12.12.2022 Aufrufe

SeeMagazin 2022

Wir lieben das Fünfseenland. Die Besonderheit der Region sammeln wir deshalb einmal jährlich mit schönen Bildern und Geschichten in unserem SeeMagazin. Und das seit mittlerweile 15 Jahren! Zum Jubiläum haben wir den Fokus auf das wichtigste Element der Region gelegt: das Wasser. Wir stellen Menschen vor, deren Alltag vom Wasser geprägt ist. Darüber hinaus durften wir Peter Maffay in seinem Studio in Tutzing besuchen und mit ihm und seiner Lebensgefährtin Hendrikje Balsmeyer über ihr Leben am See sprechen.

Wir lieben das Fünfseenland. Die Besonderheit der Region sammeln wir deshalb einmal jährlich mit schönen Bildern und Geschichten in unserem SeeMagazin. Und das seit mittlerweile 15 Jahren! Zum Jubiläum haben wir den Fokus auf das wichtigste Element der Region gelegt: das Wasser. Wir stellen Menschen vor, deren Alltag vom Wasser geprägt ist. Darüber hinaus durften wir Peter Maffay in seinem Studio in Tutzing besuchen und mit ihm und seiner Lebensgefährtin Hendrikje Balsmeyer über ihr Leben am See sprechen.

