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atw - International Journal for Nuclear Power | 05.2022

Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information. www.nucmag.com

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<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 5 ı September<br />

Stromimporte wären nur hinreichend, wenn unsere<br />

Nachbarländer, die unter gleichen klimatischen<br />

Verhältnissen leben, Exportkraftwerke<br />

bauen, die intermittierend zur Lückenfüllung laufen,<br />

und Zuleitungen in unser Netz bauen, das entsprechend<br />

verstärkt werden müsste. Die EU sieht<br />

solche Kuppelstellen zwar für 10 % der nationalen<br />

Erzeugungskapazität vor, 43 aber sie bestehen noch<br />

nicht; Die EU-Elektrizitätsbinnenmarktverordnung<br />

verlangt sogar, dass 70 % des nationalen Bedarfs<br />

über Interkonnektoren verfügbar sein sollen, aber<br />

das ist Illusion und widerspricht der Verantwortung<br />

der Übertragungsnetzbetreiber; 44 zudem geht es<br />

bei einer Importabhängigkeit um ganz erhebliche<br />

Mengen für ein Industrieland.<br />

Batterien sind teuer, <strong>Power</strong>-to-Gas Anlagen erst in<br />

der Erprobung, geologisch geeignete Lagen für<br />

Pumpspeicherkraftwerke sind rar; in den Nachbarstaaten<br />

sind die guten Lagen für den eigenen Bedarf<br />

erschlossen.<br />

Hohe Umwandlungs- und Leitungsverluste sowie<br />

die Dringlichkeit des Bedarfs machen die Auslieferung<br />

teuer, und die dringende Nachfrage wird<br />

Importe, zumal wenn sie in Konkurrenz zu lokalem<br />

ausländischem Bedarf stehen, sogar sehr teuer<br />

machen. 45 Und der Fahrer eines Elektroautos wird<br />

sich bedanken, wenn seine kleine Batterie als Netzspeicher<br />

benutzt wird und sozusagen sein „Tank“<br />

wegen der morgendlichen Bedarfsspitze geleert<br />

wurde, er aber zur Arbeit fahren will.<br />

weiterlaufen. Alle Industrieanlagen zusammen<br />

verbrauchen ungefähr die Hälfte des nationalen<br />

Bedarfs, und nur wenige sind technisch in der Lage,<br />

kurzfristig abzuschalten. Von hier gibt es also nur<br />

einen begrenzten Beitrag zur Bedarfsdeckung.<br />

Die Digitalisierung bringt zwar für alle vorgenannten<br />

Positionen eine Effizienzsteigerung, 46<br />

aber keine Trendänderung. Damit bleibt nur die<br />

Stützfeuerung mit Erdgaskraftwerken übrig. 47 Zu<br />

den bestehenden Gaskraftwerken (ca. 30 GW), die<br />

teilweise unterbeschäftigt sind, müssten also für<br />

den heutigen, regulären Bedarf von knapp 600<br />

TWh und künftig mindestens 48 650 TWh 49<br />

Gaskraftwerke mit einer Leistung von ca. 40 GW 50<br />

bis 60 GW 51 hinzugebaut werden, für den künftig<br />

durch Digitalisierung, Elektromobilität, Elektrowärme<br />

und andere Anwendungen steigenden<br />

Bedarf sogar noch mehr.<br />

Dieser Bedarf an Zubau mindert sich um 8 GW,<br />

wenn die letzten Kernkraftwerke entgegen dem<br />

Widerstand in Teilen der Bevölkerung doch noch<br />

nach 2022 am Netz bleiben.<br />

Für die Befeuerung der Gaskraftwerke braucht es<br />

die neue Importpipeline Nordstream II und eine<br />

Neuberechnung der er<strong>for</strong>derlichen Kapazitäten der<br />

Gasnetze 52 sowie eine Neuberechnung der Kapazitäten<br />

der Stromnetze, 53 und das angesichts dezentraler<br />

Einspeisungen nicht nur auf der Fernleitungsbzw.<br />

Übertragungsnetzebene.<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 29<br />

