Ausgabe 15 | Winter 2022/23
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»Es war eine ruhige, beschauliche<br />
Zeit hier in Tux. Im <strong>Winter</strong> gingen wir<br />
zu den anderen Bauern ratschen.«<br />
Gretl Abraham<br />
Tux<br />
EIGENES LEINEN<br />
»Der Hazastoll´n war immer die Nachspeise<br />
am Heiligen Abend oder an anderen hohen<br />
Feiertagen wie Ostern. Aber auch an Tagen,<br />
an denen wir besonders hart arbeiten mussten,<br />
kam er auf den Tisch. Zum Beispiel, wenn<br />
wir unseren Flachs ‚gebreggelt‘ haben.« Dabei<br />
wurde der selbst angebaute Flachs aufgebrochen,<br />
bis die blonden Fasern freigelegt waren,<br />
aus denen die Familien in der Tuxer Weberei<br />
reines Leinen spinnen ließen. »Den Stoff legten<br />
wir im Sommer auf die Wiesen und begossen<br />
ihn bei Sonnenschein immer wieder mit<br />
Wasser. Dadurch wurde er richtig schön<br />
weiß.« Das Leinen verwendeten sie für Lein-,<br />
Hand- und Tischtücher. Selbst die Strohsäcke,<br />
die als Matratzen dienten, entstanden daraus.<br />
Blattl, Sahne, Mohn, Blattl, Sahne, Mohn. Der<br />
Hazastoll´n nimmt Gestalt an, während Gretl<br />
weiter in die Vergangenheit eintaucht. Mit 20<br />
Jahren kommt sie nach Imst. Sie besucht die<br />
Weberschule, obwohl sie eigentlich Schneiderin<br />
lernen will. »Eine Nachbarin war Schneiderin,<br />
das gefiel mir. Sie hat mir auch viel<br />
gezeigt, aber sie durfte keine Lehrlinge ausbilden<br />
und auch ringsum war keine Lehrstelle<br />
frei.« Nur alle drei Wochen ist es in der Webschule<br />
erlaubt, das Wochenende über nach<br />
Hause zu fahren. Ein langer Weg für Gretl.<br />
»Hätte mich die Lehrerin nur fünf Minuten<br />
vor Unterrichtsende gehen lassen, hätte ich<br />
den letzten Bus nach Tux erreicht. Aber sie<br />
war sehr streng und sagte jedes Mal Nein.«<br />
So muss Gretl ab Mayrhofen zu Fuß nach Tux<br />
marschieren. Ein stundenlanger nächtlicher<br />
Heimweg, komplett allein. »Da dachte man<br />
sich aber nichts dabei. Geschont hat sich<br />
früher niemand.«<br />
Die<br />
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