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Die Wirtschaft 06.23 Stand 17.09

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w | Titelstory<br />

Foto: Alex Weis<br />

haben. Der liegt seit über zehn Jahren auf<br />

dem Tisch und birgt einen großen Schatz an<br />

städtebaulichen Maßnahmen. Rheinauhafen,<br />

Deutzer Hafen, Deutzer Bahnhof: Vieles<br />

ist schon da oder in der Pipeline. Jetzt<br />

sollten wir statt unsinniger kleinteiliger<br />

Verkehrsversuche das große Ganze angehen.<br />

Mit den Ringlagen und dem Barbarossaplatz<br />

könnte man anfangen.<br />

w: Neben den Ringen und<br />

dem Barbarossaplatz: Was fällt Ihnen noch<br />

ein zur Thematik „Da müsste sich dringend<br />

jemand drum kümmern“?<br />

Skepsis, aber kein tiefgreifender Pessimismus: Köln-Kenner Greif glaubt, dass die<br />

Stadt mit Mut und Einsatz aller Akteure die aktuelle Krise gut überstehen kann.<br />

w: Wo steht der Kölner<br />

Immobilienmarkt heute, sehen Sie eine<br />

ähnliche Entwicklung wie in den<br />

80er-Jahren?<br />

Theodor J. Greif: In den 80ern wurde der<br />

Umsatz flau, auf dem Immobilienmarkt gab<br />

es eine Baisse, nachdem das sogenannte Betongold<br />

jahrelang keine Risiken zu haben<br />

schien. Von 1980 an sank die Kaufkraft, die<br />

Realeinkommen fielen sechs Jahre hintereinander,<br />

die Arbeitslosigkeit stieg, die Nachfrage<br />

nach Eigenheimen und Wohnungen<br />

sank. Heute stehen wir mit den Corona-Folgen,<br />

Krieg in Europa, steigenden Energiepreisen,<br />

Klimadebatte, der schwachen<br />

Konjunktur und hoher Inflation erneut vor<br />

großen Herausforderungen. Aber mit Blick<br />

auf den Immobilienmarkt gibt es einen sehr<br />

großen Unterschied zu der damaligen Krise:<br />

Das Vertrauen in Immobilien als werterhaltende<br />

Anlage ist heute ungebrochen hoch.<br />

Ich sehe derzeit keine dauerhafte Krise, sondern<br />

lediglich einen schmerzhaften, aber<br />

doch auch vorhersehbaren Anpassungsprozess.<br />

w: Keine Krise auf dem<br />

Immobilienmarkt, sondern ein Anpassungsprozess<br />

– wo wird uns dieser Prozess<br />

hinführen?<br />

Theodor J. Greif: Auf ein wieder normales<br />

Niveau. <strong>Die</strong> Situation der vergangenen Jahre,<br />

mit viel zu niedrigen Zinsen, zeitweise<br />

sogar mit inverser Zinsstruktur, war ein<br />

Ausnahmezustand. Jetzt sind wir auf dem<br />

Weg hin zu einem dauerhaften, stabilen Niveau.<br />

Der Kölner Immobilienmarkt ist sehr<br />

resilient, sehr breit aufgestellt und nach wie<br />

vor attraktiv. Er wird gut durch diese unbestreitbar<br />

schwierigere Phase gehen.<br />

w: Also ist Ihr Bild vom<br />

Köln der Zukunft nicht pessimistisch?<br />

Theodor J. Greif: Nein. Ein wenig skeptisch<br />

vielleicht. <strong>Die</strong> vor uns liegenden Herausforderungen<br />

können wir meistern. <strong>Die</strong> Dauerprobleme<br />

des <strong>Stand</strong>ortes Deutschland sind<br />

ja bekannt: zu wenig und zu langsame Digitalisierung,<br />

ausufernde Bürokratie, die<br />

alles bis ins Kleinste hinein regeln soll,<br />

schleppende Genehmigungen, marode Infrastruktur,<br />

Fachkräftemangel.<br />

