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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Ökonomie 177<br />

Bruckmann, Gerhart, und Helmut Swoboda: Auswege in die<br />

Zukunft. Was kommt nach der Konsumgesellschaft? Verlag<br />

Fritz Molden, Wien/München/Zürich 1974 (303 S., geb., 28,50 DM).<br />

An die Meadows-Studie, „Grenzen des Wachstums", haben eine<br />

Fülle von Autoren mit gleichen oder ähnlichen Fragestellungen angeschlossen;<br />

zu ihnen gehören auch Bruckmann/Swoboda. Sie gliedern<br />

ihr Buch mit medizinischen Termini in Diagnose, Therapie und<br />

Prognose. Als Quelle tödlicher Gefahren <strong>für</strong> die Welt machen sie aus:<br />

„Bevölkerungsexplosion, Ernährungskrise mit zumindest regionaler<br />

Hungersnot, Atomkrieg, Energiekrise, Rohstoffmangel, Umweltzerstörung,<br />

psychischer Zusammenbruch durch Streß und Informationsüberlastung,<br />

wirtschaftlicher Zusammenbruch durch Stagflation, Zusammenbruch<br />

der demokratischen Strukturen und verstärkte Wiederkehr<br />

des politischen Terrors und der Intoleranz" (10). Mit dem<br />

Zahlenmaterial aus der Meadows-Studie belegen die Autoren ihre<br />

Diagnose, ohne diesem Material neues hinzuzufügen oder ihm neue<br />

Aspekte abzugewinnen. Für die Entstehving der Probleme sind ihrer<br />

Meinung nach nicht politische Systeme verantwortlich zu machen,<br />

ebensowenig wie Lösungsmöglichkeiten in heute existierenden Systemen<br />

auszumachen wären: „Die Sowjetunion ringt ebenso mit der<br />

Umweltverschmutzung und mit dem Phänomen der Entfremdung des<br />

Menschen wie die nichtkommunistischen Staaten... Das gleiche gilt<br />

von allen Rohstoffvorräten — <strong>das</strong> Gesellschaftssystem mag Produktionsmethoden,<br />

Verteilung und Verbrauch unterschiedlich regeln oder<br />

dem freien Marktgeschehen überlassen; die Sachzwänge werden dadurch<br />

nicht beeinflußt" (44). Da die Autoren gesellschaftsspezifische<br />

Ursachen nicht zu erkennen vermögen, machen sie systemunabhängige,<br />

ewig geltende Eigenschaften der Individuen <strong>für</strong> <strong>das</strong> Dilemma<br />

verantwortlich. Der einzelne will seinen Vorteil, er will optimieren<br />

auch, wenn <strong>das</strong> Gesamtsystem Schaden nimmt. Bruckmann/Swoboda<br />

versuchen dies an einem Beispiel zu verdeutlichen: Auf einer Gemeindewiese<br />

können 100 Kühe ausreichend ernährt werden. Der Gemeindebürger,<br />

der die 101. Kuh auf die Weide schickt, handelt zwar<br />

wirtschaftlich vernünftig, weil ihm ja keine Kosten entstehen und<br />

sein Tier sich immerhin zu 99% sattfressen kann, „die Gesamtheit<br />

der Dorfbewohner wird jedoch geschädigt: kein Stück Vieh wird<br />

mehr vollkommen satt, der Milchertrag geht allmählich zurück, die<br />

Tiere magern ab" (70). Dann folgern die Autoren in schlichter Analogie:<br />

„Auf der internationalen Ebene übernehmen die Staaten die<br />

Rolle der optimierenden Individuen und versuchen, auf Kosten des<br />

Gesamtsystems Erde ihren Nutzen zu maximieren" (85). Aber auch<br />

auf nationaler Ebene, in den einzelnen Unternehmen funktioniert<br />

dieser Mechanismus. Hier haben Unternehmer und Arbeiter ein Interesse<br />

an billiger Produktion, auch unter bewußter Schädigung der<br />

Umwelt. „Gerade da in dieser Frage alle Betriebsangehörigen ,im<br />

gleichen Boot' sitzen, ergibt sich dieselbe Maximierung auch völlig<br />

unabhängig von der Gesellschaftsform, in den .sozialistischen' Län-<br />

DAS ARGUMENT 95/1976 ©

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