Krebs
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EINE UNABHÄNGIGE KAMPAGNE VON MEDIAPLANET<br />
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KREBS<br />
Diagnostik und Therapie im Wandel<br />
Prostatakrebs<br />
Risikoangepasstes PSA-Screening<br />
soll die Früherkennung verbessern<br />
Seite 05<br />
Seltene Blutkrebsform<br />
Diagnose der<br />
Polycythaemia Vera<br />
Seite 12<br />
Glioblastom<br />
Immuntherapie als<br />
Hoffnungsschimmer<br />
Seite 15
2 Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info<br />
facebook.com/MediaplanetStories<br />
@Mediaplanet_germany<br />
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VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT<br />
IN DIESER AUSGABE DEZEMBER 2023<br />
Gulaim Steinrötter<br />
<strong>Krebs</strong> ist allgegenwärtig:<br />
die Sorge um<br />
die <strong>Krebs</strong>erkrankung<br />
einer nahstehenden<br />
Person, der Verlust<br />
eines geliebten Menschen<br />
oder die Angst<br />
vor einem positiven<br />
Befund.<br />
IN DIESER AUSGABE<br />
08<br />
Nebennierenrindenkarzinom<br />
Warum der Zeitpunkt der Diagnosestellung<br />
für den Krankheitsverlauf<br />
von großer Bedeutung ist, erklärt<br />
Prof. Dr. Dr. Matthias Kroiß.<br />
14<br />
Metastasierter Brustkrebs<br />
Bloggerin, Patientenvertreterin und<br />
Brustkrebsaktivistin Claudia Altmann-<br />
Pospischek im Interview.<br />
Industry Development Manager Healthcare: Gulaim<br />
Steinrötter, Geschäftsführung: Richard Båge (CEO),<br />
Henriette Schröder (Managing Director), Philipp<br />
Colaço (Director Business Development), Alexandra<br />
Lassas (Content and Production Manager), Lea<br />
Hartmann (Design), Cover: national cancer institute,<br />
unsplash, Mediaplanet-Kontakt:<br />
de.redaktion@mediaplanet.com<br />
Alle Artikel, die mit “In Zusammenarbeit mit“<br />
gekennzeichnet sind, sind keine neutrale Redaktion der<br />
Mediaplanet Verlag Deutschland GmbH. Aus Gründen<br />
der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung<br />
der Sprachformen männlich, weiblich und<br />
divers (m/w/d) verzichtet. Alle Personenbezeichnungen<br />
gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.<br />
Text<br />
Jörg A. Hoppe<br />
Fortschritt und Forschung<br />
entscheiden über Leben und Tod<br />
Alles eine Frage der Zeit - medizinischer Fortschritt rettet Leben!<br />
2016 bekam ich die Diagnose AML - Akute Myeloische<br />
Leukämie. Meine Mutter war ein paar Jahre<br />
zuvor an derselben Krankheit verstorben, ich hatte<br />
sogar die José Carreras TV-Gala produziert, war<br />
also mit der Krankheit eigentlich vertraut. Und dann<br />
stand ich doch da wie ein Hase im Scheinwerferlicht:<br />
geschockt, paralysiert, sprachlos!<br />
Egal wie intensiv man mit <strong>Krebs</strong> in Berührung gekommen<br />
ist - die eigene Diagnose haut einen erstmal<br />
komplett um. Umso wichtiger ist es, aufgefangen<br />
zu werden in einem Netz aus bestmöglicher medizinischer<br />
Versorgung und sozialer Unterstützung.<br />
Dazu gehört zuvorderst, dass man seine Ängste und<br />
die Unmengen an Fragen teilen kann, mit denen<br />
man umso schwieriger umzugehen weiß, wenn es<br />
ums nackte Überleben und das „Wie-danach-weiterleben“<br />
geht. Es braucht kompetente Ärzte, denen ich<br />
als Patient vertraue, die mich transparent und verständlich<br />
abholen und einbinden in alle Therapieschritte.<br />
Vielleicht auch in Studien, falls erforderlich<br />
und möglich. Doch das ist leider nicht selbstverständlich<br />
im teuersten Gesundheitssystem Europas.<br />
Nach einer Fehldiagnose und entsprechend falscher<br />
Behandlung war klar, dass nur eine Stammzelltransplantation<br />
mein Leben retten konnte. Ich habe AML<br />
im Gegensatz zu meiner Mutter überlebt, dank enormer<br />
medizinischer Fortschritte und hervorragenden<br />
Ärzten und dank der engagierten Unterstützung von<br />
Familie und Freunden, die mir immer das Gefühl<br />
gegeben haben: Du bist nicht allein. Das ist die Idee<br />
von yeswecan!cer.<br />
Mit unseren vielfältigen kostenlosen digitalen und<br />
hybriden Angeboten wollen wir Betroffene untereinander<br />
und auf Augenhöhe mit führenden Onkologen<br />
und Experten vernetzen. Denn <strong>Krebs</strong> braucht<br />
Kommunikation!<br />
Wir wollen den Unterschied im Umgang mit <strong>Krebs</strong><br />
erlebbar machen und Betroffene befähigen, die<br />
bestmögliche Behandlung für sich zu finden und<br />
einfordern zu können. Wir möchten mehr Patientensicherheit.<br />
Das alles geht nur mit deutlich mehr<br />
Digitalisierung und mehr Herz. yeswecan!cer kämpft<br />
dafür.<br />
Als meine Mutter vor 20 Jahren an „meiner“ Leukämie<br />
erkrankte, war sie so alt wie ich heute.<br />
Sie hatte gute Ärzte, aber einfach noch keine Therapie,<br />
die sie retten konnte. Sie war damals schlicht und<br />
ergreifend zu alt, um noch eine Stammzelltransplantation<br />
zu bekommen. 13 Jahre liegen zwischen ihrem<br />
Tod und meiner Erkrankung. 13 Jahre Forschung und<br />
Fortschritt im Kampf gegen <strong>Krebs</strong>. Ich wünsche mir,<br />
dass die Quantensprünge in der modernen <strong>Krebs</strong>forschung<br />
viel schneller die Patienten erreichen. Für eine<br />
hochwertige Versorgung muss das deutsche Gesundheitssystem<br />
stärker am<br />
Patientennutzen<br />
und an der<br />
Ergebnisqualität<br />
ausgerichtet<br />
werden.<br />
Wir bei<br />
yeswecan!cer<br />
werden uns<br />
dafür einsetzen.<br />
Ich wünsche mir, dass die<br />
Quantensprünge in der modernen<br />
<strong>Krebs</strong>forschung viel schneller die<br />
Patienten erreichen.<br />
Jörg A. Hoppe<br />
Initiator der digitalen Selbsthilfegruppe yeswecan!er<br />
yeswecan!cer ist Deutschlands<br />
größte digitale Selbsthilfegruppe.<br />
Die YES!APP hilft <strong>Krebs</strong>patient*innen und ihren<br />
Angehörigen, sich überall mit anderen Betroffenen zu<br />
vernetzen. Zudem ermöglicht sie den Austausch mit<br />
Expert*innen aus Medizin und Forschung. Die von<br />
Betroffenen gegründete gemeinnützige Organisation<br />
setzt sich ein für einen angst- und tabufreien Umgang<br />
mit <strong>Krebs</strong>. Denn <strong>Krebs</strong> braucht Kommunikation.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.yeswecan-cer.org<br />
FOTO: THOMAS RÄSE<br />
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der LA MESMA GmbH entstanden.<br />
Deine Geschichte ist unsere Geschichte<br />
Sport- und Bademode für Frauen mit Brustprothesen. Hochwertig, funktional und wunderschön.<br />
Esther Hirsch ist leidenschaftlich gerne schwimmen<br />
gegangen. Doch als sie den Großteil ihrer linken<br />
Brust verloren hat, zog sie sich immer mehr<br />
zurück. Denn die Bademode, die es auf dem Markt gab,<br />
hatte ihr alles andere als gefallen. Bei herkömmlichen<br />
Bikinis oder Badeanzügen fand sie zwar ansprechende<br />
Modelle, allerdings ohne jeglichen Halt für die Brustprothese.<br />
Vor zwei Jahren nahm Esther Hirsch das<br />
Problem selbst in die Hand und zeichnete die ersten<br />
Entwürfe. Hochwertigkeit plus Funktionalität mit<br />
modernem Design zu verbinden war ihr Anspruch.<br />
Die Passform ist von großer Bedeutung, denn bei den<br />
betroffenen Frauen kann jede falsche Naht oder ein zu kleiner<br />
Bügel reiben, drücken oder Schmerzen verursachen.<br />
Mit hochwertigen und exklusiven Stoffen, wie von der<br />
italienischen Firma Boselli, wird sowohl die Bademode<br />
als auch die Sportkollektion in Portugal von einem<br />
sehr erfahrenen Produzenten in Handarbeit hergestellt.<br />
Besonders stolz ist die Gründerin, Esther Hirsch, dass<br />
ihr neuester Badeanzug Sakura auf der Mare di Moda in<br />
Cannes ausgestellt wurde und das nach einem Jahr in der<br />
Branche. Da war sie einfach sprachlos. Nachhaltigkeit<br />
und recycelte Materialien spielen ebenfalls eine große<br />
Rolle. Ebenso stolz ist die Wormserin auf ihre erste<br />
Sportkollektion, die sowohl In- und Outdoor getragen<br />
werden kann als auch im Wasser. Der Hoodie kann auch<br />
bei einer Chemotherapie anbehalten werden.<br />
In dem Sporttop sind ebenfalls Innentaschen eingearbeitet,<br />
sodass man hier keinen BH mehr tragen muss,<br />
sondern die komplette Funktionalität in einem Teil<br />
bekommt. Besonders durchdacht sind die Öffnungen<br />
der Innentaschen nach<br />
oben, die auch im<br />
angezogenen Zustand<br />
einen Wechsel der<br />
Prothese ermöglichen.<br />
Auch hiermit<br />
möchte sie den<br />
FrauenHalt geben.<br />
Nicht nur deren<br />
Brustprothese,<br />
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Frau im Ganzen.<br />
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Ist Selen gleich Selen?<br />
Die Bioverfügbarkeit von Selenomethionin ist zwar höher als<br />
Selen gibt es in verschiedenen Formen, die vom menschlichen die von Natriumselenit, aber die Verwertung ist wesentlich<br />
Körper unterschiedlich verwendet werden. Die in der Nahrung komplizierter. Selenomethionin wird vom Körper nicht als<br />
häufi gste Selenform ist Selenomethionin. Dagegen hat die Selenform erkannt, sondern mit der Aminosäure Methionin verwechselt.<br />
Das führt dazu, dass Selenomethionin unspezifi sch<br />
anorganische Selenform Natriumselenit Vorteile als Ergänzung<br />
zur Ernährung. Natriumselenit wird vom Körper durch passive und unreguliert in schwefelhaltige Proteine eingebaut wird.<br />
Diffusion aufgenommen und schnell in Selenproteine umgewandelt.<br />
Der Körper kann es außerdem problemlos über den Umwege Selenproteinen zur Verfügung. Zum anderen kann<br />
Zum einen steht dieses Selen nur in Teilen und nur über<br />
Urin ausscheiden.<br />
dies zu einer Anreicherung im Körper führen.
