Wegweisend für Hamburg: Dienstleistungen - Wirtschaftsrat der ...
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ZWISCHENRUF<br />
Was uns bewegt<br />
In dem seit 2008 herrschenden Krisen -<br />
szenario hetzt die Bundesregierung<br />
inzwischen von einem Brandherd zum<br />
nächsten. Um einen Flächenbrand einzudämmen,<br />
wurde innerhalb einer<br />
Woche ein Bürgschaftsprogramm zur<br />
Rettung <strong>der</strong> (oft staatlich geführten)<br />
deutschen Banken in Höhe von 500 Milliarden<br />
Euro durch das Parlament und<br />
den Bundesrat gebracht. Inzwischen<br />
kann man vorsichtig optimistisch da rauf<br />
hoffen, dass <strong>der</strong> Steuerzahler einen er -<br />
heblichen Teil <strong>der</strong> angebotenen staatlichen<br />
Garantien nicht einlösen muss,<br />
weil die betroffenen Banken die Ge -<br />
winnzone wie<strong>der</strong> erreichen (werden).<br />
Zur Vervollständigung: Das weltweite<br />
Rettungspaket <strong>für</strong> Banken beträgt per<br />
dato 7 Billionen Euro!<br />
Kaum schienen die Banken stabilisiert,<br />
drohten ganze Staaten unter dem<br />
Druck ihrer Schulden zu kippen, den<br />
Anfang machte Griechenland. Als Ge -<br />
spenst tauchte gar <strong>der</strong> Zusammenbruch<br />
des gesamten (Euro-) Währungssystems<br />
auf. Die Mitgliedsstaaten spannten<br />
eilends einen gewaltigen Rettungsschirm<br />
(750 Milliarden Euro), zunächst<br />
lediglich in Form von Bürgschaften, die<br />
jedoch schnell in reale Kosten umschlagen<br />
können, sobald nur in einem <strong>der</strong><br />
verschuldeten Staaten rigorose Sparmaßnahmen<br />
politisch nicht durchgehalten<br />
werden o<strong>der</strong> in traditioneller Korruption<br />
ersticken. Im Kreditermächtigungsgesetz<br />
beteiligte sich Berlin mit<br />
Zusagen in Höhe von 145 Milliarden Euro<br />
am EU-Rettungspaket. Nüchtern be -<br />
trachtet stehen wir heute <strong>für</strong> fremdverschuldete<br />
Risiken gerade, die wir im<br />
Ernstfall nicht ohne schwerste Konsequenzen<br />
<strong>für</strong> unsere Volkswirtschaft auffangen<br />
könnten. Die Bürger <strong>der</strong> EU-Staaten<br />
sind nicht Opfer <strong>der</strong> Märkte, son<strong>der</strong>n<br />
Opfer politischer Fehler, die durch die<br />
Folgen <strong>der</strong> Finanzkrise potenziert werden.<br />
Und im Falle Griechenlands sind die<br />
Gläubiger in zweiter Linie deutsche Banken:<br />
Commerzbank, Hypo Real Estate<br />
und diverse Landesbanken. Alle Insti tute<br />
gehören entwe<strong>der</strong> ganz o<strong>der</strong> teilweise<br />
dem Staat, und somit haften die deutschen<br />
Steuerzahler (mal wie<strong>der</strong>).<br />
Den Blick auf Schuld, Schulden und<br />
Risiken müssen wir allerdings auch nach<br />
innen, auf den eigenen Staatshaushalt,<br />
richten. Die Spielräume sind längst ausgereizt.<br />
Der Schuldenberg in Deutschland<br />
steigt seit 1950 ungebremst: 1950 = 10<br />
Milliarden Euro (umgerechnet), 1970 = 63<br />
Milliarden Euro, 1990 = 536 Milliarden<br />
Euro, 1995 = 1009 Milliarden Euro, 2005 =<br />
1.448 Milliarden Euro, 2008 = 1.515 Milliarden<br />
Euro und aktuell stehen wir bei ca.<br />
1.710 Milliarden Euro. Ausstehende Renten-<br />
und Pensionszahlungen <strong>der</strong> nächs -<br />
ten Jahre noch gar nicht eingerechnet!<br />
Auch national sind also Rettungsmaßnahmen<br />
zur Bewältigung einer Staatskrise<br />
überfällig.<br />
Wenn es ringsherum lichterloh<br />
brennt, gilt es, Disziplin zu wahren und<br />
den (Aus-)Weg klug zu planen. An<strong>der</strong>s<br />
gesagt: Was dürfen wir uns, was darf sich<br />
<strong>der</strong> Staat noch leisten? Wie viele (vielleicht<br />
berechtigte) Interessen und Privilegien<br />
müssen jetzt zurückstehen, wenn<br />
wenigstens die Zukunftsvorsorge in Form<br />
von Forschung und Bildung und mit Aufbau<br />
und Unterhaltung <strong>der</strong> Infrastruktur<br />
nicht kaputtgespart, son<strong>der</strong>n gesichert<br />
werden soll. Da wird mit spitzem Stift ge -<br />
rechnet, jedenfalls war schon vor <strong>der</strong> Krise<br />
angeblich nicht genug Geld vorhanden<br />
und hinterher natürlich erst recht nicht.<br />
Sieht man auf den Zustand von Straßen,<br />
