SUMO #29
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<strong>SUMO</strong> | 1<br />
Ausgabe 29
Presse-und Medienförderung<br />
Schon über<br />
ÖsterreicherInnen<br />
nutzen George!<br />
2 | <strong>SUMO</strong><br />
spknoe.at
Ausgabe 29<br />
Inhalt<br />
Geschichte der Presseförderung in Österreich<br />
Presseförderung: Europas Pioniere setzen Maßstäbe<br />
Publizistikförderung: Ein kleiner Kuchen, der viele ernähren muss<br />
VÖZ im Überblick<br />
Die „Wiener Zeitung", oder: Öffentlich-Rechtlicher Journalismus<br />
Verlagsförderung: Aufbruchsstimmung notwendig!<br />
Diversity in Redaktionen: Förderung von MigrantInnen und Frauen<br />
Der Überlebenskampf der Freien Radios<br />
Arthouse-Kinos: „Die Zukunft ist nicht gesichert"<br />
Förderung privatkommerzieller Radios<br />
Förderung von Privatfernsehen: ein bewährtes System?<br />
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41<br />
Cover: Christina Guggenberger<br />
<strong>SUMO</strong> | 3
Presse-und Medienförderung<br />
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser!<br />
Wird morgen „Heute“ gefördert, obsiegt die Anzahl festangestellter RedakteurInnen<br />
oder inhaltliche Qualität als Bewertungskriterium – und fördern wir<br />
auch Onlinemedien? Eine Neuordnung der Presseförderung stand auf der<br />
Agenda der Bundesregierung. Welche Vorschläge die neu gewählte vorlegen<br />
wird, wissen wir nicht. Was wir aber wissen wollten in dieser <strong>SUMO</strong>-Ausgabe<br />
zum heiklen Thema staatlicher Mediensubvention: Welche Entwicklungen und<br />
Umbrüche gab es bei der Presseförderung in einem Land, dessen Medienstrukturen<br />
sich von anderen europäischen stark unterschieden? Welche Vergleichsmodelle<br />
ließen sich für eine Novellierung heranziehen? Unsere RedakteurInnen<br />
beleuchten außerdem die Förderungen von Radio und Fernsehen, Buch<br />
und Kino, sowie informellere Förderungen Personengruppen oder Vereine betreffend.<br />
Die AutorInnen sind wie stets bei <strong>SUMO</strong>, dem halbjährlich erscheinenden<br />
Fachmagazin des Bachelor Studiengangs Medienmanagement der Fachhochschule<br />
St. Pölten, auch diejenigen gewesen, die neben Redaktion für Sales, Produktion<br />
und Vertrieb verantwortlich zeichnen.<br />
Wir bieten Ihnen als unseren Zielgruppen – Führungskräfte aller Mediengattungen,<br />
Lehrende und Studierende der FH St. Pölten, SchülerInnen Berufs- und<br />
Allgemeinbildender Höherer Schulen mit Medienschwerpunkt – mehrere Vorteile:<br />
zu virulenten Themen der Medienbranche forschende, ExpertInnen befragende<br />
Studierende, Vernetzung zwischen Jungen & Jungbleibenden. <strong>SUMO</strong><br />
hat einerseits die Funktion einer Visitenkarte für unsere Ausbildung des Führungskräfte-Nachwuchses<br />
für Medienunternehmen, andererseits ermöglicht es<br />
den Studierenden eine Referenzierung auf deren im Rahmen des Studiums erstellten<br />
Medienproduktionen.<br />
Wir wünschen Ihnen eine förderliche Lektüre und freuen uns auf Ihr Feedback,<br />
Quelle: Privat<br />
Quelle: Ulrike Wieser<br />
FH-Prof. Mag. Ewald Volk<br />
Studiengangsleiter<br />
Bachelor Medienmanagement<br />
FH-Prof. Mag. Roland Steiner<br />
Praxislaborleiter Print<br />
Chefredakteur <strong>SUMO</strong><br />
4 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Geschichte der Presseförderung<br />
in Österreich<br />
Verfolgt die Politik mit der Presseförderung unter dem Vorwand der Vielfaltssicherung<br />
eigene Ziele? Warum polarisiert das Instrument – und ist gleichzeitig so<br />
notwendig? Josef Seethaler, stv. Leiter des Instituts für vergleichende Medienund<br />
Kommunikationsforschung, erklärt die Sachverhalte.<br />
Quelle: pixabay<br />
In den 1960er- und 1970er-Jahren war der österreichische<br />
Zeitungsmarkt mit strukturellen<br />
Problemen und zunehmendem Konzentrationsdruck<br />
konfrontiert: eine beträchtliche Reduktion<br />
der Tageszeitungstitel folgte – und eine<br />
hohe Auflagenkonzentration der „Kronen Zeitung“.<br />
Die Lage der auflagenschwachen Zeitungen<br />
spitzte sich drastisch zu.<br />
Presseförderung als Retter in der Not?<br />
1975 wurde ein Gesetz zur direkten Subventionierung<br />
von Zeitungen in Österreich erlassen.<br />
Offizieller Grund für die beschlossene staatliche<br />
Presseförderung war die Aufhebung der<br />
zwei Jahre zuvor eingeführten Umsatzsteuer<br />
auf Printmedien, deren Maßnahmen man abzufedern<br />
versuchte. Der wahre Grund für das<br />
Presseförderungsgesetz war ein anderer, politischer<br />
Natur: „De facto war es ein Ruhigstellen<br />
der JournalistInnen, damit sie die gleichzeitig<br />
beschlossene Parteienförderung nicht allzu<br />
sehr kritisieren“, konstatiert Josef Seethaler. Er<br />
analysiert schon lange die österreichische Presselandschaft,<br />
u.a. als stellvertretender Leiter des<br />
Instituts für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung<br />
an der Österreichischen<br />
Akademie der Wissenschaften.<br />
Im Vordergrund der ursprünglichen Presseförderung<br />
stand weder die Förderung der Vielfalt<br />
noch das Verhindern von Konzentration,<br />
sondern sie stellte ein reines Gießkannenprinzip<br />
dar. Nach diesem Modell wurden auflageschwache<br />
Zeitungen ebenso gefördert wie auflagestarke.<br />
In den folgenden zehn Jahren blieb<br />
das Fördersystem, abgesehen von kleineren<br />
Novellen bezüglich der Mittelberechnung in<br />
dieser Form bestehen.<br />
Gießkannenprinzip vs. Vielfaltsförderung<br />
1985 führte eine Novelle zu grundlegenden<br />
Veränderungen: Neben der allgemeinen wurde<br />
zusätzlich eine „besondere Presseförderung“<br />
eingeführt, die vor allem den finanzschwachen<br />
Titel zu Gute kommen sollte. „Damals wurde<br />
die Vielfalt zur obersten Maxime der österreichischen<br />
Medienpolitik“, resümiert Seethaler.<br />
Was aber verstand der Gesetzgeber unter Viel-<br />
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Presse-und Medienförderung<br />
falt? Im Sinne der besonderen Presseförderung<br />
sollten damals vor allem Tageszeitungen<br />
finanziell unterstützt werden, die eine wichtige<br />
Bedeutung für die politische Meinungs- und<br />
Willensbildung haben und keine marktbeherrschende<br />
Stellung einnehmen, um Marktmonopole<br />
auf regionaler Ebene zu verhindern.<br />
Betrachtet man den Hintergrund der Pressegeschichte,<br />
wird schnell klar, dass die Politik<br />
auch diesmal in erster Linie eigene Interessen<br />
verfolgte. Die Parteizeitungen gerieten in jener<br />
Zeit zunehmend unter Druck bzw. wurden eingestellt.<br />
Unter dem Vorwand der Vielfaltförderung<br />
hat die Politik in Wahrheit ihre Parteizeitungen<br />
stützen wollen – allerdings vergebens.<br />
Fördermittel im Sinkflug und Förderung unter<br />
Kritik<br />
Zu Beginn der Presseförderung waren die Mittel<br />
mit umgerechnet 5,9 Mio. € relativ niedrig<br />
bemessen, Anfang der 1990er-Jahre wurden<br />
sie stark angehoben und erreichten 1992 ihren<br />
Höhepunkt mit 21,6 Mio. €. Im Lauf darauffolgender<br />
Jahre sank die Förderung im Verhältnis<br />
zum Bruttoinlandsprodukt wieder drastisch ab.<br />
2016 betrug sie 8,5 Mio. €.<br />
„Das wirft die Frage auf, wie sinnvoll es ist, auf<br />
einem so niedrigen Level überhaupt zu fördern“,<br />
meint Seethaler. Viele Zeitungen, die über Jahre<br />
hinweg hoch subventioniert worden sind,<br />
mussten in der Zwischenzeit eingestellt werden<br />
– etwa „Wirtschaftsblatt“, das jedoch in puncto<br />
Abo-Zahlen stets relativ schwach gelegen war.<br />
Auf diese Weise betrachtet, scheint die Presseförderung<br />
kaum ihren Zweck, die Sicherung<br />
der strukturellen Vielfalt, zu erfüllen. Allerdings<br />
variieren die Auflagenanteile bzw. die<br />
Marktanteile der geförderten regionalen Zeitungen<br />
stark mit der Höhe der Presseförderung.<br />
Mit dem Sinken der Presseförderung ist<br />
auch deren Auflage gesunken. Wäre die Presseförderung<br />
konstant auf dem hohen Niveau der<br />
1990er-Jahre geblieben, hätte Österreich heute<br />
möglicherweise eine stärkere regionale Konkurrenz.<br />
„Die Presseförderung könnte also was<br />
bewirken, wenn man was bewirken will – nur<br />
dann muss man sie entsprechend ernst nehmen“,<br />
prognostiziert Seethaler.<br />
Im Jahr 2004 wurde eine besondere Förderung<br />
von 6,9 Mio. € ausgezahlt – seit 2013 beträgt<br />
diese nur mehr 3,2 Mio. €. „Mit dem Rückgang<br />
der besonderen Förderung, also der Vielfaltsförderung,<br />
hat sich die Presseförderung aus<br />
meiner Sicht selbst die Legitimationsgrundlage<br />
entzogen“, so Seethaler. Die besondere Förderung<br />
wurde im Jahr 2016 laut Angaben der<br />
KommAustria auf fünf Tageszeitungen verteilt,<br />
u.a. an „Presse“, „STANDARD“ und „Wirtschaftsblatt“.<br />
Das Einstellen letzterer konnte<br />
trotz Förderung nicht verhindert werden – ein<br />
Zeichen dafür, dass die Förderung nicht greift?<br />
Abgesehen von der Höhe der Förderung waren<br />
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten der RTR<br />
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Ausgabe 29<br />
Johanna Schinnerl, Dr. Josef Seethaler, Christina Guggenberger /<br />
Quelle: Christina Guggenberger<br />
die verschiedenen Grenzwerte für die Vergabe<br />
der besonderen Förderung immer wieder<br />
Streitpunkt vieler Diskussionen. Lange wurden<br />
Zeitungen, deren Anzeigenumfang mehr als<br />
20 Prozent des jährlichen Seitenumfangs ausmachte<br />
von der Förderung ausgeschlossen. Der<br />
„STANDARD“ hat zum Beispiel in einem Jahr<br />
keine Förderung erhalten, weil seine Anzeigenschaltungen<br />
zu erfolgreich waren. Mit der Novelle<br />
im Jahr 2004 wurde die Anzeigengrenze<br />
auf 50 Prozent erhöht, um vor allem die Förderung<br />
der „Presse“ weiterhin sicherstellen zu<br />
können.<br />
KommAustria hat die Aufsicht<br />
Seit der Restrukturierung der Regulierungsbehörde<br />
KommAustria liegt die Vergabe der Presseförderung<br />
nicht mehr in staatlicher Hand. Als<br />
weisungsfreie und unabhängige Behörde werden<br />
lediglich die Mitglieder vom Bundeskanzleramt<br />
(BKA) bestimmt, die formale Unterstellung<br />
dem BKA wirkt sich nicht auf die Vergabe<br />
aus. Im Zuge der Restrukturierung wurde auch<br />
eine neue Novelle im Presseförderungsgesetz<br />
verabschiedet: Besondere Förderung heißt nun<br />
„Qualitätsförderung und Zukunftssicherung“.<br />
Seethaler vermutet dahinter symbolische Politik,<br />
da im Vergleich zu den anderen Förderbudgets<br />
die Qualitätsförderung vernachlässigbar<br />
gering angesetzt ist. Das Förderbudget betrug<br />
2016 rund 1,5 Mio. €, also 5,5% des ausgezahlten<br />
Presseförderungsbudgets. Zudem gehe ein<br />
nicht unerheblicher Anteil der Förderung an<br />
parteinahe Institute, die Journalistenausbildung<br />
wird nur mit einem geringen Förderbetrag<br />
bedacht.<br />
Die verschiedenen Arten an Förderungen und<br />
die variierende Höhe der Budgets gestalten den<br />
Förderprozess immer unübersichtlicher. Die<br />
Vergabekriterien sind intransparent, die vergebenen<br />
Förderbeträge oft nicht nachvollziehbar.<br />
Der Evaluationsbericht von Hannes Haas<br />
empfahl bereits 2012 ein schlankeres Modell.<br />
So sollten die Vergabekriterien vereinfacht und<br />
Qualitätsstandards stärker fokussiert werden,<br />
Aus- und Fortbildung von JournalistInnen und<br />
die Vielfalt nicht strukturell, sondern inhaltlich<br />
gefördert werden.<br />
Auch die Förderung zur Selbstkontrolle der<br />
Presse gehört überarbeitet. Seit 2009 gibt es<br />
hierfür den fixen Förderbetrag von 150.000 €<br />
jährlich, der komplett an den Presserat geht.<br />
Ziel dieser Förderung ist die Gewährleistung<br />
der Unabhängigkeit des Presserates und die Sicherstellung,<br />
dass alle Aufgaben und Beschlüsse<br />
auch umgesetzt werden können.<br />
Seethaler: „Der Presserat ist ein weitgehend<br />
zahnloses Instrument, so wie er jetzt konstruiert<br />
ist: Es gibt keine verpflichtende Mitgliedschaft<br />
und er ist in seinem Wirkungsumfeld<br />
beschränkt. Die Konstruktion ist überholt.<br />
Aus Best-Practice-Beispielen geht hervor, dass<br />
funktionierende Medienräte in Europa unter<br />
Einschluss des Publikums arbeiten, weil zu Medien<br />
auch das Publikum gehört. Zuletzt hat er<br />
auch keine Sanktionsmöglichkeiten, nur eine<br />
moralische Funktion, die auch so gut wie möglich<br />
ausgeübt wird, aber die Rahmenbedingungen<br />
sind überholt, eine Neufassung ist dringend<br />
notwendig.“<br />
Zurück zum Anfang?<br />
In der aktuellen Diskussion rund um die Reform<br />
der Presseförderung wurde auch die Förderung<br />
von Gratiszeitungen diskutiert, was stark an<br />
das ursprüngliche Gießkannenprinzip erinnert<br />
und einer Rückentwicklung gleicht: Die Diskussion<br />
europaweit geht in Richtung Qualitätsförderung,<br />
da Medien ein demokratiepolitisch<br />
wichtiger Faktor sind und sich auch auf diese<br />
Aufgabe berufen. Seethaler ist der Meinung,<br />
wer sich auf diese Aufgabe beruft, muss auch<br />
<strong>SUMO</strong> | 7
Presse-und Medienförderung<br />
bereit sein etwas zu erbringen, was auch prüfbar<br />
ist: Es könne nur gefördert werden, was der<br />
Allgemeinheit nützt. Prüfbar etwa durch Studien,<br />
die man im Auftrag der Medienregulierungsbehörde<br />
erteilt. Dass durch Gratismedien<br />
wie „Heute“ und „Österreich“ MigrantInnen<br />
die deutsche Sprache vermittelt bekommen, ist<br />
zwar eine begrüßenswerte, jedoch keine förderwürdige<br />
Entwicklung. Der Rezeptionsakt von<br />
Gratiszeitungen selbst, unabhängig vom Inhalt,<br />
der rezipiert wird, stelle laut Seethaler keine demokratiepolitisch<br />
relevante Aktion dar.<br />
Online-Förderung<br />
Mehr als die Hälfte aller ÖsterreicherInnen<br />