4<br />
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Personalisierte Diagnostik<br />
in der <strong>Krebs</strong>medizin<br />
Dr. Martin Walger im Interview über die Bedeutung der personalisierten Medizin in der<br />
Onkologie und Fortschritte in der Genommedizin und Zelltechnologie.<br />
Text Charlie Schröder<br />
FOTO:<br />
VDGH/ BILDSCHÖN BERLIN<br />
Was versteht man unter dem weit gefassten Begriff<br />
der personalisierten Medizin?<br />
Personalisierte Medizin ist ein maßgeschneiderter Ansatz<br />
in der Medizin. Sie bezieht individuelle genetische,<br />
molekulare und zelluläre Merkmale von Patientinnen<br />
und Patienten in die Behandlung ein. Insbesondere in<br />
der Onkologie ermöglicht dies eine genauere Diagnose<br />
und Behandlung, da jeder Tumor einzigartige Eigenschaften<br />
hat. So können wir zielgerichtete Therapien<br />
anbieten, die effektiver und verträglicher sind. Die präzise<br />
Diagnostik ist dabei das Kernstück der personalisierten<br />
Medizin.<br />
Wie tragen diagnostische Verfahren zur Verbesserung<br />
der personalisierten Medizin bei?<br />
Die moderne In-vitro-Diagnostik (IVD) hat sich enorm<br />
weiterentwickelt und kann sehr detaillierte Patienteninformationen<br />
liefern. Dies bedeutet, dass wir Krankheiten<br />
wie <strong>Krebs</strong> viel genauer verstehen und behandeln können.<br />
Die Identifizierung aussagekräftiger Biomarker ist<br />
hierbei ein Schlüsselfaktor, um die richtigen Therapieentscheidungen<br />
zu treffen.<br />
Inwiefern unterstützen die Ergebnisse der gezielten<br />
Diagnostik die Entscheidung für die optimale <strong>Krebs</strong>therapie?<br />
Moderne Diagnostik liefert präzise Daten über die <strong>Krebs</strong>erkrankung<br />
eines Patienten, einschließlich Informationen<br />
über spezifische Mutationen und die Reaktion auf<br />
bestimmte Medikamente.<br />
Dies ermöglicht den behandelnden Ärzten, eine optimale<br />
Behandlungsstrategie festzulegen, die die Wirksamkeit<br />
maximiert und die Nebenwirkungen minimiert.<br />
Die Fortschritte in der Genommedizin, schnellere und<br />
kostengünstigere Verfahren, haben die Onkologie revolutioniert:<br />
Wir können heute die genetischen Ursachen<br />
von <strong>Krebs</strong> immer mehr verstehen.<br />
Welche Unterschiede gibt es in Bezug auf erworbenen<br />
und erblich bedingten <strong>Krebs</strong>?<br />
Erblich bedingter <strong>Krebs</strong> resultiert aus genetischen Mutationen,<br />
die familiär weitergegeben werden und das<br />
<strong>Krebs</strong>risiko erhöhen. Die Diagnostik konzentriert sich<br />
hier auf die Analyse von Hochrisikogenen. Im Gegensatz<br />
dazu stehen erworbene <strong>Krebs</strong>erkrankungen, denen<br />
durch Lebensstil und Umweltfaktoren bedingte Mutationen<br />
zugrunde liegen. Hier ist eine detaillierte Tumoranalyse<br />
für individuelle Therapieansätze essenziell. Die<br />
Genommedizin ermöglicht in beiden Fällen eine präzise<br />
genetische Analyse, wobei der Fokus bei erblichem <strong>Krebs</strong><br />
zunächst auf Prävention und bei erworbenem <strong>Krebs</strong> auf<br />
maßgeschneiderten Therapien liegt.<br />
Welche Entwicklungen sind in der Zukunft der<br />
<strong>Krebs</strong>diagnostik zu erwarten und welche Rolle spielen<br />
dabei genetische und zelluläre Therapieansätze?<br />
In der zukünftigen <strong>Krebs</strong>diagnostik erwarten wir eine verstärkte<br />
Integration genetischer und zellulärer Therapien.<br />
Revolutionäre Methoden wie CAR-T-Zelltherapie und<br />
allogene Stammzelltransplantation werden zunehmend<br />
Wir können heute die<br />
genetischen Ursachen<br />
von <strong>Krebs</strong> immer<br />
mehr verstehen.<br />
Dr. Martin Walger<br />
Geschäftsführer des Verbandes der Diagnostica- Industrie<br />
wichtig. Diese Ansätze zielen darauf ab, <strong>Krebs</strong>therapien<br />
präziser und patientenspezifisch zu gestalten, vor<br />
allem dann, wenn klassische Therapieansätze wie Chemotherapie<br />
nicht wirksam sind. Life-Science-Research<br />
(LSR) und In-vitro-Diagnostik (IVD) sind dabei zentral<br />
für die Diagnose und für die Herstellungsverfahren<br />
gen- und zellbasierter Behandlungen. Fortschritte in<br />
der Genomik und Zelltechnologie ermöglichen eine<br />
genauere Anpassung der Therapien an individuelle Patientenbedürfnisse,<br />
was die Wirksamkeit erhöht und<br />
Nebenwirkungen reduziert.<br />
Neuheiten in der Behandlung<br />
des Harnblasenkarzinoms<br />
Prof. Dr. Maximilian Kriegmair beleuchtet im Interview neue, vielversprechende<br />
Entwicklungen in der Behandlung des Harnblasenkarzinoms.<br />
FOTO:<br />
UROLOGISCHE KLINIK<br />
MÜNCHEN – PLANEGG<br />
Text Alexandra Lassas<br />
Wie häufig tritt Harnblasenkrebs in<br />
Deutschland auf?<br />
Der Harnblasenkrebs ist in Deutschland<br />
mit etwa 20.000 Neuerkrankungen pro<br />
Jahr vergleichsweise häufig. Bei Männern rangiert er<br />
als die vierthäufigste Tumorerkrankung, nach Prostata,<br />
Lunge und Darm, während er bei Frauen die neunthäufigste<br />
Erkrankung darstellt.<br />
Was sind die Risikofaktoren?<br />
Das männliche Geschlecht und vor allem ältere Menschen<br />
haben ein höheres Risiko, an Blasenkrebs zu erkranken.<br />
Zusätzliche Risikofaktoren sind Rauchen und<br />
der Kontakt mit bestimmten Chemikalien, die die Entstehung<br />
des Tumors begünstigen können.<br />
Welche Fortschritte hat die Medizin in der Behandlung<br />
von Blasenkrebs zu verzeichnen?<br />
Signifikante Fortschritte wurden in verschiedenen Bereichen<br />
der Behandlung erzielt, zum Beispiel in der<br />
chirurgischen Entfernung von Harnblasenkrebs: Endoskopische<br />
Eingriffe und fortschrittliche Bildgebungsmodalitäten<br />
ermöglichen die Tumorentfernung oft bereits<br />
in frühen Stadien. Die minimal-invasive robotische<br />
Chirurgie trägt auch beim Harnblasenkrebs dazu bei,<br />
dass Patienten dank schonender Behandlung und reduziertem<br />
Blutverlust schneller in den Alltag und sogar<br />
das Arbeitsleben zurückkehren können.<br />
Besonders erfreulich sind die erheblichen Fortschritte<br />
in der medikamentösen Behandlung. Früher mit einer<br />
schlechten Prognose und einer Überlebenszeit von<br />
weniger als einem Jahr konfrontiert, hat die Kombination<br />
von Immuntherapie und zielgerichteter Antikörpertherapie<br />
die Prognose des Harnblasenkrebs erheblich<br />
verbessert. Auf Basis der neusten Studienergebnisse<br />
können Patienten eine Überlebenszeit von drei<br />
Jahren oder länger erwarten, und die Immuntherapie<br />
markiert dabei einen bedeutenden Schritt nach vorne<br />
in der Behandlung des Harnblasenkrebses.<br />
Was sind die aktuellen Therapieoptionen?<br />
In frühen Stadien beinhaltet die Therapie die endoskopische<br />
Entfernung des Tumors, gefolgt von einer Blasenspülung<br />
mittels Chemo- oder Immuntherapie, um<br />
das hohe Rückfallrisiko zu minimieren. Wenn der Tumor<br />
bereits in den Blasmuskel eingewachsen ist, wird<br />
oft eine radikale Therapie empfohlen, auch um potenziellen<br />
Metastasen vorzubeugen. Diese umfasst die Entfernung<br />
der Blase (Zystektomie) mit dem Einsatz einer<br />
Ersatzblase aus einem Stück Darm des Patienten. Flankiert<br />
wird die Zystektomie heutzutage in der Regel durch<br />
eine Chemo- und Immuntherapie. Für kleinere Tumore,<br />
die endoskopisch nahezu komplett entfernt werden<br />
können, kann eine Kombination aus Bestrahlung und<br />
Chemotherapie, bekannt als Trimodale Therapie, in<br />
Betracht gezogen werden - sofern die Blase noch gut<br />
funktioniert. Wenn der Tumor metastasiert ist und das<br />
Wachstum nur noch durch Immun- und Chemotherapie<br />
verlangsamt werden kann, sind diese die Hauptbehandlungsoptionen.<br />
Wie sieht die Zukunft der Behandlung aus?<br />
Ein vielversprechendes Forschungsfeld eröffnet sich in<br />
der Medizin für Patienten mit muskelinvasiven, jedoch<br />
nicht metastasierten Tumoren, die besonders gut auf<br />
die Chemotherapie vor Zystektomie ansprechen.<br />
Die Immuntherapie markiert einen<br />
bedeutenden Schritt nach vorne in der<br />
Behandlung des Harnblasenkrebses.<br />
Prof. Dr. Maximilian Kriegmair<br />
Chefarzt der Urologischen Klinik München-Planegg<br />
Erste Studien deuten darauf hin, dass durch den Einsatz<br />
von Immuntherapie eine dauerhafte Kontrolle der Erkrankung<br />
möglich ist, ohne dass die Blase entfernt werden<br />
muss. Hier müssen wir jedoch noch Evidenz schaffen.<br />
Ziel ist jedenfalls eine weniger radikale Therapie und<br />
der Erhalt der Harnblase bei einem Teil der Patienten.<br />
Für Patienten mit Harnblasenkrebs in früheren Stadien,<br />
bei denen trotz Immun- und Chemospülungen erneut<br />
Tumore auftreten, stehen alternative Optionen wie die<br />
Thermochemotherapie, die Immuntherapie oder sogar<br />
eine DNA-Therapie in den Startlöchern. Diese Methode<br />
ermöglicht eine präzisere Kontrolle oberflächlicher Tumore,<br />
ohne gleich die Entfernung der Blase in Erwägung<br />
ziehen zu müssen.<br />
Die Urologische Stiftung Gesundheit wurde von<br />
der Fachgesellschaft für Urologie gegründet und<br />
engagiert sich mit vielfältigen und sinnvollen<br />
Aufklärungskampagnen. Ihr Ziel ist es, alle<br />
Informationen zu urologischen Erkrankungen<br />
zu bündeln und den Patienten sinnvolle und<br />
passgenaue Hilfsangebote zur Verfügung zu stellen.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.urologische-stiftung-gesundheit.de
Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info 5<br />
Früherkennung von Prostatakrebs<br />
Prostatakrebs ist die häufigste <strong>Krebs</strong>erkrankung bei Männern in Deutschland. 1 Durch gezielte<br />
Früherkennung lassen sich Prostatakarzinome bereits in frühen Stadien erkennen.<br />
Text Miriam Rauh<br />
Seit den 70er Jahren ist die jährliche rektale<br />
Tastuntersuchung für Männer ab 45 Jahren Teil<br />
des Früherkennungsprogramms der gesetzlichen<br />
Krankenkassen. Dabei gilt die diagnostische<br />
Aussagekraft der Tastuntersuchung bereits seit Langem<br />
als unzureichend.<br />
PROBASE-Studie<br />
Die von der Deutschen <strong>Krebs</strong>hilfe geförderte PROBASE-<br />
Studie, eine bevölkerungsbezogene, randomisierte Prostatakrebs-Screening-Studie<br />
unter der Leitung von Prof.<br />
Dr. Peter Albers, Leiter einer Forschungsabteilung am<br />
DKFZ und Direktor der Urologischen Universitätsklinik<br />
Düsseldorf, untersuchte die Wirksamkeit eines risikoangepassten<br />
PSA-Screenings, das entweder im Alter von<br />
45 Jahren oder 50 Jahren beginnt.<br />
Im Rahmen der Studie hatten sich 6.537 Teilnehmer im<br />
Alter von 45 Jahren einer rektalen Tastuntersuchung<br />
der Prostata unterzogen. Insgesamt wurden hierbei<br />
57 verdächtige Befunde ermittelt, die im Anschluss<br />
durch die Untersuchung einer Prostata-Gewebeprobe<br />
überprüft wurden. Die Höhe der falsch-positiven<br />
Testergebnisse war bei der Tastuntersuchung enorm:<br />
