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VNW-Magazin 1/2023

Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.

Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.

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5 25. Managementforum <strong>VNW</strong>-Digitalisierungstagung 25. Managementforum 8<br />

Rostock-Warnemünde. In diesem Jahr feierte das <strong>VNW</strong>-<br />

Managementforum sein 25-jähriges Jubiläum. Von nun an<br />

wird das Jahresauftakttreffen von Führungskräften der norddeutschen<br />

Wohnungswirtschaft in Rostock-Warnemünde<br />

stattfinden. Dieses Mal kamen rund 250 Vorstände und Geschäftsführer<br />

an die Ostsee.<br />

<strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner verwies in seiner Rede<br />

zu Beginn der zweitägigen Veranstaltung auf die explodierenden<br />

Baukosten, steigenden Zinsen und das KfW-Förderchaos.<br />

„Selten waren die Bedingungen für den Bau bezahlbarer<br />

Wohnungen hierzulande so schlecht wie in diesen Tagen“,<br />

sagte der <strong>VNW</strong>-Direktor. „Es überrascht daher kaum, dass<br />

viele Geschäftsführer und Vorstände von <strong>VNW</strong>-Unternehmen<br />

ihre Bauprojekte kritisch auf Umsetzbarkeit prüfen.“<br />

Pünktlich zum Managementforum lagen die Ergebnisse<br />

einer Umfrage über die aktuelle Neubautätigkeit vor. Demnach<br />

erwarten die am Gemeinwohl orientierten Vermieter<br />

in diesem und im kommenden Jahr einen deutlichen Rückgang<br />

des Baus bezahlbarer Wohnungen. „Wir gehen davon<br />

aus, dass fast 45 Prozent der geplanten Wohnungen<br />

nicht errichtet werden bzw. ihr Bau verschoben wird“, sagte<br />

Andreas Breitner. „In Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg<br />

und Schleswig-Holstein war für <strong>2023</strong> und 2024 der Bau von<br />

4 908 Wohnungen geplant. 2 196 Wohnungen stehen jetzt<br />

auf der Kippe.“<br />

Vor allem die staatliche Förderpolitik sorgt für Unruhe<br />

Wichtige Gründe für den Verzicht bzw. die Verschiebung sind<br />

die gestiegenen Finanzierungs- und Materialkosten. Dafür<br />

kann die Politik kaum etwas. Zunehmend aber verärgert die<br />

Führungskräfte der Wohnungswirtschaft die hausgemachte<br />

Unsicherheit bei der staatlichen Förderpolitik.<br />

So nannten die Unternehmen eine fehlende Verlässlichkeit<br />

und eine unzureichende Höhe der öffentlichen Förderung<br />

als wichtige Gründe für das Aus oder die Verschiebung<br />

von Bauprojekten. „Der Bund wird mit seiner aktuellen Förderpolitik<br />

seiner Verantwortung für das bezahlbare Wohnen<br />

im Norden Deutschlands nicht gerecht“, sagte der <strong>VNW</strong>-<br />

Direktor. „Wir laufen sehenden Auges in eine Verschärfung<br />

der Probleme auf dem Wohnungsmarkt hinein.“<br />

Etwas besser sieht es aktuell bei den öffentlich geförderten<br />

Wohnungen aus, obwohl auch hier fast jede fünfte geplante<br />

Wohnung nicht oder verspätet errichtet wird. Bislang stehen<br />

325 Sozialwohnungen in Frage. „Das dürfte daran liegen,<br />

dass Schleswig-Holstein und Hamburg die eigene Wohnungsbauförderung<br />

deutlich erhöht haben“, so Andreas<br />

Breitner. „Daran erkennt man, dass die Politik Mittel hat, dem<br />

Einbruch beim Wohnungsbau etwas entgegenzusetzen.“<br />

Soziale Probleme in einzelnen Quartieren nehmen zu<br />

Mit Blick auf die Krawalle an Silvester sagte der <strong>VNW</strong>-Direktor,<br />

