MAINfeeling Herbst 2023

Seit nunmehr 14 Jahren ermittelt sein Kommissar
Tom Bohlan nun schon in Frankfurt. Seit „Der
Kandidat“ 2009 bekam der kauzige Ermittler beinahe
jährlich einen neuen kniffligen Fall von seinem
Schöpfer, dem Frankfurter Rechtsanwalt und
Notar Lutz Ullrich, die er jeweils mit Bravour gelöst
hat. Das ist spannend zu lesen und besitzt hohen
Wiedererkennungswert – dank des Lokalkolorits,
das oft schon im Titel Strahlkraft entfaltet –
so wie zuletzt bei „Mord an der Alten Oper“.
Diesmal ohne Bohlan – aber wieder mit viel Stadtpolitik:
Ende der 80er Jahre wird der Politiker
Achim Hagemann vor der Alten Oper erschossen.
Die Hintergründe bleiben rätselhaft. 30 Jahre
später stirbt der Staranwalt Wolfgang Hauck –
und seine Enkelin ist die Einzige, die nicht an
einen natürlichen Tod glaubt.
SIE HABEN EINEN SEHR ANSPRUCHSVOLLEN
BERUF, EINE FAMILIE UND TROTZDEM SETZEN
SIE SICH REGELMÄSSIG AN DEN SCHREIB-
TISCH – WAS IST DAS SCHREIBEN FÜR SIE?
Schreiben ist für mich Entspannung. Trotzdem verlangt
es Disziplin, denn man muss ständig am Ball bleiben,
darf sich keine allzu langen Schaffenspausen leisten, um
im Flow zu bleiben. Wenn ich schreibe, bin ich in einer
anderen – selbst erschaffenen – Welt.
WAS FASZINIERT SIE SO AN DEM GENRE UND
DAS QUASI IN SERIE? Mit einem spannenden
Krimi kann man hervorragend aktuelle Themen und
gesellschaftliche Probleme verpacken und lesbar transportieren.
Der Mord selbst ist das eine, aber er ist in
meinen Büchern oft der Aufhänger für die Geschichten
dahinter.
WAS GLAUBEN SIE, WORIN DIE FASZINATION
DES BÖSEN FÜR DEN LESER, DIE LESERIN
BESTEHT? Ich habe gelesen, dass Nervenkitzel und das
Blicken in Abgründe bei den Lesern ähnliche Hormone
ausschütten wie bei Extremsportarten und diese am
Ende Euphorie auslösen. Das klingt erst mal paradox.
Aber letztlich will man ja am Ende, dass das Gute das
Böse besiegt.
HAT FRANKFURT MEHR KRIMINELLE ENERGIE
ALS ANDERE STÄDTE? Im letzten Jahr gab es in
Frankfurt 44 Morde, das ist, glaube ich, guter Durchschnitt
im Ranking vergleichbarer Städte. Die literarische
Mordrate ist aber deutlich höher – da sind die
Frankfurter Autoren vorn dabei.
WOHER BEZIEHEN SIE IHRE INSPIRATION?
WIE VIEL WIRKLICHKEIT STECKT IN IHREN
GESCHICHTEN? In Zeitungen und Sachbüchern
recherchiere ich für die Hintergründe der jeweiligen
Story. Um diese herum baue ich dann die Protagonisten,
die ich mir ausdenke. Manchmal kann ich nicht verhindern,
dass Facetten von ihnen mir bekannter Personen
entspringen. Ab und an tauchen auch reale Personen
auf – aber nicht in der Rolle des Mörders oder seiner
Opfer.
HABEN SIE EINEN LIEBLINGS-KRIMI-AUTOREN?
KRIMI-AUTORIN? Angefangen hat es mit Edgar
Wallace. Diese roten Taschenbücher haben mich in
meiner Jugend fasziniert und gefesselt. Seitdem sind es
immer wieder verschiedene Autoren. Zurzeit lese ich
gerne Volker Kutscher.
Lutz Ullrich – www.lutzullrich.de