Landwirtschaft-im-Braunschweiger-Land_2023
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Betriebswirtschaft und Steuern<br />
Umsatzsteuer in der <strong><strong>Land</strong>wirtschaft</strong><br />
Die Umsatzsteuerpauschalierung steht auf der Kippe:<br />
Noch können <strong>Land</strong>wirte die Umsatzsteuerpauschalierung<br />
anwenden. Wie lange dieses jedoch noch<br />
möglich ist, ist ungewiss.<br />
Pauschalierung bedeutet, dass <strong>Land</strong>wirte auf Ihre<br />
verkauften Waren einen pauschalen Umsatzsteuersatz<br />
vergütet bekommen, den sie nicht an das Finanzamt<br />
abführen müssen. Im Gegenzug dazu bekommen<br />
sie auch keine Vorsteuer erstattet.<br />
Bisher konnten alle Inhaber land-und forstwirtschaftlicher<br />
Betriebe die Pauschalierung unabhängig<br />
von Rechtsform und Größe anwenden. Jedoch kam es<br />
seitens der EU-Kommission zu Vertragsverletzungsverfahren<br />
gegen die Bundesrepublik Deutschland in<br />
Bezug auf die Umsatzsteuerpauschalierung. Zum<br />
einen wurde die Höhe des Pauschalsteuersatzes in<br />
Frage gestellt, zum anderen wurde Deutschland vorgeworfen,<br />
die Umsatzsteuerpauschalierung in rechtswidriger<br />
Weise auch für große landwirtschaftliche<br />
Betrieb anzuwenden. Um dieses Verfahren zu beenden,<br />
wurde die Anwendung der Pauschalierung ab<br />
dem 01.01.2022 begrenzt auf Betriebe, die einen<br />
Gesamtumsatz nach §19 Abs. 3 UStG bis zu 600.000,- €<br />
haben. Zu beachten ist hier, dass man umsatzsteuerlich<br />
ein Unternehmer ist. Es werden alle Umsätze der<br />
vorhandenen Betriebe des Unternehmers zusammengerechnet<br />
(z. B. <strong><strong>Land</strong>wirtschaft</strong> und Gewerbe).<br />
Im gleichen Zuge wurde der pauschale Steuersatz<br />
zum 01.01.2022 von 10,7 % auf 9,5 % gesenkt.<br />
<strong>Land</strong>wirte, die <strong>im</strong> Kalenderjahr 2021 einen Gesamtumsatz<br />
von über 600.000,- € erzielt haben, dürfen die<br />
Pauschalierung ab dem Jahr 2022 nicht mehr anwenden.<br />
Diese <strong>Land</strong>wirte müssen ab dem 01.01.2022 die<br />
Regelbesteuerung anwenden. Damit einher geht die<br />
Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen<br />
an das Finanzamt. Dem Finanzamt muss<br />
vierteljährlich eine Meldung übermittelt werden über<br />
die Höhe der erhaltenen Umsatzsteuer abzüglich der<br />
gezahlten Vorsteuer. Daraus ergibt sich dann entweder<br />
ein Guthaben oder eine Nachzahlung.<br />
Vorsteuerbeträge können nicht nur aus laufenden<br />
Rechnungen gezogen werden, es gibt auch eine Vorsteuerkorrektur<br />
für die Anschaffung von Wirtschaftsgütern<br />
und sonstigen Leistungen aus Vorjahren, die<br />
nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen<br />
verwendet werden. Wurde z. B. eine Maschine <strong>im</strong> Jahr<br />
2021 angeschafft, so wird die dort gezahlte Vorsteuer<br />
aus dem Kauf anteilig ab dem Jahr der Anwendung<br />
der Regelbesteuerung ausgezahlt. Voraussetzung<br />
hierbei ist, dass die Vorsteuer aus der Anschaffung<br />
mehr als 1.000,- € betragen hat. Auch die Vorsteuern<br />
des Umlaufvermögens können unter gewissen Voraussetzungen<br />
erstattet werden.<br />
Unterschreitet ein <strong>Land</strong>wirt in einem folgenden<br />
Kalenderjahr wieder den Gesamtumsatz von<br />
600.000,- € <strong>im</strong> Jahr, so wendet er automatisch wieder<br />
die Pauschalierung an. Für die in der Zeit der Anwendung<br />
der Regelbesteuerung aus dem Kauf z. B. einer<br />
Maschine erstattete Vorsteuer müsste dann anteilig<br />
wieder an das Finanzamt zurückgezahlt werden.<br />
Es muss also jährlich geprüft werden, ob die Voraussetzungen<br />
für die Verpflichtung zur Anwendung<br />
der Regelbesteuerung erfüllt sind. Neben der Verpflichtung<br />
zur Anwendung der Regel besteuerung ab<br />
einem Umsatz von 600.000,- € gibt es noch die Möglichkeit<br />
freiwillig auf die Pauschalierung zu verzichten<br />
und die Regelbesteuerung anzuwenden. Hierbei<br />
ist beachten, dass dann eine Verpflichtung besteht,<br />
5 Jahre die Regelbesteuerung anzuwenden (Option).<br />
Ein jährlicher Wechsel ist dann nicht möglich.<br />
Ein <strong>Land</strong>wirt könnte also bei einem Unterschreiten<br />
der 600.000,- € Grenze die Option zur Regelbesteuerung<br />
wählen, um Rückzahlungen von Vorsteuern aus<br />
Anschaffungen zu vermeiden. Auf Grund der steigenden<br />
Preise und der damit <strong>im</strong> Zusammenhang stehenden<br />
hohen Inflation ist damit zu rechnen, dass <strong>im</strong>mer<br />
mehr Betriebe die 600.000,- € überschreiten werden.<br />
Insgesamt ist noch nicht absehbar, welche weitere<br />
Entwicklung die Pauschalierung nehmen wird. Eine<br />
weitere Senkung des Pauschalsteuersatzes zum<br />
01.01.<strong>2023</strong> auf 9 % ist zu erwarten, da eine jährliche<br />
Änderung des Steuersatzes seitens des Gesetzgebers<br />
möglich ist. Dadurch wird die Pauschalierung <strong>im</strong>mer<br />
unattraktiver.<br />
Die Entwicklung der Pauschalierung ist ein wichtiger<br />
Faktor, der bei der Beurteilung des eigenen<br />
Betriebes nicht außer Acht gelassen werden sollte.<br />
Kontakt:<br />
Anika Six<br />
<strong>Land</strong>volk Gifhorn-Wolfsburg<br />
Bodemannstraße 16<br />
38518 Gifhorn<br />
Telefon: 05371 864100<br />
E-Mail: a.six@landvolk-gifhorn.de<br />
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