Infrastruktur hält mit<br />

Wachstum nicht Schritt<br />

w: Sicher ist Köln von<br />

den bundesweiten Problematiken auch<br />

betroffen. Aber man hat manchmal den<br />

Eindruck, dass es in puncto Infrastruktur,<br />

Bürokratie oder auch Fachkräftemangel<br />

hier noch schleppender vorangeht als anderswo.<br />

Theodor J. Greif: Ich glaube, das täuscht.<br />

Richtig ist doch, dass wir eine positive Entwicklung<br />

haben: Köln ist eine wachsende<br />

Stadt. <strong>Die</strong> Stadt ist also offensichtlich so<br />

attraktiv und so breit aufgestellt, dass sie<br />

nach wie vor Menschen anzieht. <strong>Die</strong> Kehrseite<br />

der Medaille: <strong>Die</strong> Infrastruktur hält<br />

mit dem Wachstum nicht Schritt. Aber es<br />

gibt genügend tolle Ideen, deren Umsetzung<br />

helfen und die Stadt weiter voranbringen<br />

würde. Ich empfehle in diesem Zusammenhang<br />

einen Blick in den Masterplan, den<br />

wir als Greif & Contzen gerne unterstützt<br />

Theodor J. Greif: Sorgen bereitet mir – wie<br />

vielen anderen Immobilienakteuren der<br />

Stadt auch – derzeit die Baustelle „Laurenz-Carré“.<br />

Stillstand an einer so prominenten<br />

Stelle zwischen Dom und Rathaus:<br />

Das geht gar nicht! Hier muss rasch eine<br />

konstruktive Lösung gefunden werden.<br />

w: Wagen Sie eine<br />

Prognose für den Kölner Immobilienmarkt<br />

in den kommenden Monaten oder Jahren?<br />

Theodor J. Greif: Auch ohne Kristallkugel:<br />

Nach gut 50 Jahren intensiver Auseinandersetzung<br />

mit dem Kölner Immobilienmarkt<br />

bin ich recht sicher, dass wir eine Delle erleben<br />

werden. Nicht weniger, aber eben auch<br />

nicht mehr. <strong>Die</strong> Baupreise sind gestiegen,<br />

das Zinsniveau ebenso. Material und Löhne<br />

sind teurer geworden, Investoren finden<br />

wieder Anlagemöglichkeiten außerhalb des<br />

Immobiliensektors. Aber die Baupreise sinken<br />

aktuell schon wieder und die Branche<br />

wird weitere innovative Lösungen finden.<br />

w: Lassen Sie uns von<br />

der Gesamtbetrachtung ein wenig auf die<br />

einzelnen Immobilienarten gehen: Welche<br />

Immobilien bleiben gefragt, welche werden<br />

sich wandeln?<br />

Theodor J. Greif: Wir verkaufen und platzieren<br />

noch alle Immobilienarten. Aber manche<br />

laufen besser als andere. Logistikimmobilien<br />

sind nach wie vor sehr gefragt.<br />

Wohnimmobilien ebenso, aber hier passen<br />

Angebot und Nachfrage nicht immer<br />

preisgleich zusammen. Im Hotelsegment<br />

engagieren sich vor allem die größeren, finanzstarken<br />

Betreiber. Der stationäre Einzelhandel<br />

leidet noch sehr unter den Coronafolgen<br />

und der immens wachsenden<br />

Bedeutung des Online-Shoppings. Hier sind<br />

wir wieder bei Stadtentwicklung und der Zukunft<br />

der Innenstädte, auch im Masterplan<br />

damals schon skizziert. Eine Innenstadt<br />

braucht Aufenthaltsqualität, um Einkaufen<br />

attraktiv zu machen. Bei Büroimmobilien<br />

haben der Trend zum Homeoffice und der<br />

Fachkräftemangel einen Wandel in Gang<br />

8 www.diewirtschaft-koeln.de

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