Demokratie lernen - Beteiligung erfahren
GSa 159 September 2022
GSa 159 September 2022
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Praxis: Rundschau XXXXX<br />
Rundschau<br />
Bert Schmid<br />
Bundesvorsitzender der Aktion<br />
Humane Schule und zuvor<br />
Schulamtsdirektor.<br />
davon, Kinder als Produkte unserer Erziehungsvorstellungen<br />
zu behandeln.<br />
In unserer multikulturellen und multireligiösen<br />
Gesellschaft begegnen unsere<br />
Kinder täglich Herausforderungen,<br />
für die sie Orientierungshilfen brauchen,<br />
die das Zusammenleben in Frieden und<br />
Toleranz er<strong>lernen</strong> und erleben lassen.<br />
Drei-Religionen-Grundschule als<br />
neuer Weg?<br />
In einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />
vom 25.02.1987 hat das<br />
Gericht schon damals darauf aufmerksam<br />
gemacht, dass Art. 7, Abs. 3 GG es<br />
zulasse, „Veränderungen der Lebenswirklichkeit<br />
Rechnung zu tragen“, zu<br />
denen auch gehöre, „dass unter Einfluss<br />
neuerer religionspädagogischer Ansätze<br />
Die 10 Gebote der Indianer<br />
1. Behandle die Erde und alles, was auf ihr lebt, mit Respekt.<br />
(Schärfe deinen Blick)<br />
2. Bleibe stets in enger Verbindung mit dem Großen Geist.<br />
(Höre auf deine innere Stimme)<br />
3. Zeige großen Respekt vor deinem Nächsten.<br />
(Bringe dir selbst Respekt entgegen)<br />
4. Arbeite gemeinsam zum Wohle der gesamten Menschheit.<br />
(Hilf wo deine Kräfte stark sind)<br />
5. Hilf und sei gütig, wo immer dies gebraucht wird.<br />
(Lieber einmal zu viel helfen)<br />
6. Tue das, von dem du weißt, dass es richtig ist.<br />
(Denke nach bevor du handelst)<br />
7. Kümmere dich darum, dass Körper und Geist sich wohl fühlen.<br />
(Wann hast du das letzte Mal etwas für Körper und Geist getan?)<br />
8. Verwende einen Teil deiner Anstrengungen für das höhere Gute.<br />
(Versuch’s mal mit einem Gebet)<br />
9. Sei ehrlich und wahrheitsliebend zu jeder Zeit.<br />
(Sei zu dir selbst am ehrlichsten)<br />
10. Übernimm die volle Verantwortung für alle deine Taten.<br />
(Nicht immer sind nur die anderen schuld)<br />
die Information auch über andere<br />
Bekenntnisse als Bestandteil<br />
des schulischen Bildungsauftrages<br />
betrachtet und eine<br />
diesem Ziel entsprechende<br />
beweglichere Form der Darbietung<br />
des Religionsunterrichts<br />
befürwortet wird“ (Entscheidungen<br />
des BVG, Band 74,<br />
Tübingen 1987).<br />
Für den Staat ergeben sich daraus<br />
Bildungsaufgaben, die im Grunde nur<br />
durch intensive Zusammenarbeit mit<br />
den Religionen erfüllt werden können.<br />
Alle Weltreligionen tragen große Weisheiten<br />
in sich und gleichen einander in<br />
vielen Kernaussagen. Die meisten davon<br />
zielen darauf ab, das Zusammenleben<br />
der Menschen zu regeln und zu verbessern.<br />
Warum gelingt es trotzdem nicht,<br />
dass alle Kinder gemeinsam <strong>lernen</strong>,<br />
gemeinsame aus den Religionen wurzelnde<br />
Rituale entwickeln und gemeinsam<br />
ganz viel Toleranz erleben?<br />
Die Drei-Religionen-Grundschule in<br />
Osnabrück versucht es auf ihre Art. Im<br />
Internet ist darüber zu lesen, dass diese<br />
Grundschule als zukunftsweisendes<br />
Beispiel gilt, weil hier ein Bistum<br />
eine nicht mehr den schulrechtlichen<br />
Anforderungen entsprechende katholische<br />
Bekenntnisschule in eine<br />
trialogische Schule für jüdische,<br />
christliche und muslimische<br />
Kinder umgewandelt hat,<br />
in der das interreligiöse Lernen<br />
im gesamten Schulleben<br />
Vorrang haben soll.<br />
Dass jüdische, christliche<br />
und muslimische Kinder heute<br />
dieselbe Schule besuchen ist<br />
erst mal nichts Besonderes. Die unzähligen<br />
Nationalitäten, die heute in unseren<br />
Grundschulen abgebildet werden, bringen<br />
die unterschiedlichsten Kulturkreise<br />
und Religionen in die Schule mit.<br />
Was macht diese Schule anders, was<br />
macht sie „besonders“, wenn dann doch<br />
weiterhin noch getrennter Religionsunterricht<br />
stattfindet?<br />
„Alle Schülerinnen und Schüler nehmen<br />
am Religionsunterricht ihrer Religion<br />
teil, der von ausgebildeten Religionslehrkräften<br />
der jeweiligen Religion<br />
erteilt wird. Selbstverständlich wird der<br />
Religionsunterricht – wie auch alle anderen<br />
Unterrichtsfächer – auf der Grundlage<br />
der im Land Niedersachsen geltenden<br />
Lehrpläne erteilt. Jüdischer Religionsunterricht<br />
wird in Kooperation mit der<br />
jüdischen Gemeinde Osnabrück, islamischer<br />
Religionsunterricht in Kooperation<br />
mit der islamischen Schura, Niedersachsen<br />
e. V., der DiTiB, Türkisch Islamische<br />
Gemeinde e. V. und dem Institut für<br />
Islamische Theologie an der Universität<br />
Osnabrück durchgeführt“ (Broschüre<br />
„Drei-Religionen-Grundschule“ der<br />
Schulstiftung Bistum Osnabrück).<br />
Es ist offensichtlich das besondere<br />
Schulprofil, das den Unterschied macht:<br />
Ein Beirat aus Eltern und Lehrkräften der<br />
drei Religionen und weitere Mitglieder<br />
aus den religiösen Gremien erstellen gemeinsam<br />
im sogenannten trialogischen<br />
Profil unter anderem einen interreligiösen<br />
Kalender und legen fest, wie die Feste<br />
im Jahreskreis der drei Religionen in der<br />
Schule gefeiert werden können.<br />
Das Logo der<br />
3-Religionen-<br />
Schule<br />
Und wie weiter?<br />
Dieses interreligiöse Lernen im Schulleben<br />
öffnet den Blick für das „Andere“<br />
und lässt mich die Frage aufwerfen:<br />
Müssen Antworten auf die spezifischen<br />
Lebensfragen der Kinder unterschiedlich<br />
religiös geprägt sein? Wie kann<br />
ein nächster Entwicklungsschritt für<br />
die weitere Annäherung der Religionen<br />
aussehen, um insbesondere unsere<br />
GS aktuell 159 • September 2022<br />
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