nutzt laut „Reuters Institute Digital News Report“<br />
2017 ihr Smartphone, um Zugriff auf<br />
Nachrichten zu erhalten, rund ein Viertel verwendet<br />
Nachrichten-Apps, doppelt so viel wie<br />
im Jahr 2015. Internetplattformen, allen voran<br />
Blogs und Social Media, verzeichnen einen Anstieg<br />
in der Nachrichtennutzung. Obwohl Österreich<br />
ein zeitungszentriertes Land ist, muss<br />
auch hier die Förderung unter dem Gesichtspunkt<br />
der Qualitätsförderung auf Online-Medien<br />
ausgeweitet werden. Betrachtet man das<br />
Kriterium der Vielfalt nicht als strukturelles,<br />
sondern inhaltliches, erscheinen Online-Plattformen<br />
als förderungswürdig, wenn sie einem<br />
demokratiepolitischen Ziel dienen.<br />
Die Herausforderung besteht im Fixieren geeigneter<br />
Kriterien, die den Kreis der Förderanwärter<br />
einschränkt. Mit Hilfe von Messinstrumenten,<br />
die Relevanz feststellen können, sollte<br />
ein grundlegendes Kriterium festgelegt werden.<br />
Weiters liefert die Österreichische Webanalyse<br />
(ÖWA) hilfreiche Daten, um das Feld einzugrenzen.<br />
Seethaler ist auch der Meinung, dass es<br />
einer kritische Größe bei den MitarbeiterInnen<br />
bedarf, um eine Stimme in der Öffentlichkeit<br />
bilden zu können. Selbst bei der Presseförderung<br />
gilt die Regel, dass Redaktionen mit weniger<br />
als 12 Mitgliedern nicht gefördert werden.<br />
Medien, die wir brauchen<br />
Eine Besonderheit in der österreichischen<br />
Print-Landschaft offenbart sich erst bei genauem<br />
Hinsehen: die nichtkommerziellen Medien.<br />
Österreich verfügt über eine Fülle von<br />
ehrenamtlich geführten nichtkommerziellen<br />
Medien, die gerade im Bereich MigrantInnen<br />
und Randgruppen wichtige Arbeit leisten, in<br />
der Förderungsdiskussion jedoch außer Acht<br />
gelassen werden. Da das Reichweitenkriterium<br />
nicht mehr gilt, muss bei diesen Medien die<br />
demokratiepolitische Funktion ganz anders definiert<br />
werden. Man sollte alles in Relation zu<br />
den Mitteln, die eingesetzt werden, und den lokalen<br />
Kreis, der erreicht wird, betrachten. Greift<br />
hier die Publizistikförderung zu kurz? Seethaler<br />
kritisiert das Vorgehen der Politik: „Die, die<br />
das Geld brauchen, bekommen es nicht. Das<br />
sind ohne Gewinn arbeitende Redaktionen,<br />
die gerade in den letzten Jahren sehr viel zur<br />
Integration der Flüchtlinge und MigrantInnen<br />
beigetragen haben – völlig unbemerkt von der<br />
großen Öffentlichkeit. Das sind wirklich Medien,<br />
die wir brauchen!“<br />
Die Diskussion rund um die Reform der Presseförderung<br />
ist überfällig. In den vergangenen<br />
40 Jahren hat sich die Print-Landschaft in Österreich<br />
maßgeblich verändert, wodurch neue<br />
Rahmenbedingungen in der Vergabe dringend<br />
notwendig sind. Es ist nun die Aufgabe der Politik,<br />
ein System zu entwickeln, das würdigen<br />
Printmedien – und letztendlich den BürgerInnen<br />
– zugutekommt.<br />
Christina Guggenberger<br />
Johanna Schinnerl<br />
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Ausgabe 29<br />
Presseförderung: Europas Pioniere<br />
setzen Maßstäbe<br />
Seit Jahren ist die Presseförderung in Österreich Gegenstand heftiger Kritik.<br />
Die Höhe der staatlichen Subvention liegt jedoch keineswegs im europäischen<br />
Spitzenfeld. Im <strong>SUMO</strong>-Interview erklärt Medienexperte Manuel Puppis die Förderspezifika<br />
anderer Länder.<br />
Quelle: pixabay<br />
In Europa ist die Förderung der Presse weit<br />
verbreitet, besonders in westeuropäischen<br />
Ländern wird sie indirekt durch Mehrwertsteuererleichterungen,<br />
aber auch direkt durch<br />
staatliche Subventionen unterstützt. Verglichen<br />
mit Österreich geben Deutschland und die<br />
Schweiz fast doppelt und die skandinavischen<br />
Staaten fünf bis sechs Mal so viel für ihre Zeitungslandschaft<br />
aus. Nicht nur Printmedien,<br />
sondern auch Onlinepublikationen werden<br />
teilweise mit öffentlichen Mitteln finanziert.<br />
Ziel dieser Förderungen ist es, die strukturelle<br />
Vielfalt der Presse zu erhalten oder zu fördern.<br />
Auch die Qualitätssicherung soll durch die<br />
Unterstützungen gewährleistet werden, denn<br />
ordentlicher Journalismus verkauft sich zwar,<br />
aber ohne staatliche Unterstützung lässt er sich<br />
nur schwer finanzieren. Zudem sind Tageszeitungen<br />
und Magazine auf eine Redaktion mit<br />
den nötigen Ressourcen angewiesen. Manuel<br />
Puppis, Professor an der Universität Freiburg<br />
und Autor des Standardwerkes „Einführung<br />
in die Medienpolitik“, konstatiert jedoch, dass<br />
ein Journalismus ohne Subventionen nicht auszuschließen<br />
wäre. Neben Stiftungen, die in der<br />
Lage sind Medien zu unterstützen, könnten<br />
Startups neue Geschäftsmodelle finden. Dennoch<br />
befürwortet Puppis staatliche Subventionen,<br />
um die Vielfalt und Qualität der Presse zu<br />
sichern.<br />
Förderungen durch strikte Kriterien in der<br />
Schweiz<br />
Laut dem Schweizer Bundesamt für Kommunikation<br />
wird jährlich ein Subventionsbeitrag<br />
von umgerechnet 46 Millionen € für die ermäßigte<br />
Zustellung von Zeitungen und Zeitschriften<br />
ausgeschüttet. Davon gehen rund 27<br />
Millionen an die Regional- und Lokalpresse,<br />
rund 18 Millionen an die Mitgliedschafts- und<br />
Stiftungspresse. Darunter fallen jene Zeitungen<br />
und Zeitschriften, welche laut dem Bundesamt<br />
dreizehn Kriterien erfüllen: unter anderem<br />
Tages- statt Frühzustellung, eine vorwiegende<br />
Verbreitung in der Schweiz, Abo-Exemplare<br />
und eine zumindest quartalsmäßige Erscheinung.<br />
Weiters gilt in der Schweiz ein reduzierter<br />
Mehrwertsteuersatz für Zeitungsausgaben<br />
<strong>SUMO</strong> | 9
Presse-und Medienförderung<br />
von 2,5 Prozent anstelle von 8 Prozent. Lokalund<br />
Regionalzeitungen haben außerdem einen<br />
Anspruch auf verbilligten Vertrieb bei der<br />
Schweizerischen Post. Puppis ergänzt hier, dass<br />
die meisten Regionalzeitungen im Besitz von<br />
Großverlagen sind, was zur Folge hat, dass diese<br />
Unternehmen mehr Förderungen erhalten. Er<br />
nennt hierbei das größte Schweizer Verlagshaus<br />
„Tamedia“ als Beispiel. Weiters kommt es häufig<br />
dazu, dass Zeitungen erst am Nachmittag, und<br />
somit mit einer Aktualitätsverzögerung, zugestellt<br />
werden. Würde diese Förderung jedoch<br />
gestrichen werden, kämen vor allem kleinere<br />
Verlagshäuser in massive Schwierigkeiten.<br />
Die Wirksamkeit dieser indirekten Maßnahmen<br />
zur Vielfaltssicherung und -förderung<br />
wird aber – unter anderem vom European Journalism<br />
Observatory – als gering eingeschätzt.<br />
Puppis dazu: „Man muss dieses Thema etwas<br />
differenzieren, da es diese zwei verschiedenen<br />
indirekten Förderungen gibt. Mit der reduzierten<br />
Mehrwertsteuer profitieren alle Verlagshäuser,<br />
wobei natürlich größere durch ihre höheren<br />
Verkaufszahlen mehr Vorteile daraus ziehen als<br />
kleinere. Hierbei handelt es sich um eine massive<br />
Förderung, die weit über die Posttaxenverbilligung<br />
hinausgeht.“ Die Förderkriterien sind<br />
im Detail definiert, allerdings existiert keine<br />
Qualitätskontrolle. Als wichtigstes Kriterium<br />
gilt laut „HORIZONT“ eine minimale Auflagenzahl<br />
von 1.000 abonnierten Exemplaren<br />
und maximal 40.000 an total verbreiteter Auflage.<br />
Dies erlaubt eine weitgehend automatisierte<br />
Vergabe der Subventionen. Hierbei werden<br />
bereits seit 1996 Onlinemedien, die den Förderkriterien<br />
entsprechen, berücksichtigt und<br />
ebenfalls automatisch subventioniert.<br />
Presseförderung schon seit der Französischen<br />
Revolution<br />
In Frankreich wird die Presse schon seit 1789<br />
durch geringere Posttarife staatlich gefördert.<br />
Derzeit bezieht sie jährlich mehr als eine Milliarde<br />
Euro an direkten und indirekten Förderungen.<br />
Laut „HORIZONT“ erhielten 2015<br />
insgesamt 326 Titel 77 Millionen € als direkte<br />
Presseförderung. Durch diese Subventionen<br />
werden gezielt wirtschaftlich schwache Zeitungen<br />
gefördert, indem zum einen die Transportkosten<br />
der Zeitungen reduziert und zum<br />
anderen diverse Fonds zur Unterstützung<br />
bereitgestellt werden. Aus einem Modernisierungsfonds<br />
erhalten Verlage Subventionen<br />
oder zinslose Kredite, um in den Internetund<br />
Multimediabereich ihres Unternehmens<br />
zu investieren. Zudem existiert ein Fonds für<br />
Zeitschriften, deren Werbeeinnahmen 25%<br />
des Umsatzes nicht übersteigen und ein Hilfsfonds<br />
für die Entwicklung von Online Services<br />
der Presseunternehmen. Die Presseförderung<br />
kommt zu 93 Prozent den Tageszeitungen und<br />
Magazinen zugute, die restlichen sieben ergehen<br />
an Onlinemedien. Ein weit größerer Teil<br />
der Förderung erfolgt jedoch durch indirekte<br />
Finanzierungen. Zu diesen zählen etwa die reduzierte<br />
Mehrwertsteuer, die niedrigen Posttarife<br />
und eine Befreiung von der Gewerbesteuer.<br />
Zudem wird die Agence France Presse jährlich<br />
mit mehr als 100 Millionen Euro durch Abonnements<br />
staatlicher Einrichtungen unterstützt.<br />
Lokale Medien im Fokus Norwegens<br />
Das Land an der Spitze der Rangliste der<br />
Pressefreiheit fördert laut „medienwoche.ch“<br />
hauptsächlich Monopolzeitungen und Zweitzeitungen,<br />
welche in einer Region mit bisher<br />
nur einem Anbieter hinzukommen. Der Grund<br />
dafür, letztere bereits seit 1969 zu fördern ist es,<br />
eine heterogene Zeitungslandschaft aufrecht zu<br />
erhalten. In Norwegen bemisst sich die Förderung<br />
nicht wie in vielen anderen Ländern an<br />
der Reichweite, sondern an der Höhe der verbreiteten<br />
Auflage (siehe Schweiz). Hierbei zählen<br />
zu den förderungswürdigen Lokalmedien<br />
all jene bis zu einer Stückzahl von 80.000 Exemplaren.<br />
Darunter fallen hauptsächlich Zeitungen<br />
für Minderheiten und auch finnischsprachige<br />
Ausgaben. Die Subventionen werden von<br />
einer Medienregulierungsbehörde vergeben,<br />
die dem Kulturministerium angehört. Im Jahr<br />
2016 wurden rund 40 Mio. € ausgeschüttet. Der<br />
Hauptteil der norwegischen Presseförderung<br />
erfolgt direkt, allerdings gibt es auch eine indirekte<br />
Maßnahme anhand steuerlicher Vergünstigungen<br />
auf Zeitungsverkäufe.<br />
10 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Deutschland setzt auf Unabhängigkeit<br />
In unserem Nachbarland gibt es anders als in<br />
Österreich lediglich indirekte Förderungsmaßnahmen.<br />
Diese sind laut „Presse“ doppelt so<br />
hoch wie die österreichischen. Nach Puppis<br />
profitieren Großverlage von den Förderungen<br />
mehr, da diese nicht selektiv ausgestattet seien.<br />
Sie resultieren in reduzierten Mehrwertsteuersätzen<br />
für Vertriebserlöse von 7 statt 19 Prozent.<br />
Weiters gibt es laut „bundestag.de“ vergünstigte<br />
Preistarife bei der Deutschen Post für Büchersendungen<br />
und Presseprodukte. Eine direkte<br />
Förderung steht derzeit nicht im Raum. So<br />
wollen die diversen Verlage nicht unter Einfluss<br />
der Politik geraten. Auch aus dem Medien- und<br />
Kommunikationsbericht der Bundesregierung<br />
2008 geht hervor, dass Pressesubventionen vom<br />
Staat aus verfassungsrechtlicher Sicht zweifelhaft<br />
sind. Trotzdem gilt laut „bundestag.de“,<br />
dass Förderungen dann erlaubt sind, wenn damit<br />
Gefahren abgewehrt werden können, die<br />
bei einem freien Pressewesen aus der Bildung<br />
von Meinungsmonopolen entstehen können.<br />
Daher müssen bei jeder Art von Förderung die<br />
Einflussnahme auf den Inhalt und die Gestaltung,<br />
sowie Verzerrungen des publizistischen<br />
Wettbewerbs vermieden werden. Laut dem<br />
Bundesverfassungsgericht ist die freie Presse<br />
ein Wesenselement des freiheitlichen Staates.<br />
Qualität im Mittelpunkt der schwedischen<br />
Förderung<br />
Um die Qualität der geförderten Zeitungen<br />
in Schweden sicherzustellen, werden nur jene<br />
Zeitungen unterstützt, die größtenteils über<br />
Abonnements bezogen werden und deren Werbeanzeigen<br />
weniger als die Hälfte des Blattes<br />
einnehmen. Die Förderungen unterstützen auf<br />
zwei Arten: Einerseits existiert die betriebsbedingte<br />
Subvention, bei der jene Zeitungen gefördert<br />
werden, die an dem Ort ihrer Veröffentlichung<br />
nicht Marktführer sind. Andererseits<br />
werden Zeitungen, die auf eigene Vertriebssysteme<br />
verzichten durch die Absatzsubvention<br />
gefördert, was Wettbewerbsnachteile kleiner<br />
Betriebe ausgleichen soll. Durch eine Produktionsförderung<br />
werden nicht nur Zeitungen,<br />
sondern auch Onlinepublikationen unterstützt.<br />
Laut „HORIZONT“ soll das Presseförderungsgesetz<br />
2018 novelliert und ein staatliches<br />
Onlinemedium gegründet werden. 500 JournalistInnen<br />
sollen für das mittlerweile vierte<br />
öffentlich-rechtliche Medium in Schweden arbeiten,<br />
in dessen Fokus die Abdeckung selten<br />
angesprochener Themen stünde.<br />
Komplettrevision in Dänemark<br />
Erst im Jahr 2013 wurde die dänische Presseförderung<br />
komplett neu aufgesetzt. Grund dafür<br />
war es, dass bis dahin Onlinepublikationen von<br />
Subventionen ausgeschlossen waren. Daher<br />
wurde die damalige Distributions- in eine Produktionsförderung<br />
umgewandelt. Gefördert<br />
werden nun Publikationen, welche mindestens<br />
zu 50 Prozent aus redaktionellen Inhalten bestehen<br />
und bei denen ein Sechstel der Inhalte<br />
von einer eigenständigen Redaktion verfasst<br />
wurde. Daraus ergibt sich, dass höchstens die<br />
Hälfte der Inhalte Werbungen sein dürfen und<br />
bis zu fünf Sechstel der Inhalte zugekauft werden<br />
können. Zudem müssen zumindest drei<br />
