FOCUS MONEY 2022/52 Vorschau
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Wir leben in der interessantesten Periode<br />
der Geschichte, die die Menschheit je erlebt<br />
hat.“ Das sagte Ray Kurzweil, Leiter<br />
der technologischen Entwicklung bei<br />
Google, Futurist und Buchautor, vor<br />
zwei Jahren. Indiz: Die Elon-Musk-Firma<br />
Neuralink arbeitet an Implantaten, die das menschliche<br />
Gehirn mit Computern verbinden sollen. „Bisher ist das Ganze<br />
eher Cyberpunk-Vision denn Realität“, heißt es bei der<br />
Nachrichtenplattform WinFuture, „aber im Herbst 2023<br />
könnte sich das ändern.“<br />
Wenn es nach Propheten aus der Vergangenheit geht, müssen<br />
sich die Menschen warm anziehen. Wie andere Presseorgane<br />
grub die Tageszeitung „The Times of India“ Nostradamus<br />
aus. Der lebte im 16. Jahrhundert und war ein<br />
französischer Apotheker und Astrologe. Seine Prophezeiungen<br />
haben es in sich. Im Online-Auftritt der Zeitung liest man<br />
etwa, dass im Jahr 2023 eine Finanzkrise die Wirtschaft beeinträchtigt<br />
und das Klima Kapriolen schlägt. Last but not<br />
least wird ein großes Imperium zerstört. „Nun, das könnte<br />
China oder Russland sein“, heißt es auf der Internet-Seite.<br />
Die Folge: Die Standfestigkeit politischer Systeme wird auf<br />
die Probe gestellt.<br />
Das einzig Wahre. Weshalb erwähnen wir das? Weil es symptomatisch<br />
für die Situation auf der Welt ist. „Das Schuldenmachen<br />
ist völlig außer Kontrolle geraten – und das betrifft<br />
Staaten, Unternehmen und Privatleute gleichermaßen“, sagte<br />
der Ökonom Nouriel Roubini in einem Interview auf dem<br />
Nachrichten-Portal t-online.de. „1999 beliefen sich die staatlichen<br />
und privaten Schulden auf 220 Prozent der jährlichen<br />
globalen Wirtschaftsleistung – Ende 2021 waren es rund 350<br />
Prozent!“ Das birgt Zündstoff. So legte der Goldpreis auf Dollar-Basis<br />
in dieser Zeit um gut 500 Prozent zu. Wenn der<br />
Glaube an das Finanzsystem ins Wanken gerät, so unsere Meinung,<br />
lohnt sich vermutlich der Kauf von (physischem) Gold.<br />
Anleger, die eine indirektere Form des Edelmetallerwerbs bevorzugen,<br />
analysieren das währungsgesicherte Invesco-Physical-Gold-EUR-Hedged-ETC<br />
(WKN: A28QBG). Aktueller Kurs:<br />
45 Euro. Replikationsmethode: physisch. Stoppkurs: 38 Euro.<br />
Zeitenwende. „Die Welt, in der wir leben, basierte auf billigen<br />
Arbeitskräften und Waren aus China, billigem Gas aus<br />
Russland, das Europa mit Energie versorgt, und Einwanderung,<br />
die die Löhne niedrig hielt.“ Dieser Satz des Goldexperten<br />
Ronald Peter Stöferle, einem Partner des Liechtensteiner<br />
Vermögensverwalters Incrementun, findet sich auf einer Internet-Seite<br />
des Geldhauses. Das ist genauso richtig wie wichtig,<br />
denn die Welt wie wir sie kannten, ist Vergangenheit.<br />
Viele Aktienmärkte kommen seit Jahren nicht vom Fleck.<br />
Allerdings versucht die Börse immer, die Zukunft zu erspähen.<br />
Man kann die Erholung von Dow Jones oder Dax als Indiz<br />
nehmen. Als Grund für die Jahresendrally nennen skeptische<br />
Analysten gern Begriffe wie Window-Dressing oder<br />
FOMO (Fear of missing out). Was aber, wenn mehr hinter den<br />
Gegenbewegungen steckt?<br />
Drei Zeitfenster zeigen, dass die Akteure an den Finanzmärkten<br />
mitunter einen guten Riecher hatten (s. Grafiken<br />
rechts). Sowohl bei der Savings-and-Loan-Krise Anfang der<br />
1990er-Jahre als auch beim Ausbruch der Corona-Pande-<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>MONEY</strong> <strong>52</strong>/1 <strong>2022</strong>/23<br />
Die Savings-and-Loan-Krise<br />
Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre<br />
brachen Hunderte von US-Sparkassen zusammen.<br />
Hinzu kam der Einmarsch des Irak in Kuwait. Der<br />
S&P begann dennoch zu klettern.<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Quelle: Bloomberg<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
S&P-500 1990 bis 1995<br />
verwässerter Gewinn je Aktie in Punkten<br />
S&P-500 in Punkten<br />
Aktien beginnen zu steigen,<br />
Gewinne folgen<br />
1990 91 92 93 94 1995<br />
Die Finanzkrise<br />
Während der Finanzkrise 2008/2009 sanken die<br />
Gewinne je Aktie deutlich. Der S&P-500-Index kam<br />
bereits früher aus dem Tal der Tränen. Die Gewinne<br />
folgten später.<br />
Quelle: Bloomberg<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
S&P-500 2006 bis 2011<br />
S&P-500 in Punkten<br />
verwässerter Gewinn je Aktie in Punkten<br />
Aktien beginnen zu steigen, Gewinne folgen<br />
2006 07 08 09 10 2011<br />
S&P-500 2020 bis <strong>2022</strong><br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
1600<br />
1200<br />
800<br />
400<br />
Die Corona-Pandemie<br />
Es dauerte bis 2021, bis sich die Gewinne je Aktie<br />
beim S&P-500-Index stabilisieren konnten. Zu dieser<br />
Zeit hatte das Börsenbarometer bereits neue Höhen<br />
erreicht.<br />
Quelle: Bloomberg<br />
verwässerter Gewinn je Aktie in Punkten 5000<br />
S&P-500 in Punkten<br />
4000<br />
Aktien beginnen zu steigen, Gewinne folgen<br />
2020 2021 <strong>2022</strong><br />
0<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0<br />
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