Roth Journal_2022-10_01-24_red
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STADT ROTH<br />
"Haus Europa" im <strong>Roth</strong>er Stadtgarten<br />
<strong>Roth</strong> – Mit dem Kunstprojekt „Haus Europa“<br />
beabsichtigt der Künstler Markus Heinsdorff im<br />
<strong>Roth</strong>er Stadtgarten ein eindrückliches Zeichen<br />
für mehr Menschlichkeit zu setzen. In Zusammenarbeit<br />
mit der Stadt <strong>Roth</strong> und der Gemeinschaft<br />
Blumenthal entstand deshalb eine über<br />
sieben Meter hohe Kunstinstallation in Form<br />
eines Hauses. Dabei wurden insgesamt 122<br />
Fenster aus Teilen von Schwimmwesten geflüchteter<br />
Menschen versehen. Noch bis in den<br />
Dezember hinein wird das Werk dort aufgestellt<br />
bleiben, ehe es demontiert wird. Eine Entsorgung<br />
werde nicht stattfinden. Vielmehr bestünde<br />
die Möglichkeit die mit dem Schwimmwestenstoff<br />
bezogenen Fensterrahmen gegen<br />
eine Spende im Rahmen der Flüchtlingshilfe zu<br />
erwerben, informierte Heinsdorff bei der Eröffnungsfeier:<br />
„Die größte Katastrophe ist das<br />
Vergessen.“ Um dem entgegenzuwirken schuf<br />
Heinsdorff das „Haus Europa“, das zum Thema<br />
Flucht und Krieg entworfen wurde und die<br />
damit verbundenen sozialen Brennpunkte in<br />
Europa wie auch auf den Krieg in der Ukraine<br />
und den damit verbundenen Schicksalen aufmerksam<br />
machen soll. Seit längerem beschäftige<br />
sich Heinsdorff mit der Frage, wie man sich<br />
– scheinbar weit entfernt von den Flüchtlingslagern<br />
rund um das Mittelmeer – mit dem Leid<br />
durch Krieg effektiv auseinandersetzen könne.<br />
Denn: “Seit Corona hat sich nicht nur die wirtschaftliche<br />
Situation in Europa drastisch verschlechtert.<br />
Auch die Lebensumstände für Geflüchtete<br />
aus Krisen- und Armutsgebieten sind<br />
katastrophal. Zudem ertrinken immer noch<br />
zahlreiche Menschen im Mittelmeer. Die in Signalfarben<br />
leuchtenden Schwimmwesten sind<br />
dafür zum Symbol geworden.“ Für den Künstler<br />
lag es auf der Hand, diese Westen mit ihren<br />
vielfältigen Einzelschicksalen und Geschichten<br />
zu einem großen Ganzen zusammenzufügen<br />
und so das Thema Flucht mit aktuell <strong>10</strong>0 Millionen<br />
Geflüchteten präsent zu halten: „Niemand<br />
setzt seine Kinder im winterlichen Meer auf ein<br />
Boot, dem das Land sicherer erscheint!“ Heinsdorff<br />
fordert deshalb eine enge Zusammenarbeit<br />
und eine „europäische Lösung“ der Problematik.<br />
Denkbar seien beispielsweise eine<br />
gemeinschaftliche Flüchtlingspolitik, ein funktionierendes<br />
System zur Seenotrettung oder das<br />
Überdenken der Verlagerung von Grenzschutz<br />
und Flüchtlingsabwehr in europäische Nachbarstaaten.<br />
Jeder sei eingeladen das „Haus<br />
Europa“ zu besichtigten, sagte<br />
Bürgermeister Andreas Buckreus.<br />
Aus eigener Erfahrung<br />
wisse er, dass gezeigte Bilder<br />
im Fernsehen oftmals nicht vermitteln,<br />
welche bewegenden<br />
Geschichten sich hinter zahlreichen<br />
Schicksalen verbergen<br />
würden. „Erst, wenn mit den<br />
Menschen gesprochen wird<br />
und mit ihnen zu tun hat, trifft<br />
es einen selbst. Das ist sehr bewegend.“<br />
Das „Haus Europa“<br />
werde mittels LED-Leuchten<br />
in der Zeit zwischen 20 und 22<br />
Uhr angestrahlt. „Wir wissen,<br />
dass dies zu Kritik führen könnte.“<br />
Die Bereiche Kunst und Kultur<br />
seien von den momentanen<br />
Energiesparmaßnahmen zum<br />
Teil ausgenommen: „Wir wollen<br />
dennoch nichts übertreiben“,<br />
erklärte Buckreus.<br />
Text / Foto Marco Frömter<br />
<strong>10</strong> | <strong>2022</strong><br />
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