wuw_2011-03.pdf - Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
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thema des <strong>Stifterverband</strong>es, betrifft aber<br />
längst nicht mehr nur klassische institutionelle<br />
Partnerschaften zwischen<br />
Unternehmen und Hochschule.<br />
Die Instrumente verfeinern sich,<br />
verästeln sich genau wie <strong>die</strong> sich ständig<br />
überlagernden und neu verknüpfenden<br />
Ströme von Kommunikation, <strong>die</strong><br />
heute <strong>die</strong> Welt umkreisen. „Nationale<br />
Grenzen verlieren ihre Bedeutung“, sagt<br />
Andrea Frank vom <strong>Stifterverband</strong>, „Partner<br />
findet man heute auf der ganzen<br />
Welt.“ Innovationen ebenfalls. Frank<br />
identifiziert <strong>die</strong> wichtigen Fragen:<br />
„Worüber denken Unternehmen nach,<br />
um ihre Innovationen zu beschleunigen,<br />
und welche Rolle spielt dabei <strong>die</strong> <strong>Wissenschaft</strong>?“<br />
Wagenburgmentalität<br />
In Forschung und Entwicklung zu<br />
investieren, um <strong>die</strong> Produktion zu optimieren,<br />
ist nur <strong>die</strong> halbe Miete, warnen<br />
aber Experten wie Jonathan Haskel vom<br />
Imperial College in London. Und Joachim<br />
von Heimburg, Leiter eines großen<br />
industriellen Innovationsprogramms<br />
in Saudi-Arabien, betont, wie<br />
wichtig „Investitionen“ in eine innovationsfördernde<br />
Unternehmenskultur<br />
sind – auch wenn sich derlei nicht binnen<br />
Jahresfrist in der Bilanz niederschlägt.<br />
Eine Wagenburgmentalität, <strong>die</strong><br />
Mauern um Besitzstände zieht, wird<br />
jedes Unternehmen irgendwann vom<br />
lebensnotwendigen Blutkreislauf der<br />
internationalen, dezentralen und antihierarchisch<br />
zirkulierenden Ideen und<br />
der dazugehörenden Kommunikation<br />
abschneiden, weiß Theun Baller vom<br />
niederländischen Elektroriesen Philips,<br />
der längst <strong>die</strong> strategische Nutzung der<br />
Außenwelt in <strong>die</strong> Unternehmensphilosophie<br />
aufgenommen hat, um Innovationen<br />
zu Geld zu machen: open innovation.<br />
Gefährte der neuen Philosophie,<br />
und als Begriff ebenfalls gerade fünf<br />
Jahre alt, ist crowdsourcing. Es beschreibt<br />
ein Innovationsmodell, in dem Unternehmen<br />
ihre ungelösten Fragen potenziellen<br />
Forschern weltweit zugänglich<br />
machen und zur Entwicklung von<br />
Lösungsansätzen auffordern. So kann,<br />
erleichtert durch das Internet, Wissen<br />
weltweit mobilisiert werden.<br />
<strong>Stifterverband</strong> | W&W 3-<strong>2011</strong><br />
Bei soviel Offenheit lässt der Schmerzensschrei<br />
aus <strong>Wissenschaft</strong> und Wirtschaft<br />
nicht lange auf sich warten: Diebstahl,<br />
Spionage, unlauterer Wettbewerb,<br />
<strong>die</strong> Grundprinzipien der Forschung<br />
erschüttert. Derlei Sorgen beruhen auf<br />
einer Verwechslung, beruhigt Baller <strong>die</strong><br />
Zweifler: „Open innovation ist nicht dasselbe<br />
wie open source.“ Enterprising<br />
knowledge in einer grenzenlosen Welt<br />
heißt nicht, in einen rechtsfreien Raum<br />
hineinzusteuern. „Man muss den Rahmen<br />
definieren, der das Interesse der<br />
Unternehmen an den Schutzrechten und<br />
das Publikationsinteresse der <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />
gleichermaßen berücksichtigt“,<br />
sagt Andrea Frank. Nach adäquaten Formen<br />
der Verständigung ist man nach wie<br />
vor auf der Suche.<br />
