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2023<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Lebensdaueranalyse für<br />
Klebverbindungen in<br />
großen FKV-Strukturen<br />
mit variierenden<br />
Klebschichtdicken
Lebensdaueranalyse für<br />
Klebverbindungen in großen<br />
FKV-Strukturen mit variierenden<br />
Klebschichtdicken<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 21.059 BR<br />
DVS-Nr.: 08.3260<br />
Fraunhofer-Gesellschaft e.V. Fraunhofer-<br />
Institut für Großstrukturen in der<br />
Produktionstechnik IGP<br />
Technische Universität Dresden Institut für<br />
Leichtbau und Kunststofftechnik Professur<br />
für Leichtbaudesign und Strukturbewertung<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 21.059 BR / DVS-Nr.: 08.3260 der Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die<br />
AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des<br />
Deutschen Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2023 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 574<br />
Bestell-Nr.: 170684<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-574-3<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Schlussbericht vom 15.08.2023<br />
zu IGF-Vorhaben Nr. 21059 BR<br />
Thema<br />
Lebensdaueranalyse für Klebverbindungen in großen FKV-Strukturen mit variierenden Klebschichtdicken<br />
Berichtszeitraum<br />
01.04.2020 – 31.03.2023<br />
Forschungsvereinigung<br />
Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
Forschungseinrichtung(en)<br />
FE1:<br />
Fraunhofer-Institut für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP<br />
FE2:<br />
Technische Universität Dresden, Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik, Professur<br />
für Leichtbaudesign und Strukturbewertung
Seite 8 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21059 BR<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhalt<br />
1. Ausgangssituation und Problemstellung ........................................................................24<br />
2. Zielstellung und Lösungsweg ........................................................................................26<br />
3. Arbeitspaket 1: Analyse und Klassierung ......................................................................29<br />
3.1. Klebschichtdickenschwankungen ...........................................................................29<br />
3.2. Undefinierte Randgeometrien .................................................................................32<br />
3.3. Zusammenfassung AP1: Analyse und Klassierung ................................................36<br />
4. Arbeitspaket 2: Mathematische Beschreibung ...............................................................37<br />
4.1. Erweiterte Analyse der Klebschichtdicken Schwankungen .....................................37<br />
4.2. Abstrahierte Klebschichtdickenschwankung für die numerische Bewertung der<br />
Lebensdauer unter Normalspannungsbeanspruchung ......................................................41<br />
4.3. Abstrahierte Squeeze-Out-Geometrie zur Beschreibung der Rissinitiierung und<br />
Rissfortschrittes unter Schälspannungsbeanspruchung ....................................................43<br />
5. Arbeitspaket 3: Ermittlung von Werkstoffkennwerten .....................................................45<br />
5.1. Charakterisierung des Klebstoffs SikaPower 1280/1050 ........................................45<br />
5.1.1. Zugfestigkeit nach DIN EN ISO 527:2016-06 bei Raumtemperatur (RT) und<br />
Niedertemperatur (NT; -40 °C) ......................................................................................46<br />
5.1.2. Ermüdungsversuche nach DIN 50100:2016-12 mit Prüfkörpern nach DIN EN<br />
ISO 527-2:2012-06 ........................................................................................................51<br />
