PROMAGAZIN September 2023
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
WIRTSCHAFT | Jobmagazin<br />
Jobmagazin | WIRTSCHAFT<br />
„Ich glaube an das<br />
soziale Lernen“<br />
Arbeitnehmer müssen sich immer wieder neue Kompetenzen<br />
aneignen. Professor Alexander Kühnle erklärt im Gespräch, warum<br />
neben klassischen Studiengängen auch neue Lehrformate eine Rolle<br />
spielen.<br />
Interview von Teresa Zwirner<br />
Die Studierenden am Center for Advanced Studies der DHBW profitieren vom gegenseitigen<br />
Austausch.<br />
Sie haben im Juni eine Umfrage durchgeführt,<br />
die zeigt: Lebenslanges Lernen<br />
wird über alle Altersgrenzen hinweg<br />
wichtiger. Inwiefern ändert sich dadurch<br />
auch Ihr Studienangebot?<br />
Alexander Kühnle: Es ändert sich<br />
nicht das Studienangebot an sich, sondern<br />
das Portfolio und die Rolle als<br />
Hochschule. Traditionell ist es so, dass<br />
wir Bachelor- und Masterstudiengänge<br />
anbieten und Universitäten ergänzend<br />
noch die Promotion. Nach dem<br />
Masterabschluss ist unser Job sozusagen<br />
erledigt. Unsere Umfrage zeigt jedoch,<br />
dass lebenslanges Lernen altersunabhängig<br />
relevant ist und bleibt. Als<br />
Hochschule müssen wir uns daher fragen,<br />
welche Rolle wir hierbei spielen<br />
und inwiefern wir neben klassischen<br />
Studiengängen auch kleinere Zertifikatslehrgänge,<br />
Module als Einzelnes<br />
oder auch maßgeschneiderte Angebote<br />
für Unternehmen anbieten müssen.<br />
Wieso spielen Zertifikatslehrgänge und<br />
Co. in Zukunft so eine tragende Rolle?<br />
Kühnle: Hier würde ich gerne ein persönliches<br />
Beispiel nennen. Ich komme<br />
ursprünglich klassisch aus dem Journalismus<br />
und habe vor vielen Jahren<br />
als Redakteur für eine Zeitung gearbeitet.<br />
Wenn ich den Verlag besuche, sitzen<br />
hier noch Kollegen von früher. Sie<br />
verbringen ihr gesamtes Arbeitsleben<br />
bei dieser Zeitung. Und wir sprechen<br />
hier von 40 bis 45 Jahren. Die Technologiezyklen<br />
sind aber viel kürzer, in<br />
manchen Branchen vielleicht fünf Jahre<br />
lang. Das bedeutet, es besteht für Arbeitnehmer<br />
eine Notwendigkeit, sich<br />
Fotos: Claudia Fy / DHBW CAS, DHBW CAS<br />
neue Kompetenzen anzueignen. Und<br />
gerade hier bieten sich kleinere Einheiten,<br />
beispielsweise ein Zertifikatslehrgang,<br />
besonders gut an.<br />
Aber man könnte doch auch einfach einen<br />
Master machen?<br />
Kühnle: Ja, aber viele Zertifikatsteilnehmende<br />
haben zum Beispiel schon<br />
einen Master und wollen sich innerhalb<br />
kürzerer Zeit spezifisches Knowhow<br />
aneignen, beispielsweise zum<br />
Thema Digitalisierung in der sozialen<br />
Arbeit. Auch aus Unternehmersicht ist<br />
ein Zertifikatslehrgang manchmal von<br />
Vorteil, da er leichter umsetzbar ist<br />
und die Möglichkeit bietet, genau diese<br />
eine Kompetenz zu vermitteln, die<br />
aktuell benötigt wird.<br />
Apropos Kompetenzen: Wie wichtig<br />
sind die Transformationsthemen?<br />
Kühnle: Die großen D-Themen, Digitalisierung,<br />
Demokratie und Dekarbonisierung,<br />
stehen bei Unternehmen im<br />
Fokus. Hier konzipieren wir nicht nur<br />
neue Lehrgänge, beispielsweise zum<br />
Thema Künstliche Intelligenz, sondern<br />
auch neue Studienangebote, die sich<br />
speziell mit Digitalisierung beschäftigen.<br />
Denn das beschäftigt nahezu alle<br />
Unternehmen, auch wenn man auf<br />
den ersten Blick keinen direkten Zusammenhang<br />
erkennen kann.<br />
Welche zum Beispiel?<br />
Kühnle: Ein Beispiel wäre unser Steuermaster.<br />
Wenn ich mir die Module<br />
des Studiengangs anschaue, muss ich<br />
mich fragen, ob künftig auch die maschinelle<br />
