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Kunstbulletin November 2022

Unsere November Ausgabe für 2022 mit Beiträgen zu Latefa Wiersch, Ann Demeester, Kunst und Klima, Grace Schwindt, uvm.

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To Watch the War<br />

Winterthur — Seit Februar schaut die Welt auf<br />

den Osten der Ukraine, wo nach dem Einmarsch<br />

der russischen Armee bis zum heutigen Tag<br />

gekämpft wird. Die Ausstellung in der Coalmine<br />

in Winterthur blickt in dieselbe Richtung und<br />

bietet trotzdem eine eigene Perspektive.<br />

Der Krieg in der Ukraine wird nicht nur mit<br />

Gewehren, Panzern und Artillerie geführt.<br />

Wichtige Waffe ist das Smartphone und die<br />

darin verbaute Kamera. Videos kursieren auf<br />

Social-Media-Plattformen und Messengerdiensten,<br />

und noch bevor ein Offizier, ein:e<br />

Kriegsexpert:in oder eine Zeitung das Geschehene<br />

einordnen kann, haben es schon Tausende<br />

Menschen auf ihrem Bildschirm; direkt,<br />

roh und rücksichtslos. Die Wirkungsmacht<br />

des bewegten Bildes zeigen die in der Ukraine<br />

lebenden Kuratoren Olexii Kuchanskyi und Oleksiy<br />

Radynski zusammen mit Annette Amberg<br />

in der Ausstellung ‹To Watch the War – The<br />

Moving Image Amidst the Invasion of Ukraine<br />

(2014–<strong>2022</strong>)› in der Coalmine.<br />

Anhand von 21 Videoarbeiten ukrainischer<br />

Künstler:innen zeichnen die Kuratierenden<br />

die Geschehnisse in der Ostukraine nach. Die<br />

Ausstellung umfasst den Zeitraum von beinahe<br />

zehn Jahren ab 2013, kurz vor der russischen<br />

Annexion der Halbinsel Krim, und endet mit<br />

dem Ausbruch des «Great War».<br />

Bewegt man sich durch die Räume der Coalmine,<br />

so beschleicht einen ein Gefühl der<br />

Überforderung. An den weissen Wänden hängen<br />

Bildschirme, davor stehen Holzhocker. Sie<br />

laden ein, sich einen Kopfhörer zu greifen und<br />

in die Arbeiten einzutauchen.<br />

Neuere und experimentelle Werke bedienen<br />

sich zumeist Found Footage, die auf YouTube<br />

oder auf Messengerdiensten zirkulieren,<br />

und kombinieren diese mit digital erzeugten<br />

Figuren. Dem gegenüber werden im ruhigen<br />

Dokumentationsstil Geschichten erzählt,<br />

beispielsweise aus der Hafenstadt Mariupol<br />

und von ihren Anwohnern. Während die Kamera<br />

langsam über das Asowsche Meer schwenkt,<br />

liest man im Untertitel die Übersetzung der<br />

ukrainischen Erzählstimme: «Seemine».<br />

Entgegen dem Umgang mit unseren Smartphones,<br />

auf denen unangenehme Bilder mit<br />

einem Wisch verschwinden, gibt es in den fensterlosen<br />

Räumen der Coalmine kein schnelles<br />

Entrinnen vor den schweren Inhalten. Klar, als<br />

Besucher:in entscheiden wir selbst, welche<br />

Arbeiten wir genauer anschauen wollen. Doch<br />

die Videokünstler:innen ziehen uns mit ihren<br />

Arbeiten unweigerlich in Bann, sodass wir bereit<br />

sind, uns den Bildern und Geschichten zu<br />

stellen. Die Ausstellung wird in ihrer Fülle auch<br />

zu einem facettenreichen Archiv zu den Geschehnissen<br />

in einem Land, das bis vor Kurzem<br />

in unseren Breitengraden wenig Beachtung<br />

fand. Dominik Rogenmoser im Rahmen von CAS<br />

Schreiben in Kunst und Kultur, ZHdK, <strong>2022</strong>.<br />

Dana Kavelina · Letter to a Turtledove, 2020<br />

Andriy Rachynsky & Daniil Revkovsky ·<br />

Sky.Invasion, <strong>2022</strong><br />

→ Coalmine, Raum für Fotografie, bis 18.12.<br />

↗ www.coalmine.ch<br />

HINWEISE // WINTERTHUR<br />

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