion und<br />

gesellschaftliche Auseinandersetzung um den Standort Gorleben<br />

für die Endlagerung hochradioaktiven Atommülls.‘<br />

Die Auseinandersetzungen um Gorleben standen zugleich<br />

stellvertretend für ungelöste Fragen der deutschen Atompolitik<br />

und die energiepolitische Ausrichtung Deutschlands.<br />

‚Gorleben‘ war Kristallisationspunkt einer Debatte, die über<br />

viele Jahre die Gesellschaft spaltete. Erst der Konsens über den<br />

Atomausstieg ermöglichte auch den Durchbruch, zu einer<br />

tragfähigen, verantwortungsvollen Lösung des Atommüllproblems<br />

zu kommen – mit der Endlagersuche. Eine Lehre aus<br />

den Erfahrungen im Streit um Gorleben ist, dass das gesetzlich<br />

geregelte Verfahren neben Wissenschaftlichkeit auch großen<br />

Wert auf Beteiligung und Transparenz legt, sodass die Entscheidungen<br />

für alle nachvollziehbar sind. Dass in der ersten<br />

Stufe des 2017 neu aufgesetzten Suchprozesses der Salzstock<br />

Gorleben ausgeschieden ist, zeigt, dass er nicht der Standort<br />

mit der bestmöglichen Sicherheit ist. Mit dem jetzigen<br />

Beschluss beginnt der Rückbau des Bergwerkes. Die Hinterlassenschaften<br />

der Atompolitik werden uns allerdings noch<br />

Jahre und Jahrzehnte beschäftigen. Es bleibt eine anhaltende<br />

Heraus<strong>for</strong>derung für Politik und Gesellschaft den Atomausstieg<br />

mit einer sicheren Endlagerung des Atommülls zu vollenden.<br />

‘Die Bundesrepublik Deutschland ist Alleingesellschafterin<br />

der Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE),<br />

vertreten durch das BMUV. Der Gesellschafterbeschluss des<br />

BMUV schafft die Basis für die weiteren Schritte zur Schließung<br />

und Verfüllung des Bergwerks, wie z. B. die Ausschreibung von<br />

Aufträgen, und lautet: ‚Das Bergwerk Gorleben wird<br />

geschlossen. Die Schließung umfasst die Verfüllung von Bergwerk<br />

und Schächten unter Verwertung des Salzes der Salzhalde<br />

und den Rückbau von Tagesanlagen, soweit für diese<br />

keine anderweitige Nutzung in Betracht kommt.‘ …“<br />

Semantisch fällt auf, dass die „Atompolitik“ und nicht die<br />

„Atomkraft“ rückwirkend angeprangert wird, wer auch immer<br />

dabei genau gemeint ist, war doch über Jahrzehnte die SPD die<br />

am stärksten treibende Kraft dieser Atompolitik. Aus Sicht von<br />

Kerntechnikern ist diese Akzentverschiebung aber durchaus<br />

positiv zu bewerten. Eine zweite sprachliche Auffälligkeit ist,<br />

dass in der Meldung von „Endlagersuche“ und „Suchprozess“,<br />

nicht aber vom eigentlichen Auftrag – der „Standortauswahl“<br />

– gesprochen wird, die erst bei den Hintergrundin<strong>for</strong>mationen<br />

erwähnt wird. Immerhin aber wird gleichwohl die sichere Endlagerung<br />

des „Atommülls“ als Zielsetzung benannt. Bei Äußerungen<br />

der Amtsvorgängerin der heutigen Umweltministerin<br />

Lemke zur nuklearen Entsorgung im Zusammenhang mit der<br />

europäischen Taxonomiediskussion konnte man sich dessen<br />

durchaus nicht mehr sicher sein. Inwieweit sich der oben<br />

gefeierte Ausschluss von Gorleben zum frühest möglichen Zeitpunkt<br />

und bei weiterlaufender Eignungsbetrachtung der<br />

unmittelbar angrenzenden Tongesteins<strong>for</strong>mation für das Auswahlverfahren<br />

vielleicht als Danaergeschenk erwiesen wird,<br />

kann erst die (fernere) Zukunft zeigen.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

95<br />

KTG-FACHINFO<br />

KTG-Fachinfo


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

VOR 66 EDITORIAL JAHREN 96<br />

Vor 66 Jahren


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VOR 66 EDITORIAL JAHREN 97<br />

Vor 66 Jahren


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VOR 66 EDITORIAL JAHREN 98<br />

Vor 66 Jahren


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

VOR 66 EDITORIAL JAHREN 99<br />

Vor 66 Jahren


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100<br />

REPORT<br />

Weltweite Top Ten<br />

der Kernkraftwerke 2021<br />

Unter den Top Ten 1 der Stromerzeugung aus Kernkraftwerken in 2021 befanden sich zwei der damals sechs<br />

noch laufenden deutschen Anlagen. Mit sechs Anlagen befanden sich 2021 die Mehrzahl der produktivsten<br />

