Erweiterung Firmenzentrale Lageplan 1:2000 276 Frühe Bauten
Die drei Modulreihenhäuser erschrecken also niemand durch aufdringliche Töne, weil sie klassische Materialfarben von Wohnhäusern wiedergeben, wie man sie von Dachschindeln oder Fachwerkhäusern kennt. Das Bestandsgebäude, ein Mehrfamilienhaus, das den Hof gegen die Straße schützt, ist zwar moosgrün, aber in Neu‐Ulm treten sehr viele Blockrandhäuser in starken Farben in den Stadtraum, sodass dieser kräftige Naturakzent überhaupt nicht zu laut um Aufmerksamkeit schreit. Das Nachkriegsgebäude, das Teil des Entwicklungsplans war, haben <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong> durch zum Hof addierte Laubengänge mit außenliegendem Treppenhaus innen räumlich optimiert, sodass die 15 Wohnungen mehr Zimmer mit Südausrichtung erhielten. Mit einer Pelletheizung für das Ensemble, die auf andere Häuser erweitert werden kann, sorgte dieser 2004 fertiggestellte Bau auch noch für eine CO 2 ‐ neutrale und regenerative Heizenergie, und auch ein Regenwassersystem hilft bei der ökologischen Gesamtbilanz, indem es das Verschwinden des Regenwassers in die Kanalisation durch ein Versickern auf den Grünflächen des Geländes vermeidet. Eierlegende Wollmilchsau? Eher ein Beweis dafür, dass kluge und geduldige Planung viele Denkblockaden jener Art zu lösen vermag, die Innovation mit dem Argument verhindern, dass irgendetwas „unmöglich“ sei. Holz als warmes Element rahmt diese gläserne Innenwelt. Und die gesamte Ausführung folgt in ihrer Schlichtheit und Übersichtlichkeit dem Grundgedanken der oberschwäbischen Baufirma. Ihre Kom petenz in der Ausführung von Beton-, Stahl- und Holzbau ist für Besucher sofort sinnlich nachvollziehbar – eine Material- und Ausführungskunde von hohem atmosphärischem Wert, die Vertrauen schenkt. Auf dieser Basis intensiver Auseinandersetzung mit den vermeintlichen Grenzen des Entwerfens aus den Gründerjahren hat sich dann die ganze Vielfalt individueller Lösungen entwickelt, für die die Praxis von <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong> heute steht. Und auch der neue Dreisatz, den sie stets beherzigen. Guter Bauherr, gute Handwerker und gute <strong>Architekten</strong> gleich gute Architektur: Das stimmte schon im ersten Jahr von <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong>, und macht auch im 22. Jahr immer noch das Unmögliche möglich. Ein Jahr nach dem Wettbewerbsgewinn begannen Berthold <strong>Braunger</strong> und Marcus <strong>Wörtz</strong> ein weiteres Schlüsselprojekt ihrer frühen Jahre, die Erweiterung der Zentrale der Baufirma Matthäus Schmid. Eigentlich angefragt für den Entwurf von Möbeln hatten die beiden die Chuzpe, gleich ein neues Gebäude vorzuschlagen, obwohl es bereits einen Plan dafür vom Schwager des Seniorchefs gab. Doch dieser schenkte ihnen das Vertrauen und ließ <strong>Braunger</strong> <strong>Wörtz</strong> ein Gesamtkonzept entwickeln. Drei Jahre analysierten und planten sie eine den Bedürfnissen der Firma entsprechende neue Heimat. Daraus entstand ein perfekt zugeschnittenes Bürogebäude aus wenigen, wertigen Materialen und mit großer Durchlässigkeit, gefasst in einen prägnanten Bügel aus schwarz gefärbtem Beton. Der Bestand aus den 1960er Jahren wurde integriert, der Neubau dem Urgebäude angepasst und mit sehr viel Glas zu einem Sinnbild offener Kommunikation – ein zentraler Ausdruck der transparenten Firmen-Philosophie. „Denkinseln“ für die kre ativen Diskussionen wechseln sich ab mit Flächen für offene Büroorganisation. 277