Lediglich bei drei Teilnehmern, die einen auffälligen<br />
Tastbefund hatten, wurde tatsächlich ein Karzinom gefunden.<br />
Das Ergebnis ist unter zwei Aspekten problematisch.<br />
Zum einen stellen falsch-positive Befunde durch<br />
unnötige Biopsien eine erhebliche Belastung für die<br />
Männer dar, psychisch wie körperlich. Zum anderen<br />
wurden in der zunächst unauffälligen Gruppe Karzinome<br />
übersehen. Der – im Vergleich zur Tastuntersuchung<br />
– deutlich aussagekräftigere PSA-Test brachte<br />
dies zum Vorschein. Von den Männern, deren Ergebnisse<br />
im PSA-Test auffällig waren, hatten 86 Prozent einen<br />
unauffälligen Tastbefund. Und das, obwohl ihre Tumoren<br />
größtenteils in Regionen der Prostata lagen, die<br />
potenziell hätten ertastet werden können.<br />
PSA-Test<br />
Über die Aussagekraft des PSA-Tests lässt sich auch<br />
streiten, weshalb das Institut für Qualitätssicherung und<br />
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ein<br />
generelles Screening abgelehnt hatte mit der Begründung,<br />
dass es mehr schaden als nutzen würde. Bei gutartigen<br />
Veränderungen der Prostata steigt nämlich auch der<br />
PSA-Wert an, sodass die Sorge vor (vielen) falsch-positiven<br />
Befunden und unnötigen Behandlungen dazu führte,<br />
dass die gesetzlichen Krankenkassen bis heute einzig die<br />
Tastuntersuchung als Vorsorgeleistung anbieten. Abhilfe<br />
soll das sogenannte "Smart Screening" schaffen, welches<br />
nur Männer mit einem tatsächlichen Risiko begleitet und<br />
erkennt.<br />
Neben der größeren Genauigkeit ist der PSA-Test der<br />
rektalen Prostatauntersuchung auch in einem weiteren<br />
Aspekt als Screening-Methode überlegen: Die Akzeptanz<br />
des Tests ist im Vergleich zur Tastuntersuchung<br />
viel besser, sodass voraussichtlich auch die Anzahl der<br />
Männer in der betroffenen Altersgruppe, die am Screening<br />
teilnehmen, deutlich höher wäre. Prostatakarzinome<br />
könnten bei mehr Männern früh entdeckt werden.<br />
Zusätzlich ist der PSA-Test eine angenehmere, genauere<br />
Untersuchungsmethode, die dem <strong>Krebs</strong> den Schrecken<br />
nehmen kann.<br />
Prostata-Screening: Einsatz von PSA-Tests<br />
Der sogenannte PSA-Test ist ein Bluttest, der<br />
bereits frühzeitig wichtige Hinweise auf<br />
Prostatakrebs geben kann. Hierbei wird<br />
untersucht, in welcher Höhe das „Prostataspezifische<br />
Antigen“, ein Eiweißstoff, vorliegt.<br />
Das Prostata-spezifische Antigen ist ein Botenstoff,<br />
der sich nur in der Prostata bildet. Je höher er ist,<br />
desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass eine<br />
Prostatakrebserkrankung vorliegt.<br />
Quelle 1 https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basisinformationen-krebs/krebsarten/prostatakrebs/definition-und-haeufigkeit.<br />
html#:~:text=Prostatakrebs%20ist%20mit%2022%2C7,in%20<br />
Deutschland%2062.230%20Neuerkrankungen%20diagnostiziert.,<br />
Quelle 2: https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/<br />
basis-informationen-krebs/krebsarten/prostatakrebs/definition-undhaeufigkeit.html#:~:text=Prostatakrebs%20ist%20mit%2022%2C7,in%20<br />
Deutschland%2062.230%20Neuerkrankungen%20diagnostiziert. ,<br />
Quelle 3: https://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2023/dkfz-pm-<br />
23-50-Prostatakrebs-Screening-Tastuntersuchung-nicht-geeignet.php,<br />
Quelle 4: https://www.martini-klinik.de/diagnostik/psa-wert<br />
FOTO:<br />
SHUTTERSTOCK_2129040917<br />
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6<br />
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Prostatakrebs: Die Diagnose<br />
traf mich mit voller Wucht<br />
Günter Sappelt gewährt Einblicke in sein Leben mit einer unheilbaren Krankheit und den<br />
unterschiedlichsten Therapien, und erklärt, warum eine Selbsthilfegruppe gerade bei schweren<br />
Erkrankungen wie <strong>Krebs</strong> unterstützend und informierend zur Seite steht.<br />
Text Katharina Lassmann<br />
Wann wurde bei Ihnen Prostatakrebs diagnostiziert?<br />
Im Mai 2004 bewegte mich der Prostatakrebs meines<br />
Arbeitskollegen dazu, meinen Urologen aufzusuchen.<br />
Ich ging bereits seit einigen Jahren zur Vorsorge, die<br />
damals lediglich nur per rektaler Tastuntersuchung<br />
vorgenommen wurde. Dieses Mal wurde mir erstmalig<br />
eine erweiterte Vorsorgeuntersuchung als individuelle<br />
Gesundheitsleistung (IGEL) angeboten. Neben der<br />
kostenlosen Tastuntersuchung konnte ich auf eigene<br />
Kosten eine rektale Sonografie der Prostata und einen<br />
PSA-Test durchführen lassen – ich willigte ein. Für den<br />
PSA-Test wurde Blut abgenommen und einige Tage<br />
später bekam ich das Ergebnis. Mein Urologe meldete<br />
sich telefonisch bei mir und bat mich kurzfristig in<br />
seine Praxis. Er erklärte mir, dass ich einen erhöhten<br />
PSA-Wert habe und er mir zu einer Biopsie der Prostata<br />
raten würde, um den Grund dafür zu kennen. Das<br />
Ergebnis war zunächst eine Erleichterung: eine Prostatitis,<br />
die mit Antibiotika therapiert wurde. Leider sank<br />
der PSA-Wert trotz dieser Therapie nicht ab, sodass<br />
zu einer erneuten Biopsie der Prostata geraten wurde.<br />
Diese zweite Biopsie führte schließlich zur Diagnose<br />
Prostatakrebs.<br />
Wie haben Sie damals die Diagnose verkraftet?<br />
Die Diagnose traf mich mit voller Wucht. Als 53-jähriger<br />
technischer Vertriebler im vollen Berufsleben und<br />
oft auf Reisen, stand ich vor der Frage: Wie geht es<br />
weiter? Werde ich bald sterben müssen? Leider wurde<br />
ich mit diesen Fragen von meinem Urologen gänzlich<br />
allein gelassen. Selbsthilfegruppen waren damals für<br />
diese Krankheit noch wenig verbreitet. Mit meiner<br />
Frau, der Familie und engen Freunden teilte ich von<br />
Anfang an meine Krankheit, aber nicht mit meinem<br />
Arbeitgeber und den Kollegen.<br />
Mit meiner Frau, der<br />
Familie und engen<br />
Freunden teilte<br />
ich von Anfang an<br />
meine Krankheit.<br />
Welche Therapie wurde Ihnen anschließend empfohlen?<br />
Nach der Diagnose empfahl man mir dringend zu einer<br />
Operation – der totalen Entfernung der Prostata<br />
(Prostatektomie), die jedoch aufgrund von <strong>Krebs</strong>zellen<br />
im Lymphgewebe vorzeitig abgebrochen wurde.<br />
Nun stand fest: Ich war unheilbar an Prostatakrebs erkrankt!<br />
Als Therapie wurde eine Hormonentzugstherapie<br />
eingeleitet. Diese Therapie ist bis heute meine Basistherapie<br />
geblieben. In den Folgejahren gab es Höhen<br />
und Tiefen für mich aufgrund steigender PSA-Werte,<br />
die mehr oder minder erfolgreich mit verschiedenen<br />
Medikamenten therapiert werden konnten. 2007 erfolgte<br />
aufgrund eines stark steigenden PSA-Wertes<br />
eine perkutane Bestrahlung, die den PSA-Wert für einen<br />
längeren Zeitraum absinken ließ. Danach folgten<br />
verschiedene Therapiewechsel bis im Dezember 2012<br />
der PSA-Wert wieder stärker anstieg und eine Chemotherapie<br />
erfolgen sollte, die sofort nach dem ersten Zyklus<br />
abgebrochen werden musste, da ich eine toxische<br />
Polyneuropathie in beiden Unterschenkeln bekam<br />
und nicht mehr gehen konnte.<br />
2013 brachte ein neues Medikament relative Stabilität:<br />
Ich habe es gut vertragen und konnte dadurch vier<br />
Jahre Lebensqualität "gewinnen". Doch 2016 ließ die<br />
Wirkung nach und es musste ein anderes Medikament<br />
her: Es wirkte nur kurz und der zunächst sinkende<br />
PSA-Wert stieg bald wieder an. Mein Urologe hatte mir<br />
bereits zuvor die Lutetium-PSMA-Therapie (PSMA =<br />
Prostata-Spezifisches-Membran-Antigen) vorgestellt.<br />
Diese neue, mir noch gänzlich unbekannte Radio-<br />
Liganden-Therapie (RLT) sollte mit einem "Strahler“<br />
im Inneren meines Körpers die <strong>Krebs</strong>zellen bestrahlen<br />
und somit vernichten. Das alles konnte ich mir im<br />
Herbst 2016 noch gar nicht vorstellen! Ich hatte zuvor<br />
nie davon gehört – trotz meiner bereits neunjährigen<br />
Mitgliedschaft in einer Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe.<br />
Ich willigte anschließend zu dieser neuen<br />
RLT ein. Ich hatte auch nicht viele anderen Optionen,<br />
schließlich galt ich bereits als austherapiert.<br />
Mit der PSMA-PET/ CT-Diagnostik wird die Tumorlast<br />
im Körper bestimmt und mögliche <strong>Krebs</strong>befälle<br />
von Organen und Knochen überprüft. Der Schlüssel<br />
für eine erfolgreiche Therapie liegt darin, ausreichend<br />
PSMA zu finden, damit das Nuklid (in diesem Fall<br />
177Lutetium) an den <strong>Krebs</strong>zellen andockt, Strahlung<br />
abgibt und die <strong>Krebs</strong>zellen vor Ort zerstört.<br />
Ab dem ersten Zyklus sank der PSA-Wert zu meinem<br />
großen Erstaunen rapide ab. Ich konnte mit dem Verlauf<br />
der Therapie sehr zufrieden sein, ich war glücklich!<br />
Ich habe die Therapie, abgesehen von Magenbeschwerden<br />
während der Therapie und einigen Tagen<br />
danach, sehr gut vertragen. Etwas Mundtrockenheit<br />
trat auf aber konnte mit sauren Drops, Zitronenbonbons<br />
und Kaugummi in Schach gehalten werden.<br />
Psychisch fühlte ich mich geheilt, obwohl ich es bis<br />
heute nicht bin! Heute bin ich mCRPC-Patient – Patient<br />
mit einem metastasierten CastrationsResistenten<br />
ProstataCarcinom.<br />
Wie geht es Ihnen heute?<br />
Den Prostatakrebs konnte ich dank der sehr erfolgreichen<br />
RLT bislang leider nicht besiegen. Nach über fünf<br />
Jahren stieg der PSA-Wert wieder an und Metastasen<br />
in den Lymphknoten wurden per PSMA-PET/ CT<br />
diagnostiziert. Lokale stereotaktische Bestrahlung<br />
mit einem CyberKnife-Gerät erwies sich als wirksam,<br />
aber der <strong>Krebs</strong> kehrte in anderen Lymphknoten<br />
zurück. Aktuell unterziehe ich mich erneut einer<br />
systemischen RLT in einer Universitätsklinik, geplant<br />
bis Januar 2024. Der PSA-Wert sinkt kontinuierlich,<br />
die Therapie zeigt Wirkung, und es geht mir den<br />
Umständen entsprechend sehr gut. Mit realistischem<br />
Optimismus blicke ich zuversichtlich ins Jahr 2024<br />
und darüber hinaus.<br />
Welche Bedeutung haben Selbsthilfegruppen für Sie?<br />
Seit 2007 engagiere ich mich aktiv in einer Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe.<br />
Als langjährig Betroffer erhalte<br />
ich durch medizinische Vorträge wichtige Informationen<br />
über die Krankheit, aktuelle Therapiemöglichkeiten und<br />
bevorstehende Entwicklungen. Im Jahr 2019 wurde ich<br />
vom Leiter der Gruppe angesprochen, und seit September<br />
2020 leite ich die Selbsthilfegruppe. Diese Gruppen<br />
spielen besonders bei schweren Erkrankungen wie <strong>Krebs</strong><br />
eine entscheidende Rolle, indem sie Betroffene umfassend<br />
informieren, aufklären und auf ihrem Weg begleiten. Mitglieder<br />
teilen wertvolle Ratschläge und Erfahrungen, bieten<br />
unterstützende Tipps aus ihrem Netzwerk und schenken<br />