5.1.3. Druckeigenschaften nach DIN EN ISO 604:2003-12 .......................................55<br />
5.1.4. Scherverhalten nach DIN EN 14869-1:2011-07 ...............................................59<br />
5.1.5. Scherverhalten nach DIN EN 14869-2:2011-07 ...............................................61<br />
5.1.6. Ermüdungsversuche nach DIN 50100:2016-12 mit Prüfkörpern nach DIN EN<br />
14869-2:2011-07 ...........................................................................................................65<br />
5.1.7. Zugfestigkeit von Stoßgelenken nach DIN EN 15870:2009-08 ........................67<br />
5.1.8. Ermüdungsversuche nach DIN 50100:2016-12 mit Prüfkörpern nach DIN EN<br />
15870:2009-08 ..............................................................................................................70<br />
5.1.9. Zugscherfestigkeiten nach DIN EN 1465:2009-07 bei RT und NT (-40 °C) ......72<br />
5.1.10. Bestimmung der Bruchzähigkeit nach ISO 13586:2018-08 ..........................79<br />
5.1.11. Dichte nach DIN EN ISO 1183-1:2013-04 ....................................................82<br />
5.1.12. Zusammenfassung Klebstoffcharakterisierung ............................................85<br />
5.2. Werkstoffcharakterisierung des glasfaserverstärkten Faser-Kunststoff-Verbundes 87<br />
5.2.1. Werkstoffphysikalische Charakterisierung .......................................................88<br />
5.2.1.1. Dichtebestimmung nach DIN EN ISO 1183-1 ..............................................88<br />
5.2.1.2. Bestimmung Faservolumenanteile nach DIN EN ISO 1172 .........................89<br />
5.2.1.3. Bestimmung der Glasübergangstemperatur Tg nach DIN EN ISO 11357-2 .89
Seite 9 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21059 BR<br />
5.2.2. Quasistatische werkstoffmechanische Charakterisierung ................................90<br />
5.2.2.1. Ermittlung der in-plane Zugeigenschaften nach DIN EN ISO 527-5 .............92<br />
5.2.2.2. Bestimmung der in-plane Druckeigenschaften nach DIN EN ISO 14126 (IMA-<br />
Vorrichtung) ...................................................................................................................95<br />
5.2.2.3. Ermittlung der in-plane Schubeigenschaften nach ASTM D7078 (V-Notched<br />
Railshear; VNRS) ..........................................................................................................98<br />
5.2.2.4. Scheinbare interlaminare Scherfestigkeit nach DIN EN ISO 14130 ........... 100<br />
5.2.2.5. Zusammenfassung der Ergebnisse der quasistatischen Materialprüfung<br />
(Materialkarte UD600-Gelege) ..................................................................................... 102<br />
5.2.3. Zyklische werkstoffmechanische Charakterisierung ...................................... 103<br />
5.2.3.1. Bestimmung der Ermüdungsbruchzähigkeit mittels Compact-Tension-<br />
Versuchen nach ISO 13586 (ASTM E1820 & ASTM E647) ......................................... 103<br />
5.2.3.2. Zyklische zugschwellende Versuche (Referenzlaminat [±45°/0°] s ) ............ 109<br />
5.2.3.2.1. Vorversuche zur Bestimmung einer geeigneten Prüffrequenz ................ 109<br />
5.2.3.2.2. Zyklische Versuche ................................................................................ 110<br />
6. Arbeitspaket 4: Numerische Simulation und FE-Submodelle ....................................... 112<br />
6.1. Erarbeitung einer geskripteten Mikroskalensimulation zur Ableitung effektiver<br />
elastischer Eigenschaften in Abhängigkeit des Faservolumengehaltes ........................... 113<br />
6.2. Kalibrierung der VCCT-Methode an Compact-Tension-Versuchen ....................... 114<br />
6.3. J-Integral-Methode zur Bestimmung der Brucheigenschaften von SIKAPower 1280<br />
118<br />