JournalistInnen angestellt sein, der Rest kann<br />
aus freien JournalistInnen bestehen. Die Förderung<br />
beträgt pro Jahr maximal 2,6 Millionen<br />
€ bzw. 35 Prozent der Redaktionskosten. Eine<br />
weitere Neuerung bestand darin, dass der dänische<br />
Medienrat jährlich rund 61 Millionen<br />
€ vergeben kann. Diese Summe stellt seither<br />
die gesamte Fördersumme dar. Dänemark besitzt<br />
außerdem einen Innovationsfonds für die<br />
Gründung neuer Medien, sowie einen Restrukturierungsfonds<br />
für Medien in wirtschaftlichen<br />
Notlagen. Dänische Presseerzeugnisse sind außerdem<br />
von der Mehrwertsteuer befreit.<br />
Europa steht vor notwendigen Revisionen<br />
Im Zuge der Digitalisierung und Konvergenz<br />
ist in den letzten Jahren im europäischen Vergleich<br />
ein deutlicher Trend hin zur Förderung<br />
von Onlinepublikationen zu erkennen. Um<br />
digitale Medien zu berücksichtigen, ist es notwendig,<br />
die bestehenden Förderungsmodelle<br />
zu überarbeiten. Ein Beispiel dafür ist die Posttaxenverbilligung,<br />
welche für Onlineprodukte<br />
nicht geeignet ist. Diese Maßnahmen könnten<br />
der Krise, in der sich die Journalismus-Finan-<br />
<strong>SUMO</strong> | 11
Presse-und Medienförderung<br />
zierung befindet entgegenwirken. Besonders<br />
Dänemark und Schweden treten hier als positive<br />
Beispiele hervor, wobei Schweden vor einer<br />
Fördergesetzreform steht. Medienpolitikexperte<br />
Puppis fordert: „Eine Komplettrevision wäre<br />
in vielen anderen europäischen Ländern ebenfalls<br />
nötig.“<br />
Ein weiterer Diskussionspunkt ist vielerorts die<br />
Förderung von Gratiszeitungen. Puppis findet<br />
dies höchst bedenklich, da jene rein werbefinanziert<br />
sind und keine besondere journalistische<br />
Leistung bieten. Bei der Gegenüberstellung<br />
der einzelnen Länder fällt weiters auf, dass<br />
Großverlage überproportional von indirekten<br />
Förderungen profitieren. Puppis hält dies für<br />
problematisch, da sich damit die Medienkonzentration<br />
nicht eindämmen lassen wird. Da<br />
die Finanzierung der Presse ohne staatliche<br />
Subventionen nur schwer möglich ist, befürwortet<br />
er direkte Förderungen und vor allem<br />
deren selektive Ausgestaltung.<br />
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<strong>SUMO</strong> | 13
Presse-und Medienförderung<br />
Quelle: flickr<br />
Publizistikförderung: Ein kleiner Kuchen,<br />
der viele ernähren muss<br />
Die Publizistikförderung hilft einer Vielzahl von Magazinen, wenn auch nur mit<br />
geringen Summen. Welche Bedeutung sie haben, erörtern Hans Georg Egerer,<br />
Geschäftsführer der Fußballzeitschrift „ballesterer“, und Evi Ruescher, Herausgeberin<br />
des Nachhaltigkeits-Magazins „Original“.<br />
340.000 € betrug die Publizistikförderung im<br />
Jahr 2016. Ein kleiner Betrag, vor allem im<br />
Vergleich zur Presseförderung mit ihren 13,9<br />
Millionen €. Die Publizistikförderung ist nur<br />
ein kleiner Topf, unterstützt wird durch sie aber<br />
eine Vielzahl an unterschiedlichen Magazinen.<br />
Die geförderten Magazine haben die mannigfachsten<br />
Themenbereiche im Fokus. Von der<br />
evangelischen Jugend über Feminismus bis zu<br />
historischer Kommunikationsforschung und<br />
Lateinamerika ist alles dabei. Gemeinsam ist<br />
ihnen, dass alle „ausschließlich oder vorwiegend<br />
Fragen der Politik, der Kultur oder der<br />
Weltanschauung (Religion) oder der damit zusammenhängenden<br />
wissenschaftlichen Disziplinen<br />
auf hohem Niveau abhandeln“, wie es im<br />
Publizistikförderungsgesetz heißt.<br />
Vielerlei Kriterien<br />
Laut Gesetz geht es dabei um Publizistik, welche<br />
„der staatsbürgerlichen Bildung dient“ – eine<br />
Formulierung, die Interpretationsspielraum<br />
zulässt. 76 Ansuchen erfüllten die Kriterien im<br />
Jahr 2016, sieben Ansuchen wurden aufgrund<br />
von Mängeln abgewiesen. Die Förderbeträge<br />
lagen zwischen 1.360 € und 11.860 €, wobei<br />
die höchsten Beträge von knapp über 10.000 €<br />
an die evangelische Kirchenzeitung „Saat“, die<br />
Zeitschrift „Behinderte Menschen“ und das<br />
„Reformierte Kirchenblatt“ gingen.<br />
Damit ein Ansuchen erfolgreich anerkannt<br />
wird, ist eine Vielzahl von Kriterien zu erfüllen.<br />
So etwa müssen Magazine mindestens vier Mal<br />
jährlich erscheinen, von der Auflage darf nicht<br />
mehr als die Hälfte gratis verteilt werden. Für<br />
Vereins- oder Organisationsnachrichten sind<br />
nicht mehr als 20% des redaktionellen Umfangs<br />
gestattet. Die Zeitschriften dürfen auch<br />
nicht nur von lokaler Bedeutung sein, sondern<br />
müssen in mehreren Bundesländern in angemessenem<br />
Ausmaß vertrieben werden. Ein medienökonomisches<br />
Kriterium ist, dass „die Förderung<br />
im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage<br />
der periodischen Druckschrift erforderlich ist“.<br />
Dies bedeutet, dass das Magazin keinen Gewinn<br />
erzielt, beziehungsweise dies ohne Förderung<br />
nicht tun würde. Wer gut wirtschaftet<br />
14 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
und schwarze Zahlen schreibt, kommt für eine<br />
Förderung daher gar nicht in Frage.<br />
Der „ballesterer“<br />
Mit 5.083 € wurde im vergangenen Jahr das<br />
Fußballmagazin „ballesterer“ gefördert. Der<br />
ballesterer bietet keine klassische Sportberichterstattung,<br />
sondern fokussiert auf Fußballkultur<br />
und geht vor allem auf Fanthemen stark ein.<br />
Entstanden ist das Magazin im Jahr 2000 und<br />
mittlerweile am Markt etabliert, wie auch Interview-Übernahmen<br />
durch den „STANDARD“<br />
beweisen. „Am stärksten gewachsen sind wir<br />
zwischen 2004 und 2012. Die Zielgruppe ist<br />
aber begrenzt und irgendwann hat man seinen<br />
Zenit erreicht“, erklärt Geschäftsführer Hans<br />
Georg Egerer im <strong>SUMO</strong>-Interview. Die Auflage<br />
des zehn Mal jährlich erscheinenden Magazins<br />
beträgt 20.000 Stück. Chefredakteur Jakob Rosenberg,<br />
Stellvertretende Chefredakteurin Nicole<br />
Selmer sowie eine Person für die Abo-Verwaltung<br />
sind mittlerweile fix angestellt, der<br />
Rest der Arbeit wird auf Honorarbasis erledigt.<br />
Der „ballesterer“ wird bereits seit über zehn Jahren<br />
durch die Publizistikförderung unterstützt,<br />
laut Egerer stellen die rund 5.000 € Förderung<br />
aber nur einen sehr kleinen Teil des Umsatzes,<br />
die Bedeutung der Förderung für das Magazin<br />
ist demnach eher gering. 2015 waren es immerhin<br />
noch 7.500 €, warum der Förderbetrag nun<br />
gesunken ist, weiß man beim „ballesterer“ jedoch<br />
nicht so genau. Betrachtet man die Liste<br />
der geförderten Zeitschriften, so fällt auf, dass<br />
der „ballesterer“ gar nicht so wirklich hinein<br />
passt. Gefördert werden eher Organisationen,<br />
die nebenbei auch noch ein Magazin herausbringen.<br />
„Beim Antrag wird etwa gefragt, wie<br />
viel Prozent des Inhalts Organisationsnachrichten<br />
sind. Beim ‚ballesterer’ sind das eben 0%“,<br />
so Egerer.<br />
Das „Original“<br />
Die Förderung ebenfalls gerne bekommen hätte<br />
Evi Ruescher vom Magazin „Original“, ihr<br />
Ansuchen wurde jedoch abgelehnt. Warum?<br />
„Das wissen wir gar nicht genau. Da gibt es<br />
keine Stellungnahme dazu, der Antrag wurde<br />
einfach abgewiesen“, erklärt Ruescher. Sie hatte<br />
2016 zum ersten Mal einen Antrag auf Publizistikförderung<br />
gestellt, versuchen will sie es aber<br />
trotz Absage dennoch erneut.<br />
Die Grafikdesignerin aus Vorarlberg gründete<br />
das Magazin vor drei Jahren gemeinsam mit<br />
ihrer Kollegin Judith Reichart. „Original“ stellt<br />
Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen in den<br />
Mittelpunkt. Das Magazin erscheint derzeit<br />
vier Mal jährlich mit einer Auflage von 10.000<br />
Stück, neben Ruescher und Reichart sind noch<br />
zahlreiche freie AutorInnen und FotografInnen<br />
an der Erstellung einer Ausgabe beteiligt. „Die<br />
Entwicklung ist gut, wir steigern die Umsätze,<br />
können aber noch nicht davon leben, was eigentlich<br />
das Ziel wäre“, so Ruescher. Die Publizistikförderung<br />
wäre dabei eine wichtige Hilfe<br />
gewesen, aber auch andere Förderungen blieben<br />
den beiden Vorarlbergerinnen verwehrt. Ruescher<br />
ist dennoch überzeugt von der Bedeutung<br />
ihres Magazins. „Ich denke, dass wir etwas bewegen.<br />
Wir sind ein Nachhaltigkeits-Magazin<br />
und haben dadurch gesellschaftliche Relevanz.<br />
Dass da nicht mehr gefördert wird, finde ich<br />
eigentlich schade.“ Sie würde sich einen höher<br />
dotierten Topf wünschen, die 340.000 €, welche<br />
auf aktuell 76 Zeitschriften aufgeteilt werden,<br />
seien ihrer Ansicht nach zu wenig.<br />
Mit dieser Meinung steht Ruescher nicht alleine<br />
da, bereits in der Vergangenheit wurde immer<br />
wieder eine Erhöhung der Förderung gefordert.<br />
Etwa seitens des Österreichischen Zeitschriften-<br />
und Fachmedienverbands (ÖZV),<br />
welcher in seinem Arbeitsprogramm als ersten<br />
Punkt eine deutliche Erhöhung zur Qualitätssicherung<br />
der Zeitschriften und Fachmedien<br />
anspricht. Wirkung zeigten diese Forderungen<br />
bisher jedoch noch nicht.<br />
Alexander Belinger<br />
<strong>SUMO</strong> | 15
Presse-und Medienförderung<br />
Quelle: pexels<br />
VÖZ im Überblick<br />
Wie der Verband Österreichischer Zeitungen diese fördert, mit welchen Herausforderungen<br />
der Print-Markt konfrontiert ist und warum Boulevard nicht gleich<br />
Boulevard ist, erklärt Geschäftsführer Gerald Grünberger im <strong>SUMO</strong>-Interview.<br />
Der Verband Österreichischer Zeitungen<br />
(VÖZ) gilt bis heute als wichtigste Schnittstelle<br />
zwischen Politik und Printmedien-Wirtschaft.<br />
Als Interessensvertretung<br />
für in Österreich käuflich erwerbbare Tages-,<br />
Wochenzeitungen und Magazine gilt<br />
er als Anlaufstelle bei Fragen zum Arbeitsrecht,<br />
zur fortschreitenden Digitalisierung<br />
in der Branche oder zu Entwicklungen im<br />
Werbemarkt. Mit über 50 ordentlichen<br />
Mitgliedern zählt der Verband zu einer der<br />
bedeutendsten Zusammenschlüsse in der<br />
Branche.<br />
Österreich als Print-Nation<br />
Rund 80 Prozent der ÖsterreicherInnen<br />
informieren sich laut CCS Austria 2014/15<br />
täglich über das aktuelle Geschehen in<br />
Tageszeitungen. Um dieses Niveau hochzuhalten,<br />
versuchen Österreichs VerlegerInnen<br />
stetig das Leseerlebnis für RezipientInnen<br />
zu verbessern. Aus diesem Grund<br />
wurde 1946 der VÖZ gegründet, der eine<br />
Austauschplattform für alle Mitglieder<br />
darstellt. Gerald Grünberger veranschaulicht<br />
das Aufgabenfeld des VÖZ wie folgt:<br />
„Wir sind Kollektivvertragspartner und<br />
verhandeln die Löhne für JournalistInnen,<br />
kaufmännische Angestellte, für die wesentlichen<br />
Personengruppen in den Verlagen<br />
von Arbeitgeberseite her und sind auch<br />
bei allen anderen Themen, die die Rahmenbedingungen<br />
der Zeitungs- und Magazin-Branche<br />
in Österreich betreffen, der<br />
erste Ansprechpartner.“ Der Verband organisiert<br />
sich auf mehreren Ebenen: Neben<br />
der Generalversammlung an der Spitze gibt<br />
es auch den Vorstand, der für die laufenden<br />
Geschäfte Beschlüsse fasst. Die Ebene darunter<br />
bilden die Ausschüsse, die sich fünf<br />
Themenbereichen widmen – Lesermarkt,<br />
Vertriebslesermarkt, Werbemarkt, Digitale<br />
Medien, Vereinbarungen mit kollektiven<br />
Partnern, dem Arbeits- und Sozialrecht sowie<br />
publizistischem und dem juristischen<br />
Beirat. Das Board „Digitale Medien“ hat<br />
besondere Bedeutung, da auch die digitalen<br />
Tochterunternehmen, also der Web-Auftritt<br />
der Printtitel, zum VÖZ zählen. Hier<br />
werden insbesondere Entwicklungen in der<br />
Online-Welt vorangetrieben, aber auch die<br />
Vernetzungen im Web betrachtet. In einer<br />
Zeit, in der Printangebote vermehrt auch<br />
oder nur online genutzt werden, zählen<br />
Entwicklungen in diesem Bereich zu den<br />
bedeutsamsten.<br />
16 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Der publizistische Beirat hingegen bespricht<br />
aktuelle und künftige Brachenstandards<br />
im Zeitungs- und Magazinjournalismus<br />
und setzt Maßnahmen: Erst im Mai<br />
wurde die Initiative barrierefreiemedien.at<br />
ins Leben gerufen, die Medienschaffenden<br />
eine Informationsplattform für den korrekten<br />
medialen Umgang mit Menschen<br />
mit Behinderung bieten soll. „Das ist ein<br />
Projekt, das wir gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt<br />
aufgesetzt haben, wo Empfehlungen<br />
und Best-Practice-Beispiele angeführt<br />
werden, wie man journalistisch mit<br />
dem Thema Inklusion und Behinderung<br />
umgeht“, erklärt Grünberger.<br />
Faire Rahmenbedingungen für alle<br />
Eine weitere zentrale Forderung des Verbandes<br />
ist es, gleiche Rahmenbedingungen<br />
für alle zu schaffen. In diesem Sinne trägt<br />
der VÖZ immer wieder Vorschläge an die<br />
Politik heran, um Herausforderungen im<br />
Interesse einer Branche zu lösen, beispielsweise<br />
im Förderbereich oder auch beim<br />
Medientransparenzgesetz.<br />
Neben dem Wettbewerb der privaten Medienanbieter<br />
untereinander stellt auch der<br />
ORF Konkurrenz dar; als öffentlich-rechtliches<br />
Medium stellt er vor allem online<br />
die fairen Rahmenbedingungen in Frage.<br />
Grünberger erläutert, dass sich die Angebote<br />
des ORF nachteilig für private Informations-<br />
und Medienangebote auswirken, vor<br />
allem beim Thema Paywalls oder Gebühren<br />
für Nachrichtencontent. Für österreichische<br />
Zeitungs- und Magazinherausgeber<br />
sei es problematisch, dass es einen – noch<br />
dazu den Marktführer – gibt, der aufgrund<br />
von Gebührenfinanzierung gratis und ohne<br />