Anlagen in den Vereinigten Staaten sowie jeweils eine in Schweden und China.<br />

Bei der Arbeitsverfügbarkeit über den gesamten<br />

Anlagenpark dieser vier Länder nahm Deutschland<br />

mit 94,4 Prozent den Spitzenplatz ein. Es folgten<br />

die Vereinigten Staaten mit 92,7 Prozent, China<br />

mit 90,7 Prozent und Schweden mit 84,6 Prozent.<br />

Beim Durchschnittswert dieser vier Länder über<br />

die drei Jahre 2019 bis 2021 liegen allerdings die<br />

Vereinigten Staaten auf Platz eins, gefolgt von<br />

China, Deutschland und Schweden.<br />

Die durchschnittliche Arbeitsverfügbarkeit weltweit<br />

lag 2021 bei 77,5 Prozent. 2<br />

| Abb. 1:<br />

Das Kernkraftwerk Grand Gulf-1 ist der größte Siedewasserreaktor in den USA.<br />

Land Kraftwerk Anlagenart Typ Nettoleistung<br />

(MWe)<br />

1 Platzierung nach Bruttoerzeugung; Quelle: vgbe energy e. V.<br />

2 Arbeitsverfügbarkeiten nach IAEA PRIS.<br />

Bruttoleistung<br />

(MWe)<br />

Arbeitsverfügbarkeit<br />

in Prozent<br />

1 US Grand Gulf-1 BWR BWR-6 (Mark 3) 1401 1500 96,7<br />

2 US Palo Verde-1 PWR<br />

CE80 2LP<br />

(DRYAMB)<br />

1311 1414 100<br />

3 DE Isar-2 PWR Konvoi 1410 1485 94,6<br />

4 DE Brokdorf PWR PWR 1410 1480 97,5<br />

5 US Peach Bottom-2 BWR BWR-4 (Mark 1) 1300 1412 99,6<br />

6 US Nine Mile Point-2 BWR BWR-5 (Mark 2) 1277 1320 100<br />

7 SE Oskarshamn-3 BWR AA-IV, BWR-3000 1400 1450 89,6<br />

8 US Browns Ferry-3 BWR BWR-4 (Mark 1) 1210 1260 100<br />

9 US Browns Ferry-1 BWR BWR-4 (Mark 1) 1200 1256 100<br />

10 CN Taishan-2 PWR EPR 1660 1750 77,7<br />

Report<br />

Kernkraftwerke Top Ten 2021


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Inside<br />

Die KTG gratuliert an dieser Stelle unseren besonderen Jubilaren ab und in ihren „ Neunzigern“.<br />

Wir danken für die lange und treue Mitgliedschaft in der KTG und wünschen noch viele glückliche Lebensjahre.<br />

Herzlichen Glückwunsch!<br />

Oktober 2022<br />

93 Jahre | 1929 23. Prof. Dr. Helmut Karwat, Grosshesselohe<br />

94 Jahre | 1928 8. Dipl.-Ing. Rainer Rothe, Möhrendorf<br />

95 Jahre | 1927 23. Dr. Helmut Krause, Bad Herrenalb<br />

November 2022<br />

90 Jahre | 1932 29. Dipl.-Ing. Karl F. Schlupp, Essen<br />

92 Jahre | 1930 24. Dr. Urban Cleve, Dortmund<br />

93 Jahre | 1929 9. Dipl.-Ing. Amandus Brandstetter, Köln<br />

KTG INSIDE 101<br />

Die KTG gratuliert ihren Mitgliedern sehr herzlich zum Geburtstag und wünscht ihnen weiterhin alles Gute!<br />

