Holsteiner KlöönSNACK - Ausgabe Rendsburg / Mittelholstein - Dezember 2023
Das Magazin für Rendsburg und Region Mittelholstein - Aktuelle, lokale Berichterstattung von Menschen aus der Region für die Region
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LOKALES<br />
meer führte. Claus Stolley, der<br />
mit dem Trauma eines KZ-Belasteten,<br />
als scheu und behutsam<br />
galt, taute auf dieser wochenlangen<br />
Reise doch merklich<br />
auf. Beide Heinemann und<br />
Stolley waren ja zum Malen<br />
mitgekommen, jeder auf seine<br />
Art und Weise und fanden als<br />
Künstler und Menschen zueinander.<br />
Heinemann beschreibt<br />
sehr schön Erlebnisse zum Thema<br />
Malen an den unterschiedlichsten<br />
Orten wie Antwerpen,<br />
Istanbul und Athen. Das Thema<br />
Blumen fesselte auch dort<br />
Claus Stolley, wie eben auch in<br />
seinem Haus in Fockbek an der<br />
Elsdorfer Straße.<br />
Zwei Originalbilder aus dem<br />
Fockbeker Dorfmuseum, die herumgereicht<br />
wurden, ließen alle<br />
Teilnehmer noch einmal Anteil<br />
nehmen an der besonderen<br />
Begabung des Fockbeker Malers<br />
Claus Stolley.<br />
Nach diesen ersten beiden Vorträgen<br />
sangen alle zusammen<br />
unter der Begleitung von Klaus<br />
Weimann mit seinem Akkordeon<br />
das Lied Rolling Home.<br />
Als nächstes trug Peter Pusch<br />
sein Gedicht „De ole Buerngorn“<br />
vor. Davor ließ er es sich<br />
nicht nehmen, einige Gedanken<br />
vorzutragen- alles auf Plattdeutsch<br />
- zum Dorf Fockbek<br />
(1948 gab es 130 Bauern und<br />
Kleinbauern, <strong>2023</strong> sind es nur<br />
noch 6 Vollbauern und 13 Nebenerwerbsbauern),<br />
zur plattdeutschen<br />
Sprache als Sprache<br />
aller alten Hansestädte, dem<br />
Wechsel der bürgerlichen Blumengärten<br />
über Generationen<br />
hinweg zu den leider heute vorkommenden<br />
„Schottergärten“.<br />
Sein Gedicht „De ole Buerngorn“<br />
führte dann wieder zurück<br />
in die alte Zeit, mit der<br />
Aufzählung der vielen verschiedenen<br />
Blumen - vom Rosmarin<br />
und Immergrün zum giftigen<br />
Eisenhut, Strohblumen,<br />
Stockrosen und vielen Blumen<br />
mehr. Die nächste Geschichte,<br />
die Peter Pusch sehr eindruckvoll<br />
vortrug, hatte eine kleine<br />
Vorgeschichte: „En lütten Stoot<br />
bi den Ulenhorst“ - eine kleine<br />
Naturlandschaft am südlichen<br />
Ende von Fockbek im Barris<br />
(ein kleiner Staat beim Eulenhorst)<br />
sollte für eine Großdeponie<br />
geopfert werden. In seiner<br />
Geschichte beschreibt Peter<br />
Pusch die artenreiche Tier- und<br />
Pflanzenwelt in dieser kleinen<br />
Oase der Natur. Alles kommt<br />
dort vor - von Vogelbeeren-,<br />
Weißdorn- und Holunderbüschen<br />
über Schlehen, Haselnußsträuchern,<br />
Bucheckern,<br />
aber auch viele Tiere, die sich<br />
in den kleinen Teichen tummeln<br />
wie der Eisvogel, die Wassernatter<br />
und die Wasserspitzmaus,<br />
die Eulen, die Wespen<br />
und Hornissen, die Libellen<br />
und Schmetterlinge, die Ameisen<br />
und die schwarzen Schnecken.<br />
Einer solchen Geschichte<br />
auf plattdeutsch zuzuhören ist<br />
ein Genuß.<br />
Nach diesen beiden Vorträgen<br />
wurde wieder gesungen: „Wo<br />