Eine Netzstabilisierung durch Abschaltung von<br />

Industrieanlagen ist teuer, weil die Produktion<br />

dann stillsteht und dennoch alle Kosten<br />

Schon die bisherige Planung für die Gashochdruckleitungen<br />

geht von einem Investitionsbedarf von<br />

1 Mrd. EUR aus. 54 Angesichts zunehmender<br />

43 Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur, EU-ABl<br />

2013 L 115/39<br />

44 Zutreffend T. Burmeister & P. Kistner, Zu weiteren Europäisierung der Netzwirtschaft durch das Clean Energy Package, Recht der Energiewirtschaft 2021, 179, 183; ein<br />

Beispielsfall für die Verantwortung ist der Stromausfall in SO-Europa, vgl. N.N., 63 Minuten “Inselbetrieb“: Europa schrammte am Freitag am Blackout vorbei, Moneyonline<br />

29.06.2021, abrufbar unter: https://www.focus.de/finanzen/energieversorgung-europa-schrammte-am-freitag-knapp-am-blackout-vorbei_id_12864728.html<br />

45 Das sieht Overland (FN 71) interessengebunden nicht so.<br />

46 P. Waver, Effiziente Erzeugung bis hin zur Übertragung, Speicherung und Nutzung von grünem Strom, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Verlagsspezial „Energie der<br />

Zukunft“ vom 01.02.2022, S. V 1<br />

47 Ebenso J. Hauser & P. Plickert, Stromausfälle werden zur Gefahr, Frankfurter Allgemeine Zeitung 20.09.2021, S. 23 unter Hinweis auf Äußerungen hoher Netzverantwortlicher.<br />

48 Kritische Stimmen, die Schätzung sei zu niedrig, bei M. Schäfers, E-Autos und andere Stromfresser, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14.07.2021, S. 15; vgl. auch<br />

N. Záboji, 13 Millionen E-Autos nötig, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17.04.2021, S. 18, wonach 2030 schon wegen Wärmepumpen und Autos ein Bedarf von<br />

745 TWh zu erwarten ist.<br />

49 Bundesministerium für Wirtschaft, Pressemitteilung Energie vom 13.07.2021, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2021/07/20210713-erste-abschaetzungen-stromverbrauch-2030.html<br />

50 Z.B. Jarass/Siebels, Netzentwicklungsplan Strom 2035 riskiert die sichere Stromversorgung Deutschlands, ZNER 2021, 255; es ist offenbar eine Nettozahl ohne Stillstände<br />

durch Wartung, Instandhaltung, Reparatur und Störfälle. Andere Zahlen wie z. B. 20 GW (D. Mewis, Umbau der Wirtschaft, Frankfurter Allgemeine Zeitung,<br />

Verlagsspezial „Energie der Zukunft“ vom 01.02.2011, S. V 1 unter Berufung auf Agora Energiewende; dem offenbar folgende H. Bünder & R. Burger, Trans<strong>for</strong>mation<br />

ohne Vorbild, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22.02.2022, S. 3) sind vermutlich nur Interimszahlen.<br />

51 Das ist dann die Bruttozahl. Für diese Größenordnung auch C. Geinitz, Gaskraftwerke für den Klimaschutz, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.06.2021, S. 20<br />

52 Unzureichend ist der Entwurf des Netzentwicklungsplans Gas 2020-2030, abrufbar unter: https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/NetzentwicklungUndSmartGrid/Gas/NEP_2020/Entwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=1;<br />

die Bundesnetzagentur hat<br />

den Szenariorahmen unter dem 20.02.2022 mit Änderungen bestätigt, vgl. https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/<br />

DE/2022/20220120_SR_Gas.html; die Änderungen betreffen wohl vor allem die gewünschte Wasserstoffwirtschaft, dazu unten, während der Erdgasnetzausbau<br />

begrenzt werden soll.<br />

53 Zweiter Entwurf des Netzentwicklungsplans Strom 2035, abrufbar unter: https://www.netzentwicklungsplan.de/de/netzentwicklungsplaene/netzentwicklungsplan-2035-2021;<br />

diesen Entwurf für die Übertragungsnetze hat die Bundesnetzagentur unter dem 14.01.2002 genehmigt, vgl. https://www.netzentwicklungsplan.<br />

de/sites/default/files/paragraphs-files/Pressemitteilung%20Best%C3%A4tigung%20des%20aktuellen%20Netzentwicklungsplans%202035%2C%20Version%20<br />

2021_14.01.2022.pdf<br />

54 FN 80<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Fundamentales zur Wende in die Klimaneutralität und im Energiesektor ı Achim-R. Börner

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