Oktober 2022<br />

35 Jahre | 1987<br />

14. Otavio Ribeiro, Darmstadt<br />

60 Jahre | 1962<br />

16. Dipl.-Ing. Peter Neisecke, Argenbühl<br />

65 Jahre | 1957<br />

10. Dipl.-Ing. Ursula Heine,<br />

Nideggen-Muldenau<br />

71 Jahre | 1951<br />

12. Dr. Helmut Bläsig, Bendorf<br />

71 Jahre | 1951<br />

24. Rainer Gömmel, Braunschweig<br />

72 Jahre | 1950<br />

2. Erwin Weber, Ottensoos<br />

73 Jahre | 1949<br />

14. Ludwig Loehr, Neunkirchen<br />

75 Jahre | 1947<br />

30. Dr. Klaus Nopitsch, Rednitzhembach<br />

75 Jahre | 1947<br />

9. Dr. Johannes-Georg Grondey, Laatzen<br />

76 Jahre | 1946<br />

18. Dr. Joachim Fleisch, Karlsruhe<br />

76 Jahre | 1946<br />

15. Dr. Wolfgang Birkholz, Stralendorf<br />

77 Jahre | 1945<br />

22. Michael Schulz, Wesel<br />

78 Jahre | 1944<br />

7. Siegfried Bantle, Dietenhofen<br />

78 Jahre | 1944<br />

2. Arnulf Renner, Sprendlingen<br />

79 Jahre | 1943<br />

4. Klaus Günther, Bergisch Gladbach<br />

80 Jahre | 1942<br />

22. Dr. Alexander Alexas, Stutensee<br />

82 Jahre | 1940<br />

24. Dr. Peter Wirtz, Eggenstein-Leopoldsh.<br />

83 Jahre | 1939<br />

5. Dipl.-Ing. Günter Langetepe, Karlsruhe<br />

84 Jahre | 1938<br />

26. Dr. Knut Scheffler, Beckedorf<br />

85 Jahre | 1937<br />

21. Dipl.-Ing. Gerhard Hendl, Freigericht<br />

86 Jahre | 1936<br />

10. Hans-Jürgen Rokita, Schnakenbek<br />

88 Jahre | 1934<br />

31. Prof. Dr. Rudolf Taurit, Lübeck<br />

November 2022<br />

35 Jahre | 1987<br />

12. Dipl.-Ing. Mathias Höhne,<br />

Offenbach am Main<br />

40 Jahre | 1982<br />

30. Stefan Merx, Jülich<br />

40 Jahre | 1982<br />

18. Emanuel Bielski, Wuppertal<br />

55 Jahre | 1967<br />

10. Dr. Anton Kastenmüller, Garching<br />

60 Jahre | 1962<br />

22. Dr. Thomas Riekert, Pinneberg<br />

73 Jahre | 1949<br />

13. Dr. Christian Schönfelder, Köln<br />

74 Jahre | 1948<br />

16. Dr. Bernhard Stellwag, Nürnberg<br />

74 Jahre | 1948<br />

23. Dr. Wieland Kelm, Karlstadt<br />

75 Jahre | 1947<br />

5. Dr. Rainer Becker, Kiel<br />

76 Jahre | 1946<br />

6. Dr. Wilfried R. Lenhardt, Korschenbroich<br />

76 Jahre | 1946<br />

14. Christian Meyer zu Schwabedissen,<br />

Achern, Baden<br />

79 Jahre | 1943<br />

25. Dr. Holger Teichel, Hemmingen<br />

79 Jahre | 1943<br />

29. Kurt Frischengruber, Langensendelbach<br />

80 Jahre | 1942<br />

10. Dipl.-Ing. Harald Klinkert, Ründeroth<br />

81 Jahre | 1941<br />

9. Dr. Gotthart Stein, Bonn<br />

82 Jahre | 1940<br />

14. Ing. Uwe Siekmann, Bergisch Gladbach<br />

83 Jahre | 1939<br />

22. Dr. Heinz Koinig, Enzersdorf<br />

83 Jahre | 1939<br />

28. Dr. Karl-Heinz Blank, Mannheim<br />

84 Jahre | 1938<br />

19. Dr. Friedrich Reiss, Ketsch<br />

85 Jahre | 1937<br />

26. Dr. Armin Hermann, Brugg/Schweiz<br />

85 Jahre | 1937<br />

9. Dr. Ulrich Tillessen, Waldshut-Tiengen<br />

85 Jahre | 1937<br />

8. Dr. Hartmut Bilger, Ettlingen<br />

86 Jahre | 1936<br />

20. Dipl.-Ing. Dieter Scholz, Glashütten<br />

87 Jahre | 1935<br />

13. Dr. Aleksandar Stojadinovic, Köln<br />

88 Jahre | 1934<br />

21. Dr. Werner Rudloff, Uttenreuth<br />

88 Jahre | 1934<br />

26. Dipl.-Ing. Peter Ruße, Dortmund<br />

88 Jahre | 1934<br />

3. Dipl.-Phys. Hans-Christoph Breest,<br />

St. Augustin<br />

Wenn Sie künftig eine<br />

Erwähnung Ihres<br />

Geburtstages in der <strong>atw</strong><br />

wünschen, teilen Sie dies<br />

bitte der KTG-<br />

Geschäftsstelle mit.<br />

KTG Inside<br />

Lektorat:<br />

Kerntechnische<br />

Gesellschaft e. V. (KTG)<br />

Berliner Straße 88A,<br />

13467 Berlin<br />

E-Mail: info@ktg.org<br />

www.ktg.org<br />

KTG Inside


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KTG INSIDE 102<br />

Nachruf<br />

Die Kerntechnische Gesellschaft nimmt Abschied von ihrem langjährigen Mitglied<br />

