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LEBEN<br />
Gute Zeiten, schlechte Zeiten...<br />
Gespräch mit der Ärztin und Psychotherapeutin Dr. Heidemarie Bode<br />
Ob im Privatleben oder in der beruflichen<br />
Laufbahn - jeder von uns, fast<br />
ohne Ausnahme, macht im Leben<br />
mindestens einmal eine schwere<br />
Zeit durch. Eine Phase, in der vielleicht<br />
sogar die Hoffnungslosigkeit<br />
überwiegt, in der alles trist und die<br />
Zukunft alles andere als rosig erscheint.<br />
Wie sollte man mit dem Leid<br />
umgehen? Wie belastend ist die Situation?<br />
Ärztin und Psychotherapeutin<br />
Dr. Heidemarie Bode ist Expertin auf<br />
diesem Gebiet. Seit 2002 praktiziert<br />
sie in <strong>Meppen</strong>, zuerst im Haus der<br />
Landwirtschaft und seit 2018 in der<br />
Deichstraße. Wir haben mit ihr über<br />
das Thema „Das Selbst in der Verhaltenstherapie“<br />
und die von ihr besuchte<br />
Jahrestagung des Deutschen<br />
Fachverbandes für Verhaltenstherapie<br />
in Münster gesprochen.<br />
Im Rahmen der Jahrestagung der<br />
deutschen Verhaltenstherapeuten<br />
wurde ein für die Therapie psychisch<br />
kranker Menschen sehr nützlicher<br />
und hilfreicher Workshop von Arve<br />
Thürmann aus Berlin angeboten:<br />
Akzeptanz and Commitment Therapy<br />
(ACT) zum Umgang mit Leid, eine<br />
von Christopher Germer und Christin<br />
Neff entwickelte Therapie. Diese<br />
geht davon aus, dass Leid ein Teil<br />
des Menschseins ist und alle Menschen<br />
verbindet. „Wir alle erfahren<br />
Leid in unserem Leben. In uns ist jedoch<br />
ein Anteil, der sich weigert, das<br />
Leid anzunehmen. Dies ist ein gesunder<br />
Anteil, weil Schmerz ein Hinweis<br />
auf einen drohenden Körperschaden<br />
ist“, erläutert Heidemarie<br />
Bode. Dieser Anteil schütze davor,<br />
dass wir zu Schaden kommen. Ein<br />
Kind lernt bereits früh, nicht auf eine<br />
heiße Herdplatte zu fassen, weil es<br />
weh tut.<br />
„Es gibt aber viel Leid, das wir nicht<br />
umgehen können“, ergänzt die Ärztin<br />
und Psychotherapeutin. Dies<br />
seien Mangelerfahrungen, die durch<br />
Tod oder Trennung entstehen. Wir<br />
verlieren Menschen, die wir lieben.<br />
Auch gesundheitliche Einschränkungen<br />
zum Beispiel im Alter seien<br />
mit viel Leid verbunden. Mit einer<br />
wohlwollenden akzeptierenden Haltung<br />
gegenüber dem Leid falle es<br />
leichter, dieses zu ertragen: „Commitment“<br />
nennen wir die die Bereitschaft,<br />
das Leid anzunehmen. Das<br />
heißt aber nicht, dass wir es für gut<br />
halten. Verpflichtung zur Annahme<br />
sei nur der erste Schritt aus der Hölle<br />
hinaus. So komme man leichter<br />
durch das Leid hindurch. Wir finden<br />
Dr. Heidemarie Bode<br />
dieses auch im christlichen Glauben: Herr, dein Wille<br />
geschehe im Vater Unser ist „Commitment“, aber oft<br />
nur ein Lippenbekenntnis.<br />
Was braucht jemand, der leidet? Wenn wir leiden,<br />
brauchen wir die sogenannte „Self- Compassion“ -<br />
Liebe und Mitgefühl. Menschen, die depressiv seien,<br />
haben eine negative Einstellung zu sich selbst und zu<br />
ihrer Zukunft und wenig Selbstbewusstsein. Sie entwerten<br />
sich oft selbst und machen sich selbst „klein“,<br />
statt sich zu ermutigen. Allerdings hbe die „Self-Compassion“<br />
nichts mit Selbstbezogenheit zu tun, sondern<br />
sei eine gute Selbstfürsorge. Egoismus heißt dagegen,<br />
eigene Bedürfnisse auf Kosten anderer zu befriedigen.<br />
Bei „Self-Compassion“ geht es darum, das eigene<br />
Leiden zu verringen, indem wir Liebe und Mitgefühl<br />
nicht nur anderen sondern auch uns selbst entgegenbringen.<br />
Ein Zitat: „Wenn dein Mitgefühl dich selbst<br />
nicht mit einschließt, ist es unvollständig“, schreibt<br />
der US-amerikanische Psychologe Jack Kornfeld.<br />
14 | <strong>emsblick</strong> – <strong>Dezember</strong> <strong>2023</strong>-<strong>Januar</strong> <strong>2024</strong>