Registrierungsvorgang Inhalte anbieten<br />
kann. Laut Grünberger sollten hier Maßnahmen<br />
gesetzt werden, um mehr Fairness<br />
am Markt zu garantieren.<br />
Zusätzlich zur Herausforderung der funktionierenden<br />
Bezahlmodelle kommt auch<br />
noch der Umstand hinzu, dass Programme<br />
des ORF vermehrt „Facebook“ einbeziehen.<br />
Dass die bereits stark polarisierende<br />
Plattform genutzt wird, um dort zusätzlich<br />
Content beispielsweise von Ö3-Radiosendungen<br />
zu veröffentlichen, kritisiert<br />
Grünberger: Die Einbindung von Usern<br />
in den publizierten Content sollte über die<br />
eigene Homepage und nicht über „Facebook"<br />
abgewickelt werden, die technischen<br />
Möglichkeiten seien vorhanden. Mit der<br />
Marktmacht, die der ORF innehat, würde<br />
noch zusätzlich Traffic auf diesen weiteren<br />
Abspielkanal geleitet. Seit 2013, als das Social<br />
Media-Verbot für den öffentlich-rechtlichen<br />
Anbieter vom österreichischen Verfassungsgerichtshof<br />
gekippt wurde, gibt es<br />
kein Regulativ für Social Media-Aktivitäten<br />
des ORF mehr.<br />
Der Markt in der Krise?<br />
Obwohl der „Reuters Digital News Report“<br />
von 2017 aufzeigt, dass Österreich zu einer<br />
der stärksten Print-Nationen weltweit zählt<br />
und auch die höchste Zeitungsnutzungsrate<br />
Europas aufweist, titeln Medien wie „News“<br />
oder „Horizont“ wiederholt, dass der Print-<br />
Markt in einer Krise stecke. Diese Aussagen<br />
stimmen nur teilweise, Zahlen der Österreichischen<br />
Auflagenkontrolle (ÖAK) und<br />
der Österreichischen Webanalyse (ÖWA)<br />
besagen: Während die Auflagenzahlen der<br />
Print-Titel über die Jahre rückläufig sind,<br />
kann online ein Anstieg in der Nutzung der<br />
digitalen Print-Angebote wahrgenommen<br />
werden. Laut Grünberger liege das Prob-<br />
Gerald Grünberger / Quelle: VÖZ<br />
<strong>SUMO</strong> | 17
Presse-und Medienförderung<br />
lem nicht in der Nutzung, sondern in der<br />
Monetarisierung der Angebote: Was in der<br />
Print-Werbung verloren geht, könne online<br />
nicht 1:1 wieder verdient werden. Diese Erlöse-Diskrepanz<br />
verstärke den Druck auf<br />
die Personalsituation in Verlagsunternehmen,<br />
denn der größte Kostenfaktor bildet<br />
nach wie vor die Personalausstattung.<br />
Indem Medienunternehmen sich parallel<br />
zum Print-Geschäft aktiv mit ihren Online-Angeboten<br />
auseinandersetzen, kann<br />
dem Trend entgegengewirkt werden. Betrachtet<br />
man, was heutzutage verstärkt online<br />
abgerufen wird, kann man Prozesse<br />
und Bedürfnisse der RezipientInnen nachvollziehen<br />
und dort entsprechend Erlöse<br />
generieren, „sodass wir den Kern unserer<br />
Produkte, nämlich Journalismus, weiterfinanzieren<br />
können.“<br />
Zukunftssicherung durch Qualität<br />
Ein wichtiger Punkt des VÖZ ist das Kriterium<br />
der Qualität, welche die Mitglieder<br />
aufweisen sollen. Um sich im Wettbewerb<br />
von anderen Medienangeboten zu unterscheiden,<br />
wird in Aus- und Fortbildungen<br />
sowie in Qualitätsmanagementsysteme<br />
investiert. 2010 war der Verband maßgeblich<br />
an der Neugründung des Presserats<br />
beteiligt, der der redaktionellen Qualitätssicherung<br />
dient und auf dem Prinzip der<br />
Freiwilligkeit beruht. Grünberger ist der<br />
Meinung, dass Selbstregulierung besser<br />
sei als Fremdregulierung und dass es für<br />
eine entwickelte Demokratie opportun sei,<br />
wenn die Presse genügend Selbstkritik aufbringt.<br />
Zudem zählt er eine Mitgliedschaft<br />
beim Presserat auch als Qualitätsausweis:<br />
Der Umgang mit Fehlern wird transparent<br />
gemacht, man zeigt, dass Probleme korrigiert<br />
und gelöst werden, und dass man eine<br />
Fehlerkultur beherrsche.<br />
Mit der Fehlerkultur weiß auch die „Kronen<br />
Zeitung“, Mitglied des VÖZ, umzugehen,<br />
bestätigt Grünberger: Ein seriöser<br />
Umgang mit Quellen zählt ebenso zu den<br />
Qualitätskriterien wie das Beachten von<br />
Persönlichkeitsrechten oder das Wahren<br />
der Unabhängigkeit von politischen Einflussnehmern.<br />
Obwohl in gewissen Medien<br />
die Notwendigkeit besteht, verstärkt<br />
im Boulevard-Stil zu publizieren, sind am<br />
Boulevard immer noch deutliche Qualitätsunterschiede<br />
zwischen den Medienprodukten<br />
erkennbar.<br />
Abschließend lässt sich sagen, Boulevard ist<br />
besser als sein Ruf: „Letztendlich kann man<br />
Qualität nicht zwingend darin definieren,<br />
dass nur sogenannte Qualitätszeitungen<br />
diese Qualität erbringen – Qualität gibt es<br />
am Boulevard auch.“<br />
Johanna Schinnerl<br />
18 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Quelle: pixabay<br />
Die „Wiener Zeitung“, oder:<br />
Öffentlich-Rechtlicher Journalismus<br />
In ihrer 314-jährigen Geschichte gab es demgemäß viele Veränderungen. Jüngere<br />
und künftige Entwicklungen der staatlich zu 100 Prozent geförderten, weil<br />
im Besitz der Republik befindlichen Zeitung diskutieren Univ.-Prof. Fritz Hausjell<br />
(Publizistik-Institut Wien) und Prof. Paul Vecsei („Wiener Zeitung“).<br />
1703 erschien unter dem Namen „Wiennerisches<br />
Diarium“ die erste Ausgabe mit nur<br />
wenigen Seiten. Eine Zeitung zu gründen<br />
war damals nicht einfach, zuerst musste<br />
man dazu mit den notwendigen kaiserlichen<br />
Privilegien ausgestattet werden. Das<br />
war damals nicht nur in Österreich so üblich,<br />
sondern wurde praktisch in ganz Europa<br />
so gehandhabt. Doch das „Wiennerische<br />
Diarium“ hatte nicht nur die kaiserlichen<br />
Privilegien, es wurde sogar auf Initiative<br />
von Kaiser Leopold I. gegründet.<br />
Die „Wiener Zeitung" war viele Jahre in<br />
privater Hand, stand aber dennoch dem<br />
kaiserlichen Hofe nahe. Dies sollte alleine<br />
schon durch die Betonung Wiens im Zeitungskopf<br />
unterstrichen werden. Dennoch<br />
wollte die Redaktion unabhängig berichten,<br />
was durch die damalige Zensur kein einfaches<br />
Unterfangen war. 1781 wurden die<br />
generellen Zensurbestimmungen vorübergehend<br />
gelockert, doch für den Inlandstei<br />
war dies nicht relevant, benötigte doch der<br />
Hof ein Organ zur Veröffentlichung seiner<br />
politischen Entscheidungen. Zu Beginn des<br />
19. Jahrhunderts nahmen die Versuche,<br />
sich in die redaktionellen Belange einzumischen<br />
ein massiveres Ausmaß an. Vor allem<br />
Fürst Metternich galt als Feind der Zeitung,<br />
die sich stets gegen die Zensurversuche des<br />
kaiserlichen Hofes wehrte.<br />
1812 wurde das Amtsblatt eingeführt, die<br />
„Wiener Zeitung" damit offizielle „Verkünderin<br />
aller Gesetze und Verordnungen der<br />
Staatsverwaltung, aller Verfügungen der<br />
n.ö. Landesregierung, aller Politischen und<br />
Justiz-Nachrichten.“ 1857 ging die Zeitung<br />
dann auch in das Eigentum des Staates<br />
über. Als Hofzeitung wollte man dennoch<br />
nicht gelten: Die Redakteure hatten stets<br />
das Ziel, möglichst objektiv zu berichten.<br />
Als Konsequenz aus eigenen Ansprüchen<br />
und der Hof-Zensur wurde immer weniger<br />
über Innenpolitik berichtet, stattdessen<br />
vermehrt über Weltereignisse, Kunst und<br />
Kultur. 1940 wurde die Zeitung eingestellt,<br />
<strong>SUMO</strong> | 19
Presse-und Medienförderung<br />
1945 wiederbelebt. Sie fristete ein etwas<br />
biederes Dasein und besaß ihre Relevanz<br />
hauptsächlich durch das Amtsblatt. 1990<br />
gab es sogar Überlegungen, die „Wiener<br />
Zeitung“ einzustellen. Die Pläne wurden jedoch<br />
verworfen und die Zeitung als GmbH,<br />
welche weiterhin zu 100% im Besitz des<br />
Staates ist, ausgegliedert. Die Finanzierung<br />
der Zeitung erfolgt nun hauptsächlich aus<br />
dem Amtsblatt, dafür gibt es aber keinen<br />
einzigen Cent Presseförderung.<br />
Vom Amtsblatt zur Zeitung<br />
Paul Vecsei sieht deren Entwicklung in den<br />
letzten Jahrzehnten als durchaus positiv.<br />
Vecsei begann 1973 als freier Mitarbeiter im<br />
Lokal-Ressort der „Wiener Zeitung“, später<br />
war er etwa für „Profil“ tätig und Gründungsmitglied<br />
des „STANDARD“. Zudem<br />
wirkte er langjährig als Vizepräsident der<br />
Journalistengewerkschaft. Seit 2012 ist er<br />
wieder dort, wo er begonnen hat: bei der<br />
„Wiener Zeitung“.<br />
„Die ‚Wiener Zeitung’ ist eindeutig von einem<br />
Amtsblatt zu einer Zeitung geworden“,<br />
meint Vecsei. Früher sei sie eher Verlautbarungsorgan<br />
und dementsprechend trocken<br />
gewesen, statt Kommentaren und Analysen<br />
seien ausschließlich Berichte im Fokus gestanden.<br />
Große Verdienste am Wandel der<br />
Zeitung hat laut ihm Andreas Unterberger,<br />
Chefredakteur von 2005 bis 2009: „Ich teile<br />
seine politische Einstellung zwar nicht,<br />
aber denke, dass er ein guter Chefredakteur<br />
war. Rein organisatorisch hat er sehr viel<br />
zur Entstaubung der Zeitung beigetragen.“<br />
Medienhistoriker Fritz Hausjell findet, dass<br />
aus den vorhandenen Ressourcen sehr viel<br />
geschöpft wird. Ihm gefällt vor allem die<br />
Ausführlichkeit und Hintergrundtiefe in<br />
der Berichterstattung.<br />
Das Redaktionsstatut<br />
Neben der publizistischen Entwicklung<br />
wurde im vergangenen Jahr auch ein wichtiger<br />
organisatorischer Schritt getan: Die<br />
„Wiener Zeitung“ bekam ein Redaktionsstatut,<br />
und zwar ein „lange ausverhandeltes<br />
und letztlich sehr gut ausformuliertes“,<br />
wie Hausjell meint. Beim Symposium zum<br />
300-jährigen Jubiläum ging man laut Vecsei<br />
mit der Idee des Redaktionsstatuts an die<br />
Öffentlichkeit und die Journalistengewerkschaft<br />
unterstützte die Forderung – doch<br />
„die Beamten haben dann lange glaubwürdig<br />
erklärt, dass dies rechtlich gar nicht<br />
möglich ist“. 2016 bekam die Zeitung dann<br />
doch ihr Redaktionsstatut, das den politischen<br />
Einfluss einschränken soll. „Natürlich<br />
ist es ein Manko, wenn Chefredakteure<br />
in der Vergangenheit ohne Ausschreibung<br />
bestellt wurden. Durch das Redaktionsstatut<br />
gibt es nun zumindest interne Mitbestimmung.“<br />
Dies heißt, dass ein/e neue/r<br />
Chefredakteur/in mittels einer Zwei-Drittel-Mehrheit<br />
der RedakteurInnen abgelehnt<br />
werden kann. Vecsei erhofft sich für<br />
die Zukunft eine Erweiterung interner Mitbestimmung<br />
und Kontrollgremien.<br />
Der ORF als Vorbild?<br />
„Im Gegensatz zum öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunk hat die ‚Wiener Zeitung’ keine<br />
Kontrollgremien. Ich sehe es als Nachteil,<br />
dass es nichts Vergleichbares zu einer Hörer-<br />
oder Sehervertretung wie beim ORF<br />
gibt.“ Öffentlich-Rechtliches Fernsehen<br />
kennt man aus vielen Ländern, öffentlich-rechtliche<br />
Zeitungen jedoch nicht.<br />
Vecsei gefällt die Idee, dass der Staat Journalismus<br />
als öffentliche Aufgabe begreift.<br />
„In einer Zeit des Zeitungssterben, weltweiter<br />
Boulevardisierung und Fake-News<br />
werden verlässliche Information und Qualitätsjournalismus<br />
immer wichtiger und<br />
sollten daher unterstützt werden“, fordert<br />
Paul Vecsei.<br />
Fritz Hausjell kann mit Vecseis Ideen einiges<br />
anfangen. „Große qualitätsorientierte<br />
Printmedien sind wesentlich für das Funktionieren<br />
einer demokratischen Gesellschaft.<br />
Man muss sich überlegen, in welcher<br />
Form man diese Leistungen mittelfristig<br />
sicherstellen kann.“ Das Modell der „Wie-<br />
20 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
ner Zeitung“ findet Hausjell inkonsequent:<br />
„Sie wird wesentlich durch das Amtsblatt<br />
finanziert, im Grunde sind die Veröffentlichungen<br />
dort Pflichtinserate und bilden<br />
die Grundlage des Geschäfts. Daraus ergibt<br />
sich die Frage, wie so ein Medium eigentlich<br />
inhaltlich zu führen ist. Es kann kein Regierungsblatt<br />
sein, sondern nur eines, welches<br />
große politische Breite beinhaltet.“ Der<br />
ORF hat einen öffentlichen Auftrag, bei der<br />
„Wiener Zeitung“ aber gibt es nichts Ähnliches.<br />
Hausjell fände es interessant, wenn<br />
die Zeitung einen publizistischen Auftrag<br />
bekommt oder sich diesen selber gibt und<br />
sich etwa ähnlich wie der ORF verpflichtet,<br />
Minderheiten ausreichend zu berücksichtigen.<br />
„Solche Medienprodukte schauen<br />
dann anders aus als die von jemanden,<br />
der einfach nur möglichst viele Exemplare<br />
absetzen will, um möglichst viel Gewinn<br />
zu machen“, meint der stellvertretende<br />
Vorstand des Instituts für Publizistik- und<br />
Kommunikationswissenschaft in Wien.<br />
Ungenutztes Potential<br />
Einen ausführlichen, bis ins kleinste Detail<br />
geregelten Programmauftrag wie beim ORF<br />
hält Hausjell nicht für sinnvoll. Zudem gibt<br />
es zwischen ORF und der „Wiener Zeitung“<br />
eklatante Unterschiede bei den Ressourcen.<br />
Ähnliche Strukturen wären möglich,<br />
aber der Verwaltungsaufwand müsse sich<br />
in finanziellen Grenzen halten. „Gewisse<br />
programmatische Grundsätze müssten reichen.<br />
Die Frage der Evaluierung und der<br />
Erfüllung des Auftrages kann man getrost<br />
den publizistisch Verantwortlichen im Medium<br />
überlassen“, meint Hausjell. Zudem<br />
könne man etwa systematisch Leserkonferenzen<br />
abhalten und Kontrollinstanzen<br />
selbst installieren.<br />
Wandel nicht realisiert haben. Die Auflage<br />
liegt bei 24.000 Exemplaren, die Reichweite<br />
ist gering. Am Budget für ein wirksames<br />
Marketing fehlt es. „Es ist kein Medium,<br />
mit dem man – wenn man nicht relativ viel<br />
Geld in die Hand nimmt – bloß mit einem<br />
klugen Konzept erfolgreich ist“, so Hausjell,<br />
der die zuletzt immer geringeren Ressourcen<br />
anspricht. So fliegt die „Wiener Zeitung“<br />
derzeit wohl unter dem Radar vieler<br />
ZeitungsleserInnen.<br />