Dr. rer. nat. Werner Eyrich<br />

8. Juli 1925<br />

6. Juni 2022<br />

Nach dem damals so benannten<br />

Notabitur meldete er sich<br />

zur Marine und diente im<br />

Maschinenraum des Panzerschiffes<br />

„Deutschland“. Er ver -<br />

brachte die Kriegsgefangenschaft<br />

in einem belgischen<br />

Bergwerk. Nach der Rückkehr in sein Heimatland begann<br />

er in Freiburg das Studium der Mathematik und Physik.<br />

Die Promotion mit Auszeichnung krönte seinen akademischen<br />

Abschluss.<br />

technische Experimentierlust lebte er auch im privaten<br />

aus. Er installierte Solarzellen und Wärmepumpen, um<br />

sein Haus selbst mit Energie zu versorgen, er entwarf und<br />

baute technische Hilfsmittel die das Leben einfacher<br />

machen. Im Ruhestand beschäftigte er sich wissenschaftlich<br />

unter anderem mit der Urknall-Theorie und dem<br />

Klimawandel und schrieb regelmäßig an Zeitungen und<br />

hielt Vorträge.<br />

Trotz seiner großen Leidenschaft für die Technik liebte er<br />

auch die Reisen mit seiner Frau Ilse und den drei Kindern.<br />

Wir vermissen unseren Ehemann, Vater und Großvater<br />

sehr und danken der KTG für die Möglichkeit dieses<br />

Nachrufs.<br />

Seine berufliche Karriere begann er im Kern<strong>for</strong>schungszentrum<br />

in Karlsruhe und beschäftigte sich vornehmlich<br />

mit Versuchsreihen zur Neutronenbeschleunigung. Das<br />

Kern<strong>for</strong>schungszentrum bot Ihm alles was sein Forscherdrang<br />

sich wünschte, sodass er dort seine gesamte berufliche<br />

Laufbahn verbrachte. Die Atomenergie war für Ihn<br />

die intelligenteste Art der Energiegewinnung. Die<br />

Er hat eine schmerzliche Lücke hinterlassen.<br />

Die Liebe und Verbundenheit zu Ihm bleibt<br />

bestehen.<br />

Anita Eyrich und Familie<br />

Wolfgang Eyrich und Familie<br />

Gabriele Sinclaire und Familie<br />

Sebastian Hahn ist Träger des Jan Runermark Awards 2020<br />

Beim zweiten Core Committee Meeting der ENS YGN<br />

im Jahr 2021 haben 20 Vertretende der ENS-Mitgliedsstaaten<br />

das KTG Mitglied ausgewählt. Die ENS<br />

YGN ehrt Jan Runermark jährlich mit der Verleihung<br />

des Jan-Runermark-Preises an eine erfahrene Fachkraft,<br />

die sich in herausragender Weise für die junge<br />

Generation und junge Fachkräfte eingesetzt hat.<br />

Herr Hahn war von 2017 bis 2019 Vorstandsmitglied der<br />

KTG Jungen Generation und war vor allem durch jährliche<br />

“Fact Check: The Simpsons”-Vorlesung auf dem<br />

Campus Kerntechnik, fester Bestandteil der KERN-<br />

TECHNIK (ehemals AMNT), bekannt. Diese Vorlesung hat<br />

bei den Teilnehmenden aus den Schulen eine große<br />

Resonanz gefunden und hat bestehende Vorurteile zur<br />

Kerntechnik revidiert. Außerdem hat Herr Hahn während<br />

seiner Zeit als Vorstandsmitglied viele Ideen eingebracht,<br />

die die KTG JG bis heute weiterführt. Auch die<br />

vom ihm mitorganisierte Exkursion in die Ukraine mit<br />

einem Besuch in Tschernobyl und im Kernkraftwerk Süd-<br />

Ukraine wird den Teilnehmern noch lange in Erinnerung<br />

bleiben. Nach seinem altersbedingten Austritt aus dem<br />

KTG JG Vorstand, war Herr Hahn stets für die nachfolgenden<br />

Generationen als Ansprechpartner verfügbar<br />

und engagiert sich nun bei der KTG NORD.<br />

Wir bedanken uns bei ihm für sein herausragendes<br />

Engagement und wünschen ihm noch ganz viel Erfolg<br />

auf seinem weiteren Weg!<br />

Andrea Kozlowski | stellvertretende Sprecherin der KTG<br />

KTG Inside


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Stand der weltweiten Entwicklung der Kernenergie –<br />

