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MAINfeeling Herbst 2023

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VON FRAUEN WIRD IMMER NOCH ERWARTET, DASS SIE<br />

IHRE BEDÜRFNISSE FÜR EINE GRÖSSERE SACHE OPFERN.<br />

FÜR DIE LIEBE EBENSO WIE FÜR DAS WOHL IHRER<br />

MÄNNER, KINDER, DER FAMILIE, HUNDE, KATZEN UND<br />

EINER MENGE KLEINTIERE. DAS IST NICHT NUR SEHR<br />

ANSTRENGEND. DAS MACHT AUCH KRANK. SUSANNE<br />

FRÖHLICH UND CONSTANZE KLEIS HABEN SICH FÜR<br />

IHR NEUESTES BUCH MIT DEM PHÄNOMEN BESCHÄFTIGT.<br />

IHR VORSCHLAG: KOPF HOCH, MITTELFINGER HÖHER!<br />

Von Constanze Kleis<br />

Es war eine Lesung im Taunus. Wir hatten gerade ein<br />

Kapitel mit den nach wie vor ernüchternden Zahlen<br />

zur Beteiligung von Männern an der Haus- und Care-<br />

Arbeit vorgetragen. Es gab eine kurze Atempause, als in<br />

die Stille hinein eine Frauenstimme von hinten rechts aus<br />

dem Publikum entgeistert fragte: „Aber wo bleibt denn<br />

da die Liebe?“ Wir antworteten, dass es tatsächlich<br />

nichts mit Liebe zu tun habe, wenn einer den anderen<br />

für sich arbeiten lässt. „Aber ein Mann freut sich doch,<br />

wenn man ihn verwöhnt, ihn bekocht und es ihm hübsch<br />

macht“, sagte die Stimme – nun schon etwas verärgert<br />

ob unserer Begriffsstutzigkeit. „Auch eine Frau würde<br />

sich sehr darüber freuen“, entgegneten wir. Darauf die<br />

Stimme: „Aber wir Frauen können doch echt froh sein,<br />

dass wir all diese herrlichen Möglichkeiten haben, unsere<br />

Gefühle zum Ausdruck zu bringen.“<br />

UNBEZAHLT NATÜRLICH, KLAGLOS<br />

UND OHNE SCHNÖDES AUFRECHNEN<br />

Wer immer noch glaubt, Kakerlaken hätten beim<br />

Überleben trotz widrigster Umstände die Chinin-Nase<br />

vorn, der hat diese unkaputtbare Idee nicht auf dem Zettel,<br />

Liebe würde sich – zumindest für heterosexuelle<br />

Frauen – vor allem in Selbstaufgabe und Dienstleistungen<br />

für andere materialisieren. Dass die Gefühle gerade<br />

dann besonders groß sein müssen, wenn wir möglichst<br />

viel Zeit und Energie in die so genannte „Sorgearbeit“<br />

investieren. Unbezahlt natürlich, klaglos und gänzlich<br />

ohne schnödes Aufrechnen (was sich unschwer an der<br />

trostlosen Rentenerwartung von Frauen ablesen lässt).<br />

Unser Gewinn ist eher immateriell. Sich um das Wohlbefinden<br />

von Kindern, Männern, Kollegen, Nachbarn,<br />

Katzen, Hunden und einer Menge Kleintiere zu kümmern,<br />

ist quasi so etwas wie Eierstöcke für uns – ein primäres<br />

Geschlechtsmerkmal. Ohne das alles wüssten wir vermutlich<br />

gar nicht, ob wir Frauen oder Eichhörnchen sind.<br />

OFFENSIVEN STOLZ ZEIGEN<br />

AUF DAS, WAS WIR LEISTEN<br />

Das Häusliche, die Fürsorge, die Zurückhaltung, die<br />

Überzeugung, dass wir unsere Bedürfnisse stets einer<br />

größeren Sache – den Bedürfnissen anderer – stets gern<br />

opfern, gelten nach wie vor als Synonym fürs Frausein<br />

schlechthin. Auch und vor allem im modernsten aller<br />

Medien – im Internet. Ein Umstand, den Forschende<br />

damit erklären, dass das einfach mehr Klicks gibt und<br />

damit auch mehr Aussichten auf Werbeeinnahmen, wenn<br />

man ein traditionelles Frauenbild bedient. Und dann<br />

lassen sich Frauen bei der Zubereitung von Smoothies,<br />

beim Einölen der megaschlanken Figur, mit wohlgeratenen<br />

und sehr stylishen Kindern und im voll durchdekorierten<br />

und blitzsauberen Schlafzimmer einfach auch besser<br />

fotografieren als solche an der Supermarktkasse, am<br />

Schreibtisch, in der Kita, beim Verzweifeln ob des<br />

umfänglichen Pflichtenkatalogs, den man bewältigen soll<br />

– nur, um als „richtige“, also als liebende und liebevolle<br />

Frau zu gelten. Kein Wunder, wenn die Erschöpfung bei<br />

Frauen während des Lockdowns einmal wieder Spitzenwerte<br />

erreichte. Forschende aus Chemnitz hatten untersucht,<br />

wie sich die Einschränkungen durch die Pandemie

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