das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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118 Besprechungen<br />
Menschen positiv wertet. „Sicher ist schon Marx der Ideologie technologischer<br />
Rationalität', wie es heute bei Marcuse heißt, auf den<br />
Leim gegangesn." Nachdem darüber hinaus festgestellt ist, daß Marx<br />
„die Sprache der Herrschaft über Natur" spricht, taucht die Frage<br />
auf, „wie Emanzipation gelingen soll als Beherrschung der Naturbeherrschung,<br />
wie sie geleistet werden soll von Menschen, die ihrerseits<br />
von herrschaftlicher Kultur geprägt sind" (89). So teilt Schmidt<br />
zwischen den Zeilen mit, daß er die Auffassung von Marx, in den<br />
Produktionsverhältnissen den entscheidenden Zusammenhang gefunden-zu<br />
haben, den wirklichen Angelpunkt, nicht akzeptiert. „Es<br />
besteht hier die Schwierigkeit", sagt Schmidt, „daß die unverstümmelten,<br />
wirklich lebendigen Menschen, die sich einer neuen Gesellschaft<br />
verdanken würden, schon <strong>das</strong>ein müssen, damit sie entsteht"<br />
(90).<br />
Kritik als individuelle Haltung, die sich nicht einläßt in ihre eigne<br />
Positivität, nämlich in verändernde Praxis, sondern' sich eher kritisch<br />
in der fremden Positivität der bestehenden Gesellschaft einrichtet,<br />
mündet in <strong>das</strong> Lob der Skepsis. Vergessen scheint, was Horkheimer<br />
in „Montaigne und die Funktion der Skepsis" gelehrt und später<br />
preisgegeben hatte, daß Skepsis als solche heute nur noch als eine<br />
gegen die Möglichkeit konkreter Veränderung der Verhältnisse wirksam<br />
wird. Das Lehrgespräch endet x mit folgender Ermahnung<br />
Schmidts: „Materialistische Philosophie verkörpert gegenüber dem<br />
Idealismus nicht ein <strong>für</strong> allemal <strong>das</strong> höhere Bewußtsein. Ob der Materialismus<br />
<strong>das</strong> wahrere Prinzip von Weltinterpretation ist, darüber<br />
entscheidet nicht einfach sein Lehrgehalt, sondern <strong>das</strong> Maß, in dem<br />
dieser, kritisch gebrochen, Einsicht ins menschliche Leiden bleibt. Die<br />
Marxsche <strong>Theorie</strong> behält gerade angesichts der Gegenwart analytische<br />
Kraft; entfalten kann sie sich nur, wenn ihre Vertreter sich falscher<br />
Positivität entschlagen, wenn Horkheimers Skepsis ernst genommen<br />
wird. Nur dann wird der humane Zweck einer besseren<br />
Welt nicht fragwürdigen Mitteln aufgeopfert, ihn zu erreichen" (96).<br />
— Trotz manchen klugen Gedankens im einzelnen macht der hier<br />
vertretene „kritisch gebrochene Materialismus" auf den Rezensenten<br />
den Eindruck einer Zurücknahme des Marxismus in eine private<br />
„Weltinterpretation" von skeptischer Liberalität, scharf nurmehr gegen<br />
jeden nicht in erster Linie skeptischen, sondern auf die Praxis<br />
eines wissenschaftlichen Sozialismus orientierten Marxismus.<br />
Sprach- and Literaturwissenschaft<br />
Wolfgang Fritz Haug (Berlin/West)<br />
Behr, Klaus, u.a.: Grundkurs <strong>für</strong> Deutschlehrer:<br />
Sprachliche Kommunikation. Beltz Verlag, Weinheim<br />
und Basel 2 1973 (347 S., Loseblattsammlung im Ordner, 24,— DM).<br />
— zit.: a<br />
DAS ARGUMENT 95/1976 ©