erste Auswirkungen des Ukrainekriegs<br />

Am Freitag, dem 1. Juli 2022, fand von 16:30 Uhr bis<br />

ca. 18:30 Uhr der Online-Vortrag „Stand der weltweiten<br />

Entwicklung der Kernenergie – erste Auswirkungen<br />

des Ukrainekriegs“ statt.<br />

Der Referent Herr Dr. Ludger Mohrbach sprach zunächst<br />

etwa eine Stunde und führte dabei durch seine Folien.<br />

Danach entwickelte sich eine lebhafte Diskussion in der<br />

noch etliche Fragen behandelt wurden.<br />

Es meldeten sich im Vorfeld<br />

deutlich über 100 Interessierte<br />

für eine Teilnahme<br />

am Vortrag an, tatsächlich<br />

eingewählt waren offensichtlich<br />

knapp 100, was<br />

möglicherweise technischen<br />

Problemen geschuldet ist<br />

aber trotzdem ein Erfolg ist<br />

und für dieses Format von<br />

KTG-Veranstaltungen spricht.<br />

Länder mit Kernkraftwerken<br />

eine Laufzeitverlängerung um (zunächst) zehn Jahre<br />

beschlossen. Der Vortrag behandelte auch Aspekte der<br />

aktuellen Situation in der Ukraine. Der Foliensatz kann<br />

auf www.KTG.org heruntergeladen werden.<br />

Als sichtbares Dankeschön bekam der Referent kurz vor<br />

dem Vortrag einen Blumenstrauß nach Hause gesandt,<br />

den er sich zum Abschluss vor laufender Heimbüro-<br />

Kamera quasi selbst überreicht hat. Insgesamt war dies<br />

eine erfolgreiche Veranstaltung mit Teilnehmern aus<br />

33 Länder + 3 Einsteiger + 12+ Interessierte (6/2022)<br />

KTG INSIDE 103<br />

| Grafik 1:<br />

Länder mit Kernkraftwerken.<br />

Die einzige heute verfügbare<br />

Option zur Lösung des<br />

weltweiten Energieversorgungsproblems<br />

zu bisher<br />

gewohnten Kosten, bei<br />

vergleichsweise geringen<br />

CO 2 -Emissionen und einer<br />

gesicherten Energieversorgung<br />

ist neben der nur regional<br />

weiter ausbaubaren Großwasserkraft<br />

die Kernspaltungsenergie, die technologisch<br />

derzeit weltweit von etwa 30 Ländern genutzt wird und bei<br />

jeweils etwa einem halben Dutzend weiteren Newcomern<br />

durch Neubau erschlossen wird oder in der Planung ist.<br />

Die Kernbrennstoffe Uran und Thorium sind für viele<br />

Jahrhunderte ausreichend vorhanden und bei Nutzung in<br />

<strong>for</strong>tgeschrittenen Reaktoren für viele Tausend Jahre. Die<br />

Entsorgung in tiefen geologischen Erdschichten war und<br />

ist aufgrund der exorbitant kleinen und damit von Beginn<br />

an zurückgehaltenen Rückstandsmassen technisch und<br />

wirtschaftlich realisierbar.<br />

Historisch und ganzheitlich betrachtet ist die Kernenergie<br />

ein sehr sicherer Energieträger. Bezogen auf die MWh<br />

erzeugte Energie, gibt es keine Stromerzeugungsart, bei<br />

der weniger Menschen zu Schaden kommen. Gleichwohl<br />

ist das weltweit einzige Land, das heute einen echten<br />

Ausstieg betreibt, Deutschland. So hat z. B. Frankreich,<br />

von der deutschen Öffentlichkeit kaum reflektiert,<br />

Einstieg angekündigt<br />

Einsteiger (im Bau)<br />

Betrieb<br />

Ausstieg zurückgenommen<br />

Ausstieg geplant<br />

Ausstieg vollendet<br />

Ausstieg vor Betriebsaufnahme<br />

Indifferent<br />

ganz Deutschland und teilweise aus dem angrenzenden<br />

Ausland, so dass eine Fortsetzung dieses Online-Formats<br />

geplant ist.<br />

Dr.-Ing. Hans-Georg Willschütz,<br />

Sprecher KTG-Sektion NORD<br />

Referent:<br />

Dr.-Ing. Ludger Mohrbach<br />

studierte Maschinenbau mit<br />

der Vertiefungsrichtung Reaktortechnik<br />

an der Ruhr-Universität<br />

Bochum und wurde dort<br />

1989 zur Thermohydraulik des<br />

Schnellen Brüters promoviert.<br />

Bis 2019 war er als persönlicher<br />

Referent der Geschäftsführung,<br />

Referent und Leiter der Abteilung „Kerntechnik“ beim<br />

internationalen Technischen Verband der Kraftwerksbetreiber<br />

VGB in Essen tätig.<br />

KTG Inside


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

KTG INSIDE 104<br />

NACHWUCHSTAGUNG<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

Lieber Nachwuchs,<br />

KERNTECHNIK fasziniert uns. Wir finden, in der Kerntechnik gibt es neben den Heraus<strong>for</strong>derungen Rückbau<br />

und Entsorgung noch viel mehr, das sich für den Nachwuchs lohnt, entdeckt zu werden. Wir organisieren<br />

verschiedene Events, bei denen wir das weite Spektrum der Kerntechnik auf die Tagesordnung setzen.<br />

Unsere jährlich stattfindende NACHWUCHSTAGUNG KERNTECHNIK richtet sich an Studierende und<br />