Verarbeitung von Daten integriert<br />
werden muss. Zudem müssen<br />
große Unternehmen inzwischen neben<br />
einem Finanzreport auch einen<br />
Nachhaltigkeitsreport erstellen. Das<br />
sind Themen, die wir als Hochschule<br />
entsprechend abbilden müssen.<br />
Welche Rolle spielen digitale Angebote<br />
wie E-Learning oder ein Fernstudium?<br />
Kühnle: Natürlich spielen Online-Angebote<br />
verstärkt eine Rolle. Ich sehe<br />
das ähnlich wie bei einem Lautstärkeregler.<br />
Es gibt nicht nur die Knöpfe Ein<br />
und Aus, sondern die Möglichkeit, das<br />
ganz individuell einzustellen. Beim<br />
Diskussionsthema, ob virtuell oder in<br />
Präsenz Sinn macht, ist das ähnlich:<br />
Man muss je nach Person und Situation<br />
unterscheiden. Es gibt Module, für<br />
die sich ein Onlineangebot anbietet<br />
und bei denen es gut funktioniert, und<br />
es gibt Module, da müssen sich die Studierenden<br />
persönlich sehen. Ich muss<br />
jedoch gestehen, dass ich ein großer<br />
Verfechter vom Präsenzstudium bin.<br />
ERFOLG STUDIEREN. BERUF INTEGRIEREN.<br />
DER DUALE MASTER<br />
Wir bringen Sie weiter<br />
MIT PASSGENAUEN WEITERBILDUNGSANGEBOTEN AUS<br />
WIRTSCHAFT, TECHNIK, SOZIALWESEN UND GESUNDHEIT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Future Skills<br />
Elektromobilität<br />
Künstliche Intelligenz<br />
International Project Management<br />
uvm.<br />
Wieso?<br />
Kühnle: Weil Lernen nicht nur ein kognitiver<br />
Akt ist, sondern eben vor allem<br />
ein sozialer Akt. Hochschulen sind soziale<br />
Einrichtungen und ich glaube an<br />
das soziale Lernen. Bei den Zertifikatslehrgängen<br />
merken wir, wie viel die<br />
einzelnen Teilnehmer aus dem Austausch<br />
mit Teilnehmern aus anderen<br />
Unternehmen mitnehmen. Und das ist<br />
meiner Meinung nach enorm wichtig.<br />
Stichwort Unternehmen: Wie wird das<br />
Thema lebenslanges Lernen auf Arbeitgebersicht<br />
wahrgenommen?<br />
Kühnle: Für Unternehmen spielt lebenslanges<br />
Lernen eine bedeutende<br />
Rolle. Denn die Transformationsthemen<br />
bringen zahlreiche Anforderungen<br />
mit sich, die Betriebe neue Kompetenzen<br />
abverlangen. Diese Fähigkeiten<br />
können Firmen aber nicht immer einfach<br />
auf den Markt einkaufen, sondern<br />
Unternehmen sind oft gezwungen, aus<br />
dem bestehenden Team zu schöpfen.<br />
www.wissenschaftliche-weiterbildung.dhbw.de/weiterbildungsangebote-fuer-unternehmen<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Da kämen wir dann wieder auf den<br />
Fachkräftemangel zu sprechen …<br />
Kühnle: Das stimmt. Und dieser Mangel<br />
wird sich in den kommenden Jahren<br />
eher noch verstärken. Umso wichtiger<br />
ist es daher, Mitarbeiter fortzubilden,<br />
nicht nur, um die Kompetenzen<br />
zu erweitern, sondern vor allem,<br />
um sie auch langfristig an das Unternehmen<br />
zu binden. Und diese Bindung<br />
kann man über Angebote stärken, mit<br />
denen sich Mitarbeitende fachlich und<br />
privat weiterbilden können. Wenn wir<br />
hier wieder auf unsere Umfrage schauen,<br />
zeigt sich eben, dass lebenslanges<br />
Lernen über alle Altersgruppen hinweg<br />
eine wichtige Rolle spielt und viele<br />
auch Spaß am Lernen habe. Und das ist<br />
doch eine gute Nachricht.<br />
Zur Person<br />
Professor Alexander<br />
Kühnle ist seit Oktober<br />
2022 Direktor des Center<br />
for Advanced Studies (DHBW CAS).<br />
JETZT INFORMIEREN:<br />
PASSGENAU: individuell zusammenstellbare<br />
Modulvielfalt<br />
AKTUELL: Wissen, das in der Arbeitswelt<br />
von morgen gebraucht wird<br />
FLEXIBEL: einzelne Module, Zertifikatsprogramme<br />
oder Masterstudium<br />
36<br />
<strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />
37