Bauwirtschaft
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Zukunftsfähige Gebäude:<br />
die große Transformation<br />
Deutschlands Gebäudebestand bietet enormes Potenzial für Energieeinsparung und Klimaschutz. Effiziente<br />
Gebäudetechnik, eine optimierte Gebäudehülle, der Einsatz erneuerbarer Energien und die Berücksichtigung<br />
des Lebenszyklus sind wesentliche Bausteine.<br />
FOTO: GÖTZ SCHLESER<br />
Text Christian Stolte<br />
Der Gebäudesektor steht vor einer gewaltigen Transformation.<br />
Um den Gebäudebestand an sein Ziel der<br />
Klimaneutralität im Jahr 2045 zu bringen, haben<br />
Energieeffizienz und energetische Sanierung von Bestandsgebäuden<br />
Priorität. Ressourcenschonendes,<br />
energieeffizientes, resilientes und gesundes Bauen, erneuerbare<br />
Energien sowie Dekarbonisierung und Digitalisierung<br />
sind dabei entscheidend, um den Gebäudesektor<br />
effizient und nachhaltig zu transformieren.<br />
Etwa 60 Prozent der deutschen Wohngebäude wurde<br />
vor den ersten Wärmeschutzvorschriften errichtet, weshalb<br />
dem Bestand eine große Bedeutung zukommt. Im<br />
Jahr 2021 entfielen etwa 38 Prozent des Endenergieverbrauchs<br />
auf Raumwärme, Warmwasser, Beleuchtung<br />
und Klimakälte. Gebäude sind damit für 30 Prozent der<br />
Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Gleichzeitig<br />
produziert der Bausektor etwa 55 Prozent der jährlichen<br />
Abfallmenge – ein veränderter Umgang mit Baumaterialien<br />
ist nötig, um Ressourcen schonend einzusetzen.<br />
Die Digitalisierung ermöglicht effizientere Planung und<br />
Betrieb von Gebäuden, ressourcenschonendes Bauen<br />
und die Integration erneuerbarer Energien. Bei einem<br />
Planungsprozess mit Building Information Modeling<br />
werden beispielsweise Daten zahlreicher Akteure in ein<br />
Datenmodell integriert, das als digitaler Gebäudezwilling<br />
über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes<br />
Informationen und Analysen bereitstellt.<br />
Digitalisierung ist entscheidend für eine Kreislaufwirtschaft<br />
im Bauwesen, da sie die Identifizierung<br />
und Wiederverwendung von Materialien und Bauelementen<br />
erleichtert. Wiederverwendbare, schadstofffreie<br />
und langlebige Baustoffe, die sortenrein trennbar sind,<br />
bilden dafür eine optimale Grundlage. Bau- und Dämmstoffen<br />
aus nachwachsenden Rohstoffen kommt bei<br />
einer kreislaufgerechten Bauweise eine wichtige Rolle<br />
zu. Lokale Verfügbarkeit und emissionsärmere Produktion<br />
sowie die CO 2<br />
-Speicherfähigkeit von „NaWaRo“<br />
bieten zudem großes Potenzial für die Dekarbonisierung<br />
des Gebäudesektors.<br />
Erhalt, zukunftsgerechte Sanierung und Nachnutzung<br />
von Bestandsgebäuden sind essenziell, um Ressourcen<br />
zu schonen und graue Energie zu erhalten, die bei Herstellung,<br />
Transport und Bau der Gebäude bereits aufgewendet<br />
wurde. Vor allem in der Betriebsphase eines<br />
Gebäudes fällt ein erheblicher Energieverbrauch für<br />
Heizung, Kühlung und Warmwasser an. Die Umstellung<br />
von fossilen auf erneuerbare Energien und die effiziente<br />
Gebäudetechnik in Verbindung mit einer effizienten<br />
Wiederverwendbare, schadstofffreie<br />
und langlebige Baustoffe<br />
bieten eine optimale Grundlage.<br />
Christian Stolte<br />
Bereichsleiter Klimaneutrale Gebäude,<br />
Deutsche Energie-Agentur (dena)<br />
Gebäudehülle sind der Schlüssel zur Reduzierung von<br />
CO 2<br />
-Emissionen. Der Bausektor sollte zudem noch umfassender<br />
betrachtet werden und auch Themen wie<br />
Biodiversität und Gebäudegrün, Bodenschutz und intelligentes<br />
Wassermanagement berücksichtigen. Angesichts<br />
aktueller Herausforderungen und zukünftiger<br />
Ziele steht der Gebäudebereich vor einer nachhaltigen<br />
Transformation – mit positivem Effekt für Mensch und<br />
Umwelt.<br />
Über das Gebäudeforum klimaneutral<br />
Das Gebäudeforum klimaneutral fungiert als zentrale Anlaufstelle<br />
für Fachleute zum klimaneutralen Bauen und Sanieren. Auf<br />
www.gebäudeforum.de stehen Fachinfos, digitale Tools, FAQs<br />
und Downloads zur Verfügung. Zudem bietet das integrierte<br />
Best-Practice-Portal eine Plattform, um Projekte im Bereich der<br />
Gebäude-Energiewende sichtbar zu machen.<br />
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der WOLFF & MÜLLER Holding GmbH & Co. KG entstanden.<br />
Eine Frage der Prozesse<br />