Young Professionals und wird an verschiedenen Orten ausgetragen.<br />

In diesem Jahr findet die Tagung in Stuttgart statt. Das Programm bietet drei Möglichkeiten für den Austausch<br />

der Teilnehmenden:<br />

Kamingespräche<br />

und Key Notes<br />

Technische<br />

Exkursion<br />

Soziales<br />

Durch Kamingespräche und Key Notes<br />

werden Teilnehmer die Chance haben,<br />

sich über aktuelle Forschungsfelder in<br />

der Kernenergie und über die aktuelle<br />

industrielle Lage in Deustchland zu<br />

in<strong>for</strong>mieren.<br />

Am zweiten Tag der Nachwuchstagung<br />

wird eine Fachexkursion zu KTEentsorgungsbetriebe<br />

sowie zu den Forschungseinrichtungen<br />

der Universität<br />

Stuttgart angeboten.<br />

.<br />

Der Austausch zwischen Young Professionals<br />

und Branchenbeteiligten steht<br />

für uns in erster Linie. Daher werden<br />

verschiedene soziale Veranstaltungen<br />

auch angeboten bzw. Business Lunchs<br />

und ein Abendessen.<br />

Wann: 28.09.2022 Get-together (In<strong>for</strong>mell) · Donnerstag, 29.09 bis Freitag, 30.09.2022<br />

Wo: Stuttgart (Raumfahrtzentrum und Institut für Kernenergetik und Energiesysteme)<br />

