Rektorat - Bergische Universität Wuppertal
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Wasser ist Leben... und enerGie<br />
Bereits seit Jahrtausen-<br />
den nutzen Menschen<br />
die Energie des Wassers.<br />
Schöpfräder zum Heben von<br />
Wasser wurden von den Griechen<br />
schon im 3. Jahrhundert<br />
v. Chr. entwickelt. Später<br />
bauten die Römer dann erste<br />
von großen Wasserrädern<br />
angetriebene Mühlen – eine<br />
Technik, die weiterentwickelt<br />
wurde und bis in die vorindustrielle<br />
Zeit beim Antrieb von<br />
Mühlen, Säge- und Hammerwerken<br />
zum Einsatz kam. Da<br />
die Wasserkraft auch heute<br />
noch eine nachhaltige und<br />
zuverlässige Energiequelle<br />
ist, beschäftigt sich das<br />
Lehr- und Forschungsgebiet<br />
für Wasserbau an der <strong>Bergische</strong>n<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Wuppertal</strong><br />
unter anderem auch mit der<br />
Energieerzeugung und -speicherung<br />
durch Wasserkraftanlagen.<br />
regenreiche gebiete Mit<br />
entsprechender topografie<br />
sind für die WasserKrafterzeugungbesonders<br />
geeignet.<br />
Selbst wenn Deutschland im<br />
Vergleich zu anderen Ländern<br />
– abgesehen von den<br />
Alpen und den Mittelgebirgen<br />
– über relativ flache<br />
Landschaften verfügt, ist das<br />
Wasserkraftpotenzial nicht<br />
zu unterschätzen. Sogar ein<br />
vergleichsweise kleiner Fluss<br />
wie die Ruhr birgt ein möglichesStromerzeugungspotenzial<br />
von über 300 Millionen<br />
Kilowattstunden (kWh) pro<br />
Jahr. Für dieselbe Menge an<br />
Strom, mit der etwa 100.000<br />
Haushalte versorgt werden<br />
können, müssten etwa 150<br />
mittelgroße Windkraftanlagen<br />
gebaut werden.<br />
Es geht jedoch nicht um „entweder<br />
... oder“. Das Potenzial<br />
dieser regenerativen, CO2-armen<br />
Technologie in Deutschland<br />
kann zwar verbessert<br />
werden, wird sich aber aufgrund<br />
der topografischen und<br />
der hydrologischen Gegebenheiten<br />
sowie der dichten Besiedlung<br />
nicht ins Unermessliche<br />
steigern lassen. Es geht<br />
vielmehr um eine wenig invasive<br />
und sinnvolle Kombination<br />
mit anderen erneuerbaren<br />
Energien. Die Wasserkraft<br />
leistet einen wichtigen Beitrag<br />
zur Sicherung der Grundlast,<br />
also der Last, die immer<br />
benötigt wird. Gerade in diesem<br />
Bereich weisen Photovoltaik<br />
und Windkraft mit ihrem<br />
fluktuierenden Potenzial<br />
eine Lücke auf, die durch eine<br />
beständige Grundlastsicherung<br />
und Speicherung ausgeglichen<br />
werden muss.<br />
das prinzip ist bestechend<br />
einfach, entscheidend<br />
ist die Lageenergie.<br />
Wenn das Wasser durch<br />
Turbinen geleitet wird und<br />
damit Generatoren angetrieben<br />
werden, verwandelt sich<br />
diese Lageenergie in Strom.<br />
Die erzeugbare Energie hängt<br />
vom Abfluss und der Fallhöhe<br />
ab. Dadurch sind regenreiche<br />
Regionen mit entsprechenden<br />
Höhenunterschieden für<br />
die Wasserkrafterzeugung<br />
besonders geeignet. Das sind<br />
vor allem die Alpenländer,<br />
aber auch die Mittelgebirge<br />
weisen ein hohes Potenzial<br />
auf. Ein Kraftwerk am Hochrhein,<br />
wie beispielsweise in<br />
Rheinfelden, kann bei einer<br />
Fallhöhe von 10 Metern und<br />
einer Ausbauleistung von<br />
rund 100 MW eine Energie<br />
von 600 Millionen kWh im<br />
Jahr erzeugen. So viel ver-<br />
brauchen etwa 150.000 bis<br />
200.000 Haushalte im gleichen<br />
Zeitraum.<br />
spannungsfeLd KLiMa-,<br />
natur- und geWässerschutz<br />
Auch wenn die Wasserkraft<br />
als regenerative Energiequelle,<br />
als nachhaltige und<br />
CO2-arme Technologie sehr<br />
geschätzt wird, sind mit dem<br />
Bau von Wasserkraftanlagen<br />
nicht unerhebliche Eingriffe<br />
in die Natur verbunden.<br />
Diese Erkenntnis ist zwar<br />
nicht neu, hat aber dazu geführt,<br />
dass in Deutschland<br />
und in weiten Teilen Europas<br />
