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TE-Geflügel_Leseprobe

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Genuss<br />

und Vielfalt<br />

Salat mit Putenbruststreifen: Der Erfolg dieser seit<br />

den 1990er-Jahren so überaus populär gewordenen<br />

Mahlzeit verdeutlicht unmittelbar, was wir<br />

heute mit Hühnchen, Pute & Co. verbinden: leicht<br />

zuzubereiten, gesund, fettarm – und nahezu geschmacklos.<br />

Wer aber die Qualität von <strong>Geflügel</strong>fleisch auf dessen<br />

Funktionalität und Nährwert reduziert, bringt sich um eine<br />

wesentliche Dimension von Essen: den Genuss. Egal, ob vor<br />

allem fettarm oder geschmackvoll – immer wird nach guter<br />

Fleischqualität verlangt. Und das bedeutet heute für viele:<br />

möglichst Bio.<br />

GEFLÜGELFLEISCH BEDEU<strong>TE</strong>T GENUSS UND VIELFALT –<br />

WENN DIE QUALITÄT STIMMT! ABER PASST DAS ÜBER-<br />

HAUPT ALLES ZUSAMMEN? WAS BEDEU<strong>TE</strong>T FLEISCH-<br />

QUALITÄT BEI GEFLÜGEL – WAS MACHT DENN ETWA EINE<br />

PERFEK<strong>TE</strong> EN<strong>TE</strong>NBRUST ODER EINEN GU<strong>TE</strong>N HÜHNER-<br />

SCHENKEL AUS? UND IST „BIO“ WIRKLICH BESSER?<br />

Tatsächlich sind ganz verschiedene Eigenschaften<br />

gemeint, wenn wir von Fleischqualität sprechen. Das, was<br />

wir allgemein unter „gutem Geschmack“ verstehen, wird in<br />

der Fachsprache als Genusswert bezeichnet. Dieser meint<br />

die sensorisch-kulinarischen Eigenschaften des Fleisches:<br />

Zartheit und Geschmack, Aroma und Geruch, aber auch<br />

die Marmorierung und die Saftigkeit. Die beruht auf dem<br />

Safthaltevermögen, also der Fähigkeit des Fleisches, das in<br />

ihm enthaltene Wasser zu binden und nicht auszutrocknen.<br />

Zu den weiteren Eigenschaften, die die Fleischqualität<br />

ausmachen, wird der Nährwert gezählt, also die Qualität<br />

der Inhaltsstoffe des Fleisches, wie Proteine, Fette, Mineralstoffe<br />

und Vitamine. Dann natürlich der Gesundheitswert,<br />

die Frage nach der Hygiene (Frische bzw. mikrobiologische<br />

Beeinträchtigung) und möglichen Verunreinigungen (etwa<br />

durch Schwermetalle, Antibiotika oder Pflanzenschutzmittel).<br />

Und schließlich noch den sogenannten Gebrauchswert,<br />

der verarbeitungstechnologische Faktoren, etwa das<br />

Wasserbindevermögen oder die Emulgierfähigkeit bei der<br />

Wurstherstellung bezeichnet.<br />

Mit der Kritik an der modernen Nutztierhaltung trat für<br />

den Verbraucher neben dieser im eigentlichen Sinne „materiellen“<br />

Eigenschaft, die Produktqualität des Fleisches,<br />

eine eher ideelle, die sogenannte Prozessqualität. Allerdings<br />

nicht im Sinne abstrakt optimierter Abläufe, sondern einer<br />

möglichst am Tierwohl orientierten Fleischproduktion, die<br />

sich auf ganz unterschiedliche Bestandteile der Aufzucht<br />

und Mast bezieht und mit Begriffen wie extensiver Freilandoder<br />

Bio-Haltung nur ganz verkürzt benannt werden kann.<br />

Im Folgenden soll auf die verschiedenen Dimensionen<br />

von Fleischqualität ein Blick geworfen werden. Da an<br />

dieser mit dem Aufkommen der modernen <strong>Geflügel</strong>industrie<br />

Mitte des letzten Jahrhunderts verstärkt Kritik aufkam,<br />

soll auch dargestellt werden, von welchen Faktoren diese<br />

Qualität überhaupt abhängt und welche Einflussmöglichkeiten<br />

es möglicherweise gibt, diese und insbesondere<br />

den Genusswert des Fleisches, wieder zu verbessern.<br />

Dabei sind derzeit vier Fragestellungen in der Diskussion:<br />

1. die verwendeten <strong>Geflügel</strong>rassen, 2. die Art der Haltung,<br />

3. Fütterung und Mast sowie 4. Tötung, Zerlegung und<br />

Fleischreifung. Auch auf sie soll auf den folgenden Seiten<br />

eingegangen werden.<br />

Das Fleisch von <strong>Geflügel</strong>, mit Ausnahme von dem<br />

der Wasservögel, wie Enten und Gänse, wird gerne auch<br />

„weißes Fleisch“ genannt, im Gegensatz zu „rotem Fleisch“<br />

wie das von Rindern, Kälbern, Schweinen, Lämmern und<br />

Schafen. „Rot“ bezieht sich dabei auf den hohen Gehalt<br />

des in diesem Fleisch enthaltenen Myoglobins, ein Protein,<br />

das in bestimmten Muskeltypen Sauerstoff aufnimmt und<br />

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