KONTAKT<br />

Bei Fragen zu Programm und Anmeldung:<br />

nachwuchstagung@junge-generation.org<br />

Weitere In<strong>for</strong>mationen zur Nachwuchstagung:<br />

www.ktg-nachwuchstagung.de<br />

JETZT ANMELDEN!<br />

KTG Inside


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

TÜV NORD präsentiert die Structural Mechanics<br />

in Reactor Technolgy (SMiRT) in ihrem 50. Jahr<br />

105<br />

Die SMiRT zählt zu den wichtigsten internationalen<br />

Fachkonferenzen der Nuklearindustrie und<br />

fand vom 10.-15. Juli 2022 in Deutschland statt,<br />

und zwar in Potsdam, in der Nähe von Berlin, am<br />

Ort ihrer Gründung vor 50 Jahren. Der Geschäftsführer<br />

der TÜV NORD EnSys, Dr. Jörg Aign,<br />

zugleich Vorsitzender der diesjährigen 26. SMiRT,<br />

begrüßte 500 Führungskräfte, Manager und Ingenieure<br />

aus etwa 30<br />

Staaten und <strong>for</strong>mulierte<br />

das Selbstverständnis<br />

für die fünf Veranstaltungstage:<br />

“Building<br />

the future on 50 Years<br />

of experience – It‘s<br />

SMiRT to embrace<br />

change”.<br />

Zum Auftakt bekräftigte<br />

Rafael Mariano<br />

Grossi, Generaldirektor<br />

der <strong>International</strong>en Atomenergiebehörde (IAEA),<br />

in seiner Videobotschaft: „Mit verbesserten Sicherheitsmerkmalen,<br />

<strong>for</strong>tschrittlicheren Reaktoren<br />

und auf Kosteneffizienz optimierten Designs wird<br />

erwartet, dass diese Reaktoren die Tür zu einer<br />

besseren Wirtschaftlichkeit, rationalisierten Lizensierungsprozessen<br />

und einer größeren öffentlichen<br />

Akzeptanz öffnen und letztendlich den Ländern<br />

helfen, die Kernenergie zur Erreichung ihrer<br />

Klimaziele in Betracht zu ziehen.“<br />

TÜV NORD EnSys eine der führenden Sachverständigenorganisationen<br />

in der Nuklearindustrie weltweit,<br />

zu deren Auftraggebern unter anderem die<br />

deutschen Aufsichtsbehörden für nukleare Sicherheit<br />

zählen, begleitete die Entwicklungsschritte<br />

der SMiRT von Beginn an. Deutschland als einer<br />

der führenden Länder kerntechnischer Forschung<br />

und Entwicklung, hat im Juli 2011 den Ausstieg aus<br />

dieser hochentwickelten Technologie beschlossenen.<br />

Deshalb hat sich TÜV NORD mehr und mehr<br />

dem internationalen Nukleargeschäft zugewandt<br />

und betreut Kunden in Skandinavien, Osteuropa,<br />

Asien und Amerika. Konsequent arbeitet TÜV<br />

NORD mit Entwicklern und Betreibern neuer<br />

Reaktortypen, wie SMR/AMR und Fusion, eng<br />

zusammen.<br />

Unter Leitung von Dr. Jörg Aign geht TÜV NORD<br />

EnSys noch einen Schritt weiter. Mit dem Knowhow<br />

aus der Kerntechnik baut das Unternehmen sein<br />

Dienstleistungsportfolio weiter aus in Richtung<br />

„Clean Energy Solutions“: grüne Energieträger wie<br />

Wasserstoff, Technologien zur Dekarbonisierung<br />

von Energiesystemen, Sektorkopplung, Speichertechnologien.<br />

TÜV NORD nutzt die Treiber der<br />

Trans<strong>for</strong>mation des Energiemarktes als Chance für<br />

die weitere Geschäftsentwicklung.<br />

In seinem Fachvortrag „Solving the Climate Equation“<br />

gibt Dr. Aign einen<br />

Ausblick auf das Jahr<br />

2050 und veranschaulicht,<br />

inwieweit eine<br />

konstruktive Vernetzung<br />

von Erneuerbaren<br />

Energien mit der Kernkraft<br />

große Chancen<br />

bietet, die Energieversorgung<br />

sicher zu<br />

dekarbonisieren.<br />

Ein technologieoffener<br />

Ansatz, der die Kopplung<br />

aller verfügbaren Energiequellen einbezieht,<br />

ist nach seinen Worten der beste Weg, um eine<br />

nahezu CO 2 -freie Energiewelt zu schaffen.<br />

Die Veranstalter, TÜV NORD und die Deutsche<br />

Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung<br />

(DGZfP), bewerten die diesjährige Konferenz in<br />

Potsdam als äußerst gelungen. Dafür sprechen die<br />

vielen interessanten Diskussionen auf höchstem<br />

fachlichen Niveau sowie die vertieften und neu<br />

entstandenen Kontakte der Expertinnen und<br />

Experten. Gelegenheiten für Networking boten<br />

Empfänge und ein Conference Dinner am Kanzleramt<br />

in Berlin.<br />

Seit der ersten SMiRT-Konferenz, die 1971 in Berlin<br />

stattfand, begleitet TÜV NORD die rasante<br />

Entwicklung der heute vielleicht bedeutendsten<br />

internationalen Konferenz, wo Nuklearindustrie<br />

und akademische Forschung zusammenkommen,<br />

um sich über die Fortschritte bei Forschung und<br />

Entwicklung von technischen Innovationen für<br />

den gesamten kerntechnischen Stoffkreislauf<br />

auszutauschen. Junge Forschende treffen auf<br />

erfahrende Nuklear-Ingenieure und Sachverständige.<br />

Gemeinsam arbeiten alle Beteiligten für eine<br />

weiterhin sichere, zuverlässige und effiziente Kernenergie<br />

als Beitrag zur Versorgungssicherheit und<br />

zur globalen Dekarbonisierung.<br />

Johanna Cordes und Mario Spitzmüller<br />

NEWS<br />

News


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Besichtigung des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld und des Schmelzbetriebes Silbitz<br />

106<br />

NEWS<br />

Nach langer Pause fand in der vorlesungsfreien<br />

Pfingstwoche vom 07.06. bis 08.06.2022 langersehnt<br />

wieder eine Exkursion im Rahmen der Lehrveranstaltung<br />

„Rückbau kerntechnischer Anlagen“<br />

der Technischen Universität Dresden statt. Unter<br />

der Leitung des Dozenten Dr. Anton Anthofer<br />

besuchten Studierent:innen und Mitarbeiter:innen<br />

der Professur für Wasserstoff- und Kernenergietechnik<br />

der Technischen Universität Dresden<br />

gemeinsam mit Mitarbeiter:innen der VPC Nukleare<br />

Dienstleistungen das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld<br />

