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Sachwert Magazin 03/23

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Meinung<br />

Oft hört man die Meinung: Die<br />

meisten Reichen sind durch<br />

Erbschaften reich geworden.<br />

Das Gegenteil ist richtig: Wissenschaftler<br />

des Sozio-oekonomischen<br />

Panels (SOEP) am Deutschen<br />

Institut für Wirtschaftsforschung (DIW<br />

Berlin) und der Westfälischen Wilhelms-<br />

Universität Münster haben eine Studie zur<br />

Persönlichkeit von Vermögensmillionären<br />

vorgelegt, die in der Fachzeitschrift »Humanities<br />

and Social Sciences Communications«<br />

erschienen ist.<br />

»Reich werden und bleiben«<br />

von Dr. Dr. Rainer Zitelmann<br />

256 Seiten<br />

Erschienen: Juni 2015<br />

FinanzBuch Verlag<br />

ISBN: 978-3-89879-920-1<br />

Bilder: IMAGO / agefotostock, Thomas Schweigert, Cover: FinanzBuch Verlag<br />

Die Forscher wollten wissen, ob Millionäre<br />

eine andere Persönlichkeit haben als<br />

der Durchschnitt der Bevölkerung. Dabei<br />

kam als Nebenergebnis etwas heraus, das<br />

mindestens so interessant ist wie die eigentliche<br />

Fragestellung der Studie. Denn<br />

die Wissenschaftler haben eine Stichprobe<br />

der Gesamtbevölkerung verglichen mit<br />

einer Stichprobe von 1.125 Deutschen,<br />

die über ein Nettovermögen von mindestens<br />

einer Million Euro verfügen.<br />

Innerhalb dieser Gruppe wurde unterschieden<br />

zwischen Personen, die ihr<br />

Vermögen überwiegend »selfmade« erworben<br />

hatten (also beispielsweise durch<br />

unternehmerische Aktivitäten, Selbstständigkeit<br />

oder Investments) oder durch<br />

Erbschaft. Das Ergebnis: In der Stichprobe<br />

waren 45 Prozent Selfmade-Millionäre<br />

und zwölf Prozent Erben. Bei 41 Prozent<br />

war die Zuordnung nicht eindeutig oder<br />

beide Faktoren spielten eine Rolle.<br />

Rechnet man die Gruppe heraus, bei der<br />

die Zuordnung nicht eindeutig möglich<br />

ist, dann sind 79 Prozent der Millionäre<br />

selfmade und 21 Prozent Erben. Aber<br />

selbst dann, wenn man die 41 Prozent,<br />

die nicht eindeutig einer der beiden Kategorien<br />

zuzuordnen sind, hälftig aufteilt,<br />

ergibt sich, dass fast zwei Drittel<br />

der Vermögen »selfmade« erworben<br />

wurden und nur ein Drittel durch Erbschaft<br />

oder Schenkung.<br />

Freilich, dies räumen die Wissenschaftler<br />

ein, liegt eine Fehlerquelle darin, dass<br />

diese Einstufungen auf der Selbsteinschätzung<br />

der Befragten beruhen – und dass<br />

Menschen dazu neigen, ihren eigenen Anteil<br />

am erworbenen Reichtum zu übertreiben.<br />

Auch wenn das sicherlich in Betracht<br />

gezogen werden sollte, ist der Anteil der<br />

Selfmade-Millionäre so hoch, dass sich die<br />

Behauptung, in Deutschland würden Millionäre<br />

hauptsächlich durch Erbschaften<br />

reich, nicht aufrechterhalten lässt.<br />

Bereits eine 2012 veröffentlichte Dissertation<br />

von Melanie Böwing-Schmalenbrock<br />

(»Wege zum Reichtum«), für<br />

die 472 vermögende Deutsche befragt<br />

Die Forscher wollten<br />

wissen, ob Millionäre<br />

eine andere Persönlichkeit<br />

haben als<br />

der Durchschnitt der<br />

Bevölkerung. Dabei<br />

kam als Nebenergebnis<br />

etwas heraus, das<br />

mindestens so interessant<br />

ist wie die<br />

eigentliche Fragestellung<br />

der Studie.<br />

wurden, zeigte: In mehr als der Hälfte<br />

der reichen Haushalte dominiert die Erwerbstätigkeit<br />

als Reichtumsquelle gegenüber<br />

Erbschaften, ein knappes Drittel<br />

der Haushalte schätzte in dieser Befragung<br />

Erbschaften gegenüber der Erwerbs<br />

-tätigkeit als wichtiger ein.<br />

Übrigens entsprechen diese Ergebnisse denen<br />

einer Untersuchung des Forbes-<strong>Magazin</strong>s<br />

für die USA: Im Jahr 1984 war weniger<br />

als die Hälfte der Menschen auf der Liste<br />

der 400 reichsten Amerikaner selfmade. Im<br />

Jahr 2018 waren es dagegen 67 Prozent.<br />

Grundlage dieser Analyse ist ein Einstufungsverfahren,<br />

bei dem jeder Reiche auf<br />

der Forbes-400-Liste der reichsten Amerikaner<br />

in eine Skala von eins bis zehn<br />

eingeordnet wird. Eins heißt dabei, dass<br />

die Person alles geerbt hat und nichts tut,<br />

um das Vermögen zu vermehren. Zehn<br />

heißt, dass jemand aus sehr einfachen<br />

Verhältnissen kommt und gegen große<br />

Widerstände aus eigener Kraft seinen<br />

Reichtum aufgebaut hat. Personen mit<br />

einem Scoring zwischen secha und zehn<br />

werden als Selfmade-Reiche bewertet.<br />

Im Jahr 1901 veröffentlichte der deutsche<br />

Schriftsteller Thomas Mann seinen<br />

großen Roman »Buddenbrooks«. Er erzählt<br />

darin vom sukzessiven – sich über<br />

mehrere Generationen erstreckenden –<br />

Untergang der reichen Kaufmannsfamilie<br />

Buddenbrook. So wie in seinem Roman<br />

ist es auch häufig im wirklichen Leben,<br />

wie die Wissenschaftler Robert Arnott,<br />

William Bernstein und Lillian Wu in ihrer<br />

Analyse »The Myth of Dynastic Wealth:<br />

The Rich Get Poorer« nachgewiesen haben.<br />

Ihr Ergebnis: »Der durchschnittliche<br />

Vermögensverlust für die zehn reichsten<br />

Familien der Jahre 1930, 1957 und 1968<br />

... betrug 6,6 Prozent, 5,3 Prozent bzw.<br />

8,7 Prozent Diese Zahlen entsprechen<br />

einer Halbwertszeit des Reichtums – der<br />

Zeitspanne, die vergeht, bis die Hälfte des<br />

Familienvermögens durch Besteuerung,<br />

Ausgaben und wohltätige Spenden innerhalb<br />

der Gesellschaft umverteilt ist – von<br />

zehn Jahren, 13 Jahren beziehungsweise<br />

(bemerkenswerterweise) acht Jahren.«<br />

Die Meinung, heute könne man nur noch<br />

durch Erben reich werden, ist also lediglich<br />

eine der typischen Verlierer-Ausreden, die<br />

durch keinerlei Fakten gestützt wird.<br />

Der Autor<br />

Dr. Dr. Rainer Zitelmann veröffentlichte als<br />

weltweit erfolgreicher Autor unter anderem:<br />

»ICH WILL. Was wir von erfolgreichen Menschen<br />

mit Behinderung lernen können«.<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>03</strong>/20<strong>23</strong><br />

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