6.4. Bestimmung des Einflusses der Klebschichtdickenschwankung auf das<br />
Ermüdungsverhalten unter Schälbeanspruchung ............................................................ 120<br />
6.4.1. Parametrisierter Modellaufbau mittels Python Skript ..................................... 122<br />
6.4.2. Automatisiertes Post-Processing ................................................................... 125<br />
6.5. Bestimmung des Einflusses der Klebschichtdickenschwankung auf das<br />
Ermüdungsverhalten unter Normalbeanspruchung am Beispiel der trailing edge ............ 127<br />
6.5.1. Parametrisierter Modellaufbau mittels Python Skript ..................................... 128<br />
6.5.2. Automatisiertes Post-Processing ................................................................... 133<br />
7. Arbeitspaket 5: Experimentelle Untersuchungen auf Coupon-Ebene........................... 135<br />
7.1. Klebschichtdickenschwankungen – Variable Dicke (wellenförmig) ....................... 136<br />
7.1.1. Herstellung von Prüfkörpern mit Wellenlaminaten ......................................... 137<br />
7.1.2. Prüfen der Proben mit einer Klebschichtdickenschwankung .......................... 142<br />
7.1.3. Herstellung von Proben mit einer skalierten Klebschichtdicke ....................... 147<br />
7.1.4. Prüfen der Proben mit einer skalierten Klebschichtdicke ............................... 150<br />
7.2. Klebschichtdickenschwankungen – Konstante Dicke ........................................... 153<br />
7.2.1. Herstellung von Prüfkörpern mit konstanter Klebschichtdicke ....................... 153<br />
7.2.2. Prüfmethodik normalspannungsinduziertes Versagen ................................... 156
Seite 10 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21059 BR<br />
7.2.3. Ergebnisse und Diskussion ........................................................................... 159<br />
7.3. Klebschichtdickenschwankungen – variable Dicke (keilförmig) ............................ 164<br />
7.3.1. Herstellung von keilförmiger Coupon-Probe .................................................. 165<br />
7.3.2. Prüfen der keilförmigen Coupon-Probe ......................................................... 168<br />
7.4. Undefinierte Randgeometrien ............................................................................... 170<br />
7.4.1. Herstellung und Prüfung einer Referenzserie ................................................ 170<br />
7.4.2. Parameteruntersuchungen zur Beeinflussung des Rissverlaufs .................... 178<br />
7.4.3. Methodik zur Einbringung von undefinierten Randgeometrien ....................... 191<br />
7.5. Zusammenfassung AP5: Experimentelle Untersuchungen auf Coupon-Ebene .... 198<br />
8. Arbeitspaket 6: Substruktur-Tests ............................................................................... 199<br />
8.1. Herstellung von keilförmigen Substruktur-Proben ................................................. 199<br />
8.2. Prüfen der keilförmigen Substruktur-Proben ......................................................... 201<br />
8.2.1. Auswertung der keilförmigen Substruktur-Probe 2304-1_1............................ 203<br />
8.2.2. Auswertung der keilförmigen Substruktur-Probe 2304-1_2............................ 205<br />
8.3. Zusammenfassung AP6: Substruktur-Tests ......................................................... 206<br />
9. Arbeitspaket 7: Gestaltungsrichtlinien und Schlussbericht ........................................... 207<br />
9.1. Erkenntnisse und Gestaltungsrichtlinien aus dem AP1 & AP2 .............................. 207<br />
9.2. Erkenntnisse und Gestaltungsrichtlinien aus dem AP3 ......................................... 207<br />
9.3. Erkenntnisse und Gestaltungsrichtlinien aus dem AP4 ......................................... 209<br />