Derzeit scheint sie trotz hochqualitativer<br />
Berichterstattung ihr Potential auf dem österreichischen<br />
Medienmarkt nicht auszunützen.<br />
Doch die „Wiener Zeitung“ hat so<br />
viele Veränderungen ausgetragen in ihrer<br />
314-jährigen Geschichte und es sieht so<br />
aus, als würde – bei Mut – diese nicht zu<br />
Ende gehen.<br />
Alexander Belinger<br />
Dann wären vielleicht mehr Menschen bereit,<br />
für die Zeitung zu bezahlen, weil sie<br />
die Bedeutung journalistischer Qualität<br />
anerkennen, auch wenn sie nicht mit allen<br />
Meinungen im Blatt konform gehen. Denn:<br />
Ein Problem der Zeitung ist, dass viele ihren<br />
<strong>SUMO</strong> | 21
Presse-und Medienförderung<br />
22 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Quelle: pixabay<br />
Verlagsförderung: Aufbruchsstimmung<br />
notwendig!<br />
Das Buch war totgesagt und mit der Grabesstimmung geriet auch die gesamte<br />
Branche unter Druck. Die Verlagsförderung sollte dem entgegenwirken – doch<br />
erfüllt sie ihren Zweck?<br />
Die Veränderungen im Handel und Vertrieb<br />
haben österreichischen Verlagen in<br />
den letzten Jahren verstärkt zugesetzt.<br />
Österreichische AutorInnen wechseln zu<br />
deutschen Verlagen, die höhere Auflagen<br />
ob reichweitenstärkerer Vermarktung, größerer<br />
Vertriebsstrukturen und internationaler<br />
Bekanntheit bieten können. Viele<br />
heimische Verlage haben es schwer, sich<br />
dagegen zu behaupten. Will man sich als<br />
lebendiges Kulturland definieren, hat der<br />
Staat die wichtige Aufgabe, Literatur- und<br />
Kulturverlagen effiziente Unterstützung anzubieten.<br />
Ein gewaltiger Sprung nach vorne<br />
Ein Fördersystem für österreichische Verlage<br />
wurde schon seit den frühen 1970er-Jahren<br />
diskutiert, um heimische Nischenprodukte<br />
wie Lyrikproduktionen zu sichern.<br />
Silke Rudorfer thematisierte in Ihrem Buch<br />
„Verlagsförderung in Österreich“ eingehend<br />
deren Entwicklung. Damals konnten Verlage<br />
demnach zwar Einzelprojekte einreichen<br />
und fördern lassen, eine systematische Verlagsförderung<br />
wie heute gab es nicht. 1992<br />
wurde schließlich die Verlagsförderung<br />
des Bundeskanzleramts ins Leben gerufen.<br />
Wichtige Treiber dafür waren unter anderem<br />
die Arbeitsgemeinschaft der Privatverlage<br />
und die Interessensgemeinschaft<br />
der Autorinnen und Autoren. Durch die<br />
Förderung sollten besonders schwer verkäufliche<br />
Produktionszweige mit hohem<br />
Kulturwert ermöglicht und die Verbreitung<br />
und der Vertrieb dieser Bücher gesichert<br />
werden. Doch welche Auswirkungen hatte<br />
die Förderung? „Aus heutiger Sicht hatte<br />
sie einen gewaltigen Effekt. Es hatte einen<br />
riesigen Sprung nach vorne bedeutet“, stellt<br />
Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen<br />
und Autoren, im Gespräch mit<br />
<strong>SUMO</strong> fest. Auch andere Maßnahmen waren<br />
ausschlaggebend, dennoch: „Die Förderung<br />
hat dazu beigetragen, dass österreichische<br />
Verlagsmarken entstanden sind, die<br />
auch im deutschsprachigen Raum ein Begriff<br />
wurden.“ Diese waren zwar noch lan-<br />
<strong>SUMO</strong> | 23
Presse-und Medienförderung<br />
ge nicht wirtschaftlich herausragende Unternehmungen,<br />
aber etliche österreichische<br />
Verlage spielten damals – wie heute – beim<br />
großen Deutschen Buchpreis eine Rolle.<br />
Österreichs Modell als Vorreiter<br />
Die Verlagsförderung ist entscheidend<br />
für eine lebendige Verlagsszene und eine<br />
vielfältige Buchkultur in Österreich. „Das<br />
Fördersystem in Österreich hat eine hohe<br />
Trefferquote“, so Ruiss. Beweis für den Erfolg<br />
ist, dass viele Länder, darunter auch<br />
die Schweiz, Österreich für dieses Fördersystem<br />
beneiden. „Ein schlechtes Fördersystem<br />
– und das ist in Österreich nicht<br />
der Fall – würde nur das auszeichnen, was<br />
überlebt hat.“ Eine gute Förderung muss<br />
also ein Marktkorrektiv sein und nicht die<br />
Erfolge der ohnehin starken Verlage verdoppeln.<br />
In Wahrheit handle es sich also<br />
um eine Programmförderung. Anstatt ein<br />
Wirtschaftsunternehmen zu unterstützen,<br />
geht es darum, ein bestimmtes qualitativ<br />
hochwertiges Programm und dessen<br />
Verbreitung zu sichern. Wie jede kulturelle<br />
Produktion abseits des Mainstreams<br />
wäre auch die literarische Produktion von<br />
Markt-erträgen alleine nicht lebensfähig.<br />
Der Markt allein kann die Qualität nicht<br />
gewährleisten (et vice versa).<br />
Förderungen des Bundes und der Länder<br />
Neben Subventionen durch den Bund besteht<br />
für österreichische Buchverlage auch<br />
die Möglichkeit, Zuschüsse aus dem Topf<br />
der Kulturförderung der Bundesländer zu<br />
erhalten, meist in Form von Druckkostenbeiträgen.<br />
Obwohl die Länder im Grunde<br />
die Kulturhoheit tragen – Kultur also<br />
Landessache ist –, liegt das Förderschwergewicht<br />
eindeutig beim Bund. Dr. Robert<br />
Stocker, Leiter der Kunstsektion II/5 (Literatur<br />
und Verlagswesen) des Bundeskanzleramts,<br />
gab <strong>SUMO</strong> genauere Auskunft<br />
über die Verlagsförderung: Die Verlagsförderung<br />
verläuft in drei Tranchen und wird<br />
demnach für das Frühjahrsprogramm, das<br />
Herbstprogramm und Werbe- und Vertriebsmaßnahmen<br />
vergeben. Belletristik<br />
und Essayistik, Kinder- und Jugendliteratur<br />
sowie Sachbücher der Sparten Kunst, Kultur,<br />
Philosophie und Geschichte werden<br />
gefördert. Vorrang haben Bücher österreichischer<br />
AutorInnen sowie Bücher zu österreichischen<br />
Themen. In jeder Tranche<br />
kann ein Verlag in 10.000-er Schritten maximal<br />
60.000 € erhalten. Die jährlichen Anträge<br />
der 45 bis 50 Verlage werden von einem<br />
Beirat überprüft. Wenn ein Verlag die<br />
formalen und wirtschaftlichen Voraussetzungen<br />
nicht erfüllt oder das Verlagsprogramm<br />
nicht der qualitativen Anforderung<br />
entspricht, wird eine Förderung abgelehnt.<br />
Die Ablehnungsquote liegt laut Stocker bei<br />
10%. Den Verlagen, die keine Verlagsförderung<br />
erhalten steht jedoch weiterhin die<br />
Einzeltitelförderung für belletristische Projekte<br />
offen.<br />
Eine Frage der Objektivität und Transparenz<br />
„Es hängt sehr stark davon ab, wie die Jury<br />
entscheidet und wer in der Jury sitzt“, sagt<br />
Ruiss, der selbst in den Anfangsjahren Mitglied<br />
im Beirat war. „Es muss sich um eine<br />
Fachjury handeln und Selbstbegünstigung<br />
muss ausgeschlossen sein, obwohl es natürlich<br />
immer Beteiligte oder Betroffene gibt.“<br />
Er selbst habe in zwei Fällen, wo er betroffener<br />
Autor war, die Sitzung verlassen, um<br />
sich weder an der Diskussion noch an der<br />
Abstimmung zu beteiligen. Und wie versucht<br />
man die Transparenz der Entscheidungen<br />
zu wahren? „Die Richtlinien und<br />
der Kriterienkatalog sind bekannt, seit 2016<br />
werden auch alle Ablehnungen schriftlich<br />
begründet“, erklärt Stocker. Vor einigen<br />
Jahren wurden Hearings gemeinsam mit<br />
Beiratsmitgliedern und VerlegerInnen abgehalten,<br />
um die Entscheidungsgrundlagen<br />
der Verlagsförderung ausführlich zu diskutieren.<br />
Die Ergebnisse sind im jährlich<br />
erscheinenden Kunst- und Kulturbericht<br />
publiziert. Höchst geförderte Verlage sind<br />
demnach der „Paul Zsolnay Verlag“ mit<br />
150.000 €, „Haymon“ mit 130.000 € so-<br />
24 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
wie der „Czernin Verlag“, „Droschl“, „Jung<br />
und Jung“ und „Picus“ mit je 120.000 € an<br />
Verlagsförderung. „Jung und Jung“-Titel<br />
konnten seit 2005 immerhin zweimal den<br />
Deutschen Buchpreis gewinnen, den im<br />
deutschsprachigen Raum wohl größten<br />
Treiber an Aufmerksamkeit und Gewinn.<br />
Verlagsförderung unter Druck<br />
Die Absichten der Förderung sind über die<br />
Jahre hinweg im Grunde dieselben geblieben,<br />
der Buchmarkt und die Verlagsbranche<br />
haben sich jedoch verändert. „Die Verlagsförderung<br />
hat darauf mit der Adaption<br />
unserer Einreichbedingungen sowie einer<br />
Schärfung unserer Kriterien und Entscheidungsgrundlagen<br />
reagiert“, erklärt Stocker.<br />
Heutzutage gibt es jedoch viel mehr Bewerber<br />
um die Verlagsförderung als vor zehn<br />
Jahren. „Die Verlagsförderung kann letztlich<br />
– auch wenn sie noch so sehr möchte –<br />
nicht mehr den gleichen Bedarf decken wie<br />
in den Angangsjahren“, konstatiert daher<br />
Ruiss. Das sei in erster Linie eine Budgetmittelfrage.<br />
Die Verlagsförderung ist bis vor<br />
kurzem kein einziges Mal seit ihrer Gründung<br />
angehoben worden: Seit 2015 stehen<br />
2,2 Millionen statt 2 Millionen € pro Jahr<br />
zur Verfügung. „Die Mittel sind knapper<br />
und knapper und die Effekte natürlich verringert<br />
worden.“ Vor allem neue Verlage<br />
hätten es dadurch besonders schwer. „Es<br />
wäre wieder an der Zeit, grundsätzlich über<br />
Marktentwicklungen, den Buchhandel und<br />
neue Vertriebsformen des Buches zu diskutieren.<br />
Wir stecken jetzt in einer größeren<br />
Debatte als damals“, sagt Ruiss.<br />
Eine Branche in Aufbruchsstimmung?<br />
Eine große Branchendebatte mit allen Beteiligten<br />
an Produktion und Vertrieb des<br />
Buches erscheint notwendig. Besonders<br />
dazu aufgerufen sind der Hauptverband<br />
des Buchhandels, sowie die IG Autoren<br />
und Autorinnen, der Verlegerverband,<br />
aber auch die öffentliche Hand. „Wir sind<br />
in laufendem Kontakt mit diesen Fachleuten<br />
und diskutieren auch regelmäßig aktuelle<br />
Fragen der Buch- und Verlagsbranche<br />
im Beirat, sodass wir auf Veränderungen<br />
am Buchmarkt rasch reagieren können“,<br />
betont Stocker gegenüber <strong>SUMO</strong>. Schon<br />
seit längerem plädiert Ruiss auch für einen<br />
österreichischen Schwerpunkt auf der<br />
Leipziger Buchmesse, um wieder eine öffentliche<br />
Auseinandersetzung anzuregen.<br />
„Die gesamte Förderung ist in einer Aufbruchsstimmung<br />
in den 1980er- und den<br />
frühen 1990er-Jahren entstanden. Eine solche<br />
Aufbruchsstimmung wäre heute dringend<br />
notwendig.“ Infolgedessen könnten<br />
auch die Förderungsinstrumente auf ihre<br />
Brauchbarkeit überprüft werden oder ob sie<br />
inhaltlich zu modifizieren seien. Genauere<br />
Durchgangsbestimmungen wären denkbar<br />
und auch weitere Hearings könnten abgehalten<br />
werden.<br />
„Das Buch ist nicht tot.“<br />
Und wie sieht es mit dem Medium Buch<br />
selbst aus? „Das Buch war totgesagt, doch<br />
es lebt und zwar höchst vital. Es hat sich<br />
behauptet in einer Art und Weise, die eigentlich<br />
überraschend ist“, stellt Ruiss klar.<br />
Doch die Frage ist: Wer liest heutzutage<br />
noch Bücher und – ebenfalls wichtig – wer<br />
liest welche? Die Einführung der Verlagsförderung<br />
hatte laut Autorin Silke Rudorfer<br />
einen großen Anstieg der Produktion<br />
literarischer und kulturpolitischer Titel zur<br />
Folge. Doch obwohl es einfacher wurde, ein<br />
derartiges Buch zu publizieren, war es nicht<br />
unbedingt leichter, KäuferInnen zu finden.<br />
Der Verdrängungswettbewerb wurde stärker.<br />
Wenn das Lesen an sich und somit auch<br />
Gerhard Ruiss / Quelle: Dieter Scherr<br />
IG Autorinnen Autoren<br />
<strong>SUMO</strong> | 25
Presse-und Medienförderung<br />
Bücher wieder attraktiver wären, würden<br />
sich viele Probleme der Branche von selbst<br />
lösen. Man müsste also schon bei der Leseförderung<br />
ansetzen: mit sanftem Druck<br />
ins Elternhaus, mit Lesen in Kindergärten<br />
und Volkschulen. Dadurch würden Kinder<br />
einen selbstverständlicheren Umgang<br />
mit Büchern erlernen. Bildungs-, Kulturund<br />
Medienpolitik spielen ineinander. Alle<br />
Förderungen helfen nicht, wenn niemand<br />
mehr liest, weil die Bildungspolitik nicht<br />
greift. Dennoch zeigt sich Ruiss zuversichtlich:<br />
„Wenn man einmal erlebt hat, welche<br />
Welten man aus Büchern bauen kann, dann<br />
wird man lesen wollen – nicht in jedem Lebensalter<br />
gleich, aber es wird einen nie loslassen.“<br />
Christina Guggenberger<br />
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26 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Diversity in Redaktionen: Förderung von<br />
MigrantInnen und Frauen<br />
Eine ausgeglichene Berichterstattung funktioniert nur, wenn Frauen und MigrantInnen<br />
stärker in den Redaktionen vertreten sind? So äußern sich Rebecca<br />
Beerheide vom deutschen Journalistinnenbund und Alexandra Stanic von der<br />
„biber“-Akademie in Wien im <strong>SUMO</strong>-Interview. Doch warum sind diese Gruppen<br />
überhaupt unterrepräsentiert und wie gehen beide Organisationen gegen<br />
den Missstand vor?<br />
Quelle: pixabay<br />
Anfang 2015 lebten etwa 1,4 Millionen<br />
ausländische Staatsangehörige in Österreich.<br />
Das geht aus dem österreichischen<br />
Migrations- und Integrationsbericht 2016<br />
hervor. Das sind etwa 15 Prozent der österreichischen<br />
Gesamtbevölkerung und<br />
etwa 122.000 zugezogene Menschen mehr<br />
als noch im Jahr davor. Dennoch sind sie<br />
in den Medien unterrepräsentiert. Dabei<br />
spielen sie eine entscheidende Rolle für die<br />
Vielfältigkeit der Berichterstattung. Eine in<br />
den Redaktionen ebenfalls schwach besetzte<br />
Gruppe sind Frauen – zumindest in leitenden<br />
Positionen.<br />
„Die österreichische Medienlandschaft<br />
sollte die österreichische Gesellschaft widerspiegeln“,<br />
sagt Alexandra Stanic, Leiterin<br />
der „biber“-Akademie in Wien. An der seit<br />
2011 bestehenden Akademie beginnt alle<br />
zwei Jahre ein Lehrgang mit rund 20 StipendiatInnen.<br />
„Das Besondere an der ‚biber’-Akademie<br />
ist, dass wir Menschen mit<br />
Migrationshintergrund die Chance geben<br />
