VNW-Magazin 1/2023
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
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16 <strong>VNW</strong><br />
17<br />
Troubleshooting<br />
mit<br />
Hamburgs<br />
Finanzsenator<br />
Unter Leitung von Senator Dr. Andreas Dressel und<br />
<strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner diskutierten Vertreter<br />
von <strong>VNW</strong>-Unternehmen und den Behörden der Stadt<br />
drei Stunden über komplizierte Erbbaurechtsprobleme.<br />
Es gibt wieder Hoffnung.<br />
VON OLIVER SCHIRG<br />
Hamburg. Es kommt wahrlich nicht oft vor, dass ein Hamburger<br />
Finanzsenator sich persönlich im Detail um die konkrete Lösung<br />
von Problemen einzelner Wohnungsunternehmen kümmert. Dass<br />
es Finanzsenator Dr. Andreas Dressel bei der Lösung komplizierter<br />
Erbbaurechtsprobleme Hamburger <strong>VNW</strong>-Unternehmen dennoch<br />
tat, mag verschiedene Gründe gehabt haben.<br />
Der Wichtigste: Eigentlich hatte die Stadt den <strong>VNW</strong>-Unternehmen<br />
bei den Verhandlungen über eine Wiederauflage des<br />
Bündnisses für das Wohnen versprochen, bis Ende 2021 alle offenen<br />
Fälle in Sachen Erbbau- und Wiederkaufsrecht „einvernehmlich“<br />
zu lösen. Nachdem diese Frist bereits fast ein ganzes Jahr<br />
verstrichen war, drohte nun im vergangenen Dezember, dass auch<br />
das Jahr 2022 ohne Lösung zu Ende gehen sollte.<br />
Der gordische Knoten sollte nun bei einem Treffen Anfang<br />
Dezember im <strong>VNW</strong>-Verbandsgebäude durchgeschlagen werden.<br />
29 Vertreter der betroffenen Unternehmen, des <strong>VNW</strong>, der<br />
Hamburger Finanzbehörde, der Behörde für Stadtentwicklung<br />
und Wohnen sowie des Landesbetriebs Immobilienmanagement<br />
und Grundvermögen (LIG) saßen unter Leitung von Finanzsenator<br />
Dr. Andreas Dressel und <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner fast drei<br />
Stunden zusammen.<br />
Jeder einzelne Fall wurde ausführlich besprochen. Die Vertreter<br />
der Stadt hatten die Kritik der Unternehmen aufgenommen<br />
und deuteten in einigen wichtigen Fragen „Beweglichkeit“ an.<br />
Am Ende ging man mit dem Eindruck gegenseitigen Verständnisses<br />
und mit der Hoffnung auseinander, dass die neu eröffneten<br />
Möglichkeiten in den kommenden Wochen auch wirklich zu den<br />
angestrebten einvernehmlichen Lösungen führen.<br />
Was soll nach dem Auslaufen von Erbbau- und Wiederkaufsrechten<br />
geschehen?<br />
Im Kern geht es darum, wie es am Ende der Vertragslaufzeit bestehender<br />
Erbbau- und Wiederkaufsrechte weitergehen soll. Für<br />
die Vermieter der auf den Grundstücken errichteten Wohnungsbestände,<br />
für die Stadt, als Ausgeber des Erbbaurechts bzw. als<br />
Inhaber des Wiederkaufsrechts und vor allem für die betroffenen<br />
Mieter.<br />
In früheren Jahrzehnten bestand für <strong>VNW</strong>-Unternehmen regelmäßig<br />
die Möglichkeit, die betroffenen Grundstücke zu einem<br />
fairen Preis zu kaufen – oder das Wiederkaufsrecht der FHH abzulösen.<br />
Ein fairer Preis abseits der jeweils aktuellen Bodenrichtwerte<br />
ist notwendig, damit die Genossenschaften und am Gemeinwohl<br />
orientierten Gesellschaften ihren Auftrag, bezahlbaren<br />
Wohnraum anzubieten, auf diesen Grundstücken auch weiterhin<br />
erfüllen können.<br />
Aufgrund der veränderten politischen Großwetterlage in<br />
den vergangenen drei, vier Jahren sollen in Hamburg öffentliche<br />
Grundstücke – egal ob bebaut oder unbebaut – nur noch in ganz<br />
wenigen Ausnahmen verkauft werden dürfen. Um die Spekulation<br />
mit Grundstücken zu vermeiden, will der rot-grüne Senat stattdessen<br />