de Nordseewellen.....<br />
Mit ein paar Gedanken: Wo<br />
sünd se bleven uns olen Hüüs?<br />
stellte Hans-Otto Kühl, wieder<br />
auf Plattdeutsch, den Verlust<br />
der alten Reetdachkaten in<br />
Fockbek dar. 1955 gab es noch<br />
150 Reetdachhäuser, 2022 nur<br />
noch 17 Reetdachhäuser in<br />
Fockbek. Das Gedicht von Peter<br />
Pusch: „Dat öllste Reetdachhuus“<br />
wurde von Hans-Otto in<br />
eindringlicher Weise vorgetragen<br />
und schilderte die angewandte<br />
Handwerkskunst, für<br />
eine 300 Jahre alte Kate im<br />
Stadttor in Fockbek. Wie diese<br />
vor 3 Jahrhunderten aus Baumstämmen<br />
von kundigen Zimmerleuten<br />
in seine Form gebracht<br />
wurde und daraus dann<br />
ein Niedersächsisches Fachhallenhaus<br />
entstand. Zum traurigen<br />
Ende dann von einem Bagger<br />
in kurzer Zeit niedergerissen<br />
wurde. Es ging um das Rohwer’sche<br />
Haus im Stadttor 12<br />
von 1677, das bis 2003 stand<br />
und eine Augenweide war.<br />
Im nächsten Vortrag, der wie alle<br />
anderen durch an die Leinwand<br />
projizierte Bilder ergänzt<br />
wurde, beschrieb Klaus Jung an<br />
den Beispielen der Fachhallenhäuser<br />
Stadttor Nr. 34 und 45,<br />
sowie Klinter Weg 2 die Besonderheiten<br />
dieser Reetdachhäuser,<br />
was die Merkmale aber<br />
auch die dazugehörigen Ländereien<br />
in ihren jeweiligen Hektarflächen<br />
beinhaltete.<br />
Das zurzeit noch wichtigste<br />
und gut erhaltene Reetdachhaus<br />
ist die Räucherkate von<br />
1726. Es handelt sich um das<br />
letzte schornsteinlose Fachhallenhaus<br />
niedersächsischer Bauart<br />
in Fockbek. Es ist ein Zweiständerhaus<br />
mit dreischiffiger<br />
Raumstruktur und vier gleichlaufenden<br />
Raumkörpern. Diese<br />
Reetdachkate wurde bis zum<br />
Winter 1981/82 von Frau Line<br />
Ehlers noch als Räucherkate betrieben<br />
und mit ihrem Schinkenhimmel<br />
und der senkrecht<br />
hängenden Wurstabteilung war<br />
sie vielen Älteren in Fockbek<br />
bekannt. Im Jahr 1995, nach<br />
vielen Jahren Leerstand, bekam<br />
die Räucherkate ein 300qm großes<br />
neues Reetdach und wurde<br />
auch innen etwas modernisiert.<br />
Sie ist seit dieser Zeit der kulturelle<br />
Treffpukt in Fockbek.<br />
Das Lied „dat du mien Leevsten<br />
büst“ lockerte wieder alle auf<br />
für den letzten Vortrag an diesem<br />
Abend:<br />
Claus Kolls erläuterte auf plattdeutsch<br />
mit vielen Büchern als<br />
Quellen den Begriff der Straßenbezeichnung<br />
„Schütterbarg“,<br />
als kleine Straße gibt es<br />
sie auch in Fockbek.<br />
Mit der Bezeichnung „verschütt<br />
gehen“ kann man heraushören,<br />
was man damals darunter verstand.<br />
Es ging um Tiere, die<br />
ausgebrochen waren und wieder<br />
eingesammelt werden<br />
mussten - im Schütt auf dem<br />
Barg - einer Umzäunung auf einem<br />
kleinen Hügel, der vielleicht<br />
mal ein Hünengrab war.<br />
Eine wirklich interessante Geschichte.<br />
Mit dem Lied „Lustig<br />
ist das Rentnerleben“ klang<br />
dieser für alle spannende und<br />
informative Abend nach 1,5<br />
Stunden aus. (Klaus Jung)<br />
Elke Heinz<br />
Günter Claußen<br />
Hans-Otto Kühl<br />
Karl-Heinz Homp<br />
9<br />
Fotos: Jürgen Groth