wuw_2011-03.pdf - Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
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Tauschten sich im Audimax der Fachhochschule Gelsenkirchen über Talentschätze im Ruhrgebiet aus (v. l.): Dunja Hayali (ZDF-Moderatorin),<br />
Christiane Bainsky (Leiterin Hauptstelle RAA NRW), Ralf Blauth (Personalvorstand und Arbeitsdirektor Evonik Industries AG), Svenja Schulze<br />
(Ministerin <strong>für</strong> Innovation, <strong>Wissenschaft</strong> und Forschung in NRW), Volker Meyer-Guckel (stellvertretender Generalsekretär des Stifterver -<br />
bandes), Michael Schmidt (Mitglied des Vorstandes der BP Europe SE), Erich Staake (Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG und<br />
Ko-Moderator des Initiativkreises Ruhr) und Bernd Kriegesmann (Präsident der Fachhochschule Gelsenkirchen).<br />
Als Nejla Akan <strong>die</strong>se, ihre Geschichte<br />
erzählte, wurde es ziemlich still im neuen<br />
AudiMax der Fachhochschule Gelsenkirchen<br />
bei dem vom <strong>Stifterverband</strong> mitveranstalteten<br />
Kongress „TalentMetropole<br />
Ruhr“. Einvernehmen bestand unter den<br />
hochkarätigen Teilnehmern vom Start<br />
weg, dass bessere Förderung unumgänglich<br />
ist, „weil wir sonst in Zukunft Probleme<br />
haben werden“, wie Moderatorin<br />
Dunja Hayali (ZDF) feststellte, <strong>die</strong> souverän<br />
durch den Tag führte. Und eine<br />
Wortschöpfung besonderer Art vorschlug:<br />
„Da ja kaum jemand den gleichwohl viel<br />
strapazierten Begriff Migrationshintergrund<br />
mag – warum sagt man nicht besser<br />
Migrationsvordergrund ...?“<br />
Hayali selbst musste nicht als<br />
Talent „entdeckt“ werden, ihre Eltern<br />
drängten darauf, dass sie Abitur und Studium<br />
absolvierte. Aber was ist mit den<br />
ungezählten anderen, <strong>die</strong> nicht <strong>die</strong>sen<br />
Anstoß erhalten? Nur 17 Prozent der Kinder<br />
aus Arbeiterfamilien streben eine akademische<br />
Laufbahn an. Auch hier Einigkeit:<br />
Die Suche nach besonderen Begabungen<br />
darf nicht erst in der gymnasialen<br />
Oberstufe beginnen, sondern idealerweise<br />
bereits im Kindergarten – aber: Danach<br />
muss sie auch konsequent weitergeführt<br />
werden. Das Gesamtsystem und alle<br />
Akteure müssen ebenso sensibilisiert werden<br />
wie <strong>die</strong> Gesamtgesellschaft, <strong>die</strong> <strong>die</strong>s<br />
(immer) noch nicht als Herausforderung<br />
erkannt hat. Dazu gehört ebenfalls, so <strong>die</strong><br />
jungen Teilnehmer der Tagung, der<br />
Appell an Jugendliche, <strong>die</strong> vorhandenen<br />
Angebote auch wahrzunehmen. „Alles<br />
steht und fällt mit der Einstellung der<br />
handelnden Personen“, resümierte Mi -<br />
chael Schmidt, Vorstandsmitglied des Mitveranstalters<br />
BP. Zu denen speziell in Mi -<br />
grantenfamilien <strong>die</strong> Eltern gehören, <strong>die</strong><br />
meist über <strong>die</strong> Zukunft der nächsten<br />
Generation entscheiden. Sie „abzuholen“,<br />
sie zu ermutigen, ihren Kindern neue<br />
Wege zu weisen, wäre ein entscheidender<br />
Schritt, <strong>die</strong> gerade im Ruhrgebiet vorhandene<br />
Vielfalt zu nutzen und verborgene<br />
Talentschätze zu heben.<br />
Hemmschwellen abbauen<br />
All das kostet Zeit und Geld, darauf wies<br />
Volker Meyer-Guckel hin, der stellvertretende<br />
Generalsekretär des <strong>Stifterverband</strong>es.<br />
Er appellierte zudem an <strong>die</strong> Politik,<br />
<strong>die</strong> Bemühungen der Hochschulen, neue<br />
Schichten <strong>für</strong> ein Studium zu erschließen,<br />
entsprechend zu honorieren. Zumal jeder<br />
Euro, der gerade hier in <strong>die</strong> Bildung fließt,<br />
wo Abitur und Studium nicht (noch<br />
nicht?) selbstverständlich sind, hervorragend<br />
investiertes Geld ist. Dass bereits<br />
einiges, zumindest ansatzweise, auf den<br />
Weg gebracht wurde, wusste Bernd Kriegesmann<br />
zu berichten, Präsident der FH<br />
Gelsenkirchen. Nur 30 Prozent seiner Stu<strong>die</strong>renden<br />
kommen mit dem „klassischen“<br />
gymnasialen Abitur an <strong>die</strong> Hochschule,<br />
aber mehr als zwei Drittel quasi „auf<br />
Umwegen“. Hier in Gelsenkirchen werden<br />
systematisch Hemmschwellen abund<br />
Einstiegsförderung aufgebaut. Dazu<br />
gehören auch duale Stu<strong>die</strong>ngänge, <strong>die</strong><br />
betriebliche Berufsausbildung mit Hochschulstudium<br />
verbinden. Sie eröffnen<br />
zudem Unternehmen neue Chancen, qualifizierten<br />
und motivierten Nachwuchs an<br />
sich zu binden. Kriegesmann ging noch<br />
einen Schritt weiter – mit einer Fachkräftegarantie<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Region: „Jedem Unternehmen,<br />
das sich mit uns in dualen Stu<strong>die</strong>ngängen<br />
engagieren will, garantieren<br />
wir entsprechende Stu<strong>die</strong>nplätze. Kein<br />
Unternehmen muss dann mehr den drohenden<br />
Fachkräftemangel <strong>für</strong>chten!“<br />
Ein weiteres Fazit des Kongresses:<br />
Das Ruhrgebiet darf im Bildungsbereich<br />
nicht nur Defizite beklagen (lassen),<br />
sondern muss aktiv <strong>die</strong> vorhandenen<br />
Potenziale heben und nutzen, muss<br />
Talentförderung zum Markenzeichen<br />
machen, Perspektiven und ein Klima<br />
schaffen, das zum Bleiben motiviert. Ein<br />
solches branding soll zum Zukunftsthema<br />
<strong>für</strong> den Initiativkreis Ruhrgebiet werden,<br />
wie dessen Ko-Moderator Erich Staake<br />
ankündigte.<br />
&<br />
Mehr Infos zum Kongress im Internet:<br />
www.stifterverband.info/<strong>wuw</strong>/7<br />
<strong>Stifterverband</strong> | W&W 3-<strong>2011</strong> 25