das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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4 Interview des Lesers mit dem Herausgeber<br />
Autorenhonorare wurden aufs garantierte Minimum gesenkt. —<br />
Aber entscheidend ist: wir brauchen jeden Abonnenten, nicht nur <strong>für</strong><br />
die Zeitschrift, sondern auch <strong>für</strong> die AS-Reihe!<br />
Was ist aus Eurem Prozeß gegen die Bundespost geworden?<br />
Die Verwaltungsrichter haben schallend gelacht, als ihnen ihr Berichterstatter<br />
vortrug, die von der Post als Werbung eingeschätzten<br />
Argument-Rezensionen seien in der Regel so kritisch, daß sie schwerlich<br />
werbenden Charakter hätten. Die Post entnahm dem Gelächter,<br />
daß sie den Prozeß verlieren würde, und gab nach. Nun ist <strong>das</strong> Argument<br />
wieder auf der Postzeitungsliste, was den Abonnenten zugute<br />
kommt, die nämlich weniger Porto bezahlen müssen.<br />
Woher kommt Eurer Meinung nach der Rückgang des Argument-<br />
Absatzes?<br />
Zunächst einmal ist die Studentenschaft, aus der rund 80 °/o unserer<br />
Leser kommen, mit am stärksten von der Inflation betroffen,<br />
weil Miete, Essen, Bücher usw. überdurchschnittlich teurer geworden<br />
sind. Zugleich werden die Stipendien beschnitten. Die drohende<br />
Massenarbeitslosigkeit von Lehrern und anderen Akademikern, der<br />
Stellenabbau an den Unis usw. — all <strong>das</strong> hat eine Verunsicherung<br />
hervorgerufen, zum Teil auch schon echte wirtschaftliche Not.<br />
Spielt nicht auch der Rechtstrend eine Rolle? Wie schätzt Ihr die<br />
politische Entwicklung ein?<br />
Es ist durchaus möglich, daß auch die Angst vor Berufsverboten<br />
eine Rolle gespielt hat. Aber wir halten die politische Entwicklung<br />
<strong>für</strong> außerordentlich widersprüchlich. Es ist wahr: die offizielle Politik<br />
tendiert immer weiter nach rechts, ebenso die halbstaatlichen und<br />
die kapitalistisch beherrschten Medien. Aber gleichzeitig gibt es eine<br />
kapitalistische Weltwirtschaftskrise. Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit<br />
erreichen — bei weitergehender Inflation — Nachkriegsrekorde. Zugleich<br />
gibt es in der BRD mehr Rinkes Potential, ist mehr marxistisches<br />
Wissen angehäuft, mehr praktische Erfahrung gesammelt, als<br />
je zuvor in den letzten 25 Jahren. Daß der schärfer wehende Wind<br />
des Klassenkampfes manchen Treibsand und manchen Opportunisten<br />
nach rechts getrieben hat, darf nicht darüber hinwegtäuschen: die<br />
westdeutsche Linke ist stärker denn je. Allerdings muß sie auch<br />
manche Niederlage einstecken, zumal ihre Spaltung die Fähigkeit zu<br />
wirksamem Handeln weitgehend lähmt.<br />
Was <strong>für</strong> Konsequenzen zieht Ihr aus dieser Einschätzung?<br />
Wir wollen — auf theoretischer Ebene — dazu beitragen, <strong>das</strong> Feld<br />
<strong>für</strong> ein umfassendes Bündnis der Linken vorzubereiten. Die nächste<br />
große Diskussion, die wir vom Zaun brechen und die sich ein bis zwei<br />
Jahre lang „quer" durch die Zeitschrift ziehen wird, ist eine Sozialismus-Diskussion.<br />
Hierzu wird in den Redaktionellen Anmerkungen<br />
zum Diskussionsteil dieses Heftes Einiges gesagt. Wir haben vor, die<br />
ersten Beiträge zu dieser Diskussion — zugesagt haben bisher Wolf-<br />
DAS ARGUMENT 95/1976 ©