wuw_2011-03.pdf - Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
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Ohne Diversity<br />
wird es teurer<br />
Unternehmenskultur. Kulturelle Missverständnisse können <strong>die</strong> produktive Arbeitsatmosphäre<br />
im Betrieb schnell vergiften – weiß der Mittelständler Kai Teckentrup.<br />
In seinem Unternehmen stehen Offenheit und Wertschätzung deshalb an erster<br />
Stelle. Er selbst geht dabei mit gutem Beispiel voran.<br />
VON CORINA NIEBUHR<br />
erstehe mal einer <strong>die</strong><br />
Schweden, denen kann<br />
man aber leicht auf den<br />
Schlips treten! Die Polen<br />
lassen sich viel Zeit mit<br />
dem Bezahlen, typisch. Und <strong>die</strong> Chinesen<br />
wollen alles doppelt erklärt bekommen,<br />
fangen in Besprechungen einfach<br />
wieder ganz von vorne an, wo bleibt da<br />
<strong>die</strong> Effektivität?<br />
<strong>Deutsche</strong> Unternehmer stoßen<br />
schnell an ihre Grenzen, wenn sie sich<br />
ausländische Märkte und Kunden ganz<br />
nach der Maxime Kaiser Wilhelms II.<br />
erschließen wollen: „Am deutschen<br />
Wesen soll <strong>die</strong> Welt genesen.“ Dabei weiß<br />
man es oft zunächst nicht besser. Diese<br />
Erfahrung machte auch Kai Teckentrup.<br />
Mit 26 Jahren stieg er in den väterlichen<br />
Betrieb Teckentrup ein, einen Produktionsbetrieb<br />
<strong>für</strong> Tore und Türen im ostwestfälischen<br />
Verl, ganz in der Nähe von<br />
Gütersloh. Und weil damals, Ende der<br />
1990er-Jahre, <strong>die</strong> inländische Kaufkraft<br />
schwächelte, erschien dem Jungunternehmer<br />
der Export sofort als sinnvolle Alternative.<br />
Von den vielen Stolpersteinen im<br />
Auslandsgeschäft wusste er damals noch<br />
nichts: „Unsere ersten Gehversuche in<br />
Polen verliefen ziemlich schlecht.“ Schnell<br />
<strong>Stifterverband</strong> | W&W 3-<strong>2011</strong><br />
war klar: Das Unternehmen braucht Mentalitätsübersetzer,<br />
Menschen, <strong>die</strong> nicht<br />
nur das jeweilige Land gut kennen, sondern<br />
ebenso <strong>die</strong> deutschen Verhältnisse –<br />
sonst wird das nichts. Heute könnte der<br />
Mittelständler stundenlang von den kleinen<br />
Unterschieden in Kultur und Mentalität<br />
erzählen, vom Spaß beim Erobern<br />
ausländischer Märkte, von der Leichtigkeit,<br />
wie man das Vertrauen ausländischer<br />
Mitarbeiter im eigenen Betrieb gewinnt.<br />
Diversity! Kai Teckentrup ist <strong>die</strong>ses Thema<br />
längst ans Herz gewachsen. In Unternehmerkreisen<br />
ist der 39-Jährige nun selbst<br />
ein Übersetzer und Erklärer, ein Pionier<br />
auf dem Experimentierfeld, welche Diversity-Management-Tools<br />
<strong>für</strong> den Mittelstand<br />
sinnvoll sind. Andere Unternehmer<br />
hören ihm interessiert zu, weil Te ckentrup<br />
bereits kann, was sich alle wünschen:<br />
den ökonomischen Erfolg seiner Diversity-Maßnahmen<br />
mit Zahlen und Beispielen<br />
belegen. Und das ist angesichts solcher<br />
Maßstäbe wie Wertschätzung, Wohlfühlfaktor<br />
oder Offenheit eine echte<br />
Herausforderung. Wie fühlt sich ein Anatole,<br />
der nicht zugeben möchte, dass er<br />
Moslem ist, und das Beschneidungsfest<br />
seines Sohnes verschweigt; wie fühlt sich<br />
eine Frau, wenn sie in ihrem technischen<br />
Beruf von ihren männlichen Kollegen<br />
ständig übergangen wird; wie fühlen sich<br />
Lesben oder Schwule, <strong>die</strong> in den Pausen<br />
oder bei Betriebsfesten nie von ihren Part-<br />
„In kleinen Unternehmen braucht es keine<br />
groß artigen Strukturen, es braucht nur<br />
einen Chef, der vom Thema begeistert ist.“<br />
Kai Teckentrup<br />
ner erzählen können? Teckentrup sieht<br />
hier den Schlüssel zum Erfolg: Diversity<br />
werde vom Mittelstand erst wenig beachtet,<br />
eben weil ein Großteil der Mittelständler<br />
sich das alles zunächst nicht vorstellen<br />
kann – man selbst ist eher klassisch<br />
><br />
Schwerpunkt<br />
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