9.3.1. Einfluss des Klebschichtdickenschwankung bei Schälbeanspruchung .......... 210<br />
9.3.2. Einfluss des Klebschichtdickenschwankung bei Normalbeanspruchung........ 211<br />
9.4. Erkenntnisse und Gestaltungsrichtlinien aus AP5 und AP6 .................................. 215<br />
10. Ergebnisse und Ausblick .......................................................................................... 219<br />
10.1. Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten und des Ergebnisses mit den<br />
Zielen 219<br />
10.2. Nutzen und wirtschaftliche Bedeutung der Forschungsergebnisse für kleine und<br />
mittlere Unternehmen (KMU) .......................................................................................... 221<br />
10.3. Wissenschaftlich-technischer Nutzen ................................................................ 222<br />
10.4. Projektbegleitender Ausschuss ......................................................................... 223<br />
10.5. Verwendung der Zuwendung ............................................................................ 223<br />
10.6. Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit ............................... 224<br />
10.7. Ergebnistransfer in die Wirtschaft ..................................................................... 225<br />
10.8. Einschätzung der Realisierbarkeit des Transferkonzeptes ................................ 228<br />
10.9. Danksagung und Förderhinweis ....................................................................... 229<br />
11. Quellen .................................................................................................................... 230<br />
12. Anhang .................................................................................................................... 232<br />
12.1. Anhang Arbeitspaket 1: Analyse und Klassierung ............................................. 232
Seite 11 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21059 BR<br />
12.2. Anhang Arbeitspaket 3: Ermittlung von Werkstoffkennwerten ........................... 236
Seite 24 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21059 BR<br />
1. Ausgangssituation und Problemstellung<br />
In vielen Zukunftsbranchen der Wirtschaft, wie beispielsweise dem Windenergieanlagen-,<br />
Schiff- sowie Schienen- und Nutzfahrzeugbau, sind geklebte Verbindungen von Faser-<br />
Kunststoff-Verbund(FKV)-Strukturen mittlerweile gängige Praxis, vgl. Abbildung 1. Insbesondere<br />
in diesen Branchen ergeben sich beim Kleben der Großstrukturen jedoch spezielle<br />
Herausforderungen. Dazu gehören z. B. hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit bei Betriebsbelastung<br />
der Bauteile und Fügeverbindungen (Lebensdauer > 20 Jahre) trotz der prozessbedingt<br />
großen Fertigungstoleranzen. Exemplarisch kann hier die Herstellung von Rotorblättern<br />
für Windenergieanlagen genannt werden, die meist vollständig klebtechnisch gefügt<br />
sind (derzeitig typische Länge zwischen 60 und 90 m). Die Herstellung der Rotorblätter<br />
erfolgt für gewöhnlich in einer Halbschalen-Sandwich-Bauweise, die der Bauweise von FKV-<br />
Schiffsdecks ähnelt. Dazu werden zunächst die Halbschalen sowie mehrere Stege und Rippen<br />
aus glas- und kohlenstofffaserverstärktem Material separat hergestellt. Zudem wird z. B.<br />
Balsaholz in die Sandwichbauteile eingebracht. Diese werden mit strukturellen Klebstoffen<br />
zu einem Bauteil gefügt. Die Klebnahtlänge beläuft sich dabei auf das ca. 6- bis 8-fache der<br />
Rotorblattlänge mit einer Klebnahtbreite zwischen 50 und 150 mm. Aus den größenbedingten<br />
Fertigungstoleranzen resultieren Klebschichtdicken im Bereich von 2 und 15 mm.In vielen<br />
Zukunftsbranchen der Wirtschaft, wie beispielsweise dem Windenergieanlagen-, Schiffsowie<br />