öffentliche Baugrundstücke eigentlich nur noch im Wege<br />
des Erbbaurechts vergeben.<br />
Was mit Blick auf Grundstücksspekulanten sinnvoll sein mag,<br />
führt bei Bestandshaltern wie Baugenossenschaften oder am Gemeinwohl<br />
orientierten Gesellschaften zu Verärgerung und Frust.<br />
Zum einen, weil sie seit mehr als 100 Jahren unter Beweis stellen,<br />
dass die Stadt bei der Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum<br />
auf sie zählen kann.<br />
<strong>VNW</strong>-Unternehmen spekulieren nicht mit Grundstücken. Sie<br />
handeln nicht mit Wohnungen, sondern sorgen seit Jahrzehnten<br />
für den sozialen Frieden in ihren Quartieren und für stabile<br />
Nachbarschaften. Sie kaufen und bauen, um zu bleiben und sich<br />
zu kümmern. Es sind andere Akteure am Grundstücksmarkt, die<br />
durch spekulative Geschäfte die Kaufpreise von Grundstücken<br />
und die damit verbundenen Mieten in die Höhe treiben.<br />
Bestandshaltende Vermieter werden in ihrer Leistungsfähigkeit<br />
geschwächt<br />
Zum anderen schwächt der grundsätzliche Verzicht auf einen Verkauf<br />
öffentlicher Grundstücke die bestandshaltenden Vermieter<br />
ernsthaft in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Banken<br />
gewährten schlechtere Kreditkonditionen, war eine immer wieder<br />
zu hörende Klage bei der Veranstaltung. Das wiederum ist angesichts<br />
der Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft infolge<br />
des Klimawandels und der ohnehin massiv gestiegenen Zinsen für<br />
die gesamte Stadtgesellschaft eine schlechte Nachricht.<br />
Besonders ärgerlich ist es, wie in mehreren Fällen, wenn bei<br />
einem baulich zusammenhängenden Ensemble von drei Wohngebäuden,<br />
bei einem von drei Grundstücken, auf denen das Ensemble<br />
steht, das darauf ruhende Wiederkaufsrecht zum Zeitpunkt<br />
der möglichen Ausübung durch die Stadt nicht abgelöst, sondern<br />
ebenfalls nur teuer verlängert werden darf. Wie solle man den<br />
Genossenschaftsmitgliedern die sich daraus ergebenen unterschiedlichen<br />
Mieten erklären?, lautete eine Frage. Weitere Fragen<br />
drehten sich um die Laufzeit des künftigen Erbbaurechts, um<br />
die Entwicklung des Erbbauzinses und um die Erfüllungsoptionen<br />
weiterer mit der Verlängerung verbundener Auflagen.<br />
Es wäre an dieser Stelle zu aufwendig und kompliziert, auf<br />
jeden Fall einzugehen – zu groß sind die Unterschiede. Was aber<br />
bei der Veranstaltung deutlich wurde: Die gute Vorbereitung<br />
durch Vorstand und Geschäftsführung des Hamburger <strong>VNW</strong>-<br />
Landesverbands ermöglichte es, konstruktiv und zielorientiert zu<br />
arbeiten. Auch der Appell des <strong>VNW</strong>-Landesvorsitzenden Marko<br />
Lohmann zu Beginn der Sitzung, die Emotionen „im Zaum“ zu<br />
halten, fruchtete. Das dürfte dem einen oder anderen Vorstand<br />
angesichts der Erfahrungen in den vergangenen Jahren nicht<br />
leicht gefallen sein.<br />
„Seit vier Jahren beschäftigen uns die auslaufenden Erbbaurechtsverträge<br />
unserer Hamburger Mitgliedsunternehmen“, sagte<br />
<strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner nach dem dreistündigen Treffen.<br />
„Dabei verfolgen wir nur ein Ziel: Trotz Verlängerung, Wertsteigerungen,<br />
Ablösung oder Kauf, den in den betroffenen Gebäuden<br />
wohnenden Menschen bezahlbare Mieten zu sichern.“<br />
Hamburgs Finanzsenator Dr. Andreas Dressel habe während<br />
des Treffens „geliefert, zugehört, diskutiert und entschieden. Das<br />
habe ich so nicht mehr für möglich gehalten und bin froh, dass es<br />
dann doch so kam“. h