dass die schwierige Lage beim Wohnungsbau von zunehmenden<br />

sozialen Problemen in einer Reihe von Wohnquartieren<br />

begleitet werde. „<strong>VNW</strong>-Unternehmen haben in Teilen ihrer<br />

Quartiere mit Armut, Ausgrenzung und sozialer Perspektivlosigkeit<br />

zu tun und werden vom Staat mit diesen Problemen<br />

allein gelassen. Es haben sich Parallelgesellschaften mit eigenen<br />

Treffpunkten, Supermärkten und Sportvereinen gebildet.<br />

Oftmals treffen in unseren Wohnvierteln unterschiedliche<br />

Kulturen aufeinander, was Probleme schafft.“<br />

Das Problem bestehe nun darin, dass Konflikte vermehrt<br />

mit Gewalt ausgetragen würden. „Wir erleben eine zunehmende<br />

Verrohung und wachsende Distanz zum Rechtsstaat“,<br />

so der Verbandsdirektor. Notwendig sei daher eine gesellschaftliche<br />

Debatte über Gewalt, fehlenden Respekt und die<br />

bisherigen Integrationskonzepte. „Was läuft schief? Warum<br />

läuft es schief? In welchen Ländern läuft es warum besser?“<br />

Das seien die Fragen, die die Politik sich stellen müsse. „Mehr<br />

von dem Alten bedeutet lediglich einen hohen gesellschaftlichen<br />

Preis zu zahlen.“<br />

Zu dieser Analyse gehöre auch, sich von populistischen<br />

Forderungen im Bereich der Wohnungspolitik zu verabschieden.<br />

„Eine schwammige neue Gemeinnützigkeit oder Enteignungsfantasien<br />

schaffen nicht eine einzige neue Wohnung<br />

und ändern nichts an den Verhältnissen in Problemquartieren.“<br />

Man brauche keinen wohnungspolitischen Aktionismus,<br />

sondern wolle bezahlbare Mieten garantieren.<br />

Der <strong>VNW</strong>-Direktor kündigte an, sich im Umgang mit realitätsfernen<br />

