ECHO Top100 Imst 2023
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TOP 100 IMST | INTERVIEW<br />
gezeigt, dass seit mehr als 800 Jahren<br />
die Universitäten von den gleichen<br />
Familien dominiert werden. Daraus<br />
müssen wir leider schlussfolgern, dass<br />
sämtliche Revolutionen, Kriege, aber<br />
auch die Einführung einer allgemeinen<br />
Schulpflicht oder der Ausbau<br />
des Sozialstaats nichts daran geändert<br />
haben, dass einkommensschwache<br />
Familien von damals mit großer<br />
Wahrscheinlichkeit noch denselben<br />
sozialen Status wie früher haben. Mit<br />
anderen Worten könnte man auch<br />
sagen: Reich wird man nicht, reich<br />
bleibt man!<br />
<strong>ECHO</strong>: Haben Sie dazu auch ein<br />
Beispiel aus Österreich?<br />
Koller: In Österreich zeichnet sich<br />
ein besonders drastisches Bild. Zwei<br />
Forscher der Duke University (USA)<br />
haben weltweit 53 Länder untersucht<br />
und sind dabei der Frage nachgegangen,<br />
ob jemand, der mehr als 30 Millionen<br />
Dollar besitzt, dieses Vermögen<br />
geerbt oder selbst erarbeitet hat.<br />
In Österreich ist ein Vermögen von<br />
mehr als 30 Millionen Dollar zu 49,6<br />
Prozent aufgrund einer Erbschaft entstanden<br />
und nicht aufgrund von eigener<br />
Leistung. Damit liegt Österreich<br />
auf Platz eins der 53 untersuchten<br />
Länder.<br />
Quelle: Die Länder, in denen die Superreichen mit größerer Wahrscheinlichkeit<br />
ihren Reichtum geerbt haben [Infografi k] (forbes.com).<br />
Verena Koller sorgt für reibungslose<br />
Abläufe.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wäre es dann nicht sinnvoll,<br />
eine Erbschaftssteuer wieder<br />
einzuführen?<br />
Koller: Nein, keineswegs. Als „gelernte<br />
Österreicher“ wissen wir, dass<br />
selbst dann, wenn die Erbschaft des<br />
verstorbenen Didi Mateschitz (wir<br />
nehmen einfach an, es wäre eine Milliarde<br />
Euro) zu hundert Prozent besteuert<br />
würde, es nicht bedeutet, dass<br />
alle neun Millionen Österreicher<br />
deshalb um 111 Euro reicher würden.<br />
Diese Milliarde würde einfach<br />
sang- und klanglos im Budgetloch<br />
unseres Staats verschwinden. Zudem<br />
würde sämtliches Sponsoring<br />
in Sport und Kultur zurückgedrängt<br />
und hätte auch zur Folge, dass eine<br />
Schenkungssteuer wieder eingeführt<br />
werden müsste. Wir sollten nicht<br />
danach trachten, den Reichen etwas<br />
wegzunehmen, sondern die Politik<br />
sollte sich vielmehr die Frage stellen,<br />
wie es gelingen kann, dass sich<br />
Menschen mit geringem Einkommen<br />
mit eigener Anstrengung einen<br />
kleinen Reichtum aufbauen können<br />
und nicht an der gläsernen Decke<br />
scheitern. Oder anders formuliert:<br />
Wir müssen im System mit System<br />
das System verändern!