in der Medienlandschaft Fuß zu fassen“, so<br />
Stanic. Für eine vielfältige Berichterstattung<br />
sei es unbedingt notwendig, MigrantInnen<br />
mit dem angezielten Berufsfeld Journalismus<br />
zu stärken. Die Akademie gehört zum<br />
„biber“-Verlag, der das gleichnamige Magazin<br />
herausgibt.<br />
Ein Crashkurs im Journalismus<br />
Zwei Monate lang erhalten die StipendiatInnen<br />
oder „AkademikerInnen“, wie Stanic<br />
sie nennt, einen Einblick in möglichst<br />
viele Bereiche des Journalismus. „Wir versuchen<br />
von A bis Z alles zu machen“, so<br />
die Akademieleiterin. Die StipendiatInnen<br />
lernen, wie man die besten Ergebnisse<br />
beim Fotografieren erzielt, das Verfassen<br />
von Textsorten wie Reportagen und Kommentare,<br />
lernen aber auch grundlegende<br />
journalistische Inhalte wie die 6 W´s und<br />
<strong>SUMO</strong> | 27
Presse-und Medienförderung<br />
Methoden, nach denen Interviews geführt<br />
werden. „Es ist also ein Crashkurs im Journalismus“,<br />
sagt Stanic. Während ihrer Zeit<br />
an der Akademie haben die StipendiatInnen<br />
die Chance sich auszuprobieren, Fehler<br />
zu machen und aus ihnen zu lernen. Einige<br />
ihrer Texte erscheinen im „biber“-Magazin.<br />
Nach Ablauf der zweimonatigen Ausbildung,<br />
die in kleinen Gruppen aus je vier<br />
TeilnehmerInnen stattfindet, folgt ein Praktikum,<br />
bei dem sie ein Monat lang Redaktionsluft<br />
schnuppern können. Die Redaktionen<br />
müssen den PraktikantInnen keine<br />
Vergütung zahlen, das übernimmt die Akademie.<br />
Das Stipendium ist mit 600 Euro<br />
monatlich dotiert. Das bringt den Vorteil,<br />
dass die StipendiatInnen größere Chancen<br />
haben bei einem Medium eine Praktikumsstelle<br />
zu erhalten: „Die Idee dahinter ist,<br />
dass die Medien schlecht nein sagen können,<br />
da sie nichts zahlen müssen.“ Ein beidseitiger<br />
Gewinn also.<br />
Unterrepräsentation von MigrantInnen<br />
Doch warum sind so wenige MigrantInnen<br />
in den Redaktionen aufzufinden, sodass<br />
eine solche Förderungsmaßnahme überhaupt<br />
notwendig ist? Alexandra Stanic hat<br />
dazu ein paar Theorien. Ein Hindernis stellten<br />
häufig mangelnde Deutschkenntnisse<br />
dar. Zwar sei man bei „biber“ nicht ganz<br />
so streng, doch werde es schwierig, sobald<br />
man zu einer Zeitung wie dem „STAN-<br />
DARD“ möchte. Ein weiterer Grund für<br />
die mangelnde Präsenz in den Redaktionen<br />
Österreichs kommt vonseiten der NeuösterreicherInnen<br />
selbst. Das oftmals geringe<br />
Interesse am Journalistenberuf liegt vor allem<br />
an den unsicheren Zukunftsperspektiven,<br />
mit denen angehende JournalistInnen<br />
zu kämpfen haben. Da sie häufig bereits das<br />
bisherige Leben in einer instabilen finanziellen<br />
Situation verbracht haben, „geht es<br />
nicht darum, den Beruf zur Berufung zu<br />
machen, sondern um die eigene Existenz zu<br />
sichern“, sagt Stanic. Und diese Sicherheit<br />
scheint der Journalismus nicht bieten zu<br />
können – zumindest nicht in der Form wie<br />
in anderen Branchen. Auch vonseiten der<br />
Eltern sei der Journalismus kein besonders<br />
angesehenes Berufsfeld. Mit den Stipendien<br />
möchte die „biber“-Akademie diesen<br />
Menschen zumindest etwas finanzielle Absicherung<br />
geben: „Wir sehen es als unsere<br />
Aufgabe, ihnen zu helfen, damit sie daran<br />
glauben, dass sie es schaffen können“, so<br />
Stanic. Dass sich viele Medienunternehmen<br />
nicht die Mühe machen, MigrantInnen eine<br />
Chance zu geben und sie auszubilden, bedauert<br />
Alexandra Stanic: „Immerhin bringen<br />
sie ihre Geschichten mit“ – und tragen<br />
damit zu einer vielfältigen Berichterstattung<br />
bei.<br />
Frauen im Journalismus: Bilanz nach 30<br />
Jahren<br />
Ebenfalls unverzichtbar, wenn es um das<br />
Thema Diversität geht, sind Frauen. Doch<br />
die sind, so Rebecca Beerheide, ebenfalls<br />
noch nicht ausreichend in den Redaktionen<br />
vertreten, zumindest nicht in leitenden<br />
Positionen. Beerheide ist Vorsitzende des<br />
deutschen Journalistinnenbundes, dessen<br />
Arbeitsgruppe ehrenamtlich ein Mentoringprogramm<br />
speziell für Frauen anbietet.<br />
Eines ist ihr und ihren Kolleginnen aufgefallen:<br />
In den 30 Jahren, in denen es den<br />
Bund gibt, hat sich im Großen und Ganzen<br />
noch nicht so viel verändert, wie es sich<br />
die Frauen gewünscht hätten. „Wir haben<br />
festgestellt, dass wir eine ‚Täglich grüßt das<br />
Murmeltier’-Erfahrung machen.“<br />
„Unsere Forderung ist, dass Redaktionen<br />
paritätisch besetzt werden müssen.“ Das sei<br />
wichtig, um mit den Inhalten von Tageszeitungen,<br />
Radio- und Fernsehprogrammen<br />
verschiedene Gruppen zu erreichen.<br />
Denn Frauen, Männer, ältere und jüngere<br />
Menschen, sowie diejenigen mit anderen<br />
kulturellen Hintergründen machen Redaktionen<br />
– und damit redaktionelle Inhalte –<br />
bunter. Mit dem Mentoringprogramm will<br />
der Journalistinnenbund Frauen im Journalismus<br />
unterstützen, egal ob beim Berufseinstieg,<br />
-wiedereinstieg oder -umstieg.<br />
Das Alter spielt bei der Bewerbung also kei-<br />
28 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Jubiläumsfeier des Journalistinnenbunds /<br />
Quelle: Christian Morgen<br />
ne Rolle, dafür aber das Ergebnis, das sich<br />
die Bewerberinnen vom Programm erhoffen.<br />
Das sollte nämlich realistisch sein. Das<br />
Mentoringprogramm läuft in mehreren<br />
Phasen ab. Zuerst werden beim „Matching“<br />
Frauen gesucht, die als Mentorinnen zu den<br />
Bedürfnissen der jeweiligen Bewerberin<br />
passen. Nach dem Ende der Bewerbungsphase<br />
entstehen so normalerweise zehn<br />
„Tandems“: zehn Bewerberinnen und ihre<br />
Mentorinnen, die sie ein Jahr lang begleiten,<br />
ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen und<br />
an der Umsetzung ihrer Ziele arbeiten. „In<br />
diesem Jahr haben wir jedoch 12 Tandems,<br />
weil wir zwei geflüchtete Frauen dabei haben“,<br />
so Beerheide. „Ich bin sehr gespannt<br />
darauf, sie kennenzulernen.“ Bei einem ersten<br />
Termin werden nochmal die Ziele und<br />
Rahmenbedingungen des Programms besprochen.<br />
Die weitere Zeitplanung ist von<br />
da an ganz den Tandems überlassen. In den<br />
Zwischentreffen, die von Zeit zu Zeit stattfinden,<br />
können sich alle austauschen. Nach<br />
einem Jahr endet das Projekt mit einem<br />
großen Abschlusstreffen.<br />
Neue Herausforderungen<br />
Rebecca Beerheide wünscht sich für die Zukunft,<br />
dass die Gesellschaft für die Arbeitsstrukturen<br />
in den Redaktionen sensibilisiert<br />
wird. „Ich denke aber, dass es ein langjähriger<br />
Prozess ist, weil viele Strukturen und<br />
Denkmuster festgefahren sind.“ Sie hofft in<br />
Bezug auf die gesellschaftlich vorgeschriebenen<br />
Rollenmuster auf eine Umorientierung<br />
innerhalb der jüngeren Generationen.<br />
Doch selbst, wenn sich dieses Problem auflösen<br />
würde, bleiben weitere Hindernisse.<br />
„Die Frage, die demnächst stärker aufkommen<br />
wird, ist die Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf “, so Beerheide, „und da geht<br />
es nicht nur um Kinder, sondern auch um<br />
pflegebedürftige ältere Menschen.“ Da stelle<br />
sich die Frage: Wer legt seinen Job nieder,<br />
um sich um die Angehörigen zu kümmern:<br />
Frau oder Mann?<br />
So unterschiedlich die Förderangebote der<br />
„biber“-Akademie und des Journalistinnenbunds<br />
auch sind, so verfolgen sie doch<br />
beide dasselbe Ziel: die Vielfältigkeit der<br />
medialen Berichterstattung zu fördern. Und<br />
vielleicht spiegelt die mediale Berichterstattung<br />
irgendwann tatsächlich die Vielfältigkeit<br />
wider, die der Journalistinnenbund und<br />
„biber“ in die Redaktionen bringen wollen.<br />
Sahra Amini<br />
<strong>SUMO</strong> | 29
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Rainer Nowak<br />
Chefredakteur und Herausgeber<br />
30 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Quelle: pixabay<br />
Der Überlebenskampf der Freien Radios<br />
Wie finanzieren sich Freie Radios in Österreich? Geschäftsführerin Angelika Hödl<br />
erläutert in <strong>SUMO</strong> die Besonderheiten von „radio AGORA 105,5“ (kurz: AGORA)<br />
in Klagenfurt, Claudia Schreiner die Förderungen der RTR-GmbH für nichtkommerzielle<br />
Freie Radios.<br />
Die nichtkommerziellen Freien Radios<br />
sind laut Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH<br />
(RTR) ein wichtiges und<br />
werbefreies Komplementärangebot zu den<br />
öffentlich-rechtlichen und privaten, kommerziellen<br />
Programmen in Österreich. Seit<br />
2013 erhält der Fonds drei Millionen Euro<br />
für diese besonderen Hörfunkveranstalter.<br />
Darin inbegriffen sind auch drei Community<br />
TV-Sender, welche Gelder aus diesem<br />
Fonds erhalten. Claudia Schreiner, Leiterin<br />
der Fonds und Förderungen der RTR:<br />
„Durch das KommAustria-Gesetz werden<br />
die Mittel immer gleichbleibend zugewiesen.<br />
Im Laufe der Jahre knabbert halt die<br />
Inflation daran.“<br />
Im Gegensatz zu den Förderungen für den<br />
kommerziellen Bereich wird es beim Fonds<br />
für nichtkommerziellen Hörfunk (NKRF)<br />
jährlich knapp. Daher steht für Schreiner<br />
fest, dass in Zukunft über eine Erhöhung<br />
der Mittel zumindest nachgedacht werden<br />
müsste. Auch Angelika Hödl bezeichnet<br />
die Höhe der Förderungen als nicht ausreichend:<br />
„Man könnte mit etwas mehr<br />
Förderungen in vielen Bereichen natürlich<br />
auch mehr Aktivitäten verwirklichen. So<br />
gelingt uns das nur in kleinen Schritten.<br />
Eine aktuelle Forderung des Verbands der<br />
Freien Radios Österreich (VFRÖ) ist daher<br />
auch die Verdoppelung des derzeitigen Förderansatzes<br />
aus dem NKRF der RTR von<br />
drei auf sechs Millionen Euro.“<br />
Die Subventionen der RTR werden vor allem<br />
für die Erbringung eines vielfältigen<br />
und hochwertigen Angebots, zur Förderung<br />
der österreichischen Kultur und kulturellen<br />
Vielfalt, sowie zur Information und Bildung<br />
der Bevölkerung verwendet. Durchgesetzt<br />
werden konnte die Einrichtung des Fonds<br />
vom VFRÖ. Generell sind bis zu 90 Prozent<br />
der Kosten förderbar, solange keine Überförderung<br />
aufgrund anderer Förderquellen<br />
entsteht. Hierzu zählen allerdings keine<br />
freiwilligen Spendenbeiträge.<br />
Freie Radios in Österreich<br />
Insgesamt gibt es vierzehn Freie Radios,<br />
welche über das gesamte Bundesgebiet<br />
verteilt sind und regional unterschiedliche<br />
<strong>SUMO</strong> | 31
Presse-und Medienförderung<br />
Claudia Schreiner / Quelle: Julia Krammer<br />
Reichweiten abdecken. Mittels Livestreams<br />
sind die Programme überall abrufbar. Im<br />
Jahr 2010 wurden von der RTR erstmals<br />
Mittel aus dem „Fonds zur Förderung des<br />
Nichtkommerziellen Rundfunks“ vergeben.<br />
Grundlage dafür war die 2009 durchgeführte<br />
Novelle des KommAustria-Gesetzes.<br />
Laut Schreiner werden seitdem alle Freien<br />
Radios jedes Jahr unterstützt.<br />
Um ihre Interessen besser vertreten zu<br />
können, haben sich die Veranstalter 1993<br />
zu einem Verband der Freien Radios Österreich<br />
zusammengeschlossen, also lange<br />
vor der Legalisierung des privaten Rundfunks.<br />
Finanziert wird die Organisation<br />
über Mitgliedsbeiträge, verfolgt werden<br />
dabei sieben Leitlinien: Offener Zugang,<br />
Partizipation, Gemeinnützigkeit, Transparenz,<br />
Lokalbezug, Unabhängigkeit und ein<br />
antidiskriminatorischer Anspruch. Diese<br />
Prinzipien finden sich auch in den Richtlinien<br />
der RTR wieder, die laut Schreiner besonders<br />
häufig Nachrichtenformate fördert.<br />
Das reichweitenstärkste nichtkommerzielle<br />
Radio Österreichs ist „Radio Orange 94.0“<br />
in Wien.<br />
Wer bekommt was?<br />
Die RTR veröffentlichte die Förderungsentscheidungen<br />
zum ersten Antragstermin<br />
2017, in welcher für „Radio Orange 94.0“<br />
183.020 € für die Inhalteförderung und<br />
28.330 € für die Ausbildungsförderung<br />
vorgesehen sind. Damit erhält der Sender<br />
den höchsten Betrag unter den nichtkommerziellen<br />
Hörfunkveranstaltern. Im SU-<br />
MO-Interview erklärt Claudia Schreiner,<br />
dass jährlich der Großteil der Mittel beim<br />
ersten Antragstermin ausgeschüttet wird.<br />
Zu den Terminen können jeweils nur Projekte<br />
beantragt werden, welche noch nicht<br />
begonnen haben. Zur Förderung der Ausbildung<br />
konstatiert sie: „Wir fördern in diesem<br />
Bereich möglichst jeden eingereichten<br />
Antrag. Wenn allerdings keine Ansuchen<br />
gestellt werden, können wir diese auch<br />
nicht fördern. Wir ermutigen sogar zu Ausbildungsanträgen.“<br />
Zusätzlich finanziert sich „Radio Orange<br />
94.0“, wie viele andere Freien Radios,<br />
über Spendenbeiträge. Auf ihrer Website<br />
werden UserInnen um Unterstützung des<br />
Non-Profit-Radios gebeten. An zweiter<br />
Stelle steht mit einer gesamten Förderhöhe<br />
von 160.497 € für den ersten Antragstermin<br />
2017 das „Radio FRO“ (Linz), gefolgt von<br />
der „Radiofabrik“ (Salzburg) mit 159.000 €.<br />
Den letzten Platz belegt in diesem Ranking<br />
das „Radio OP 98.8“ (Oberpullendorf) mit<br />
83.360 €. „AGORA“ erhält 120.000 €, allerdings<br />
verfolgt dieser Sender auch noch<br />
einen weiteren inhaltlichen Schwerpunkt,<br />
nämlich die Versorgung der slowenischen<br />
Volksgruppe mit einem umfassenden slowenischsprachigen<br />
Programmangebot,<br />
und verbunden damit ist eine weitere Finanzierungsform.<br />
Viele Finanzierungswege sind denkbar<br />
Neben den Subventionen aus dem Nichtkommerziellen<br />
Rundfunkfonds generiert<br />
„AGORA“ mit einer technischen Reichweite<br />
von 460.000 in Kärnten und 10.000 in der<br />
