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Waffenmarkt-Intern 10/2022

Waffenmarkt-Intern – Das B2B-Insider-Magazin für Jagd, Messer, Schießsport und Security – die Oktober-Ausgabe mit dem Schwerpunkt Weihnachten für den Handel

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12 _ FIRMEN+PERSONEN INTERN _ <strong>10</strong> / <strong>2022</strong><br />

Social Engineering: Je digitaler die Welt,<br />

desto größer das Risiko Mensch<br />

UNTERENHMENSSICHERHEIT _ „Hacking“, das ist ein Begriff, dessen Beschreibung gern mit Klischees<br />

illustriert wird: Gedacht wird dann nicht selten an kapuzenpullitragende Männer, die im<br />

Dunkeln in rasender Geschwindigkeit sinistre Dinge in ihren Laptop eingeben und dabei mit Leichtigkeit<br />

Banken um Millionen oder Individuen um ihre Identität bringen.<br />

SELBSTVERSTÄNDLICH ist Hacking mehr als<br />

dieses Klischee, nicht nur in Hinblick auf<br />

Geschlecht, Intelligenz und Vorgehensweise<br />

der Täter. Hacking ist in einer immer digitaleren<br />

Gesellschaft auch ein zunehmend<br />

vielschichtigeres und alltäglicheres Sicherheitsproblem.<br />

Es ist aber vor allem eines:<br />

nicht das größte Problem. Das mag erstaunlich<br />

klingen, denn ist Digitalisierung<br />

nicht vor allem eine – eben aufgrund der digitalen<br />

Durchdringung aller Lebensbereiche<br />

– immer größere technische Herausforderung?<br />

Inzwischen müsste sich diese Frage eigentlich<br />

von selbst beantworten: Digitalisierung<br />

ist vor allem eine kulturelle Herausforderung.<br />

Technik ist nur Mittel zum Zweck,<br />

denn Menschen sitzen an den Geräten und<br />

erwecken sie erst zum Leben. Phishing, das<br />

digitale Social-Engineering-Paradebeispiel,<br />

kommt zwar über einen digitalen Kanal daher,<br />

aber die Verführung („Anhang öffnen /<br />

Link klicken, um … nackt zu sehen / einen<br />

Gutschein zu erhalten / die Passwortaktualisierung<br />

durchführen zu können“) zielt<br />

auf den Menschen. Und damit sind wir, die<br />

menschlichen Akteure, gleichermaßen Ziel<br />

und Risiko. Social Engineering, die Kunst<br />

der sozialen Manipulation, ist nicht nur ein<br />

Thema, das so alt wie die Menschheit selbst<br />

sein dürfte, sondern zugleich ein Phänomen,<br />

welches sich insbesondere aufgrund der Digitalisierung<br />

in ungeahnte Dimensionen<br />

ausdehnen konnte.<br />

Social Engineering funktioniert, weil es<br />

ur-menschliche und, ganz wichtig, oftmals<br />

völlig richtige und wichtige sozialadäquate<br />

Verhaltensweisen attackiert. Warum einem<br />

Menschen, den man auf einer Konferenz<br />

kennen- und mögen gelernt hat, nicht<br />

offen und freundlich entgegentreten und<br />

auch mal etwas aus dem Nähkästchen plaudern?<br />

Warum nicht dem Anrufer vertrauen,<br />

der anscheinend Firmeninterna kennt und<br />

deshalb doch nur ein Kollege in einer Notsituation<br />

sein kann? Warum nicht mit der<br />

netten Studentin flirten und ihr <strong>10</strong>0 EUR<br />

für eine Busfahrt schicken, damit man sich<br />

nach den zahllosen Flirtchats endlich in die<br />

Arme schließen kann? Was soll schon passieren?<br />

Was kann schon schiefgehen?<br />

Sehr viel. Bei Social Engineering geht es<br />

schnell ums Ganze, denn im Zweifel wird<br />

nicht nur Geld gestohlen oder ein Zugang zu<br />

Firmendatenbanken erlangt, sondern das<br />

Vertrauen in der Belegschaft geschädigt:<br />

man wurde nicht „nur“ (rein technisch) gehackt,<br />

man wurde betrogen. Deshalb sollten<br />

insbesondere Firmen Rollen, Rechte, Prozesse,<br />

Routinen und Abläufe regelmäßig hinterfragen,<br />

die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter<br />

fördern und aktivierende Schulungen auch<br />

zu exotischen Sicherheitsvorfällen anbieten,<br />

aber auch die Einhaltung von sozial seltsam<br />

erscheinenden Maßnahmen einfordern und<br />

kontrollieren. Vertrauen ist gut, aber es sollte<br />

bestimmte Grenzen kennen. Wer keine<br />

Codekarte hat, kommt nicht ins Gebäude –<br />

Tür aufhalten verboten! Wer kein Serveradmin<br />

ist, braucht auch keinen Adminzugang<br />

zum Server – Sicherheit geht vor!<br />

Der Arbeitsplatz ist kein Ort für private<br />

Distanzlosigkeit und ungezwungenes Rumkumpeln,<br />

sondern für eine professionelle Leistungsgemeinschaft.<br />

Soziale Gepflogenheiten<br />

müssen sich teilweise bestimmten Zwängen<br />

unterwerfen, die im privaten Miteinander<br />

undenkbar wären. Daran immer wieder<br />

zu erinnern, im besten Sinne eines Forderns<br />

und Förderns, hilft bei der Abwehr von sozialen<br />

Betrugsversuchen. Insbesondere in sensiblen<br />

Branchen wie Waffenfachhandel, Rüstung<br />

und Verteidigung sollte diese Professionalität<br />

Vorbildcharakter haben. Immer und überall.<br />

Der Autor<br />

STEPHAN G. HUMER … ist Professor in der<br />

digitalen Sicherheitsforschung an der<br />

Hochschule Fresenius Berlin und soziotechnischer<br />

Waffensachverständiger, d.<br />

h. interessiert an allen Themen rund um<br />

Schusswaffen und Gesellschaft. Er ist<br />

Gründungsvorsitzender (2013-2021) des<br />

Netzwerks Terrorismusforschung e. V.<br />

und dortiger Koordinator der Spitzenforschung.<br />

Außerdem ist er als Gutachter für<br />

Politik, Behörden und Unternehmen tätig.<br />

www.humer.de<br />

Fotos. 9sdworld / Pixabay, Prof. Dr. Stephan Humer

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