den Betroffenen Mut und Zuversicht im Umgang mit<br />
ihrer Krankheit.<br />
Selbsthilfegruppen spielen<br />
eine entscheidende Rolle,<br />
indem sie Betroffene<br />
umfassend informieren, auf<br />
ihrem Weg begleiten und<br />
Zuversicht schenken, mit der<br />
Krankheit umzugehen.<br />
Günter Sappelt<br />
Der Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V.<br />
ist ein gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von<br />
Männern, die an Prostatakrebs erkrankt sind.<br />
Betroffene, Angehörige und Interessierte<br />
finden Informationen auf<br />
www.prostatakrebs-bps.de<br />
oder bei der BPS-Beratungshotline (Dienstag, Mittwoch<br />
und Donnerstag (außer bundeseinheitliche Feiertage)<br />
von 15 Uhr – 18 Uhr) unter der gebührenfreien<br />
Service-Rufnummer 0800–70 80 123<br />
(kostenpflichtig aus dem Ausland +49(0)228-28645645)<br />
FOTO: PRIVAT
Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info 7<br />
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Radiochirurgie Centrum München entstanden.<br />
Cyberknife:<br />
Hochpräzise Behandlung von Tumoren<br />
Text Katharina Lassmann<br />
Prostatakrebs zählt zu den am häufigsten diagnostizierten<br />
<strong>Krebs</strong>arten bei Männern. Neben<br />
herkömmlichen Behandlungsmethoden eröffnet<br />
die radiochirurgische Bestrahlung eine<br />
vielversprechende Option für Betroffene. Ein herausragendes<br />
Beispiel dafür ist das Cyberknife, ein fortschrittliches,<br />
bildgeführtes Robotersystem, das mit einem<br />
kompakten Bestrahlungsgerät verbunden ist.<br />
Im Gegensatz zur konventionellen Strahlentherapie,<br />
bei der breite Strahlen aus begrenzten Richtungen<br />
eingesetzt werden, zeichnet sich das Cyberknife durch<br />
beeindruckende Präzision aus. Mit insgesamt 1600<br />
Einstrahlwinkeln werden während jeder Behandlung<br />
lediglich 120 bis 150 äußerst schmale Strahlen ausgewählt.<br />
Diese ermöglichen ein äußerst feines und exaktes<br />
Arbeiten. Der flexible Roboterarm überwacht dabei<br />
in Echtzeit die Position des Tumors, selbst während<br />
dessen Bewegungen. Somit treffen sämtliche Strahlen<br />
stets präzise nur an der Stelle aufeinander, an der sich<br />
der Tumor befindet – eine schonende ambulante Therapie<br />
ohne die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs.<br />
Das Cyberknife-System basiert auf einem gängigen<br />
Robotermodell, das üblicherweise in der deutschen<br />
Automobilindustrie für die Fertigung eingesetzt wird.<br />
Diese innovative Verbindung von erstklassiger Automobiltechnik<br />
mit modernster digitaler Bildgebung<br />
und medizinischer Strahlentechnologie stellt eine wegweisende<br />
Entwicklung dar. Bereits seit dem Jahr<br />
2005 wird das Cyberknife am Europäischen Radiochirurgie<br />
Centrum (ERCM) in München erfolgreich<br />
angewendet. Im Interview mit dem Leiter des ERCM,<br />
Prof. Dr. med. Alexander Muacevic, werden weitere Einblicke<br />
in die Anwendung und die Erfolge dieses innovativen<br />
Ansatzes gewährt.<br />
Unser Fokus liegt<br />
darauf, eine schonende<br />
Alternative zur operativen<br />
Prostataentfernung<br />
und herkömmlicher<br />
Strahlentherapie<br />
anzubieten.<br />
Prof. Dr. Muacevic, das Europäische Radiochirurgie<br />
Centrum (ERCM) gilt als Pionier in Deutschland in<br />
der Anwendung robotergeführter Radiochirurgie.<br />
Seit nunmehr 18 Jahren setzen Sie diese Methode ein,<br />
insbesondere auch erfolgreich bei der Behandlung von<br />
Prostatakrebs. Es scheint, als könnten Sie auf eine<br />
umfassende Erfahrung in diesem Bereich zurückblicken.<br />
Wie würden Sie die Rolle des ERCM in der deutschen<br />
medizinischen Landschaft beschreiben?<br />
Das ERCM hat in der Tat eine Vorreiterrolle in der<br />
Anwendung der robotergeführten Radiochirurgie in<br />
Deutschland eingenommen. Seit nunmehr 18 Jahren<br />
setzen wir diese fortschrittliche Methode ein, und in<br />
den letzten zehn Jahren haben wir sie erfolgreich auch<br />
zur Behandlung von Prostatakrebs angewendet. Diese<br />
langjährige Erfahrung ermöglicht es uns, auf eine<br />
beeindruckende Anzahl von über 10.000 behandelten<br />
Patienten zurückzublicken. Unser Fokus liegt darauf,<br />
eine schonende Alternative zur operativen Prostataentfernung<br />
und herkömmlicher Strahlentherapie anzubieten.<br />
Ihre Therapie wird als Alternative zu operativen<br />
Eingriffen und herkömmlichen Strahlentherapien<br />
beschrieben. Könnten Sie die Besonderheiten dieser<br />
radiochirurgischen Methode, insbesondere mit<br />
dem Einsatz des Cyberknife-Systems, näher erläutern?<br />
Richtig, unsere Therapie stellt eine Alternative zu<br />
operativen Eingriffen und herkömmlichen Strahlentherapien<br />
dar. Der entscheidende Unterschied liegt<br />
in der gezielten Ausrichtung auf die gesamte Prostata,<br />
ohne jedoch eine physische Entfernung vorzunehmen.<br />
Dieser Ansatz wird als Radiochirurgie bezeichnet, und<br />
das Cyberknife-System, das wir verwenden, zeichnet<br />
sich durch eine beeindruckende Präzision aus, mit einer<br />
technischen Genauigkeit von unter 0,5 mm.<br />
Sie betonen die Effektivität des Cyberknife-Systems,<br />
das, obwohl es Strahlen verwendet, so erfolgreich<br />
wie ein chirurgischer Eingriff sein kann.<br />
Könnten Sie dies genauer beschreiben?<br />
Absolut. Die Effektivität des Cyberknife-Systems beruht<br />
auf seiner Fähigkeit zur präzisen lokalen Fokussierung.<br />
Durch die Auswahl von lediglich 120 bis 150 sehr<br />
schmalen Strahlen während jeder Behandlung können<br />
wir die gesamte Prostata äußerst fokussiert ausschalten.<br />
Dies ist entscheidend, um benachbartes Gewebe wie<br />
die Darmwand oder die Blase so wenig wie möglich zu<br />
belasten.<br />
Zusätzlich gleicht das Cyberknife-System automatisch<br />
die natürlichen Bewegungen der Prostata aus,<br />
was bedeutet, dass wir keine aufwendige Stückelung<br />
der Behandlung über mehrere Wochen benötigen.<br />
Dies unterscheidet sich deutlich von herkömmlichen<br />
Strahlentherapien.<br />
Die Effektivität des<br />
Cyberknife-Systems beruht<br />
auf seiner Fähigkeit zur<br />
präzisen lokalen Fokussierung.<br />
Prof. Dr. med. Alexander Muacevic<br />
Direktor des Europäischen Radiochirurgie Centrum München<br />
Für welche Patienten und Risikogruppen ist die<br />
Cyberknife-Therapie am besten geeignet?<br />
Unsere Therapie am ERCM ist auf die lokale Behandlung<br />
der Prostata ausgerichtet. Daher macht sie nur dann Sinn,<br />
wenn der Tumor lokal begrenzt ist und keine Kapselüberschreitungen<br />
vorliegen. Derzeit behandeln wir Patienten<br />
mit niedrigen und intermediären Risikograden, die einen<br />
Gleason-Score von 6 und 7 sowie einen PSA-Wert von bis<br />
zu 20 haben. Für Patienten mit einem hohen Risiko und<br />
einem Gleason-Score von 8, 9 und 10 ist diese Methode jedoch<br />
nicht geeignet, da diese Tumore eine höhere Wahrscheinlichkeit<br />
haben zu metastasieren. Es ist wichtig, die<br />
Auswahl der Therapie sorgfältig auf den individuellen<br />
Patienten abzustimmen.<br />
Können Sie abschließend darauf eingehen, ob<br />
Cyberknife immer eine Option aus mehreren möglichen<br />
Therapieansätzen ist?<br />
In der Behandlung von Prostatakrebs gibt es keine universelle<br />
Lösung. Daher ist es für Patienten von entscheidender<br />
Bedeutung, sich von verschiedenen Experten<br />
informieren und beraten zu lassen. Die Cyberknife-Therapie<br />
ist eine hochspezialisierte Technik, die nur in genau<br />
definierten Fällen und in enger Abstimmung mit Fachärzten<br />
eingesetzt wird. Die Entscheidung für diese Methode<br />
ist immer das Ergebnis<br />
einer interdisziplinären Diskussion,<br />
die letztendlich<br />
im besten Interesse<br />
aller Beteiligten liegt.<br />
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Nebennierenrindenkarzinom (ACC)<br />
Mit nur etwa 80 bis 100 Neuerkrankungen jährlich in Deutschland ist die bösartige Erkrankung der<br />
Nebennierenrinde äußerst selten. Daher gibt es nur wenige Einrichtungen, die auf die Behandlung<br />
des Nebennierenrindenkarzinoms spezialisiert sind. Prof. Dr. Dr. Matthias Kroiß vom<br />
LMU Klinikum über die seltene <strong>Krebs</strong>erkrankung.<br />
Text Prof. Dr. Dr. Matthias Kroiß<br />
Symptome und Schwierigkeiten bei der Diagnose<br />
Es gibt verschiedene Symptome, die bei Betroffenen<br />
auftreten und zur Diagnose eines Nebennierenkarzinoms<br />
führen können. Ein Teil der Tumore führt zu<br />
einer Überproduktion von Hormonen, zum Beispiel<br />
von Geschlechtshormonen. Im weiblichen Körper führt<br />
dies dann zu Bartwachstum, einer tiefen Stimme, Haarausfall<br />
und Akne. Bei Männern kann ein Überschuss<br />
an weiblichen Hormonen zu Brustwachstum oder verminderter<br />
Libido führen. Es gibt auch zahlreiche Fälle,<br />
in denen das Nebennierenkarzinom Cortisol produziert<br />
und es folglich zu einem Überschuss dieses Stresshormons<br />
kommt. Die Folge sind Bluthochdruck, Diabetes<br />
oder Infektanfälligkeit. Dieses Beschwerdebild<br />
nennt man Cushing-Syndrom.<br />
Tumore, die keine Hormone bilden, können durch<br />
Wachstum und die zunehmende Größe unspezifische<br />
Bauchschmerzen verursachen und ein Druckgefühl<br />
auslösen. Diese nehmen mit der Größe des Tumors<br />
zu, so dass er im Frühstadium, wenn der Tumor noch<br />
klein ist, kaum zu diagnostizieren ist. Hinzu kommt:<br />
Gutartige Nebennierentumore sind sehr häufig und es<br />
fällt daher schwer, aus den vielen kleinen Tumoren der<br />
Nebenniere die wenigen bösartigen Nebennierenkarzinome<br />
“herauszufiltern“. Insgesamt sind die Beschwerden<br />
eher unspezifisch und können verschiedene andere<br />
Ursachen haben, so dass sie nicht unmittelbar auf diese<br />
<strong>Krebs</strong>art zurückzuführen sind.<br />
Zeitpunkt der Diagnose und Therapiemöglichkeiten<br />
Die Therapie, die die Krankheit heilen kann, ist die<br />
Operation. Eine Operation der Nebenniere mit Entfernung<br />
des Tumors ist jedoch meist nur sinnvoll, wenn<br />
der <strong>Krebs</strong> sich noch nicht in andere Teile des Körpers<br />
ausgebreitet hat, sich also in einem frühen Stadium befindet.<br />
Der Zeitpunkt der Diagnosestellung ist daher für<br />
den Krankheitsverlauf von großer Bedeutung. Deshalb<br />
ist es wichtig, bei Beschwerden einen Arzt aufzusuchen<br />
und dieser sollte dann auch die Diagnostik rasch in<br />
die Wege leiten. Eine Nebennierenoperation sollte<br />
grundsätzlich in einem erfahrenen Zentrum durchgeführt<br />
werden. Nach der vollständigen Entfernung des<br />
Tumors können Medikamente verabreicht werden, um<br />
die Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens zu verringern.<br />
Ist eine operative Entfernung nicht möglich,<br />
zielt die Behandlung darauf ab, den Krankheitsverlauf<br />
durch eine medikamentöse Behandlung zu verlangsamen.<br />
Ziel ist es, das Tumorwachstum zu hemmen<br />