Wenn auch eine aktuelle Stu<strong>die</strong><br />
des <strong>Wissenschaft</strong>szentrums <strong>für</strong> Sozialforschung<br />
(WZB) in Berlin zeigt, dass deutsche<br />
<strong>Wissenschaft</strong>ler innovationsscheu<br />
sind und Erfindungen im akademischen<br />
Wettbewerb keine Reputation bringen,<br />
scheint sich in manchen Bereichen <strong>die</strong><br />
Lage doch insgesamt zu entspannen, ist<br />
Monika Lessl überzeugt. Lessl ist Leiterin<br />
der Abteilung Alliance Management<br />
Global Innovation Sourcing beim Pharmakonzern<br />
Bayer. „<strong>Wissenschaft</strong>ler haben<br />
inzwischen mehr Interesse an der Entwicklung<br />
von Produkten.“ Dass aber auch<br />
Firmen sich öffnen müssen, hält sie <strong>für</strong><br />
unumgänglich. „Bei alledem sollte man<br />
aber keinesfalls so tun, als gäbe es keinen<br />
Unterschied und keine Interessenkonflikte<br />
zwischen <strong>Wissenschaft</strong> und Wirtschaft“,<br />
beschreibt sie eine Grundlage<br />
guter Zusammenarbeit. „Wenn man offen<br />
über Ziele und Beweggründe spricht,<br />
kann jeder bleiben, wer er ist, und muss<br />
keine Abgrenzungsrituale fahren.“ Doch<br />
auch in der Welt globaler Kommunikation<br />
und Kooperation sei eines besonders<br />
wichtig: Der direkte persönliche Kontakt.<br />
„Nur dadurch entsteht Vertrauen.“ Das<br />
ist auch in Großbritannien, Gastgeberland<br />
der Konferenz, nicht anders, wie<br />
Ursula Roos, Senior Science and Innovation<br />
Adviser an der Britischen Botschaft,<br />
betont.<br />
Blick auf deutsche Stärke<br />
Beim Thema Innovation sieht sie aber<br />
durchaus kulturelle Unterschiede, <strong>die</strong><br />
sich ihrer Meinung nach gut ergänzen:<br />
„Deutschland ist gut in der ständigen<br />
Optimierung von Produkten und Prozessen,<br />
also der inkrementellen Innovation,<br />
<strong>die</strong> Briten stehen radikalen Neuerungen<br />
aufgeschlossener gegenüber“ –<br />
auch bei Innovationen in der <strong>Wissenschaft</strong>spolitik.<br />
Technologietransfer zwischen<br />
<strong>Wissenschaft</strong> und Wirtschaft wird<br />
groß geschrieben und durch guten<br />
Zugang zu Risikokapital gefördert.<br />
Der ökonomische Blick Großbritanniens<br />
richtet sich aber interessiert auf<br />
etwas, was man als spezielle deutsche<br />
Stärke und durchaus mit Bewunderung<br />
sieht: den starken Mittelstand. Nun gilt<br />
„In Forschung und Entwicklung zu investieren, um <strong>die</strong><br />
Produktion zu optimieren, ist nur <strong>die</strong> halbe Miete.“<br />
Jonathan Haskel, Imperial College London<br />
aber gerade der als innovationsfeindlich,<br />
provinziell und unfähig, dem stetig wachsenden<br />
Globalisierungsdruck standzuhalten.<br />
Der Bielefelder Wirtschaftshistoriker<br />
Werner Abelshauser hat genauer<br />
hingeschaut: „Für <strong>die</strong> deutsche Wirtschaft<br />
ist <strong>die</strong> regionale Verbundwirtschaft<br />
typisch. Das sind Cluster meist mittelständischer<br />
Unternehmen, <strong>die</strong> eng<br />
zusammenwirken, um <strong>für</strong> den Weltmarkt<br />
zu produzieren. Sie sind gegenseitig<br />
Zulieferer, Problemlöser und tauschen<br />
Innovationen und technologisches<br />
Know-how aus.“<br />
California dreaming auf schwäbisch,<br />
ostwestfälisch und hessisch ...<br />
&<br />
Einen Film zur Konferenz finden Sie im<br />
webTV des <strong>Stifterverband</strong>es:<br />
www.stifterverband.info/<strong>wuw</strong>/5<br />
Initiativen<br />
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