Universitäten, Schulen und Kin<strong>der</strong>gärten,<br />
kann man sich des Eindrucks kaum<br />
erwehren: Etwas ist faul im Staate – vielleicht<br />
auch in Dänemark, definitiv aber<br />
bei uns in Deutschland. Das lässt sich keineswegs<br />
damit entschuldigen, dass <strong>für</strong><br />
das eine Thema <strong>der</strong> Bund und das an<strong>der</strong>e<br />
die Län<strong>der</strong> zuständig sind.<br />
Es war einmal ...<br />
Ein Haus, ein Auto, zwei Kin<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Ar -<br />
beitsplatz bis zur Rente: Das war die Welt<br />
unserer Eltern nach etlichen Jahren Wirtschaftswun<strong>der</strong>.<br />
Zeitgeist und Globalisierung<br />
haben die Idylle inzwischen arg in<br />
Mitleidenschaft gezogen. Zunächst hatte<br />
sich die Generation <strong>der</strong> Babyboomer<br />
überwiegend gegen eigene Kin<strong>der</strong> entschieden.<br />
Heute müssen immer weniger<br />
erwerbstätige Bürger – und auch die un -<br />
ter immer unsichereren Bedingungen –<br />
immer mehr Personen finanzieren, die<br />
nicht im Arbeitsleben stehen. Wie können<br />
wir die Konsequenzen in den Griff<br />
kriegen?<br />
Sodann sind Gehälter und Löhne seit<br />
Jahren nahezu konstant geblieben, wäh -<br />
rend die Ausgaben massiv stiegen, nicht<br />
zuletzt als Steuern und Abgaben. Viele<br />
Unternehmen machen Kurzarbeit, einige<br />
haben mit ihren Mitarbeitern verabredet,<br />
dass diese in <strong>der</strong> Krisenzeit auf<br />
Teile ihres Einkommens verzichten –<br />
auch um den Job nicht ganz zu verlieren.<br />
All dies aber kennen die politisch Verantwortlichen<br />
<strong>für</strong> den eigenen Geldbeutel<br />
nicht. Ihre Gehälter, Diäten etc.<br />
werden erhöht (soeben wurde die Sekretariatspauschale<br />
<strong>der</strong> 736 EU-Abgeordneten<br />
um weitere 1.500 Euro pro Monat<br />
angehoben). Stattdessen vermissen die<br />
Arbeitnehmer angesichts von Lohnverzicht<br />
und Entlassungen eine finanzielle<br />
Haftung hochdotierter Verantwortlicher<br />
<strong>für</strong> <strong>der</strong>en Entscheidungen (wie sie je<strong>der</strong><br />
Selbständige trägt). Es ist nicht verwun<strong>der</strong>lich,<br />
dass oft nur noch 50 Prozent <strong>der</strong><br />
Bürger zu den Wahlen gehen, weil sie<br />
den politischen und wirtschaftlichen Eliten<br />
nicht mehr vertrauen.<br />
Was folgt daraus? Der Staat muss<br />
sparen – vor allem bei sich selbst. Der<br />
Bund <strong>der</strong> Steuerzahler weist nach, wie<br />
etwa 30 Milliarden Euro pro Jahr immer<br />
aufs Neue verschwendet werden und<br />
hat jüngst 111 <strong>der</strong> unsinnigsten Subventionen<br />
mit einem Volumen von 35 Milliarden<br />
Euro jährlich angeprangert (siehe<br />
Handelsblatt vom 25.05.2010). Minister<br />
zu Guttenberg geht mit nachahmenswerten<br />
Beispiel voran und zeigt, dass<br />
eine Reformierung mit kosteneinsparen<strong>der</strong><br />
Konsolidierung alter Strukturen<br />
in <strong>der</strong> Kombination mit gleichzeitiger<br />
Mo<strong>der</strong>nisierung möglich ist. Der Oberbürgermeister<br />
von Kiel, Torsten Albig<br />
(SPD), fragte zu Recht: „Reichen nicht<br />
acht Bundeslän<strong>der</strong>, o<strong>der</strong> gar zwei?“ Wie<br />
würden die Bürger entscheiden, wenn<br />
eine Volksabstimmung dazu stattfände?<br />
Der letzte Versuch (Berlin-Brandenburg)<br />
war allerdings nicht erfolgreich.<br />
Wenn nicht die Politiker, sind wenigstens<br />
die Bürger lernfähig?<br />
Ludolf von Löwenstern<br />
Der Autor ist persönlich haften<strong>der</strong> Gesellschafter<br />
<strong>der</strong> CC HOLDING Verwaltungsund<br />
Beteiligungsgesellschaft. Er ist ehrenamtlich<br />
in verschiedenen Institutionen<br />
engagiert, unter an<strong>der</strong>em im Wirtschafts -<br />
rat Deutschland als Mitglied im Bundesvorstand<br />
und Mit-Grün<strong>der</strong> und Vorsitzen<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Kommission Informationsund<br />
Telekommunikationstechnologie. Der<br />
Beitrag gibt die persönliche Meinung des<br />
Autors wie<strong>der</strong>.<br />
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