4_2023 Leseprobe
Ausgabe 4_2023 des BIOGAS Journals, herausgegeben vom Fachverband Biogas e.V.
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INTERNATIONAL<br />
BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2023</strong><br />
Außer Betrieb: Die<br />
Biogas-Testanlage<br />
läuft aktuell nicht.<br />
Giftiges Gemisch: Die<br />
Vinasse bleibt am<br />
Ende des Mezcal-<br />
Brennens übrig und<br />
wird meist hinter dem<br />
Feld entsorgt.<br />
Carlos Santiago ist der Vorarbeiter. Regelmäßig wirft<br />
er den Gaskocher in der Küche an, um sich sein Mittagsessen<br />
aufzuwärmen. Gut findet er das, weil der<br />
Kocher weniger Hitze als das sonst übliche Feuer erzeugt<br />
und es weniger qualmt. Der Schweinebetrieb ist<br />
aber vor allem an dem Dünger interessiert, der nach<br />
dem Gärprozess übrigbleibt, so Santiago. Neben den<br />
Nährstoffen aus dem Schweinemist enthält dieser<br />
viel Wasser. Denn mit der Installation von Zelayas Biobolsa-Anlage<br />
fängt der Betrieb erstmals die flüssige<br />
Schweinegülle direkt auf, die zuvor teils wild entsorgt<br />
wurde. Denkbar wäre auch, das Gas als Quelle zur Erwärmung<br />
der Kinderstube der Ferkel einzusetzen, so<br />
Santiagos Idee, die nicht weiter konkret ist.<br />
Biogasprojekte sind Einzelinitiativen<br />
Noch gehört Zelaya zu den wenigen, die sich in Mexiko<br />
für Biogas erwärmen. Politisch gibt es keine Unterstützung.<br />
Mit Ausnahme einzelner Anlagen insbesondere<br />
bei Großlandwirten im Norden des Landes<br />
sowie auf Mülldeponien großer Städte beschränken<br />
sich Biogasprojekte auf Einzelinitiativen. Nach einer<br />
Untersuchung der deutsch-mexikanischen Handelskammer<br />
hatte Biogas 2017 einen Anteil am Brutto-<br />
Energieverbrauch Mexikos von 0,04 Prozent. <strong>2023</strong><br />
dürfte es substanziell nicht viel mehr sein.<br />
Auch die Technische Universität Cottbus-Senftenberg<br />
hat vor wenigen Jahren mit einem Institut der<br />
Elektrochemie im Bundesstaat Querétaro das örtliche<br />
Biogaspotenzial ermittelt. Es ging darum, für einen<br />
Futtermittelhersteller eine Anlage aufzubauen. Doch<br />
mit dem Ende der Finanzierung durch das Bundesforschungsministerium<br />
ist das Vorhaben wieder eingeschlafen.<br />
Exportinitiative könnte Potenziale heben<br />
Von der amtierenden Ampel-Koalition in Deutschland,<br />
in der die Bioenergie ohnehin einen schweren Stand<br />
hat, gibt es keine Unterstützung. Dabei könnten sich<br />
durch eine maßvolle Exportförderung Projekte wie die<br />
Vinasse-Verwertung in Mexiko ganz schnell rechnen,<br />
schätzt der Fachverband Biogas. „Die Vergärung von<br />
organischen Reststoffen und Bioabfällen ist gerade<br />
in Entwicklungs- und Schwellenländern eine große<br />
Chance sowohl für die Wirtschaft als auch für den Klimaschutz“,<br />
sagt Geschäftsführer Stefan Rauh.<br />
„Bei der Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln<br />
entstehen Unmengen an biogenen Abfällen,<br />
aus denen sich noch Energie erzeugen ließe. Dadurch<br />
können fossile Quellen ersetzt und unkontrollierte<br />
Methanemissionen vermieden werden. Darüber hinaus<br />
entstehen Arbeitsplätze beim Bau und Betrieb<br />
der Biogasanlage.“<br />
Der Fachverband würde es deshalb „ausdrücklich<br />
begrüßen, wenn der Bau von Abfallvergärungsanlagen<br />
im Ausland durch eine entsprechende Exportförderung<br />
der Bundesregierung unterstützt würde.<br />
„Profitieren können letztendlich alle: die deutschen<br />
Firmen, die die Anlage realisieren, die Menschen vor<br />
Ort und das Klima“, so Rauh.<br />
Edwin Zelaya versucht derweil das Thema unter<br />
Wissenschaftler*innen voranzubringen. Und unter<br />
seinen Student*innen: etwa mit einem Vorhaben,<br />
indigenen Ureinwohnern in den Bergen Oaxacas<br />
die Vergärung von Reststoffen näherzubringen. Von<br />
vielen werde das Thema positiv aufgenommen, sagt<br />
er. Die Menschen seien überrascht, dass der Mezcal<br />
neben dem Rausch auch noch mit seinen Resten<br />
wirken kann.<br />
Autor<br />
Dipl.-Pol. Oliver Ristau<br />
Redaktion und Kommunikation<br />
Freier Journalist<br />
Sternstr. 106 · 20357 Hamburg<br />
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