Schienen- und Nutzfahrzeugbau, sind geklebte Verbindungen von Faser-Kunststoff-<br />
Verbund(FKV)-Strukturen mittlerweile gängige Praxis, vgl. Abbildung 1. Insbesondere in diesen<br />
Branchen ergeben sich beim Kleben der Großstrukturen jedoch spezielle Herausforderungen.<br />
Dazu gehören z. B. hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit bei Betriebsbelastung<br />
der Bauteile und Fügeverbindungen (Lebensdauer > 20 Jahre) trotz der prozessbedingt<br />
großen Fertigungstoleranzen. Exemplarisch kann hier die Herstellung von Rotorblättern für<br />
Windenergieanlagen genannt werden, die meist vollständig klebtechnisch gefügt sind (derzeitig<br />
typische Länge zwischen 60 und 90 m). Die Herstellung der Rotorblätter erfolgt für gewöhnlich<br />
in einer Halbschalen-Sandwich-Bauweise, die der Bauweise von FKV-Schiffsdecks<br />
ähnelt. Dazu werden zunächst die Halbschalen sowie mehrere Stege und Rippen aus glasund<br />
kohlenstofffaserverstärktem Material separat hergestellt. Zudem wird z. B. Balsaholz in<br />
die Sandwichbauteile eingebracht. Diese werden mit strukturellen Klebstoffen zu einem Bauteil<br />
gefügt. Die Klebnahtlänge beläuft sich dabei auf das ca. 6- bis 8-fache der Rotorblattlänge<br />
mit einer Klebnahtbreite zwischen 50 und 150 mm. Aus den größenbedingten Fertigungstoleranzen<br />
resultieren Klebschichtdicken im Bereich von 2 und 15 mm.<br />
Abbildung 1:<br />
Typische Einsatzbereiche und Applikationsgrößen von Klebverbindungen bei FKV-<br />
Großstrukturen
Seite 25 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21059 BR<br />
Bei dem Klebprozess von Großstrukturen können verschiedene Fertigungsfehler auftreten,<br />
aus denen Imperfektionen resultieren [1]. Diese sind nach [2] der Schadensklasse 3 (Level 3<br />
- Severe Damage) zuzuordnen und als kritisch einzuschätzen. Zu diesen Imperfektionen<br />
zählen Klebschichtdickenschwankungen in Längs- und Querrichtung, undefinierte Randgeometrien,<br />
wie beispielsweise Squeeze-Outs, sowie unvollständige Klebfugenfüllung. Aus den<br />
fertigungsbedingten Imperfektionen resultieren durch mechanische Beanspruchungen während<br />
der Nutzungsphase der geklebten FKV-Großstrukturen betriebsbedingte Fehler. Kritisch<br />
sind hierbei insbesondere die Entstehung und das Wachstum von Rissen in der Klebfuge.<br />
Dies betrifft bei Rotorblättern zum einen die Hinterkantenklebung, die durch die Biegebelastungen<br />
in Profilrichtung einer zyklischer Zug-Druck- und Biegebelastung ausgesetzt ist. In<br />
der Klebnaht kommt es zur Initiierung von Vielfachrissen und darüber hinaus zum Risswachstum<br />
entlang der Klebschichtbreite, siehe Abbildung 2.<br />
Abbildung 2:<br />
Dickenschwankung und Querrisse an Rotorblattklebungen<br />
Derartige Schädigungen führen zu Steifigkeits- und Festigkeitsabfall und limitieren die Lebensdauer<br />
der Struktur. Zudem kommt es durch Druck- und Schubbeanspruchungen in der<br />
Torsionsschale zum zyklischen Beulen. Die Verklebungen sind dabei einer Schälbeanspruchung<br />
ausgesetzt, die im Bereich der Klebfuge zu Ermüdungsrissen und Delaminationen<br />
parallel zur Klebnaht führt (Abbildung 3). Vergleichbare Rissphänomene treten auch bei anderen<br />
geklebten FKV-Großstrukturen auf und sind in ihrem Initiierungs- und Wachstumsverhalten<br />
insbesondere vom Klebschichtdickenverlauf quer und längs der Klebnaht abhängig.<br />
Abbildung 3:<br />
Squeeze-Out und schälspannungsinduzierter Längsriss<br />
Bei der Auslegung der klebtechnisch gefügten Großstrukturen wird die Klebschicht derzeit<br />
noch als idealisierte, d.h. mit konstanter Klebschichtdicke und Randgeometrie ohne Imperfektionen,<br />
angenommen. Damit kann der Einfluss der real vorhandenen Imperfektionen auf<br />
die Lebensdauer nicht detailliert berücksichtigt werden. Diese werden bei der vereinfachten<br />