Südsteiermark Einnahmen aus der Kooperation<br />
mit dem ORF, indem diesem Sendezeit<br />
auf den Frequenzen von „AGORA“<br />
zur Verfügung gestellt wird. So wird es ermöglicht,<br />
den im ORF-Gesetz verankerten<br />
öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag<br />
für die slowenische Volksgruppe erfüllen<br />
32 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
zu können. Das Radio fokussiert speziell<br />
auf die slowenisch-deutschsprachige Bevölkerung<br />
in den Sendegebieten. Daher gibt es<br />
auch ein slowenisch-sprachig moderiertes<br />
Programm, das täglich von 6 bis 18 Uhr<br />
ausgestrahlt wird. Die Geschäftsführerin<br />
Angelika Hödl erklärt das seit 2004 laufende<br />
Modell: „Es werden täglich acht Stunden<br />
der Sendezeit vom ORF bespielt. In dieser<br />
Zeit gestaltet die slowenische Redaktion des<br />
ORF-Landesstudio Kärnten ein Programm<br />
für die Volksgruppe.“ Dieses Programm<br />
wird ähnlich wie die ORF-Bundesländerkanäle<br />
gestaltet. Der Fokus liegt hierbei<br />
auf Nachrichten, Servicemeldungen, Unterhaltung,<br />
Volksmusik und Schlager. Vier<br />
Stunden im slowenischsprachigen Tagesprogramm<br />
werden von „AGORA“ gestaltet.<br />
Um 18 Uhr beginnt anschließend das<br />
freie Radioprogramm im Offenen Zugang.<br />
Hierbei gibt es laut Hödl zwischen 35 und<br />
40 verschiedene Sendungen, welche von<br />
durchschnittlich 60 freien RadiomacherInnen<br />
gestaltet werden. Diese Programme<br />
werden in Deutsch, sowie auch in spanischer<br />
Sprache, in Englisch, Russisch, Arabisch<br />
und Bosnisch-Kroatisch-Serbisch<br />
gesendet. Das Radio geht besonders aktiv<br />
auf für sie relevante Zielgruppen wie zum<br />
Beispiel MigrantInnen zu. Im Laufe der<br />
Jahre hat sich laut Hödl gezeigt, dass sich<br />
das Bewusstsein für die medialen Partizipationsmöglichkeiten<br />
im Rahmen eines Freien<br />
Radios in Kärnten noch immer nicht<br />
stark verbreitet hat. Mehr Anfragen für die<br />
Sendegestaltung von BürgerInnen und zivilgesellschaftlichen<br />
Initiativen wären wünschenswert.<br />
„AGORA“ gelangt so zu einem Finanzierungsbeitrag<br />
von rund 70 Prozent durch<br />
die ORF-Kooperation und circa 30 Prozent<br />
durch die Beiträge des Nichtkommerziellen<br />
Rundfunkfonds. Durch Mitgliedsbeiträge<br />
und freiwillige Spenden kommen laut<br />
Hödl keine großen Summen zusammen.<br />
Die Einnahmen des Radios werden hauptsächlich<br />
dazu verwendet, die RedakteurInnen<br />
für das slowenischsprachige Programm<br />
zu bezahlen. Das Freie Radio aus Kärnten<br />
weist eine weitere Besonderheit auf. Im Gegensatz<br />
zu allen anderen Anbietern, die in<br />
ihren Sendegebieten über weitere Förderungsbeiträge<br />
verfügen, werden für „AGO-<br />
RA“ keine Finanzierungsunterstützungen<br />
vom Land Kärnten oder der Stadt Klagenfurt<br />
bezogen. Bis vor einigen Jahren wurde<br />
der Sender und besonders einzelne Projekte<br />
zusätzlich von der Republik Slowenien<br />
unterstützt. Da es allerdings zu Kürzungen<br />
im Kulturbereich kam, wurde diese Subvention<br />
eingestellt.<br />
Zwischen Randgruppenprogramm und<br />
Bürgerradio<br />
Das „Community Medien Institut für<br />
Weiterbildung, Forschung und Beratung“<br />
nennt als einen der Ansprüche an die Freien<br />
Radios in Österreich, dass allen Personen<br />
die Möglichkeit zur unzensierten<br />
Meinungsäußerung gegeben wird. Vorrangig<br />
sind dabei soziale, kulturelle oder<br />
ethnische Minderheiten. Wo bleibt also<br />
die Trennung zwischen Randgruppenprogramm<br />
und Bürgerradio? Dass es sich um<br />
Angelika Hödl / Quelle: PUCH<br />
<strong>SUMO</strong> | 33
Presse-und Medienförderung<br />
ein Programm „für alle“ handelt, zeigt sich<br />
unter anderem im offenen Zugang der Radios<br />
für alle Interessierten. Auch wenn die<br />
diversen, oft vielsprachigen Programme<br />
meist von lokalen und regionalen Communities<br />
produziert werden, haben sie sich<br />
die Vollversorgung der Bevölkerung zum<br />
Ziel gesetzt, was eindeutig für Bürgerradios<br />
spräche. Hödl sieht „AGORA“ sowohl<br />
als Randgruppenprogramm, als auch als<br />
Bürgerradio: „Freies Radio spiegelt immer<br />
das gesellschaftliche Umfeld in irgendeiner<br />
Form wider“. Die ProgrammgestalterInnen<br />
decken die verschiedensten Bereiche, nicht<br />
nur Randgruppenthemen ab. Der slowenische<br />
Bevölkerungsanteil, der durch das<br />
Programm erreicht werden soll, ist nicht<br />
besonders groß. Das Team des Senders<br />
muss daher sehr aktiv agieren, um relevante<br />
Zielgruppen darauf aufmerksam zu machen,<br />
Programme mitzugestalten.<br />
Die einzelnen Programme der Freien Radios<br />
haben die unterschiedlichsten Ausrichtungen<br />
und Zielgruppen. Ein interessantes<br />
Beispiel für ein Sendungsformat<br />
für eine kleine Bevölkerungsgruppe ist das<br />
„Radio Augustin“ von „Radio Orange 94.0“,<br />
welches für Obdachlose gestaltet wird. Das<br />
Programm versteht sich selbst als Sprachrohr<br />
und Lobby für marginalisierte Menschen,<br />
sowie als Informationsquelle für gesellschaftspolitisch<br />
Interessierte. Auch in<br />
diesem Medium finden Ausgeschlossene<br />
Chancen zur aktiven Mitgestaltung vor.<br />
Die Zukunft der Freien Radios<br />
Die nichtkommerziellen bzw. Freien Radios<br />
in Österreich werden sich auch in Zukunft<br />
Gedanken um neue Finanzierungsmöglichkeiten<br />
machen müssen. Obwohl<br />
die RTR die Sender gerne und durchgehend<br />
unterstützt, reichen diese Fördersummen<br />
oft nicht aus. Die einzelnen Anbieter<br />
müssen also in Eigeninitiative Wege finden,<br />
um weitere Einnahmen zu generieren. Dies<br />
wird in Zukunft durch die weiter steigenden<br />
Möglichkeiten von Internetdiensten<br />
und die dadurch erschwerte Möglichkeit<br />
der Einnahmen nicht einfacher werden.<br />
Julia Krammer<br />
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34 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Quelle: Christina Guggenberger<br />
Arthouse-Kinos: „Die Zukunft ist nicht<br />
gesichert“<br />
Es gibt sie noch, die Arthouse-Kinos, die ein Programm abseits des Mainstreams<br />
offerieren – doch wie (lange) behaupten sie sich gegen die Multiplexx-Kinos und<br />
wer fördert sie? <strong>SUMO</strong> blickt hinter die Kulissen der Programmkinos.<br />
Kino ist mehr als nur Filmsehen: Es ist<br />
Erlebnis und sozialer Ort zugleich. Programmkinos<br />
wie das Filmcasino in Wien<br />
haben hierbei eine ganz besondere Aufgabe:<br />
Sie schaffen eine Plattform für künstlerisch<br />
und gesellschaftlich bedeutende Filme<br />
und kulturellen Austausch.<br />
Film als Kulturgut<br />
„Ein wesentliches Merkmal der<br />
Arthouse-Kinos ist, dass sie Film als Kultur<br />
begreifen und Filme nach diesen Kriterien<br />
zeigen“, sagt Gerald Knell, Betriebsleiter des<br />
Filmcasinos, im Gespräch mit <strong>SUMO</strong>. Im<br />
Vordergrund stehen weniger die kommerziellen<br />
Interessen, wie es in Multiplexx-Kinos<br />
der Fall ist. In Arthouse-Kinos finden<br />
vor allem Filme von künstlerischer und<br />
gesellschaftskritischer Relevanz eine Heimat,<br />
wie beispielsweise der Dokumentarfilm.<br />
Das Filmcasino kann sich mit seinem<br />
vielschichtigen Programm und Fünfzigerjahre-Ambiente<br />
bereits seit 1989 als erfolgreiches<br />
Arthouse-Kino in Wien behaupten.<br />
Leicht war und ist es nicht, denn die große<br />
Herausforderung liegt darin, für diese Art<br />
von Filmen das entsprechende Publikum<br />
zu finden. Die Massen, die in die Multiplexx-Kinos<br />
strömen, bleiben bei diesen Filmen<br />
gewöhnlich aus. Arthouse-Kinos müssen<br />
daher ein besonderes Augenmerk auf<br />
die Vermittlungs- und Zielgruppenarbeit<br />
legen.<br />
Kampf gegen das Kinosterben<br />
Das Bundeskanzleramt unterstützt Programmkinos<br />
seit Mitte der 1980er-Jahre.<br />
Vor allem seit dem „Multiplex-Boom“ gegen<br />
Ende der 90er-Jahre sind kleine Kinos<br />
stark auf diese finanzielle Hilfe angewiesen.<br />
„Die kleinen Kinos, die überlebt haben,<br />
haben sich auf Nischen spezialisiert. Darin<br />
sehen sie eine Chance, aber es ist wirtschaftlich<br />
dennoch schwierig“, sagt Knell.<br />
Auch die Digitalisierung vor einigen Jahren<br />
hatte ein weiteres Kinosterben zur Folge.<br />
2011 lag der Förderschwerpunkt daher auf<br />
der Digitalisierung der Programm- und<br />
<strong>SUMO</strong> | 35
Presse-und Medienförderung<br />
Gerald Knell / Quelle: Christina Guggenberger<br />
Regionalkinos mit dem Ziel, weiterhin eine<br />
unabhängige Filmprogrammierung der<br />
Programmkinos zu ermöglichen und auch<br />
in ländlichen Regionen ein anspruchsvolles<br />
Kinoangebot sicherzustellen. Nach eigenen<br />
Angaben stellte das Bundesministerium für<br />
Unterricht, Kunst und Kultur im Jahr 2011<br />
österreichweit 500.000 € für die Digitalisierung<br />
der Programmkinos und weitere<br />
500.000 für regionale und kleinere Kinobetriebe<br />
zur Verfügung. Mit dieser Initiative<br />
konnten damals 25 Programmkinosäle auf<br />
die digitale Projektion umgerüstet werden.<br />
Die Stadt Wien hat laut Filmwirtschaftsbericht<br />
2011 ebenfalls 150.000 € in die Digitalisierung<br />
der Wiener Kinos investiert.<br />
Die Spitzenreiter unter den Förderstellen<br />
Am wichtigsten für die österreichischen<br />
Programmkinos ist die Förderung des Bundeskanzleramts,<br />
von dem die meisten Programmkinos<br />
35.000 € an Jahresförderung<br />
erhalten. Barbara Fränzen, Leiterin der Abteilung<br />
II/3 für Film im Bundeskanzleramt<br />
(BKA), gab gegenüber <strong>SUMO</strong> an, dass heuer<br />
18 Programmkinos in Gesamthöhe von<br />
456.000 € gefördert werden. Auf diese Weise<br />
sollen Kinos unterstützt werden, die im<br />
Sinne der Vielfalt auch eine Programmierung<br />
von künstlerischen, nicht rein dem<br />
Mainstream zuzuordnenden Filmen vorsehen.<br />
Wichtige qualitative Förderkriterien<br />
sind unter anderem ein hoher Anteil von<br />
österreichischen und europäischen Filmen,<br />
Originalfassungen, Sonderprogramme wie<br />
Filmfestivals, aber auch Filmvermittlungen<br />
wie Schul- und Kindervorstellungen.<br />
An zweiter Stelle steht die Förderung vom<br />
Netzwerk „Europa Cinemas“, dem derzeit<br />
28 österreichische Kinos angehören. Die<br />
Mitglieder werden nach deren Anteil an<br />
europäischen Filmen im Programm gefördert<br />
und erhalten zusätzliche Zuschüsse für<br />
Initiativen, die sich an ein junges Publikum<br />
richten. Das Filmcasino erhält demnach<br />
jährlich zwischen 12.000 bis 14.000 € im<br />
Jahr, abhängig vom EU-Budget und dem<br />
Programm europäischer Filme, wobei nur<br />
Filme mit Provenienz außerhalb des jeweiligen<br />
Kino-Landes, also keine österreichischen<br />
Filme gefördert werden.<br />
Nachholbedarf auf Landesebene<br />
Kinoförderung ist in Österreich aber auch<br />
Landessache, es gibt eine hohe Anzahl wie<br />
auch Varianz föderaler Subventionen. Bezogen<br />
auf die regionale Förderung sehen<br />
viele Kinos Nachholbedarf. Das Filmcasino<br />
erhält – wie jedes Kino, das als förderungswürdig<br />
eingestuft wird – von der Stadt<br />
Wien jährlich 12.000 €. „Alle bekommen<br />
das gleiche – das klingt ja gerecht. Aber im<br />
Detail ist es wieder ungerecht“, konstatiert<br />
Knell. Da die einzelnen geförderten Kinos<br />
unterschiedliche Geschäftsmodelle betreiben<br />
und manche zum Beispiel mehr von<br />
Gastronomie leben, haben es einige leichter<br />
als andere. Eine individuellere Anpassung<br />
der Förderung für die einzelnen Kinos wäre<br />
in diesem Sinne wünschenswert. Zudem<br />
erhalten Ausnahmen wie das Gartenbaukino<br />
und das Stadt Kino, die zur „Viennale“<br />
und somit der Stadt Wien gehören, deutlich<br />
mehr. Das empfinden andere Kinobetreiber<br />
als ungerecht, vor allem da 12.000 € für das<br />
ganze Jahr sehr niedrig bemessen sind.<br />
36 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Eigene Darstellung auf Basis der Filmwirtschaftsberichte 2012 - 2015<br />
Förderung im Überblick<br />
Fasst man nun alle österreichischen Förderstellen<br />
zusammen, wurden Kinos im<br />
Jahr 2015 laut Filmwirtschaftsbericht 2016<br />
mit knapp 1,6 Mio. € unterstützt. Aufgrund<br />
der so gut wie abgeschlossenen Digitalisierung<br />
ist die Kinoförderung seit 2012 jährlich<br />
gesunken. Ob die Kinos deshalb weniger<br />
förderungsbedürftig sind, ist allerdings<br />
fraglich.<br />
„Ohne öffentliches Geld geht es nicht“<br />
Programmkinos spielen für die Kulturversorgung<br />
und auch für die Innenstadtbelebung<br />
von Städten eine wichtige Rolle. Knell<br />
betont: „Der Politik muss klar sein, dass<br />
die Zukunft dieser Kinos nicht gesichert<br />
ist.“ Die Förderung ist für die meisten Programmkinos<br />
überlebenswichtig und hat<br />
wesentlich dazu beigetragen, dem Kino-<br />
sterben entgegenzuwirken. Dennoch ist die<br />
Situation für viele Kinos schwierig. „Noch<br />
immer sperren Kinos zu oder stehen auf<br />
der Kippe. Ohne öffentliches Geld geht es<br />
nicht“, meint Knell.<br />
PolitikerInnen in der EU betonen die<br />
Gleichsetzung des Films als Kulturgut –<br />
dass dieses gerade in Kinos distribuiert<br />
werden kann, obliegt auch den (potenziellen)<br />
RezipientInnen.<br />
Christina Guggenberger<br />
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<strong>SUMO</strong> | 37
Presse-und Medienförderung<br />
Quelle: pixabay<br />
Förderung privatkommerzieller Radios<br />
Welche Förderungen erhalten Österreichs privatkommerzielle Radios und sind<br />
diese ausreichend? Im <strong>SUMO</strong>-Interview erläutert Claudia Schreiner die Förderungen<br />
der RTR-GmbH für privatkommerzielle Radios. Ralph Meier-Tanos, Geschäftsführer<br />