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SeeMensch<br />

Knapp 20 Grad zeigt das Thermometer an<br />

diesem Märztag am Westufer des Ammersees.<br />

Die Ersten baden schon an, ein paar Meter weiter<br />

werden Stege repariert und Segelboote aus dem Winterschlaf<br />

geholt, für den Saisonbeginn im April. Victoria<br />

Mayer, 46, und ihr Mann Jan Messutat, 51, leben mit ihren<br />

zwei Kindern seit zwölf Jahren in Dießen. Die beiden sind<br />

seit 18 Jahren ein Paar, seit sie in einem Theaterstück<br />

zusammen gespielt haben. „Ach, ist das herrlich, ich freu<br />

mich schon so aufs Wasser“, ruft Jan Messutat, da hat seine<br />

Frau schon ihre Schuhe ausgezogen und steigt in den sechs<br />

Grad kalten See.<br />

Frau Mayer, Sie sind in Münster geboren, bei Bremen und<br />

in Marburg aufgewachsen, Herr Messutat, Sie sind in<br />

Stuttgart geboren. Was hat Sie beide an den Ammersee<br />

verschlagen?<br />

Messutat: Wir hatten gar nicht vor, an den See zu ziehen.<br />

Als unser Sohn vor 13 Jahren auf die Welt kam, lebten wir in<br />

München und hatten Lust, das Landleben auszuprobieren.<br />

Victoria und ich sind teilweise auf dem Land groß geworden.<br />

Durch Zufall erfuhren wir dann von einer Wohnung in Dießen,<br />

die Freunden von meinem Agenten gehörte.<br />

Mayer: Wir hatten eigentlich etwas fürs Wochenende<br />

gesucht, wie viele Städter, aber die Wohnung war zu groß<br />

und zu teuer, um sie nur am Wochenende zu nutzen. Und wir<br />

dachten, wenn wir pendeln, dann sind wir überall nur halb,<br />

also probieren wir’s doch einfach mal aus.<br />

Messutat: Und dann sind zwölf Jahre daraus geworden.<br />

Wie haben Sie im Ort Anschluss gefunden?<br />

Messutat: Wir haben in einem Haus mit mehreren Familien<br />

zusammengewohnt, da hat man natürlich schnell<br />

Anschluss. Überhaupt entwickelt sich ja über die Kinder<br />

immer viel. Oder auch zum Beispiel über den Tennisverein,<br />

ich spiele gerne Tennis.<br />

Frau Mayer, Sie haben eine Weile lang einen Tag in der<br />

Woche in einem Café gearbeitet. Wie kam das?<br />

Mayer: Die Besitzer sind Freunde von uns. Ab und zu<br />

habe ich Kuchen für Events gebacken, und dann suchten sie<br />

jemanden, der einmal die Woche aushilft, was mir echt<br />

Spaß gemacht hat. Alles Regelmäßige ist auf Dauer aber<br />

schwierig, weil ich oft für Dreharbeiten unterwegs bin. Im<br />

Moment helfe ich im Buchladen einer Freundin aus. Lesende<br />

Menschen sind einfach nett und ich kriege immer mit,<br />

was es Neues gibt. Die Kreativszene in Dießen schätzen wir<br />

sehr. Es ist immer etwas los, es gibt Lesungen und Konzerte.<br />

Zum Weltfrauentag haben wir mit ein paar Freunden in Zusammenarbeit<br />

mit der Freien Kunstanstalt einen feministischen<br />

Literaturabend veranstaltet. Und neulich haben wir<br />

ein Benefizkonzert mit Lesungen mitorganisiert, der Erlös<br />

wurde für die Geflohenen aus der Ukraine gespendet.<br />

Sie sind beide nicht nur Schauspieler. Frau Mayer, Sie<br />

haben eine Ausbildung als Trauerbegleiterin und als<br />

Körpertherapeutin, Herr Messutat, Sie begleiten als Coach<br />

Schauspieler und Führungskräfte. Was finden Sie dort, was<br />

Ihnen die Schauspielerei nicht gibt?<br />

Messutat: Die Gemeinsamkeit mit der Schauspielerei ist,<br />

dass man in andere Leben guckt, doch der Schauspielberuf<br />

ist – im positivsten Sinn – ein egozentrischer, ein expressiver<br />

Beruf. Das ist toll, aber so bin ich nicht immer. Ich bin oft<br />

auch ein zurückhaltender Mensch. Ich muss nicht immer<br />

vorne stehen, es dauert ein bisschen, bis ich gerne auf die<br />

Bühne gehe. Wenn ich eine Bühne sehe, bin ich mit Sicherheit<br />

der Letzte, der hochspringt, und nicht der Erste.<br />

Mayer: Da sind wir uns ähnlich. Wir werden auch oft<br />

gefragt: Was, ihr seid Schauspieler? Weil wir offenbar nicht<br />

so dem Bild entsprechen, das die Menschen von Schauspielern<br />

haben.<br />

Messutat: Das heißt aber nicht, dass wir es nicht<br />

genießen, in bestimmten Situationen im Rampenlicht zu<br />

stehen. Coaching dagegen ist ein helfender, ein gebender<br />

Beruf. Ich habe relativ früh entdeckt, wie bereichernd es ist,<br />

Menschen auf ihrem Weg zu begleiten.<br />

Mayer: Im Verein Marienkäfer e. V. habe ich eine Weile<br />

jede Woche Kinder und Jugendliche begleitet, bei denen<br />

jemand in der Familie schwer krank oder verstorben ist.<br />

Wir haben gemalt, gespielt und Kuchen gebacken, in der<br />

Zeit hatten die Eltern ein bisschen Zeit für sich. Irgendwann<br />

musste ich leider aufhören, weil ich beruflich so viel<br />

unterwegs war. Die Ausbildung in der Talmi-Methode habe<br />

ich bei meinem ehemaligen Bewegungsprofessor von der<br />

Schauspielschule gemacht. Dabei lernt man, Körpermuster<br />

und Verspannungen aufzulösen, damit man mehr Freiheit<br />

im Spiel und im Tanz bekommt. Wir interessieren uns<br />

»Die Kreativszene in<br />

Dießen schätzen wir<br />

sehr. Es ist immer etwas<br />

los, es gibt Lesungen<br />

und Konzerte«<br />

Victoria Mayer<br />

beide einfach für viele Dinge und der Schauspielberuf lässt<br />

uns dafür Raum.<br />

Wie viel Raum nimmt die Schauspielerei in Ihrer Partnerschaft<br />

ein?<br />

Mayer: Für uns ist sie ein großer Teil der Beziehung.<br />

Wir besprechen Drehbücher und Rollen miteinander und<br />

unterstützen uns gegenseitig bei E-Castings. Ich bin froh,<br />

dass wir unseren Beruf miteinander teilen – gleichzeitig<br />

definieren wir uns nicht ausschließlich über die Schauspielerei.<br />

Wir sind nicht die Megastars, die eine Hauptrolle nach<br />

der anderen drehen – was man natürlich unverständlich<br />

finden kann (lacht). Aber das gibt uns eben auch viel Zeit für<br />

andere Dinge.<br />

Messutat: Uns beiden ist es wichtig, selbstbestimmt zu<br />

arbeiten. Der Schauspielberuf hat mit Freiheit zu tun, mit<br />

Sichentdecken. Das hat mich im festen Theater-Engagement<br />

gestört, dass man als Schauspieler ans Schwarze Brett<br />

geht und dort steht, welche Rolle man spielen soll.<br />

Mayer: Dabei ist es schade, weil wir beide den Ensemblegedanken<br />

toll finden – in einer festen Gruppe über einen<br />

langen Zeitraum miteinander zu arbeiten. Aber ich habe<br />

schon an der Schauspielschule gemerkt, dass ich die Wahl<br />

haben will, was ich mache. Auch jetzt beim Drehen ist es<br />

ein großer Luxus, wenn man noch einen Beruf hat und<br />

nicht jede Rolle annehmen muss. Wenn man sich nur<br />

darauf konzentriert, ob das Telefon klingelt, ist das ein<br />

schneller Weg in eine Depression.<br />

Messutat: Das haben wir auch jahrelang gemacht.<br />

Früher haben wir Chancen nachgetrauert, wenn es mit<br />

einem Casting nicht geklappt hat. Das kostet unheimlich viel<br />

Energie, wenn man sich immer fragt: War ich nicht attraktiv<br />

genug, nicht kräftig genug, zu jung, zu alt? Heute sind wir<br />

gelassener. Das heißt nicht, dass man aufgibt.<br />

Mayer: Mit zunehmendem Alter verabschiedet man<br />

sich ja auch ein Stück weit von den Erwartungen von außen<br />

und auch von den Bildern, die man selbst von sich hatte,<br />

davon, wer man dachte, wer man wird.<br />

Messutat: Das hast du super auf den Punkt gebracht.<br />

Was macht Sie zu einem guten Paar?<br />

Mayer: Wer sagt, dass wir das sind?<br />

Messutat: Vielleicht sind wir einfach gute Schauspieler.<br />

Die beiden sehen sich an und lachen laut.<br />

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