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Kunstbulletin November 2022

Unsere November Ausgabe für 2022 mit Beiträgen zu Latefa Wiersch, Ann Demeester, Kunst und Klima, Grace Schwindt, uvm.

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Richard Gerstl<br />

Zug — Bei jeder Begegnung mit Richard Gerstl<br />

(1883–1908) berührt die Jugendlichkeit des<br />

Künstlers aufs Neue: Mit 15 wird er in die Akademie<br />

aufgenommen. Mit 25 bereits scheidet<br />

er, nach der Affäre mit Arnold Schönbergs<br />

Frau Mathilde, durch Freitod aus dem Leben.<br />

In knapp fünf Jahren entwickelt er ein einzigartiges<br />

malerisches Können, das die enorme<br />

Spannweite zwischen spätem Impressionismus<br />

und einer Vorwegnahme der (Wiener) Aktionskunst<br />

der 1960er durchmisst. Gerstl war<br />

als wacher und sensibler Geist hochgebildet,<br />

belesen und informiert über die aktuellsten<br />

Kunstströmungen, denen er in der Secession<br />

begegnen konnte. Die Schau in Zug, wo sich – in<br />

der Stiftung Sammlung Kamm – der grösste<br />

Gerstl-Bestand ausserhalb Wiens befindet,<br />

bietet erstmals seit rund dreissig Jahren in der<br />

Schweiz einen umfassenden Überblick über<br />

das Schaffen des Künstlers. Sie wartet mit den<br />

entscheidenden Hauptwerken auf – angefangen<br />

bei den frühen Selbstporträts, darunter<br />

der Halbakt auf blauem Grund des knapp<br />

Zwanzigjährigen, bis zum Selbstbildnis als Akt,<br />

entstanden 1908, kurze Zeit vor seinem Tod.<br />

Wir begegnen den teils in expressivem und in<br />

jeder Beziehung radikalem Duktus gemalten<br />

Gruppen- und Einzelbildern der Familie und<br />

Freunde Schönbergs, aber auch den am Traunsee<br />

entstandenen Landschaften sowie zwei der<br />

seltenen Selbstporträt-Zeichnungen.<br />

Die Ausstellung entstand in Kooperation mit<br />

dem Leopold Museum in Wien, das sie 2020<br />

zeigte. Wegen Corona musste das Kunsthaus<br />

Zug sie auf <strong>2022</strong> verschieben. Während das<br />

Leopold Museum Gerstls Werk einbettete in<br />

sein damals aktuelles Umfeld, so fragt Zugs<br />

Kurator Matthias Haldemann nach der Bedeutung<br />

dieses Werkes als Inspirationsquelle vor<br />

allem für die Wiener Avantgarde der 1960er,<br />

deren körperbetonte Aktionskunst teils direkt<br />

an Gerstl anschliesst. Vor allem Otto Muehl ist<br />

da vertreten – mit Materialbildern der 1960er-<br />

Jahre, aber auch mit ganz direkten malerischen<br />

Bearbeitungen einzelner Gerstl-Motive und<br />

mit einem Film von Terese Schulmeister, zu<br />

dem er das Drehbuch schrieb. Zu sehen sind<br />

überdies drei ‹Schüttbilder› von 2020, die<br />

Hermann Nitsch vor seinem Tode am 18. April<br />

dieses Jahres noch für Zug bereitgestellt hat.<br />

Gewichtig ist auch Günter Brus vertreten – mit<br />

einem Video und Fotodokumentationen seiner<br />

Aktionen. Mit Gerstl setzen sich auch Georg<br />

Baselitz und Adrian Schiess auseinander. Weitere<br />

Künstler:innen: Martha Jungwirth, Arnulf<br />

Rainer, Herbert Brandl, Theo Altenberg. NO<br />

Richard Gerstl · Gruppenbild mit Schönberg,<br />

1908, Öl auf Leinwand, 169 x 110 cm,<br />

Kunsthaus Zug, Stiftung Sammlung Kamm<br />

© ProLitteris<br />

Otto Muehl · Schönberg Familienbild, 1988,<br />

Öl auf Leinwand, 150 x 160 cm, Privatbesitz,<br />

Courtesy Konzett Gallery © ProLitteris<br />

→ Kunsthaus Zug, bis 4.12.<br />

↗ www.kunsthauszug.ch<br />

HINWEISE // YVERDON-LES-BAINS / ZUG<br />

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