von „88.6“, erklärt die Fördersituation aus Sicht des Senders.<br />
Die RTR-GmbH ist die wichtigste Förderungsinstitution<br />
für privatkommerzielle<br />
Radios in Österreich. Sie trägt mit ihrer finanziellen<br />
Unterstützung nicht für nur den<br />
Inhalt der Sendungen, sondern auch für die<br />
Aus- und Weiterbildung der Programm gestaltenden,<br />
rundfunktechnischen und kaufmännischen<br />
MitarbeiterInnen sowie für<br />
Marktforschung und Qualitätssicherung einen<br />
großen Teil zu Österreichs Radiolandschaft<br />
bei. Beim ersten Antragstermin 2017<br />
wurden insgesamt 4.651.409 € Fördermittel<br />
ausgeschüttet. Damit privatkommerzielle<br />
Radiosender jedoch eine Förderung erhalten,<br />
müssen zuerst eine Reihe an Kriterien<br />
erfüllt werden. Vor allem Nachrichtensendungen,<br />
Reportage-Sendungen und -magazine,<br />
Dokumentationen, Diskussionssendungen<br />
und Live-Übertragungen werden<br />
gefördert. Laut Claudia Schreiner (RTR)<br />
wird zuerst kontrolliert, inwiefern der Antrag<br />
des Fördererwerbers realistisch ist und<br />
als umsetzbar gilt. Seit Jahren blieben die<br />
Fördernehmer annähernd gleich, nur selten<br />
kommen neue Formate hinzu.<br />
Fokus auf Regionalität<br />
Grundsätzlich werden die Rundfunkveranstalter<br />
der Größe nach aufgeteilt: Radios<br />
mit einer technischen Reichweite größer als<br />
300.000, kleiner als 300.000 und kleiner als<br />
100.000. In diesem Zusammenhang erhalten<br />
kleinere Radiosender eine höhere Förderquote<br />
als die Major-Sender, wobei ein<br />
Sender auch mehrere Förderungen beziehen<br />
kann. Die Festsetzung der Förderhöhe<br />
wird damit begründet, dass mit zunehmender<br />
Größe der Radiosender auch die Kosten<br />
steigen. Allerdings ist hier trotz kleineren<br />
Prozentsatzes die Fördersumme hoch: Besonders<br />
gerne werden kleine Radios gefördert,<br />
wie zum Beispiel „Radio Osttirol“, das<br />
weniger als 100.000 potenzielle HörerInnen<br />
hat. Die kleinen Radios zeichnen sich dadurch<br />
aus, dass sie ihrer Zielgruppe diverse<br />
regionale Formate anbieten. Die werden<br />
wiederum häufig gefördert, denn Vielfalt<br />
ist ein hohes Anliegen seitens der RTR. Bei<br />
großen Sendern herrsche ein zunehmend<br />
gleicher Programmablauf in puncto Information<br />
und Musik.<br />
38 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Förderungen und Programmfokus<br />
Der Radiosender „88,6“ ist einer der erfolgreichsten<br />
Privatradios in Wien, Niederösterreich<br />
und Burgenland. Geschäftsführer<br />
Ralph Meier-Tanos bestätigt, dass die RTR<br />
durch ihre Förderungen den Sender in der<br />
Vergangenheit gestärkt hat. Dennoch: Diverse<br />
inhaltliche Projekte des Radiosenders<br />
hätten auch ohne Förderungen durchgeführt<br />
werden können. Grundsätzlich erhält<br />
„88.6“ für drei Bereiche finanzielle Unterstützung:<br />
bei der Ausbildung bis zu 70%,<br />
bei der Marktforschung 75% und bei Inhalten<br />
30-40% der Kosten. Laut der Homepage<br />
der RTR, wo alle Entscheidungen über die<br />
Fördersummen veröffentlicht werden, hat<br />
88.6 beim ersten Antragstermin 2017 insgesamt<br />
eine Summe von 305.998 € Fördermittel<br />
erhalten. Im Vergleich zu beispielsweise<br />
„Antenne Kärnten" ist dies ein sehr hoher<br />
Betrag, dieser Radiosender erhielt nämlich<br />
175.996 €. Somit wirke die RTR unterstützend,<br />
die Förderungen entscheiden aber<br />
nicht darüber, ob der Sender und somit<br />
seine Sendungen bestehen. Das Programm<br />
stünde im Vordergrund, nicht die Fördermöglichkeit<br />
– nur so könne wirtschaftlich<br />
effizient gearbeitet werden.<br />
Rückerstattung von Förderungen<br />
Manchmal käme es vor, dass Fördersummen<br />
zurückgezahlt werden müssen. Claudia<br />
Schreiner begründet dies damit, dass<br />
in der Vergangenheit solche ab und zu für<br />
Sendungen beantragt wurden, die letztendlich<br />
nicht umgesetzt wurden. Dies kann<br />
zum Beispiel bei Sendungen geschehen, die<br />
stark auf eine/n Moderator/in zugeschnitten<br />
sind, welche/r dann aber plötzlich den<br />
Betrieb verlässt. Im Fall eines Konkurses<br />
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<strong>SUMO</strong> | 39
Presse-und Medienförderung<br />
seitens der Förderungsnehmer werden die<br />
bereits ausbezahlten Beträge zurückgeholt,<br />
falls keine Leistung vom Radiosender erbracht<br />
wurde. Auch Rückflüsse entstünden,<br />
wenn ein Sender das im Fördervertrag vereinbarte<br />
Programm nicht im vollen Umfang<br />
produziert. Bei „88.6“ mussten laut<br />
Ralph Meier-Tanos noch nie Fördersummen<br />
zurückerstattet werden.<br />
Der VÖP und die RTR als bedeutende Institutionen<br />
Der Verband Österreichischer Privatsender<br />
(VÖP) ist eine seit 1993 bestehende Institution,<br />
die sich für einen fairen Wettbewerb<br />
zwischen öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen<br />
Radiosendern einsetzt.<br />
Für „88.6“ ist der VÖP ein wichtiges Instrument,<br />
da es eine immense Schieflage zwischen<br />
beiden Gruppen gebe. Meier-Tanos,<br />
der auch im Vorstand des VÖP ist, gibt an,<br />
dass es wichtiger denn je sei, Institutionen<br />
zu haben, welche sich dafür einsetzen, ein<br />
Gleichgewicht im Wettkampf herzustellen.<br />
Im Laufe der Jahre hat sich das Förderungssystem<br />
der RTR als sinnvoll bewährt. Claudia<br />
Schreiner könnte sich vorstellen, dass<br />
man sich in Zukunft von der starren Aufteilung<br />
von Radio und Fernsehen entfernt<br />
und vielmehr ein Fördermodell für alle<br />
Medien kreiert. Mit diesem solle sich die<br />
Mittelvergabe vielmehr Content-basierend<br />
gestalten, also Förderungen für die Herstellung<br />
von Content in Print, Radio und Fernsehen<br />
vergeben werden. Außerdem sieht sie<br />
Bedarf, noch mehr in die Ausbildung von<br />
JournalistInnen zu investieren.<br />
Meier-Tanos wünscht sich mehr Unterstützung<br />
für Privatsender, da diese im Vergleich<br />
zu öffentlich-rechtlichen Sendern<br />
weniger Förderungen erhalten. Außerdem<br />
erhofft er sich eine einfachere Handhabung<br />
bezüglich Einreichung, Abrechnung, Zwischenabrechnung<br />
und Endabrechnung, da<br />
hierbei allzu viele Ressourcen in Bürokratie<br />
gebündelt seien. Die volle Zufriedenheit<br />
wird es nie geben. Aber Vorschläge in die<br />
Richtung sehr wohl.<br />
Nadine Trocki<br />
Quelle: pixabay<br />
40 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Quelle: pixabay<br />
Förderung von Privatfernsehen: ein bewährtes<br />
System?<br />
Jährlich stellt die RTR 15 Mio. € für die Unterstützung des Privatfernsehens zur<br />
Verfügung. Ob die Qualität der Sender sichergestellt wird und welche Formate<br />
besonders gerne gefördert werden, erklärt Claudia Schreiner, Leiterin der Fonds<br />
und Förderungen der RTR, im <strong>SUMO</strong>-Interview.<br />
Um die österreichischen Privatfernsehsender<br />
finanziell zu unterstützen, stellt<br />
die Rundfunk und Telekom Regulierungs<br />
GmbH (RTR) jährlich 15 Mio. € für insgesamt<br />
drei Fördertöpfe (Inhalts-, Ausbildungs-<br />
und Studienförderung) zur Verfügung.<br />
Dieser Fonds soll die Vielfalt des<br />
privaten Fernsehens sicherstellen, das Programmangebot<br />
die österreichische Kultur,<br />
kulturelle Diversifikation sowie Information<br />
und Bildung der Bevölkerung fördern.<br />
Antragsberechtigt sind Rundfunkveranstalter,<br />
deren Programme einer Zulassung<br />
des Audiovisuellen Mediendienste-Gesetzes<br />
bedürfen. Die Vergabe der Fördermittel<br />
erfolgt auf Grundlage der gesetzlichen<br />
Bestimmungen sowie aufgrund der genehmigten<br />
Richtlinien der RTR.<br />
Besonders gefördert: Nachrichtenformat<br />
Gemäß Richtlinien sollen die geförderten<br />
Sendungen, Sendereihen oder Projekte der<br />
Erhaltung, Stärkung und Weiterentwicklung<br />
der österreichischen, insbesondere<br />
der regionalen und lokalen Identität im europäischen<br />
Kontext sowie der kulturellen<br />
Vielfalt dienen. Diese müssen mindestens<br />
einem der folgenden Bereiche zuzuordnen<br />
sein: Information, Kunst und Kultur,<br />
Bildung, Wissenschaft und Forschung,<br />
Wirtschaft und Technologie, Soziales, Generationen<br />
und Gesundheit, Politik, Religion<br />
und Geschichte, Gleichbehandlung,<br />
Brauchtum oder Sport. Besonders gerne<br />
werden aber Nachrichtenformate gefördert.<br />
„Alles was Information beinhaltet. Bei den<br />
Kabelrundfunkveranstalter sind das die<br />
Wochenprogramme, bei den bundesweiten<br />
TV-Veranstaltern sind das Nachrichten“, so<br />
Claudia Schreiner.<br />
Laut RTR erhalten im Allgemeinen kleinere,<br />
lokale und regionale TV-Veranstalter,<br />
welche im Regelfall einmal oder mehrmals<br />
in der Woche ein neues Informationsprogramm<br />
anbieten, meist geringere Förderun-<br />
<strong>SUMO</strong> | 41
Presse-und Medienförderung<br />
gen, als von ihnen beantragt. Bundesweite<br />
TV-Veranstalter hingegen verzeichnen<br />
einen wesentlich höheren Aufwand und<br />
bringen meist regelmäßige Informationssendungen,<br />
vielfach auch mehrmals täglich.<br />
Die bundesweiten TV-Veranstalter bekommen<br />
daher die bei weitem höchsten Förderungen<br />
aus dem Privatrundfunkfonds.<br />
Ausbildung sorgt für Qualität<br />
Schreiner ist überzeugt, dass durch die Förderung<br />
der Ausbildung der JournalistInnen<br />
die Qualität des Programms ebenfalls steigt.<br />
Neben der finanziellen Unterstützung der<br />
Ausbildungen werden ebenso besonders<br />
herausragende Sendungen gefördert. Damit<br />
Inhalts- und Projektanträge der Rundfunkveranstalter<br />
angenommen werden,<br />
müssen alle Kriterien erfüllt, die Anzahl<br />
und der Umfang von Nachrichtensendungen<br />
sowie Qualitätssendungen ausgebaut<br />
oder Ausbildungsmaßnahmen getroffen<br />
werden. „Ob das qualitativ hochwertig ist<br />
oder nicht, überprüfen wir aber nicht nach<br />
einem Schema. Das Urteil ob uns das gefällt<br />
oder nicht, wird in der Form bei den Förderentscheidungen<br />
nicht gefällt.“ Untersucht<br />
wird das Maß an Qualität in einer nachprüfenden<br />
Kontrolle der RTR. „Es werden<br />
Stichproben in das Programm gemacht und<br />
so wird kontrolliert, ob das, was wir fördern<br />
wollten auch tatsächlich so umgesetzt wurde“,<br />
erklärt Schreiner.<br />
Förderungen im Überblick<br />
2017 gingen 9.338.217 € an Fernsehveranstalter<br />
um Inhalte zu fördern, 176.577 an<br />
Ausbildungen und 90.530 an Studien. Insgesamt<br />
werden bundesweit sechs und regional<br />
43 Sender unterstützt. Der höchste<br />
Förderbetrag ging mit 1,7 Mio. € an „PULS<br />
4“, mit 1,5 Mio. liegen „ATV“ und „ATV 2“<br />
knapp dahinter. Regional erhält der Sender<br />
„W24“, der im Besitz der Wien-Holding<br />
(und somit der Stadt Wien) ist, die höchste<br />
Förderung und das, obwohl Sender im<br />
Eigentum von Parteien oder unmittelbaren<br />
Einflussbereich juristischer Personen<br />
des öffentlichen Rechts keine Förderungen<br />
erhalten dürften. Geschäftsführer Marcin<br />
Kotlowski betonte in einem „profil“-Interviews<br />
die Rechtmäßigkeit des Förderbezugs,<br />
da der Sender vielfältigen regionalen<br />
Content bieten würde und die Kriterien der<br />
Richtlinien erfülle. Gefördert wird unter<br />
anderem das Comedy-Format „Soso’s Comedy<br />
Club“, obwohl Comedy sich in den<br />
Förderrichtlinien nicht wiederfindet. Das<br />
Format greift jedoch kulturelle Unterschiede<br />
und Rassismus-Erfahrungen auf und<br />
konnte damit überzeugen. Denn immerhin<br />
soll die Förderung der RTR einen Beitrag<br />
für das europäische Bewusstsein leisten.<br />
System hat sich bewährt<br />
Trotz der jährlichen Förderungen ist die<br />
Qualität publizistischer Inhalte in den<br />
Programmen der privaten Fernsehveranstalter<br />
in Österreich erheblich von deren<br />
wirtschaftlichen Verhältnissen geprägt,<br />
konstatierte eine Studie der RTR. Die größeren<br />
Veranstalter, die bundesweit sowie<br />
regional fungieren bieten meist vielfältigere<br />
Informationen als mittlere und lokale mit<br />
geringeren Werbeeinnahmen. Jedoch liefern<br />
kleinere private Fernsehsender einen<br />
besonderen Beitrag zur regionalen Vielfalt.<br />
Umso wichtiger sei es also, die Förderungen<br />
des privaten Fernsehens so beizubehalten.<br />
Auch Schreiner hält das Fördersystem<br />
für gut bewährt, jedoch sei künftig die<br />
Ausbildung der JournalistInnen besonders<br />
wichtig, denn eine hochwertige Ausbildung<br />
sorge – wie erwähnt – für qualitätsvolle Inhalte.<br />
Emma Riedl<br />
42 | <strong>SUMO</strong>
Ausgabe 29<br />
Impressum<br />
Medieninhaberin:<br />
Fachhochschule St. Pölten GmbH<br />
c/o <strong>SUMO</strong><br />
Matthias Corvinus-Straße 15<br />
A-3100 St. Pölten<br />
Telefon: +43(2742) 313 228 - 261<br />
Fachliche Leitung<br />
FH-Prof. Mag. Roland Steiner<br />
E-Mail: office@sumomag.at<br />
Telefon: +43(2742) 313 228 -425<br />
Fax: +43(2742) 313 228 -409<br />
Quelle: Claudia Mann<br />
Das Team der Ausgabe 29<br />
Selina Koller, Dana Radl, Emma Riedl, Julia Krammer, Nadine Trocki, Sarah Amini,<br />
Nadin Nitschke, Alexander Belinger, Johanna Schinnerl, Christina Guggenberger, Roland Steiner<br />
SALES: Riedl, Krammer, Trocki, Schinnerl, Amini<br />
PRODUCTION: Guggenberger, Belinger<br />
COMMUNICATION: Radl, Koller<br />
DISTRIBUTION: Riedl, Krammer, Trocki, Nitschke<br />
RELEASE: Radl, Koller<br />
<strong>SUMO</strong>MAG: Guggenberger, Schinnerl<br />
Drucken Sie auf Nummer sicher.<br />
Porträtfotos: Workshop mit Claudia Mann an der FH St. Pölten<br />
<strong>SUMO</strong> | 43
Presse-und Medienförderung<br />
info.<br />
day<br />
24.11.2017<br />
FH St. Pölten<br />
13:00–18:00 Uhr<br />
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