und die Beschwerden zu lindern. Im fortgeschrittenen<br />
Stadium ist oft eine Chemotherapie notwendig.<br />
Darüber hinaus wird Patienten im fortgeschrittenen<br />
Stadium der Erkrankung empfohlen, an klinischen<br />
Studien teilzunehmen, in denen neue Medikamente<br />
getestet werden. Es gibt immer wieder Fälle, in denen<br />
Patienten sehr gut auf die Therapie ansprechen und in<br />
Einzelfällen, trotz fortgeschrittenem Stadium, eine Heilung<br />
erreicht werden kann.<br />
Die optimale Versorgung und Unterstützung für<br />
Betroffene<br />
Bei Verdacht auf ein Nebennierenkarzinom sollte Kontakt<br />
zu einem spezialisierten Zentrum aufgenommen<br />
werden. Dabei sollte es sich um eine Klinik handeln,<br />
die über eine entsprechend ausgewiesene endokrinologische<br />
Abteilung verfügt und sich rasch um<br />
den Patienten kümmern kann.<br />
Es gibt auch eine internationale Patienteninitiative<br />
(www.letscureacc.com), bei der Patienten Rat und Hilfe<br />
finden. Darüber hinaus würde ich mir wünschen, dass<br />
sich betroffene Patienten und ihre niedergelassenen<br />
Ärzte schnell mit geeigneten Zentren vernetzen.<br />
Es gibt immer wieder Fälle, in<br />
denen Patienten sehr gut auf<br />
neue Medikamente einer klinischen<br />
Studie ansprechen und,<br />
in Einzelfällen, eine Heilung<br />
erreicht werden kann.<br />
Prof. Dr. Dr. Matthias Kroiß<br />
Leiter Endokrine Onkologie am LMU Klinikum in München<br />
13. April 2024<br />
Ein treffen für<br />
betroffene & angehörige<br />
in würzburg!<br />
FOTO: SHUTTERSTOCK_1470847490<br />
Weitere Informationen, Hilfe<br />
und Tipps erhalten<br />
Betroffene bei der internationalen<br />
Patienteninitiative<br />
www.letscureacc.com<br />
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Rare Diseases
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José Carreras Leukämie-Stiftung<br />
Heilung braucht Forschung. Forschung braucht Spenden<br />
Als José Carreras, der berühmte Tenor,<br />
auf der Höhe seiner Karriere 1987 an<br />
Leukämie erkrankte, ging diese Nachricht<br />
um die Welt und erschütterte nicht<br />
nur die Opernfans. Zu der Zeit kam die<br />
Diagnose Leukämie einem Todesurteil<br />
gleich. Doch dank des großen Einsatzes<br />
von mutigen und hervorragenden Medizinern<br />
sowie der großen Unterstützung<br />
von Familie, Freunden und Fans konnte<br />
der Startenor geheilt werden. José Carreras<br />
gewann den Kampf seines Lebens<br />
und tausende Menschen auf der ganzen<br />
Welt feierten mit ihm diesen Sieg.<br />
Spendengelder machten es möglich<br />
Seitdem engagiert sich José Carreras unermüdlich<br />
für seine Vision: „Leukämie<br />
muss heilbar werden. Immer und bei<br />
jedem.“ 1995 rief er seine Künstlerfreunde<br />
dazu auf, mit ihm gemeinsam die erste<br />
José Carreras Gala in Leipzig zu veranstalten<br />
und Spenden zu sammeln. Mit<br />
der Gründung der Deutschen José Carreras<br />
Leukämie-Stiftung (DJCLS) wollte er<br />
einen Beitrag leisten, den großen Bedarf<br />
an Stammzelltransplantationsstationen,<br />
Stationsbetten, exzellenten Behandlungs-<br />
und Laboreinrichtungen, Angehörigenwohnungen,<br />
Forschungsprojekten<br />
und sozialen Projekten in Deutschland zu<br />
decken.<br />
Mehr als 35 Jahre sind seitdem vergangen.<br />
Jahre, in denen die José Carreras Leukämie-Stiftung<br />
Spenden sammelt. Insgesamt<br />
über 235 Millionen Euro konnten<br />
bereits verbucht und knapp 1.500<br />
Projekte finanziert werden - darunter<br />
der Bau von José Carreras Einheiten für<br />
Knochenmark- und Blutstammzelltransplantationen,<br />
der Bau von José Carreras<br />
Leukämie-Forschungslaboren, die<br />
Etablierung eines überregionalen <strong>Krebs</strong>registers,<br />
zahlreiche wissenschaftliche<br />
Forschungsprojekte, Stipendien, Elternhäuser,<br />
Kindercamps und soziale Projekte.<br />
Vielversprechende Leukämieforschung<br />
macht Hoffnung<br />
Im Vergleich mit der Behandlungssituation<br />
vor über 35 Jahren ist in der Leukämieforschung<br />
viel passiert. Forscher und<br />
Wissenschaftler verstehen immer besser,<br />
wie Leukämien entstehen.<br />
Auch können durch genetische Charakterisierungen<br />
Vorstufen von Leukämien<br />
besser erkannt und eingeordnet werden.<br />
Ziel dieser Forschungen ist es unter anderem<br />
auch, das Immunsystem gezielt<br />
zu aktivieren, dabei körpereigene Abwehrzellen<br />
so zu verändern, dass die eigenen<br />
Immunzellen für Leukämiezellen<br />
„sehend“ werden und so diese zerstören<br />
können.<br />
Wie entwickelt sich die Förderung der<br />
DJCLS-Forschung?<br />
Die zellulären Immun- und Gentherapien<br />
sind ein hoffnungsvoller Ansatz,<br />
der eine verbesserte und erweiterte<br />
Wirksamkeit von Therapien bei Leukämien<br />
und verwandten bösartigen Blutund<br />
Knochenmarkserkrankungen anbieten<br />
kann. Um diesen Ansatz zu fördern,<br />
hat die Deutsche José Carreras<br />
Leukämie-Stiftung einen neuen Forschungsschwerpunkt<br />
ausgeschrieben.<br />
2022 wurden hierzu zwei Forschungsprojekte<br />
in Heidelberg ausgewählt. Für<br />
einen Zeitraum von drei Jahren wird<br />
die Erforschung eines vielversprechenden<br />
Ansatzes im Kampf gegen Leukämie<br />
und andere <strong>Krebs</strong>erkrankungen mit<br />
knapp 500.000 Euro gefördert.<br />
Dabei wird das langfristige Ziel verfolgt,<br />
die Heilbarkeit von Leukämien bei Patientinnen<br />
und Patienten zu erhöhen.<br />
Grundvoraussetzung für die Förderung<br />
von Projekten ist ein positives Votum des<br />
Wissenschaftlichen Beirats, der aus hochkarätigen<br />
LeukämieexpertInnen besteht.<br />
2019 wurde die José Carreras Leukämie-Stiftung<br />
von der Deutschen Universitätsstiftung<br />
und dem Stifterverband als<br />
Wissenschaftsstiftung des Jahres ausgezeichnet.<br />
Helfen Sie mit und spenden Sie, damit<br />
wir die Entwicklung verbesserter<br />
Therapien und Heilungschancen fördern<br />
können.<br />
Online-Spenden:<br />
https://spenden.carreras-stiftung.de<br />
oder über das Spendenkonto:<br />
Deutsche José Carreras<br />
Leukämie-Stiftung e.V.,<br />
Commerzbank AG München,<br />
IBAN: DE96 7008 0000 0319 9666 01,<br />
BIC: DRESDEFF700<br />
Mehr Informationen<br />
auf Facebook & Instagram<br />
@ josecarrerasleukaemiestiftung<br />
www.carreras-stiftung.de
10<br />
Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info<br />
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Staatsministerium<br />
für Wissenschaft, Kultur und Tourismus entstanden.<br />
Rechnergestützte Verfahren in Diagnostik,<br />
Behandlung und Wirkstoffentwicklung<br />
lassen auf weitere Fortschritte im Kampf<br />
gegen <strong>Krebs</strong> hoffen<br />
<strong>Krebs</strong> ist eine Erkrankung mit höchst unterschiedlichen<br />
Ausprägungen und ebenso unterschiedlichen<br />
Krankheitsverläufen. Um die<br />
Chancen auf Heilung zu verbessern, braucht<br />
es immer wieder neue, innovative Ansätze, die in Sachsen<br />
permanent erdacht, erforscht und fast unmittelbar<br />
in die kli-nische Anwendung überführt werden. Waren<br />
noch vor wenigen Jahren standardisierte Chemotherapien<br />
oder Bestrahlungsverfahren im Einsatz, hat sich die Art<br />
der Behandlung inzwischen deutlich gewandelt. Mithilfe<br />
der hoch spezialisierten Forschung an den Uniklinika in<br />
Dresden und Leipzig, aber auch mit außeruniversitären<br />
Partnerinstitutionen werden heute neueste Technologien<br />
mit weiterentwickelten Behandlungsmethoden kombiniert,<br />
teils individuell auf den einzelnen Patienten<br />
abgestimmt.<br />
Daran sind längt nicht mehr ausschließlich Mediziner<br />
beteiligt. In der Forschung verfolgt Sachsen bewusst einen<br />
fachgebietsübergreifenden Ansatz. IT-Spezialisten, Physiker,<br />
Ingenieure und andere Professionen arbeiten gemeinsam<br />
mit Ärzten. Das Ergebnis sind Therapien, die sowohl<br />
eine bessere Wirkung im Kampf gegen <strong>Krebs</strong> entfalten als<br />
auch deutlich schonender sind. Zudem sind sie für Patienten<br />
während der Behandlung besser verträglich.<br />
Bei der Bestrahlung von Tumoren ist etwa die Präzision<br />
entscheidend, in der Chirurgie sind es zum Beispiel die<br />
Assistenzsysteme, auf die sich die Operateure stützen<br />
müssen.<br />
Die dafür erforderlichen Geräte werden in Sachsen in der<br />
Forschung immer weiterentwickelt, sowohl in Software<br />
als auch in Hardware.<br />
FOTO: SMWK/BEN GIERIG<br />
Magnetresonanztomograph an der Kinderradiologie am Uniklinikum<br />
Dresden zur besseren und kindgerechten Diagnostik<br />
Die Spezialisten arbeiten dabei mit Netzwerken von<br />
Expertinnen und Experten zusammen, so zum Beispiel<br />
unter dem Dach des Deutschen <strong>Krebs</strong>forschungszentrums<br />
(DKFZ) - mit inzwischen sechs Standorten des Nationalen<br />
Centrums für Tumorerkrankungen (NCT). Das<br />
NCT-Dresden hat für diese einzigartige Struktur gemeinsam<br />
mit dem NCT-Heidelberg den Grundstein gelegt.<br />
In den nächsten Jahren wird die weitere Verschmelzung<br />
der medizinischen Forschung mit verschiedenen Fachgebieten<br />
wie der Mikro- und Nanoelektronik, Robotik<br />
und künstlichen Intelligenz die Anwendungsmöglichkeiten<br />
in <strong>Krebs</strong>diagnostik und -therapie noch einmal<br />
deutlich verbreitern und damit die Chancen auf ein Leben<br />
ohne <strong>Krebs</strong> für noch mehr Menschen erhöhen.<br />
Das gilt ebenso für den Pharmabereich, also zur unterstützenden<br />
medikamentösen Behandlung von <strong>Krebs</strong>.<br />
So entsteht auf dem Gelände der Universitätsmedizin<br />
in Leipzig in den kommenden Jahren ein Forschungsund<br />
Transfer-Hub für Wirkstoffentwicklung. Hier sollen<br />
künftig unter anderem mit künstlicher Intelligenz ganz<br />
neue Wege für die Erforschung und Entwicklung von<br />
pharmazeutischen Wirkstoffen beschritten werden, mit<br />
großem Potential gerade auch für die <strong>Krebs</strong>medizin.<br />
FOTO: SMWK/BEN GIERIG<br />
Auswertung von Proben unter dem Mikroskop am<br />
José Carreras Forschungslabor<br />
FOTO: SMWK/BEN GIERIG<br />
Zum Einsatz kommen Computer- und KI-gestützte Verfahren<br />
in Kombination mit experimentellen Studien.<br />
Ein Ziel ist, neue und auch bessere Medikamente zur<br />
Behandlung von Krankheiten künftig deutlich schneller<br />
verfügbar zu machen und auch nach den individuellen<br />
Voraussetzungen der Patienten auszurichten.<br />
Durch die unmittelbare Nähe zwischen Forschung und<br />
Versorgung an den Universitätsklinika in Dresden und<br />
Leipzig kommt die Grundlagenforschung übersetzt in<br />
Therapien und Behandlungsmethoden direkt vielen Patientinnen<br />
und Patienten zugute.<br />
Forscherin am José Carreras Forschungslabor der Universitätsmedizin Leipzig bei der rechnergestützten Analyse im Bereich<br />
der Zell- und Immuntherapie<br />
Denn bei allen technologischen Fortschritten steht über<br />
allem das Wohl des Menschen.
Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info 11<br />
Die Kampagne SPIN2030<br />
Sachsen ist seit jeher Schrittmacher und Impulsgeber<br />
für wissenschaftliche Innovationen: Wichtige Erkenntnisse<br />
in Feldern wie der Materialforschung, der<br />
<strong>Krebs</strong>forschung oder der Mikroelektronik haben ihren<br />
Ursprung in sächsischen Einrichtungen. Hochschulen<br />
und außeruniversitäre Forschungsinstitute sind eng<br />
vernetzt und attraktiv für Spitzenforscherinnen und<br />
Spitzenforscher aus aller Welt.<br />
In den kommenden Jahren wird die sächsische Wissenschaftslandschaft<br />
die nächsten großen Entwicklungsschritte<br />
gehen. Mit der Kampagne SPIN2030 unterstützt<br />
das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft,<br />
Kultur und Tourismus (SMWK) die Hochschulen und<br />
Forschungseinrichtungen auf diesem Weg: Über Roadshows,<br />
Veranstaltungen, Social-Media-Kampagnen,<br />
eine interaktive Karte und viele andere Formate werden<br />
die Strukturen und Besonderheiten, die Forschungs-<br />
ergebnisse und die Exzellenz des Wissenschaftslandes<br />
sachsenweit, national und international erlebbar.<br />
SPIN2030 – das sind Sachsens Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
mit klugen Köpfen, die mit Dynamik<br />
und Kreativität unterwegs sind zu neuen wissenschaftlichen<br />
Durchbrüchen, die unsere Welt verändern<br />
werden. Es sind zudem unsere Studentinnen und<br />
Studenten, die nächste Generation an Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftlern und auch künftige<br />
Fachkräfte für die Unternehmen. Schwerpunkte liegen<br />
unter anderem in den Feldern Robotik und Mensch-<br />
Maschine-Interaktion, Biotechnologie und Genetik,<br />
Pharmazie und Gesundheit, Energie-, Wasserstoffund<br />
Kreislaufforschung, Künstliche Intelligenz und<br />
Quantencomputing, Mikroelektronik und Halbleitertechnologien,<br />
Materialforschung und Leichtbau. Begleitet<br />
werden die Forschungsfelder von strategischen<br />
Kooperationen und Transfer in Wirtschaft und Gesellschaft.<br />
Investitionen in die sächsische Forschung<br />
Sachsen investiert in den nächsten Jahren gezielt: 2,3 Milliarden<br />
Euro für die Hochschulen, 788 Millionen Euro<br />
für die Forschungseinrichtungen, 573 Millionen Euro für<br />
die Universitätskliniken, 632 Millionen Euro für Modernisierung<br />
und Bau.<br />
Insgesamt werden bis 2025 mehr als 4 Milliarden Euro<br />
in die sächsische Wissenschaftslandschaft investiert, bis<br />
zum Jahr 2030 mindestens 17 Milliarden Euro. Damit<br />
kann Sachsens Spitzenposition in der Forschung langfristig<br />
gesichert und ausgebaut werden.<br />
MEHR DAZU<br />
FINDEN SIE UNTER:<br />
WWW.SPIN2030.COM
12<br />
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Polycythaemia Vera – Betroffene spielen<br />
eine wichtige Rolle in der Therapie<br />
Myeloproliferative Neoplasien (MPN) sind eine Gruppe von seltenen Erkrankungen des Knochenmarkes. Charakteristisch für diese<br />
Krankheitsbilder ist eine gesteigerte Produktion von Blutzellen, was sich in einer Vielzahl von Symptomen äußern kann.<br />
Prof. Dr. med. Haifa Kathrin Al-Ali über die Symptome und Verlaufskontrollen der seltenen Blutkrebserkrankung<br />
Polycythaemia Vera (PV), die zu den MPN zählt.<br />
Text Prof. Dr. med. Haifa Kathrin Al-Ali<br />
Symptome und Symptomkonstellationen einer PV<br />
Symptome lassen sich in allgemeine Beschwerden und<br />
durch die Komplikationen verursachte Probleme unterteilen.<br />
Allgemeine Symptome sind schwer zu erkennen<br />
und von den Patienten kaum mit der Erkrankung in Verbindung<br />
zu bringen, wie zum Beispiel Kopfschmerzen,<br />
Müdigkeit und Konzentrationsstörungen. Die Symptome<br />
sind unspezifisch, aber ihre Auswirkungen sind enorm<br />
und beeinträchtigen die Lebensqualität erheblich.<br />
Zusätzlich treten spezifische Beschwerden wie Sehstörungen<br />
und Juckreiz bei 14 Prozent der Patienten<br />
auf, obwohl auf der Haut keine sichtbaren Anzeichen<br />
vorhanden sind.<br />
Viele Patienten durchlaufen einen langen Leidensweg,<br />
bis die Krankheit korrekt diagnostiziert wird, und<br />
manche kämpfen jahrzehntelang mit den Symptomen.<br />
Aufgrund der erhöhten Dichte der roten Blutkörperchen<br />
im Körper sehen die Betroffenen äußerlich gesund aus,<br />
fühlen sich aber genau gegenteilig. Dies hat Auswirkungen<br />
auf die psychische Verfassung, da viele nicht ernst<br />
genommen werden.<br />
Diagnose einer PV anhand des Blutbildes<br />
Erhöhte Werte von Hämoglobin und Hämatokrit sind<br />
dabei ein deutlicher Hinweis. Eine PCR-Analyse des<br />
Blutes kann zusätzlich die JAK2-Mutation nachweisen,<br />
die die Diagnose PV bekräftigt, und eine Untersuchung<br />
des Knochenmarks rundet das diagnostische Vorgehen<br />
ab. Es ist auch möglich, dass eine PV ohne auffällige<br />
Blutwerte vorliegt. Insbesondere bei jungen Menschen<br />
können plötzliche und ungewöhnliche Thrombosen<br />
auf eine vorhandene JAK2-Mutation hinweisen. Grundsätzlich<br />
hat die Erkrankung eine gute Prognose, wenn<br />
sie frühzeitig diagnostiziert wird. In Absprache mit<br />
dem Patienten sollte dann eine geeignete Therapie gefunden<br />
werden.<br />
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen<br />
Ein nicht gut kontrollierter Hämatokritwert erhöht zum<br />
Bespiel das Risiko von Thrombosen. Eine regelmäßige<br />
Überwachung des Blutbildes ist daher unverzichtbar.<br />
Auch die Lebensqualität und eine gute Kontrolle der Beschwerden<br />
können nur durch gute Verlaufskontrollen<br />
gewährt werden. Eine Vergrößerung der Milz kann<br />
ein Anzeichen für das Fortschreiten der Krankheit<br />
sein und möglicherweise eine Anpassung der Behandlung<br />
erfordern. Zusätzlich müssen die auftretenden<br />
Nebenwirkungen der verwendeten Medikamente beobachtet<br />
werden: zum Bespiel ist bei der PV insbesondere<br />
während der Behandlung auf unerwünschte Hautreaktionen<br />
wie Geschwüre an den Beinen (Beinulzerationen)<br />
und hellen Hautkrebs zu achten. Ein regelmäßiger<br />
Hautcheck ist daher sehr wichtig.<br />
Für Patienten stehen international anerkannte Fragebögen<br />
zur Verfügung, die sie regelmäßig während des<br />
Kontakts mit ihrem behandelnden Arzt ausfüllen sollten.<br />
Durch den Vergleich der Werte über einen längeren Zeitraum<br />
können Verschlechterungen oder Veränderungen<br />
erkannt werden. Symptome wie Müdigkeit und Juckreiz<br />
lassen sich so über einen längeren Zeitraum besser beurteilen.<br />
Zudem wird dadurch das Ausmaß der Beschwerden<br />
deutlich und es kann eine klare Abgrenzung zu altersbedingten<br />
schleichenden Veränderungen erfolgen.<br />
Bei Veränderungen oder neuen Beschwerden ist es ratsam,<br />
sofort den behandelnden Arzt aufzusuchen. Durch<br />
die Auswertung des Fragebogens erhält der Patient<br />
einen umfassenden Überblick über die Symptome, und<br />
der Arzt kann entsprechende therapeutische Maßnahmen<br />
ergreifen oder die Behandlung anpassen.<br />
Der Austausch mit anderen Betroffenen spielt ebenfalls<br />
eine wichtige Rolle. Das MPN-Netzwerk bietet die<br />
Möglich-keit, das Verständnis für die Krankheit zu verbessern<br />
und Kontakt zu anderen Betroffenen aufzunehmen.<br />
Die Verbesserung der Lebensqualität<br />
FOTO:<br />
UNIVERSITÄTSMEDIZIN<br />
HALLE<br />
Der Arzt kann durch<br />
die Auswertung des<br />
Blutbildes eingreifen<br />
und die Therapie entsprechend<br />
anpassen.<br />
Prof. Dr. med. Haifa Kathrin Al-Ali<br />
Direktorin des Krukenberg-<strong>Krebs</strong>zentrums Halle (KKH)<br />
Der Arzt kann durch die Auswertung des Blutbildes<br />
eingreifen und die Therapie entsprechend anpassen.<br />
Anhand der Fragebögen können alternative Therapiemöglichkeiten<br />
zur Verbesserung der Lebensqualität des<br />
Patienten gesucht werden. PV ist eine äußerst vielfältige<br />
Erkrankung, und die Probleme und Beschwerden jedes<br />
einzelnen Patienten sind unterschiedlich. Als Arzt ist es<br />
wichtig, alle Parameter im Blick zu behalten, sie individuell<br />
auf den Patienten abzustimmen und gemeinsam<br />
an der Therapie zu arbeiten. Bei der Anpassung der Behandlung<br />
sollten auch die emotionalen Aspekte berücksichtigt<br />
werden.<br />
FOTO:<br />
BENEDIKT ZIEGLER<br />
Gut informierte Patienten<br />
tragen zum Therapieerfolg bei<br />
Text Prof. Dr. Wolfgang Knauf<br />
Prof. Dr. Wolfgang Knauf, Vorsitzender des Berufsverbands<br />
der Niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte für Hämatologie<br />
und Medizinische Onkologie in Deutschland e. V. (BNHO e. V.)<br />
„Der alte Arzt spricht lateinisch, der junge Arzt spricht<br />
englisch. Der gute Arzt spricht die Sprache des Patienten“<br />
– das hat unsere frühere Gesundheitsministerin<br />
Prof. Ursula Lehr einmal gesagt. Ich selbst setze auf<br />
eine klare und offene Kommunikation mit meinen Patienten.<br />
Dabei sehe ich das Alter eines Arztes durchaus<br />
als Pluspunkt im Dialog mit Patienten. Denn dabei<br />
geht es nicht allein um Berufserfahrung, sondern auch<br />
um Lebenserfahrung. Wer im eigenen engen Umfeld<br />
Krankheit und Tod erlebt hat, kann nach meinem<br />
Empfinden ganz anders auf andere Betroffene eingehen.<br />
Wer nicht auf einen solchen Erfahrungsschatz<br />
zurückgreifen kann, versteckt sich gerne hinter Fachbegriffen,<br />
die Erkrankungen und Schicksale, die daran<br />
hängen, technisieren und eine gewisse Distanz schaffen.<br />
Ganz abgesehen vom Alter des Arztes hat sich aber<br />
grundsätzlich die Art und Weise, wie Mediziner mit<br />
ihren Patienten kommunizieren, drastisch geändert –<br />
und das ist auch gut so! Früher haben Ärzte über den<br />
Kopf des Patienten hinweg Therapieentscheidungen<br />
getroffen. Da war das Bewusstsein für das „Mitnehmen“<br />
des Patienten noch nicht sonderlich ausgeprägt. Auch<br />
psychische Belange spielten eine untergeordnete Rolle.<br />
Bei Krankheit A wurde Therapie B angewendet – ohne<br />
Diskussion. Die Medizin ist inzwischen weiter: Gerade<br />
in der Onkologie wird lange nicht mehr nach Schema<br />
F behandelt. Es gibt häufig verschiedene Behandlungsmöglichkeiten,<br />
die nicht nur auf die spezifische <strong>Krebs</strong>erkrankung,<br />
sondern auch auf die individuellen Lebensumstände<br />
der Patienten eingehen. Wir Mediziner<br />
erklären und empfehlen, entscheiden am Ende aber<br />
gemeinsam mit dem Patienten. Wir sind auch dafür da,<br />
Informationen, die sich die Patienten aus verschiedensten<br />
Quellen zusammensuchen, für ihn einzuordnen. Als Laie<br />
ist es kaum möglich, die Flut an Informationen, die zum<br />
Beispiel das Internet liefert – das gab es ja früher auch<br />
nicht –, zu sortieren und zu bewerten, was für die eigene<br />
Situation hilfreich ist. Heute wissen wir, dass ein informierter<br />
Patient maßgeblich zum Therapieerfolg beitragen<br />
kann. Denn wenn ein Patient weiß, was warum mit<br />
ihm passiert, werden Nebenwirkungen zum Beispiel viel<br />
besser toleriert und eher als Teil des schweren Weges angenommen<br />
als abgelehnt. Das führt u.a. zu einer geringeren<br />
Abbruchrate von Chemotherapien. Wichtig ist das<br />
Vertrauen zum Arzt. Das muss man sich verdienen. Ich<br />
bin immer ehrlich mit meinen Patienten und kommuniziere<br />
auf Augenhöhe. Jeder soll die Chance haben, sich<br />
seelisch auf schwierige Zeiten vorbereiten zu können.<br />
Wir niedergelassenen Onkologen haben die Möglichkeit,<br />
zum Teil über Jahre hinweg ein tiefes Vertrauensverhältnis<br />
zu unseren Patienten zu entwickeln. Das macht<br />
es für uns leichter, mit unseren Patienten eine solide Partnerschaft<br />
aufzubauen, in der die Patienten mit unserer<br />
Hilfe selbstverantwortlich an ihrer Therapie mitwirken<br />
können. Das ist – trotz der meist sehr schwierigen Umstände<br />
– für uns und unsere Patienten gleichermaßen<br />
eine gute Erfahrung.