Vorschlägen aus der Politik sperriger als bisher zu<br />

verhalten. „In diesem Jahr entscheidet sich, ob wir am Tisch<br />

sitzen oder auf der Speisekarte stehen. Und wir wollen am<br />

Tisch sitzen.“<br />

f<br />

„Sensibilitätsschulung für das Nichterwartbare“<br />

Das gegenwärtige Agieren der Bundesregierung, die Herausforderungen<br />

des Klimaschutzes und die Debatte über den<br />

richtigen Umgang mit dem Krieg in der Ukraine waren die<br />

zentralen Themen, die fast alle Referenten auf die eine oder<br />

anderer Weise in ihren Vorträgen streiften.<br />

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen<br />

beschrieb die veränderte Situation, in der sich<br />

Politik und Gesellschaft befänden. Die Unberechenbarkeit<br />

bleibe als Prinzip und werde vom Schwund an Gewissheit<br />

begleitet. Angesichts der vielen Änderungen in der Welt innerhalb<br />

(so) kurzer Zeit gehe es für die Menschen darum,<br />

„irritationsfest“ zu werden. Der Politikprofessor sprach von<br />

einer „Sensibilitätsschulung für das Nichterwartbare“.<br />

Erfolgreiche Spitzenpolitiker erkenne man in diesen Zeiten<br />

vor allem daran, wie sie mit „Nichtwissen“ und „Unberechenbarkeit“<br />

umgingen. Es gebe kaum mehr Zwangsläufigkeit.<br />

Stattdessen befinde sich die Politik in einem Modus des<br />

„permanenten Nachbesserns“. Die „Meister des Diffusen“<br />

seien im Vorteil. Die Menschen wollten Klarheit, Eindeutigkeit<br />

und Zuspitzung, belohnten am Ende bei Wahlen jedoch<br />

jene Politiker, die pragmatisch agieren – unabhängig davon,<br />

was in Wahlprogrammen geschrieben stehe.<br />

Das Recht des Stärkeren?<br />

Dr. Claudia Major, Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik<br />

an der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik,<br />

machte in ihrem Vortrag keinen Hehl aus ihrer Auffassung,<br />

dass die Ukraine in dem Krieg mit Russland unterstützt werden<br />

müsse. Es gehe im Kern um die Frage, ob in den Beziehungen<br />

zwischen Staaten das Recht des Stärkeren oder für<br />

alle die gleichen Regeln gelten würden.<br />

Russland habe mit seinem Überfall auf die Ukraine deutlich<br />

gemacht, dass es zur klassischen Machtpolitik mit Einflusssphären<br />

zurückkehren wolle, sagte die Wissenschaftlerin.<br />

Das Land habe sich aus einem früheren Konsens – territoriale<br />

Integrität, friedliche Konfliktlösung und freie Bündniswahl –<br />

verabschiedet, und wenn der Westen sich dem nicht entgegenstelle,<br />

werde er viel mehr als die Ukraine verlieren.<br />

Dr. Major geht davon aus, dass es mit Russland eine langfristige<br />

Konfrontation geben werde, weil Russland den kooperativen<br />

Ansatz ablehne. „Das Herzstück der europäischen<br />

Sicherheitsordnung wird nicht Krieg, sondern Konflikt sein.“<br />

Krieg und Frieden könne man künftig nicht mehr so einfach<br />

trennen. „Das Ende von Krieg bedeutet nicht automatisch<br />

Frieden, sondern zum großen Teil Konflikt unterhalb der<br />

Schwelle eines heißen Krieges.“<br />

Zugleich verwies die Wissenschaftlerin darauf hin, dass<br />

es außerhalb des Westens keine automatische Unterstützung<br />

für die USA und Europa gebe. China nehme die Position einer<br />

„prorussischen Neutralität“ ein und suche den systematischen<br />

Konflikt mit den USA. China nutze den Krieg, die USA<br />

und den Westen zu diskreditieren, sehe die wirtschaftlichen<br />

Chancen und wolle die Kontakte zum Rest der Welt verbessern.<br />

Messen statt rechnen<br />

Dr. Christine Lemaitre von der Deutschen Gesellschaft für<br />

Nachhaltiges Bauen, warnte davor, sich beim Ringen um den<br />

Klimaschutz in Visionen zu flüchten. „Wir müssen messen,<br />

statt rechnen. Wir müssen monitoren, monitoren, monitoren!“<br />

Wenn man sich die Wohngebäude anschaue, stelle man<br />

fest, dass die Klimabilanz vieler ältere Bauwerke gar nicht so<br />

schlecht, beim Neubau es hingegen andersherum sei.<br />

Frau Dr. Lemaitre warb in ihrem engagierten Vortrag dafür,<br />

„heute“ anzufangen. Es gebe keinen Zusammenhang<br />

zwischen Baukosten und Nachhaltigkeitsqualitäten – das hätten<br />

Untersuchungen bei Bauherren ergeben. In Wirklichkeit<br />

sei nachhaltiges Bauen nicht teu(r)er. Man sollte mit den „Ja-<br />

Aber-Geschichten“ aufhören, sondern einfach tun.<br />

Ähnlich argumentierte Felix Lüter von der Initiative<br />

Wohnen.2050. Es gebe bislang für den Weg, bis 2045 Klimaneutralität<br />

zu erreichen, keine Gesamtstrategie, sondern<br />

nur Puzzlestücke, die häufig über Ordnungsrecht umgesetzt<br />

würden. Das sei ineffizient. Zugleich mahnte Lüter, dass die<br />

Wohnungsunternehmen sich darauf einstellen müssten, jede<br />

Investitionsentscheidung im Sinne des Klimaschutzes zu betrachten.<br />

Dabei plädierte auch Lüter für kleine Schritte. „Fangen<br />

Sie mit der Defossilierung im Heizungskeller an.“ Vor<br />

allem die Heizung habe hohes Optimierungspotenzial.<br />

f

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