die Wasserkraft beim Energiemix<br />
nicht weiter verfolgt<br />
wurde. Die Auswirkungen<br />
anderer Energieerzeugungsquellen<br />
auf Mensch, Klima<br />
und Natur hingegen wurden<br />
lange unterschätzt. Dies galt<br />
besonders auch für alternati-<br />
ve Energiequellen wie Geothermie,<br />
Windkraft, Bio-Sprit<br />
oder Photovoltaik. Vor allem,<br />
wenn die Eingriffe und die<br />
Nutzung räumlich oder zeitlich<br />
weit auseinander liegen,<br />
wird die Eingriffsintensität<br />
unterschätzt, wie beispielsweise<br />
bei der Gewinnung von<br />
Bioethanol in Brasilien.<br />
Heute überwiegt in Deutsch-<br />
land die Einschätzung, dass<br />
keine Technologie ohne Eingriffe<br />
in die Landschaft und<br />
Natur realisiert werden kann.<br />
Allerdings gilt es, dabei das<br />
richtige Maß zu finden und<br />
das ist oft gar nicht so einfach,<br />
denn der Umwelt- und<br />
Klimaschutz ist global zu betrachten.<br />
Mittlerweile werden<br />
nicht nur die lokalen Auswirkungen<br />
und Eingriffe bewertet,<br />
sondern die gesamte Kette<br />
einerTechnologie – von der<br />
Gewinnung und dem Trans-<br />
port der Rohstoffe über den<br />
eigentlichen Betrieb bis zur<br />
Nachsorge oder Wiederverwertung<br />
– sprich der gesamte<br />
„ökologische Rucksack“.<br />
co2-neutraL, sicher<br />
und regeneratiV<br />
Vor diesem Hintergrund hat<br />
die Wasserkraft eine durchaus<br />
positive Bilanz vorzuweisen.<br />
Die <strong>Wuppertal</strong>er Forscher<br />
sind sich zwar sicher,<br />
dass die Wasserkraft der Zukunft<br />
vermeidbare Eingriffe,<br />
wie sie in der Vergangenheit<br />
hingenommen wurden, nicht<br />
mehr benötigen wird, dennoch<br />
gilt es beim Ausbau der<br />
Wasserkraft mit Bedacht vorzugehen.<br />
In erster Linie sollten<br />
vor allem die bestehenden<br />
Anlagen saniert, ausgebaut<br />
und optimiert werden. Durch<br />
die technische Verbesserung<br />
von Anlagenteilen kann eine<br />
Leistungssteigerung, bei<br />
gleichzeitiger Verbesserung<br />
der gewässerökologischen<br />
Situation erreicht werden.<br />
ein Weiterer VorteiL<br />
der WasserKraft:<br />
der stroM Kann gespeichert<br />
Werden.<br />
Zwar nicht vollständig, weil<br />
das Hochpumpen des Wassers<br />
mehr Strom verbraucht<br />
als beim Herunterfließen erzeugt<br />
wird, aber moderne<br />
Werke erzielen hohe Wirkungsgrade<br />
von rund 80 Prozent.<br />
Die eingesetzte Technologie<br />
ist umweltfreundlich,<br />
effektiv und im Vergleich zu<br />
anderen Technologien preiswert.<br />
Allerdings benötigt die<br />
Energiespeicherung in Pumpspeicheranlagen<br />
relativ viel<br />
Platz, und das stellt derzeit<br />
eine zentrale Frage der Abwägung<br />
dar: Wie viel Landschaft<br />
kann oder will die Gesellschaft<br />
hierfür bereitstellen?<br />
Die Optionen zur Energiespeicherung<br />
der Zukunft<br />
sind noch nicht vollständig<br />
bewertet. Neben der Erzeugung<br />
von Biogas aus Mais,<br />
Getreide und Raps sowie<br />
einer aus Windkraft erzeugten<br />
Wasserstoff-Methangas-<br />
Technologie wird auch die<br />
Pumpspeicherung diskutiert.<br />
Allerdings werden derzeit<br />
Pumpspeicher in Norwegen<br />
und in den Alpen favorisiert.<br />
Nach Einschätzung der Experten<br />
von der <strong>Bergische</strong>n<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Wuppertal</strong> muss<br />
der Strom nicht über weite<br />
Entfernungen hinweg transportiert<br />
werden. Sie versuchen,<br />
das Potenzial von Wasserkraft<br />
und Pumpspeichern<br />
in Deutschland zu ermitteln<br />
und schlagen eine Neubewertung<br />
der Stromspeichertechnologie<br />
vor.<br />
FB D – Bauingenieurwesen<br />
Wasserwirtschaft und<br />
Wasserbau<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing.<br />
Andreas Schlenkhoff<br />
T: +49 (0)202439-4234<br />
E: schlenkh@uniwuppertal.de<br />
k www.hydro.uniwuppertal.de<br />
03_UNIFORSCHUNG<br />
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