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Leben mit MPN -<br />
Umfassende Hilfe für Betroffene<br />
Das forschende Pharmaunternehmen Novartis denkt Medizin neu,<br />
um besonders auch Menschen mit seltenen Erkrankungen mit<br />
innovativen Therapien und Informationsangeboten zu mehr<br />
Lebensqualität zu verhelfen.<br />
FOTO: NOVARTIS PHARMA GMBH<br />
Speziell für Menschen, die an einer Myeloproliferativen Neoplasie<br />
(MPN) wie der Myelofibrose, der Polycythaemia Vera oder der<br />
Chronischen Myeloischen Leukämie leiden, hat Novartis umfangreiche<br />
Informationsinitiativen ins Leben gerufen, die wissenschaftlich<br />
fundiertes Wissen zur Erkrankung und zum Umgang<br />
damit zur Verfügung stellen.<br />
Symptome erkennen – und richtig<br />
in Zusammenhang bringen<br />
Da die verschiedenen Symptome der MPN sehr vielschichtig sind<br />
und mit Fortschreiten der Erkrankung stärker werden können,<br />
sind fundierte Informationen zu den möglichen Beschwerden für<br />
Patient:innen und deren Angehörige sehr wichtig. Das macht das<br />
Beispiel der Polycythaemia Vera deutlich, denn Beschwerden wie<br />
chronische Müdigkeit, Schmerzen im linken Oberbauch, verstärktes<br />
nächtliches Schwitzen, Juckreiz besonders nach Kontakt mit<br />
Wasser und Appetitlosigkeit lassen oft nicht direkt auf eine schwere<br />
Erkrankung schließen. Gerade Frauen denken oftmals eher an die<br />
Wechseljahre und nicht an eine seltene Bluterkrankung. Auch Sehund<br />
Konzentrationsstörungen, Ohrensausen oder trockene Haut<br />
werden eher auf das Alter zurückgeführt und nicht in Kombination<br />
betrachtet. Die Folge: der Arztbesuch bleibt aus, die PV bleibt<br />
unentdeckt und somit auch unbehandelt, schwere Komplikationen<br />
können auftreten.<br />
Zunehmende Beschwerden ernst nehmen<br />
Aber auch wenn die Diagnose bereits gestellt wurde, sollten<br />
Betroffene die Symptome im Blick behalten und regelmäßige<br />
Kontrolluntersuchungen durchführen lassen. Wenn die Symptomlast<br />
zunimmt oder Nebenwirkungen auftreten, sollten Betroffene<br />
umgehend das Gespräch mit dem Behandlungsteam suchen, um<br />
krankheitsbedingte Beschwerden von therapiebedingten zu unterscheiden,<br />
denn manche Begleiterkrankungen oder Komplikationen<br />
können für Betroffene im schlimmsten Fall lebensbedrohlich<br />
werden. So sollten z. B. regelmäßig das Blut und die<br />
Milz untersucht werden. Zudem sollte einmal jährlich ein Hautscreening<br />
durchgeführt werden, um therapiebedingte Hautveränderungen<br />
früh zu erkennen, die sich möglicherweise zu schweren<br />
Hautveränderungen wie offenen Wunden oder gar Hautkrebs<br />
entwickeln könnten.<br />
Wissen ist demnach für Betroffene der Schlüssel, um bei der<br />
Wahl und Durchführung der passenden Therapie intensiv mit<br />
einbezogen werden zu können. Die drei einzelnen Initiativen<br />
für das Leben mit Myelofibrose, Polycythaemia Vera und<br />
Chronischer Myeloischer Leukämie bieten auf der Internetseite<br />
www.leben-mit-blutkrankheiten.de viele Informationen, die<br />
Bei Menschen mit hellem Hauttyp, die sich<br />
gerne in der Sonne aufhalten, besteht ein<br />
erhöhtes Risiko, eine Aktinische Keratose<br />
zu entwickeln, die sich in einem von zehn<br />
Fällen zu hellem Hautkrebs entwickeln kann. Dies<br />
gilt um so mehr für MPN-Patient:innen, da eine<br />
der medikamentösen Therapien dieses Risiko<br />
zusätzlich steigert. Deshalb sollten Betroffene<br />
Hautveränderungen in lichtexponierten Arealen ernst<br />
nehmen und sie einem Dermatologen zeigen. Diese<br />
Obacht gilt auch für Veränderungen an den Beinen.<br />
Streifige oder netzartige Rötungen und offene Stellen<br />
sollten möglichst frühzeitig einem Hautarzt oder den<br />
betreuenden Hämatoonkologen gezeigt werden, da<br />
das ein klares Indiz dafür sein könnte, die Therapie zu<br />
überdenken und entsprechend anzupassen.<br />
Prof. Dr. Markus Braun-Falco<br />
Facharzt für Dermatologie und Venerologie<br />
über die Facetten der Erkrankungen informieren. Hier finden<br />
sich auch Patient:innen-Erfahrungsberichte und Expert:innenbeiträge<br />
zu verschiedenen krankheitsrelevanten Schwerpunkten.<br />
Zudem finden Patient:innen ausführliche Checklisten, die ihnen<br />
die Gespräche mit dem Behandlungsteam erleichtern können.<br />
Dazu kann auch eine Anpassung der Therapie gehören, wenn<br />
die bestehende Behandlung nicht den gewünschten Erfolg<br />
erzielt oder Nebenwirkungen auftreten, welche die Lebensqualität<br />
stark beeinträchtigen. Dabei kann auch der MPN-<br />
Tracker unter www.mpntracker.com helfen, der Patient:innen<br />
in Form eines Therapietagebuches bei der Dokumentation zur<br />
Entwicklung ihrer Erkrankung unterstützt.<br />
Zusammen stärker<br />
Auch der Austausch mit anderen Betroffenen, Selbsthilfeorganisationen<br />
und Fachärzt:innen stärkt Patient:innen und ihre Angehörigen<br />
im Umgang mit der Erkrankung. Seit 2016 können<br />
MPN-Betroffene einen bundesweit etablierten Treffpunkt<br />
nutzen: die MPN-Patient:innentage. Die Teilnahme an den MPN<br />
Veranstaltungen ist kostenlos. Auf www.mpn-patiententage.de<br />
findet man die Anmeldung für die nächsten Patient:innentage sowie<br />
weitere Informationen und einen kleinen Rückblick auf<br />
vergangene Veranstaltungen.
14<br />
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LEBEN UND BLOGGEN MIT<br />
METASTASIERTEM BRUSTKREBS<br />
Claudia Altmann-Pospischek ist Patientenvertreterin, Brustkrebsaktivistin und Bloggerin und macht sich<br />
für das Thema „metastasierter Brustkrebs“ stark.<br />
Wie schwierig war Ihr bisheriger Weg<br />
von der Diagnose „metastasierter Brustkrebs“<br />
bis heute?<br />
Die Diagnose kam 2013 aus dem Nichts und<br />
hat mir sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weggezogen.<br />
Mein winziges Mammakarzinom hatte bereits in<br />
die Leber und in die Knochen gestreut. Das alles ohne genetische<br />
Vorbelastung und trotz regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen.<br />
Eine Katastrophe – verbunden mit<br />
Angst, Trauer und Ungewissheit. Es folgte ein kräftezehrender<br />
Therapiemarathon, der bis heute andauert.<br />
2018 wurden zudem Bauchfell-Metastasen diagnostiziert.<br />
Wie es weitergeht? Die Zukunft wird es zeigen. Ich bin<br />
unter Dauertherapie – sämtliche Nebenwirkungen inklusive<br />
– bis zum allerletzten Tag. Ich will nur eines: leben<br />
und Spuren hinterlassen – mit meinem Engagement und<br />
meinem Blog „Claudias Cancer Challenge“.<br />
Ich will nur eines:<br />
leben und Spuren<br />
hinterlassen.<br />
Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen als Sie<br />
von den Ärtz:innen die Diagnose inklusive Lebenserwartung<br />
mitgeteilt bekamen?<br />
Ich bin damals mit einem Mini-Knötchen zuversichtlich<br />
ins Krankenhaus und kam mit der Diagnose „unheilbarer<br />
Brustkrebs“ wieder nach Hause. Das in kürzester<br />
Zeit – da kommt der Kopf einfach nicht mit – diese<br />
Nachricht braucht Zeit, um sich zu setzen. Damals hörte<br />
ich auch die niederschmetternde Prognose: „Sie haben<br />
eine Durchschnittsüberlebenszeit von zwei Jahren“. Doch<br />
diese sollte nicht eintreffen. Ich darf heute – zehn Jahre<br />
danach – noch immer da sein.<br />
Was können Sie Betroffenen und Angehörigen mit<br />
auf ihren Weg geben? Wohin können sie sich wenden?<br />
Betroffenen möchte ich mitgeben, alles daran zu setzen,<br />
mündige PatientInnen zu sein, sich über entsprechende<br />
Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Aktive Entscheidungen<br />
zu treffen, gibt einem das gute Gefühl,<br />
Kapitänin des eigenen Bootes zu sein. Zudem würde ich<br />
zu einer professionellen psychoonkologischen Unterstützung<br />
raten – auch für Angehörige. Ängste und Sorgen<br />
sind Gefühle, die einfach Raum brauchen. Und: Es tut<br />
so gut, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen<br />
und voneinander zu lernen. Deshalb erachte ich die Vernetzung<br />
von PatientInnen auf Online-Plattformen und<br />
in Selbsthilfegruppen als immens wertvoll.<br />
Die Diagnose <strong>Krebs</strong> bedeutet auch, mit der eigenen<br />
Endlichkeit konfrontiert zu sein. Wie gehen Sie mit<br />
dem Thema um? Nehmen Sie das Leben intensiver<br />
wahr?<br />
Mir war sehr schnell klar, dass die Zeit, die ich noch auf<br />
dieser Erde verbringen darf, eher kürzer denn länger bemessen<br />
sein wird. Somit war der Gedanke „Mach doch<br />
das Beste aus dieser verbleibenden Zeit“ bald in meinem<br />
Kopf. Und das mache ich nun – zum Beispiel mit meinem<br />
Brustkrebsengagement, wofür mein Herz brennt.<br />
Aber natürlich sehe ich das Damoklesschwert über mir<br />
baumeln – mal mehr und mal weniger. An manchen<br />
Tagen überfällt mich die Angst vor dem Tod und nimmt<br />
mir die Luft zum Atmen. An manchen Tagen fühle ich<br />
mich glücklich, frei und unbeschwert. Das Leben ist nun<br />
härter, schwieriger und kürzer geworden, aber auch intensiver,<br />
bunter und genussvoller.<br />
Wie feiern Sie selbst am liebsten das Leben?<br />
Ich sehe mich generell als „Queen of Ablenkung“ – ich<br />
kann vieles gut ausblenden und halte das auch für<br />
einen probaten Umgang. So sind mir Reisen (vor allem<br />
in mein geliebtes England) sehr wichtig – denn da<br />
steigt der <strong>Krebs</strong> nicht in den Flieger mit ein und egal,<br />
wo ich lande, werde ich von Lebensfreude und Leichtigkeit<br />
begleitet. Treffen mit Herzensmenschen<br />
sind eine<br />
enorme Kraftquelle.<br />
