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klein & stark 1/23

Der Schwerpunkt dieser Ausgabe: Suizidgedanken bei Kindern und Jugendlichen. Unser Magazin behandelt psychosoziale Gesundheitsthemen von Kindern und Jugendlichen.

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Kopfzeile: Die Romantisierung Titel und so von weiter Suizid ...

© 2023 freepik.com/v

ecstock

Mag .a Martina Eichhorn, klinische

und Gesundheitspsychologin im

Beratungs- und Therapiezentrum

Linz.

klein & stark: Du nimmst in

deiner VWA Bezug auf eine

aktuelle Netflix Serie – Tote

Mädchen lügen nicht (Originaltitel:

13 Reasons Why).

Du hast dich eingehender

mit der Serie beschäftigt, wie

wird das Thema Suizid darin

aufgegriffen?

Tara: Die Serie besteht aus insgesamt

vier Staffeln und die erste

Staffel thematisiert den Suizid

von Hannah Baker. Vor ihrem

Tod dokumentierte sie 13 Gründe

für ihren Suizid auf Audiokassetten

und dabei handelte es sich

um die Taten von 12 Personen

aus ihrem Leben. Diese Kassetten

wurden nach ihrem Tod an

die 12 Personen verschickt. Am

Anfang der Serie erhält Clay Jensen,

ein Freund von Hannah,

diese Aufnahmen. Im Laufe der

ersten Staffel hört sich Clay diese

Aufnahmen an, während wir

den Inhalt der Kassette in Form

von Rückblenden verfolgen. Im

Staffelfinale wird schließlich ihr

Suizid ausführlich in einer Szene

dargestellt.

klein & stark: Was macht die

Serie so speziell?

Tara: Als die Serie veröffentlicht

wurde, gewann sie viel Aufmerksamkeit

unter Jugendlichen

und war ein besonders populäres

Gesprächsthema auf sozialen

Medien. Zunächst erhielt

die Serie viel Lob, weil sie ernste

Themen wie psychische Gesundheit

und Mobbing, behandelt.

Schließlich wurden Eltern, medizinische

Expert*innen und auch

Autoritätspersonen auf die Serie

aufmerksam. Folglich stieg die

Suizidrate unter Jugendlichen an

und immer mehr Eltern berichteten

von ihren Kindern, die nach

dem Konsum der Serie Suizid

begangen hatten.

Dieses Phänomen wird als

„Werther Effekt“ bezeichnet.

Der Begriff bezieht sich auf den

Roman „Die Leiden des jungen

Werthers“ von Johann Wolfgang

von Goethe. Nach der Publikation

dieses Romans folgten zahlreiche

Nachahmungssuizide in ganz

Europa. Ein wichtiger Aspekt ist,

dass Gemeinsamkeiten mit dem

Suizidopfer eine große Rolle spielen

und oft zu einer Nachahmung

führen.

Aus diesem Grund rieten

Expert*innen von der Veröffentlichung

der Serie „Tote Mädchen

lügen nicht“ ab. Bei der

Zielgruppe der Serie handelt

es sich um Jugendliche – junge

Menschen, die sich mit Hannah

bezüglich Alter, Geschlecht und

Erfahrungen identifizieren können.

Trotzdem entschied sich Netflix

dazu, die Serie auszustrahlen und

ihren Suizid ausführlich darzustellen.

Die ursprüngliche Intention

des Erschaffers der Serie

war die brutale Realität dieser

Szene zu vermitteln und sogar

Zuschauer vom Suizid abzubringen,

jedoch führte dies unbewusst

zu einer Verherrlichung.

klein & stark: Wie beurteilst

du diese Nachahmung aus

fachlicher Sicht?

Martina: Sogenannte Suggestions-

und Imitationseffekte sind

kein neues Phänomen. Die Ver-

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