Berechnung mit Hilfe größerer modellbezogener Sicherheitsfaktoren pauschal berücksichtigt.<br />
Durch Kenntnisse über die Auswirkung von Imperfektionen wäre es möglich, diese Sicherheitsfaktoren<br />
anzupassen. Damit könnte eine gezielte Optimierung der Bauteile durchgeführt<br />
werden. Somit könnte zum einen die Lebensdauerauslegung verbessert werden und zum
Seite 26 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21059 BR<br />
anderen Materialeinsparungen, die mit Kosten- und Gewichtseinsparungen einhergehen,<br />
erzielt werden.<br />
Gemäß [3] gelangen innerhalb der nächsten Jahre viele Windenergieanlagen in Deutschland<br />
an die Grenze ihrer Entwurfslebensdauer, die zwischen 20 und 25 Jahren liegt. Nach Erreichen<br />
dieser Zeit besteht laut Herstellern keine Sicherheit, dass alle sicherheits- und konstruktionsrelevanten<br />
Komponenten weiterhin uneingeschränkt belastbar sind. Eine Alternative,<br />
neben dem Rückbau nach Ablauf der vorgesehenen Lebensdauer, stellt der Weiterbetrieb<br />
der Anlagen nach einer umfassenden Neubewertung und Prüfung dar. Diese beinhaltet<br />
unter anderem die Analyse des Zustandes der Windenergieanlage. Mit weiteren Erkenntnissen<br />
über die Auswirkungen von Rissen sowie dem Risswachstum in Rotorblättern können<br />
Lebensdauerreserven besser eingeschätzt und die Wirtschaftlichkeit der Anlagen weiter gesteigert<br />
werden.<br />
2. Zielstellung und Lösungsweg<br />
Ausgehend von der in Kapitel 1 beschriebenen Ausgangssituation ist es daher notwendig,<br />
die Auswirkungen fertigungsbedingter Imperfektionen auf die Lebensdauer von großen geklebten<br />
FKV-Strukturen zu untersuchen. Kernziel des Vorhabens ist die Analyse und mathematische<br />
Beschreibung des Einflusses von Dickenschwankungen in Klebungen und unterschiedlichen<br />
Randgeometrien auf die Lebensdauer geklebter FKV-Großstrukturen. Dabei<br />
wird das Rissinitiierungs- und Rissfortschrittsverhalten bei verschiedenen zyklischen Beanspruchungen<br />
untersucht und deren Auswirkung auf das Reststeifigkeits- und Restfestigkeitsverhalten<br />
praxisgerecht beschrieben. Aus den experimentell und rechnerisch ermittelten Ergebnissen<br />
werden Grenzwerte für die Dickenschwankungen abgeleitet und in Gestaltungsrichtlinien<br />
praxisorientiert aufbereitet.<br />
Dem zugrunde liegt die Arbeitshypothese, dass Klebschichtdickenschwankungen und abweichende<br />
Randgeometrien, wie Squeeze-Outs, Einfluss auf die Lebensdauer haben und<br />
die Lebensdauervorhersage durch deren gezielte Einbringung und Untersuchung verbessert<br />
werden kann. Im Vorhaben sind daher reale und virtuelle Versuche auf verschiedenen Skalen<br />
mittels statistischer Versuchsplanung gezielt kombiniert worden. Der in Abbildung 4 gezeigte<br />
Ansatz verknüpft die Untersuchungen auf den drei Skalenebenen – Substruktur, Coupon<br />
und Submodell – und ist für eine effiziente Lebensdaueranalyse geeignet. Er lässt zum<br />
einen die Abdeckung des gesamten Parameterraums zu und ermöglicht zum anderen die<br />
Validierung der Ergebnisse an den Skalengrenzen.Dem zugrunde liegt die Arbeitshypothese,<br />
dass Klebschichtdickenschwankungen und abweichende Randgeometrien, wie Squeeze-<br />
Outs, Einfluss auf die Lebensdauer haben und die Lebensdauervorhersage durch deren gezielte<br />
Einbringung und Untersuchung verbessert werden kann. Im Vorhaben sind daher reale<br />
und virtuelle Versuche auf verschiedenen Skalen mittels statistischer Versuchsplanung gezielt<br />
kombiniert worden. Der in Abbildung 4 gezeigte Ansatz verknüpft die Untersuchungen<br />
auf den drei Skalenebenen – Substruktur, Coupon und Submodell – und ist für eine effiziente<br />
Lebensdaueranalyse geeignet. Er lässt zum einen die Abdeckung des gesamten Parameterraums<br />
zu und ermöglicht zum anderen die Validierung der Ergebnisse an den Skalengrenzen.