188_StadtBILD_Maerz_2019
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Ratsarchivar und Historiker Richard Jecht<br />
Görlitzer Münze<br />
Münze erfahren, so muß eingestanden<br />
werden, daß man wissenschaftlich daraus<br />
eine Antwort nicht geben kann. Man<br />
wird schon nicht Rates wissen, wenn die<br />
Frage etwa so lautet, was galt ein Taler<br />
1815 und was galt er 1915? noch viel<br />
weniger, wenn man 400 bis 500 Jahre<br />
zurückgeht. Auch die Getreidepreise,<br />
die man wohl, um Klarheit zu Schaffen<br />
zugrunde legte, geben gar keinen Anhalt;<br />
gerade sie wechselten je nach der<br />
örtlichen Ernte früher vielfach mehr als<br />
jetzt. Wenn man ferner aus dem Tagelohn<br />
eines ungelernten Arbeiters von 8<br />
Pfennigen und dem eines gelernten Arbeiters<br />
von 2 bis 3 Groschen um 1430,<br />
folgend den Görlitzer Ratsrechnungen,<br />
einen Gradmesser erblicken will, so irrt<br />
man wieder; denn ein damaliger Pfennig<br />
(Heller) bestand aus Silber und muß anders<br />
gewertet werden 4) als sein entarteter<br />
kupferner Bruder der Neuzeit (vielleicht<br />
10 mal so hoch). Man hat ferner<br />
die Frage lösen wollen, indem man den<br />
eigentlichen Metallwert, die innere Güte<br />
(bonitas intrinsecus) durch Wiegen und<br />
Feingehaltproben ermittelte; das ist ja,<br />
wenn auch unter Münzopfern und nur<br />
annähernd, möglich, aber das Gold und<br />
Silber steigt und fällt wie jede andere<br />
Ware.<br />
Wir haben bis jetzt von geprägten Münzen<br />
gesprochen. Um aber das Rechnungswesen<br />
übersichtlich zu machen,<br />
bediente man sich der „Rechnungsmünzen“,<br />
die ohne selbst Münzen zu sein,<br />
eine Summe von Münzstücken darstellen.<br />
Neben dem Talent, das 40 Groschen<br />
ausmachte, finden sich in diesem Sinne<br />
Pfund, Mark, Schock, Schilling (ferto,<br />
firdung, solidus, orth). Das Pfund verschwindet<br />
in unseren Gegenden schon<br />
im 14. Jahrhundert, die Mark bleibt über<br />
600 Jahre, das Schock nimmt von etwa<br />
1380 bis 1600 die führende Rolle ein.<br />
Schilling usw. entspricht unserm Dutzend<br />
(Groschen). Die Mark Groschen<br />
polnischer Anzahl, die in Görlitz durchweg<br />
bei Rechnungen üblich war, betrug<br />
in Görlitz 48 Groschen (in Zittau 56 Groschen),<br />
das Schock 60 Groschen. Solche<br />
Rechnungen mit diesen Werten finden<br />
sich in Görlitz bis etwa 1600, dann tra-<br />
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Geschichte<br />
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