Gut und störungsfrei bauen – das ist ein großer Beitrag, den wir als Bauunternehmen<br />
für mehr Nachhaltigkeit leisten können.<br />
Text Dr. Albert Dürr<br />
Ob Energieeffizienz oder Recycling-Baustoffe,<br />
es gibt viele Ansätze, das Bauen ökologischer<br />
zu machen. Natürlich ist mehr Ökologie<br />
richtig und wichtig. Sie ist jedoch nur ein<br />
Aspekt von Nachhaltigkeit. Ein weiterer Aspekt, der<br />
nicht unterschätzt werden darf, ist die Ökonomie. Als<br />
Geschäftsführender Gesellschafter eines Bauunternehmens<br />
mit rund 2.100 Mitarbeitenden bin ich der<br />
Meinung: Einen großen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit<br />
leisten wir, indem wir gut, störungs- und verschwendungsfrei<br />
bauen. Bei vielen Bauprojekten entsteht eine<br />
Menge Verschwendung aufgrund von zu spät getroffenen<br />
oder nicht hinreichend abgestimmten Entscheidungen.<br />
Das können 30 oder mehr Prozent des Bauvolumens<br />
sein. Ein Grund ist die „produktionsbegleitende<br />
Planung“: Oft wird noch umgeplant, während die Baustelle<br />
schon auf Hochtouren läuft – in anderen Branchen,<br />
wie zum Beispiel der Automobilproduktion, wäre das<br />
undenkbar. Wir können viel Aufwand, Ressourcen, Zeit<br />
und Geld sparen, wenn wir den Entstehungsprozess<br />
von Bauwerken in den Blick nehmen.<br />
Jedes Bauwerk ist und bleibt ein Unikat. Doch die<br />
Abläufe, die zum Bauwerk führen, müssen wir optimieren,<br />
standardisieren und dort, wo es sinnvoll ist, digitalisieren.<br />
Das Werkzeug dazu heißt Building Information<br />
Management (BIM) und ist das Herzstück unserer<br />
Digitalisierungsstrategie. Alle Gewerke aus Planung<br />
und Ausführung arbeiten an einem virtuellen Modell<br />
des Bauwerks und reichern es im Laufe des Projektes<br />
mit immer mehr Daten an. So wird der Entstehungsprozess<br />
transparent – nach dem Prinzip: erst digital,<br />
dann real planen und bauen. BIM bedeutet ein besseres<br />
Informationsmanagement, denn das Modell ist die Basis<br />
für die gesamte Kommunikation, Koordination und<br />
Kollaboration im Projektteam. Die Methode verlagert<br />
planerische Entscheidungen dorthin, wo sie hingehören:<br />
in die Planungs- und nicht in die Umsetzungsphase.<br />
Am Modell lassen sich Prozesse auch im Hinblick<br />
auf Klimaziele simulieren, um herauszufinden,<br />
welche davon am ressourcenschonendsten sind. Um<br />
die verschiedenen Gewerke auf der Baustelle zu koordinieren,<br />
haben sich Lean-Methoden bewährt. Ein<br />
Beispiel ist die Taktplanung und -steuerung, bei der<br />
Vertreter aller Unternehmen täglich zu einer kurzen<br />
Besprechung zusammenkommen, um die anstehenden<br />
Aufgaben zu besprechen.<br />
Wir können viel Aufwand, Ressourcen,<br />
Zeit und Geld sparen, wenn wir den<br />
Entstehungsprozess von Bauwerken<br />
in den Blick nehmen.<br />
Dr. Albert Dürr, Geschäftsführender Gesellschafter von<br />
WOLFF & MÜLLER – eines der führenden Bauunternehmen<br />
Deutschlands in privater Hand.<br />
In Berlin baut das Familienunternehmen derzeit den Gasometer auf dem<br />
EUREF-Campus zum Bürogebäude aus. Foto: Andreas Muhs<br />
Planungs- und Terminsicherheit verspricht auch das<br />
serielle, modulare Bauen – wenn beispielsweise ein<br />
ganzes Wohnquartier aus Modulen entsteht, die im<br />
Werk vorgefertigt und dann just in time auf die Baustelle<br />
transportiert werden. All diese Methoden nutzen<br />
wir bei WOLFF & MÜLLER intensiv und mit guten<br />
Erfahrungen. Um die Prozessoptimierung in der gesamten<br />
Bauindustrie voranzubringen, engagieren wir<br />
uns in der Normungsorganisation DIN. Die arbeitet<br />
derzeit an einer neuen DIN SPEC, einem Industriestandard<br />
für unsere Branche, der dafür sorgen soll, dass<br />
alle beteiligten Akteure ein einheitliches Verständnis<br />
von den einzelnen Schritten des Bauprozesses haben.<br />
Digitales und schlankes Bauen macht Bauprojekte<br />
besser und wirtschaftlicher. Das ist der beste Katalysator,<br />
um alle Akteure für mehr Nachhaltigkeit zu<br />
gewinnen – oft wirksamer als vermeintlich abstrakte<br />
und fern liegende Klimaschutzziele.<br />
Mein Rat an alle Bauherren: Fordern Sie die BIM-<br />
Methode für Ihr Bauprojekt ein! Holen Sie das ausführende<br />
Bauunternehmen schon in einer frühen<br />
Planungsphase mit an den Tisch, um von seinen<br />
praktischen Erfahrungen zu profitieren!<br />
Weitere Informationen finden Sie unter:<br />
www.wolff-mueller.de/nachhaltigkeit