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FOCUS 02/2023_Vorschau

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FAMILIENUNTERNEHMEN<br />

„Man muss<br />

loslaufen<br />

und darf<br />

nicht vor<br />

Schreck<br />

erstarren“<br />

Kurz nachdem er das<br />

Optik-Imperium seines<br />

Vaters übernahm, kam<br />

Corona. Trotzdem zeigt<br />

sich Marc Fielmann<br />

mehr denn je optimistisch<br />

für die Zukunft<br />

INTERVIEW VON THOMAS TUMA<br />

FOTOS VON JEWGENI ROPPEL<br />

Die Marzipantorte, die Marc<br />

Fielmann zur Begrüßung<br />

vorm Interview anbietet,<br />

trägt den Schriftzug einer<br />

Versicherung. War also<br />

das Weihnachtsgeschenk<br />

einer anderen Firma. Da<br />

kann man mal sehen, wie<br />

sparsam es hier zugeht beim Optiker-<br />

Marktführer. Das Lachen des 33-Jährigen<br />

dazu ist durchaus ansteckend, auch<br />

wenn der junge Erbe sich den Generationswechsel<br />

von seinem Vater, Firmengründer<br />

Günther Fielmann, sicher weniger<br />

holprig vorgestellt hat. Marc Fielmann<br />

hatte kaum übernommen, da kam Corona.<br />

Seither hat er viel gelernt – auch wo<br />

man nicht sparen sollte. Und trotz Pandemie,<br />

Krieg und Krisen wird dieses Jahr<br />

mit einem leichten Umsatzplus auf rund<br />

zwei Milliarden Euro gerechnet. Fielmann<br />

betreut in europaweit 936 Niederlassungen<br />

mit 22 640 Beschäftigten rund<br />

27 Millionen Kunden. Im vergangenen<br />

Geschäftsjahr 2<strong>02</strong>1 verkaufte der Konzern<br />

8,3 Millionen Brillen. 2<strong>02</strong>5 sollen es über<br />

zwölf Millionen sein. Der Junior scheint<br />

den Durchblick nicht verloren zu haben.<br />

Herr Fielmann, was haben Sie selbst<br />

für eine Brillenstärke?<br />

Gut zwei Dioptrien.<br />

Weitsichtig?<br />

Nein, kurzsichtig.<br />

Müssten Sie als Chef des gleichnamigen<br />

Optiker-Imperiums nicht auch dann<br />

eine Brille tragen, wenn’s gesundheitlich<br />

gar nicht nötig wäre? Als oberster<br />

Werbeträger der Firma quasi?<br />

(lacht) Wie gesagt: Ich brauche sie tatsächlich.<br />

Ich kann Sie hier am Tisch ohne<br />

Sehhilfe noch erkennen. Zum Autofahren<br />

reicht das schon nicht mehr. Aber ja, die<br />

Brille ist auch ein Mode-Accessoire.<br />

Das wollen Sie uns weismachen, um eben<br />

noch mehr zu verkaufen.<br />

Oh, es gibt eine Vielzahl von Studien, die<br />

belegen, dass man mit Brille zum Beispiel<br />

kompetenter wahrgenommen wird. Dass<br />

Sie damit bei Bewerbungsgesprächen besser<br />

abschneiden. Und eine Brille ist ja auch<br />

ein Schmuckstück wie eine Uhr oder eine<br />

Halskette. Aber auch der Anteil der Fehlsichtigen<br />

steigt wirklich signifikant.<br />

So schlimm?<br />

Bei den 20- bis 29-Jährigen hat sich der<br />

Anteil der Brillenträger seit den fünfziger<br />

Jahren mehr als verdoppelt.<br />

Schuld ist sicher unsere Computer- und<br />

Smartphone-Obsession, oder?<br />

Die beiden Phänomene – Siegeszug der<br />

Bildschirme und Sehprobleme – muss man<br />

zumindest gemeinsam betrachten, ja. Bis<br />

zum 25. Lebensjahr und auch darüber<br />

hinaus verändert sich das Auge übrigens<br />

noch, sodass es fast schon Zufall ist, wenn<br />

jemand wirklich gestochen scharf seine<br />

Umwelt sieht.<br />

Klingt, als wenn auf Sie jedenfalls noch<br />

gute Geschäfte zukommen.<br />

Mittel- bis langfristig sind wir durchaus<br />

optimistisch.<br />

Wie war das abgelaufene Jahr für Fielmann?<br />

Geprägt von einem Krieg, den wir nicht<br />

vorhersehen konnten. Die Konsumstimmung<br />

hat das niedrigste Niveau seit Aufzeichnung<br />

erreicht. Als Preisführer gewinnen<br />

wir Marktanteile in diesem Umfeld.<br />

Generell sparen aber auch bei uns die<br />

Kunden.<br />

Wie wird 2<strong>02</strong>3?<br />

Ich bin guter Dinge, weil wir während<br />

der Krise viele Neukunden begrüßen konnten.<br />

Die gilt es jetzt mit unserem Service zu<br />

halten. Im Schnitt kaufen die Leute ja alle<br />

drei Jahre eine neue Brille. Auch da müssen<br />

wir also langfristig denken …<br />

… was Investoren eher selten mögen.<br />

Ihr Aktienkurs erodiert seit dem Ausbruch<br />

der Pandemie. Kürzlich senkten<br />

Sie fürs Gesamtjahr erneut die Umsatz-<br />

und Gewinnziele. Was ist da los?<br />

Der Kurs sinkt, weil unsere Marge zurückgeht.<br />

Wir agieren antizyklisch. Während<br />

das Gros der Branche die Preise dieses<br />

Jahr eher erhöht hat, senkten wir sie<br />

bei vielen Produkten sogar. Das wird sich<br />

auszahlen. Als Familienunternehmer müssen<br />

wir da nicht auf jedes Quartal schauen.<br />

„Wir“ – das sind Sie, Ihre Schwester und<br />

Ihr Vater Günther Fielmann, der das<br />

Unternehmen einst gegründet hat. Wie viel<br />

Prozent der Aktien kontrollieren Sie drei?<br />

Mehr als zwei Drittel, die überwiegend<br />

von einer Stiftung gehalten werden.<br />

Externe Investoren werden oft noch schneller<br />

unruhig, wenn die Gewinne schmelzen.<br />

Und es ist ja auch klar, dass wir langfristig<br />

nicht auf dem aktuellen Renditeniveau<br />

bleiben möchten. Zugleich bin ich aber<br />

überzeugt, dass man nicht an der falschen<br />

Stelle sparen sollte. Wir haben zum Beispiel<br />

dieses Jahr auch die Gehälter unserer<br />

Augenoptiker und Hörakustiker angehoben.<br />

Auch das wird sich auszahlen.<br />

Schon im Juli verkündeten Sie trotzdem<br />

ein Kostensenkungsprogramm.<br />

Was bedeutet das konkret?<br />

Zunächst mal: Wir investieren überall<br />

dort, wo wir für unsere Kunden einen<br />

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