(KKG) und den Schmelzbetrieb Silbitz<br />

Guss am Standort in Silbitz (Thüringen).<br />

behälter-Einbauten“. 1 Mit einer anregenden wissenschaftlichen<br />

Diskussion ging es dann zum zweiten Teil<br />

– der Besichtigung des Kontrollbereiches – über. Hierbei<br />

wurden den Teilnehmern aktuell laufende Rückbauarbeiten,<br />

die RBZ-Stationen, Ersatzsysteme sowie<br />

der Zentralaufzug mit neu geschaffenen Kalottendurchbruch<br />

und zuletzt auch das Brennelementlagerbecken<br />

von oben gezeigt. Nach der Dosimetrie<br />

(Ausgangsmessung und dem Monitoring der Strahlenexposition<br />

von den Teilnehmern) und dem Verlassen<br />

des Kontrollbereichs, ging es im Außen- und Überwachungsbereich<br />

des Kraftwerks weiter. Highlight war<br />

Unter der Leitung von Herrn Bauer (Stellv. Fachbereichsleiter<br />

Überwachung; PreussenElektra) und Frau<br />

König (Kommunikation; PreussenElektra) wurde den<br />

Teilnehmern zunächst die Historie und der Betrieb<br />

des KKG vorgestellt. Dabei wurden die bereits im Rahmen<br />

der Lehrveranstaltungen vermittelten Fachkenntnisse<br />

zum Kraftwerksbetrieb und Druckwasserreaktor<br />

aufgefrischt und die Rückbauaktivitäten<br />

darauf aufbauend mit den wesentlichen Meilensteinen<br />

interaktiv erörtert. Die Beschäftigten des KKG<br />

gingen dabei speziell auf die vorbereitenden Maßnahmen<br />

für den Rückbau, die Arbeiten zur Erlangung der<br />

1. SAG (Stilllegungs- und Abbaugenehmigung) sowie<br />

der 2. AG und den Beantragungsprozess ein. Wesentlicher<br />

Teil des Vortrages waren die Arbeiten im Reststoffbehandlungszentrum<br />

(RBZ) und die<br />

RBZ-Stationen sowie Logistikwege der Reststoffe und<br />

| Abb. 1:<br />

Gruppenfoto der Teilnehmer in der Werkshalle der Gießerei Silbitz.<br />

Abfälle, da auch hier Platz und Zeit ein stark begrenzender<br />

Faktor im Kraftwerk ist. Zudem wurden die<br />

Ersatzsysteme für den Restbetrieb sowie ein Kurzfilm<br />

zur Demontage eines Druckspeichers und die Verladung<br />

des letzten CASTOR®-Behälters zur Erlangung<br />

der Kernbrennstofffreiheit gezeigt. Zu sehen war weiterhin<br />

ein Zeitrafferfilm von den Aufbauarbeiten bis<br />

zu den ersten Unter wasser zerlegearbeiten des aktuellen<br />

Großgewerks „Demontage der Reaktordruck-<br />

| Abb. 2:<br />

Gruppenfoto auf dem Kraftwerksgelände im Überwachungsbereich im KKW<br />

Grafenrheinfeld<br />

die Besichtigung der Kühltürme, noch bevor diese<br />

zukünftig zum Abriss freigegeben werden. Abgeschlossen<br />

wurde die Besichtigung mit einer Einweisung<br />

zur Funktionsweise, Kalibrierung und der<br />

Nutzung der Freimessanlage, um die vorgestellten<br />

verschiedenen Stoffströme des Materials aus dem<br />

Rückbau zu erörtern. Abgerundet wurde der erste Tag<br />

der gemeinsamen Exkursion mit einer Führung durch<br />

die Geraer Höhler (Tiefenkeller) und einer geschichtlichen<br />

Einordnung und Nutzung seit der Entstehung<br />

im 17. Jh. und bis zur Nachnutzung im 20. Jh. sowie<br />

der heute vorrangig musealen Nutzung.<br />

Der 2. Exkursionstag wurde auf dem Werksgelände<br />

der Silbitz Guss, eines Schmelzbetriebes und<br />

Gießerei der Silbitz Group GmbH, durchgeführt.<br />

Hierbei wurde unter der Leitung der Mitarbeiter vor<br />

Ort die Methodik der Gieß- und Schmelztechnik<br />

vorgestellt, welche die Gießvorgänge von Bauteilen<br />

sowie die Bearbeitung der Werkstoffe im konventionellen<br />

Betrieb mit den Teilnehmern begleiteten.<br />

Wesentlicher Bestandteil war zudem die Vorstellung<br />

von Kobalt- und Iridium-Quellen für die zerstörungsfreie,<br />

durchstrahlende Werkstoffprüfung.<br />

Dr. Anton Anthofer<br />

1 Die Zeitrafferfilme sind auf der Internetpräsenz sowie der YouTube-Seite der PreussenElektra veröffentlicht.<br />

News


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◉ SSiC<br />

- Ceramic<br />

<strong>Nuclear</strong> Waste<br />

Initial Barrier......<br />

Canisters: Stability …<br />

<strong>atw</strong> <strong>atw</strong> Vol. Vol.67 66 (2021) (2022) Issue Issue 5, September, 2 Mart, p.54-61<br />

42-46<br />

◉ Ceramic Initial Barrier …<br />

<strong>atw</strong> www.ceramics-<strong>for</strong>-nuclear.info<br />

Vol.67 (2022), Issue 2, Mart, p. 54-61


Module 1 (online)<br />

• <strong>Nuclear</strong> physics & basics<br />

• Applied radio protection &<br />

measurement<br />

• Law regulations<br />

• <strong>Nuclear</strong> decommissioning<br />

• <strong>Nuclear</strong> waste management &<br />

disposal<br />

Module 2 (online)<br />

• Communiction with safety<br />

authorities<br />

• <strong>Nuclear</strong> project management<br />

• <strong>Nuclear</strong> processes & operation<br />

• Behaviour in special events<br />

Module 2 (at Framatome<br />

manufacturing site)<br />

• Decontamination<br />

• Dose rate measurement<br />

• Human per<strong>for</strong>mance tools<br />

exercise<br />

Module 3 (online)<br />

• Quality inspection<br />

• Operational excellence<br />

• MTO (Human Technology<br />

Organisation)<br />

• <strong>Nuclear</strong> safety culture<br />

• Effective leadership tools

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