Und auch meine<br />
Konzertleidenschaft<br />
lässt mich<br />
das Leben auf<br />
musikalische<br />
Weise feiern.<br />
FOTO: MARINA<br />
PROBST EIFFE<br />
INSTAGRAM<br />
& FACEBOOK<br />
@claudiascancerchallenge<br />
Es tut gut, sich<br />
mit anderen<br />
Betroffenen auszutauschen<br />
und voneinander zu<br />
lernen. Deshalb erachte ich<br />
die Patientenvernetzung als<br />
immens wertvoll.<br />
Claudia Altmann-Pospischek<br />
Brustkrebs-Betroffene<br />
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Den Weg ins Leben zurück erkämpft –<br />
Immuntherapie als Hoffnungsschimmer<br />
Im Alter von 25 Jahren wurde bei Jasper Maes die Diagnose Glioblastom, ein bösartiger Hirntumor, gestellt. Im Interview teilt der junge Mann mit,<br />
warum er sich für eine Immuntherapie in Deutschland entschieden hat und wie es ihm heute geht.<br />
Text Charlie Schröder<br />
Gab es Anzeichen, dass Sie <strong>Krebs</strong> haben<br />
könnten?<br />
Ich hatte das Glück oder das Pech, dass ich<br />
keine Symptome verspürte – bis mein Körper<br />
in einen "Abschaltmodus" überging. Der Druck in<br />
meinem Kopf verursachte nicht nur Kopfschmerzen,<br />
sondern auch Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen. Deshalb<br />
wurde ich auch auf die Intensivstation eingeliefert,<br />
wo man einen bösartigen Hirntumor diagnostizierte.<br />
Nur wenige Tage später erfolgte eine Notoperation zur<br />
Tumorentfernung. Die schreckliche Nachricht, dass es<br />
sich um ein Glioblastoma Multiforme handelte, kam<br />
nach der Biopsie.<br />
Welche Gedanken gingen Ihnen durch den Kopf?<br />
Ich war völlig fassungslos und konnte es kaum glauben.<br />
Ich stellte mir sofort die Frage, was ich falsch gemacht<br />
hatte, um so etwas zu verdienen. Ich war doch stets aktiv<br />
und achtete auf meine Gesundheit: Ich rauche nicht<br />
und trank Alkohol nur bei gesellschaftlichen Anlässen.<br />
Nach der Diagnose habe ich auch damit sofort aufgehört.<br />
Ich wollte eine mögliche Lösung oder gar Heilung<br />
finden.<br />
Haben Sie selbst nach verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten<br />
recherchiert oder sich vom Arzt<br />
beraten lassen?<br />
Ich habe versucht, im Internet nach ähnlichen Geschichten<br />
von Menschen zu suchen, die eine Krankheit<br />
wie meine überlebt haben. Ich strebte nach positiven<br />
Berichten. Allerdings habe ich in der Regel nach<br />
einigen Google-Suchen aufgehört, da die Informationen<br />
über das Glioblastom, die ich gefunden habe,<br />
eher deprimierend als motivierend waren. Zusätzlich<br />
zur konventionellen Behandlung mit Bestrahlung und<br />
Chemotherapie habe ich mich zunächst um eine Zweitmeinung<br />
in einem anderen Krankenhaus bemüht.<br />
Sie leben in Belgien und haben sich für eine Immuntherapie<br />
in Deutschland entschieden. Warum?<br />
Durch einen Freund meines Vaters wurden wir mit<br />
einem Forscher an der Universität Antwerpen in Verbindung<br />
gebracht, der uns einen <strong>Krebs</strong>spezialisten in<br />
Deutschland empfahl. Der Arzt konnte mir glücklicherweise<br />
etwas Hoffnung schenken, indem er von seinen<br />
ersten erfolgreichen Fällen mit der Immuntherapie<br />
berichtete. Auch wenn es keine Erfolgsgarantie gab,<br />
hatte ich zumindest das Gefühl, dass ich nichts zu verlieren<br />
hatte.<br />
Können Sie die Immuntherapie beschreiben, für<br />
die Sie sich entschieden haben?<br />
Aufgrund der Überzeugung in meinem Umfeld bezüglich<br />
der entscheidenden Rolle des eigenen Immunsystems<br />
in meinem Kampf gegen den Tumor, habe ich<br />
nicht nur aktiv an dessen Stärkung gearbeitet, sondern<br />
auch eine Immuntherapie ausprobiert. Diese beinhaltet<br />
die EHT-Behandlung in Verbindung mit dem New Castle<br />
Disease Virus. Hierbei werden die <strong>Krebs</strong>zellen durch<br />
Erhitzen mittels der EHT-Technologie geschwächt,<br />
sodass das genetisch modifizierte Virus sie angreifen<br />
und zerstören kann.<br />
Ich begann diese Therapie parallel zur herkömmlichen<br />
Chemotherapie. Im zweiten Teil der Behandlung wird aus<br />
meinem entnommenen Blut ein mRNA-Impfstoff hergestellt,<br />
um das natürliche Immunsystem zu stimulieren<br />
und zur Zerstörung der <strong>Krebs</strong>zellen anzuregen.<br />
Ich glaube fest daran, dass ein<br />
aktiver und gesunder Lebensstil<br />
die Chancen im Kampf gegen diese<br />
schreckliche Krankheit erhöhen.<br />
Wie geht es Ihnen heute?<br />
In Anbetracht meiner Situation und der Krankheit, die<br />
ich bekämpfen musste und immer noch bekämpfe,<br />
könnte es mir nicht besser gehen: Ich bin sehr glücklich,<br />
dass ich mit der Immuntherapie begonnen habe, denn<br />
ich habe wirklich das Gefühl, dass sie einen großen Unterschied<br />
in meinem Kampf gegen den <strong>Krebs</strong> gemacht<br />
hat. Ich glaube fest daran, dass ein aktiver und gesunder<br />
Lebensstil die Chancen im Kampf gegen diese schreckliche<br />
Krankheit erhöhen. Allerdings habe ich immer noch<br />
große Angst vor einem Rückfall und lebe sehr vorsichtig.<br />
Aber ich habe extremes Glück und bin froh, dort zu sein,<br />
wo ich heute bin. Ich versuche mehr und mehr, zu einem<br />
“normalen“ Leben zurückzukehren.<br />
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit dem IOZK Immun-Onkologisches Zentrum Köln entstanden.<br />
Neue Perspektiven gegen den <strong>Krebs</strong><br />
Ein Gespräch mit Dr. Wilfried Stücker, Tumorimmunologe und Gründer des Immun-Onkologischen<br />
Zentrums in Köln, über die personalisierte IOZK-Immuntherapie, die gezielt den Tumor des<br />
Patienten bekämpft, ohne gesunde Zellen zu zerstören.<br />
FOTO:<br />
ROLAND BAEGE<br />
Text Dominik Maaßen<br />
Wie kam es dazu, dass sich Ihr Immun-<br />
Onkologisches Zentrum (IOZK) in Köln<br />
komplett dem Thema Immuntherapie<br />
gewidmet hat?<br />
Die immun-onkologische Therapie hat die Behandlung<br />
von Tumorerkrankungen revolutioniert. Sie hat sich<br />
neben der Chirurgie sowie Strahlen- und Chemotherapie<br />
als zusätzliche Säule etabliert. An unserem Zentrum beschäftigen<br />
wir uns als Ärzte und Naturwissenschaftler<br />
bereits seit 1985 mit der Rolle des Immunsystems bei<br />
<strong>Krebs</strong> und chronischen Infektionskrankheiten.<br />
Warum kommt es bei der Behandlung kaum zu<br />
Nebenwirkungen, und wie ist die immun-onkologische<br />
Therapie neben der Chirurgie sowie<br />
Strahlen- und Chemotherapie zu betrachten?<br />
Etablierte Therapien zielen darauf ab, durch Operationen<br />
oder Medikamente den Tumor zu vernichten –<br />
oft verbunden mit schweren Nebenwirkungen für die gesunden<br />
Zellen und das Immunsystem. Die IOZK-Immuntherapie<br />
nutzt und stärkt dagegen das patienteneigene<br />
Abwehrsystem spezifisch im Kampf gegen den<br />
<strong>Krebs</strong>. Sie aktiviert nachhaltig das Immunsystem<br />
gegen neu wachsende <strong>Krebs</strong>zellen – gesunde Zellen<br />
werden dabei aber nicht zerstört. Grundsätzlich kann<br />
die IOZK-Therapie jederzeit im Krankheitsverlauf<br />
begonnen werden. Der optimale Behandlungszeitpunkt<br />
liegt jedoch möglichst zeitnah nach einer vollständigen<br />
Entfernung des Tumors.<br />
Wie setzen Sie als Zentrum die personalisierte<br />
Immuntherapie ein?<br />
Jede <strong>Krebs</strong>erkrankung ist anders und bedarf einer differenzierten<br />
Analyse und einer persönlich zugeschnittenen<br />
Behandlung. Daher planen wir für jeden Patienten<br />
eine individuelle multimodale Immuntherapie und<br />
erstellen einen abgestimmten Behandlungsplan. Die<br />
Basis bildet eine umfassende Laboranalyse des Immunsystems.<br />
Auf dieser Grundlage entscheidet unser<br />
Ärzteteam, welche Behandlungsmethode und Folgebetreuung<br />
am besten geeignet sind.<br />
Bei unserer Betrachtung beziehen wir alle aktuell verfügbaren<br />
Methoden der <strong>Krebs</strong>behandlung mit ein –<br />
also von der immunologischen Behandlung bis hin zur<br />
klassischen Chemotherapie. Mit dem Resultat, dass<br />
jeder Patient eine auf ihn zugeschnittene und somit<br />
personalisierte Therapie erhält.<br />
Was sind dabei die besonderen Stärken?<br />
Die IOZK-Immuntherapie setzt sich aus verschiedenen<br />
Therapieformen zusammen, wie der Virotherapie,<br />
Hyperthermie, Impftherapie und weiteren Therapien,<br />
wie zum Beispiel den Checkpoint-Hemmern. Diese<br />
kombinieren wir. Mit diesem multimodalen Therapieansatz<br />
lassen sich alle soliden Tumore behandeln,<br />
beispielsweise Gehirntumore, Brust-, Darm-, Lungen-,<br />
Haut- oder Prostatakrebs.<br />
Die Tumorimmunologie<br />
ist Bestandteil vieler<br />
Forschungen. 2011 und<br />
2018 gab es Nobelpreise der<br />
Medizin in diesem Bereich.<br />
Dr. Wilfried Stücker<br />
Vorstandsvorsitzender der IOZK AG<br />
Sie setzen dabei zentral Ihren patentierten IO-VAC®-<br />
Impfstoff ein – was hat es damit auf sich?<br />
Der IO-VAC®-Impfstoff ist Grundlage und entscheidende<br />
Komponente der multimodalen Immuntherapie. Für ihn<br />
kombinieren wir in unserem Labor, vereinfacht gesagt,<br />
ein onkolytisches, für den Menschen ungefährliches<br />
Virus und patienteneigene Tumorantigene mit patienteneigenen<br />
dendritischen Zellen zu dem persönlich abgestimmten<br />
Impfstoff IO-VAC®. Dieser aktiviert in der<br />
Folge das Immunsystem zur Bekämpfung des Tumors.<br />
Europaweit hat das IOZK als einzige Einrichtung die<br />
Genehmigung erhalten, diesen Kombinationsimpfstoff<br />
zu produzieren.
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