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Warum protestiert<br />
die Apothekerschaft?<br />
Dr. Hermann Kerckhoff erläutert Hintergründe und Reaktionen<br />
Am Mittwoch, 8. November <strong>2023</strong>, blieben die Apotheken geschlossen. Dazu<br />
hat die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände aufgerufen - als<br />
Teil des bundesweiten "Protestmonats" der Apotheker im November. Der<br />
Protest richtete sich gegen anhaltende Missstände in der Arzneimittelversorgung<br />
- darunter Lieferengpässe, fehlendes Personal und Apothekenhonorare.<br />
Auch in <strong>Meppen</strong> ließ der Blick in<br />
die Schaufenster der Apotheken<br />
zahlreiche Passanten innehalten.<br />
„Warum haben die Apotheken zu?“,<br />
wunderten sie sich. „Wir bitten um<br />
Ihr Verständnis“, war auf vielen<br />
Plakaten mit Forderungen in den<br />
Schaufenstern zu lesen und ein<br />
Hinweis, dass in dringenden Fällen<br />
die Notdienstversorgung zur Verfügung<br />
stehe. So zum Beispiel in der<br />
Alten Stadt-Apotheke am Markt 12<br />
in <strong>Meppen</strong>, wo Dr. Hermann Kerckhoff<br />
mit seinem Team zahlreiche<br />
Patienten mit Medikamenten versorgte. Im Gespräch mit uns erklärte er, wo<br />
die Probleme liegen und was er und seine Kollegen fordern.<br />
„Ich unterstütze den Streik der Kollegen“, machte der Apotheker klar. Es sei<br />
nur ein Zufall, dass seine Apotheke an diesem Tag Notdienst hatte. Auch er<br />
kritisiert die Reformpläne des Bundesgesundheitsministers Professor Karl<br />
Lauterbach (SPD). „Die Bundesregierung versagt den Apotheken die notwendige<br />
Wertschätzung“, sagte er. Das Apothekenhonorar wurde seit elf Jahren<br />
nicht angepasst. Dabei müsse die Vergütung an die Kostenentwicklung und<br />
die Inflation angepasst werden, um das System zu stabilisieren.<br />
Ohne die Anpassung werden die Apotheken nach seinen Worten einfach kaputt<br />
gespart. Das könne aber nicht im Sinne der Patientinnen und Patienten<br />
sein, die sich Apotheken vor Ort wünschen. Auch für ihren Einsatz in der<br />
Lieferengpass-Krise benötigen die Apotheken endlich eine faire Vergütung. In<br />
diesem Zusammenhang erzählte Dr. Hermann Kerckhoff wie hoch der Zeitaufwand<br />
bei Medikamentenmangel sei. Die Apotheker verlieren die Zeit, weil<br />
sie nichts anders machen können als Lieferanten abzutelefonieren. Was tun,<br />
wenn die Grippenwelle im Winter kommt?<br />
Der Protest richtet sich nach Worten von Dr. Kerckhoff auch gegen die immensen<br />
bürokratischen Aufwände, die die Apotheken aktuell haben. Sogenannte<br />
„Retaxationen“, also verweigerte Zahlungen der Krankenkassen an<br />
die Apotheken bei erbrachter Leistung, darf es nicht mehr geben“, betont er.<br />
Weiterhin kritisiert er die Lauterbach`schen Liberalisierungspläne zur „Apotheke<br />
light“, die mehr Filialen in die Flächen bringen sollen, wobei diese dann<br />
jedoch ohne Notdienst-, Labor- und Rezepturpflicht und vor allem ohne Approbierte,<br />
dafür aber mit PTA-Vertretung<br />
und bedarfsweise kontaktierten<br />
„Tele-Apothekern“ funktionieren<br />
sollen. Stattdessen fordert er wie die<br />
Apothekenverbände die Stärkung der<br />
bestehenden Apotheken, um die lebenswichtige<br />
Versorgung vor Ort mit<br />
guter Flächendeckung auch morgen<br />
noch leisten zu können.<br />
Vorstand und Geschäftsführung der TelefonSeelsorge<br />
Emsland/Grafschaft Bentheim bilden v. l.: Marina<br />
Röttgers, Ludger Plogmann, Dr. Hermann Kues, Gerd<br />
Gels und Maria Hillmann.<br />
Neuer Vorsitzender<br />
der TelefonSeelsorge<br />
gewählt<br />
Foto: Franz Hillmann<br />
Dr. Hermann Kues, geboren am 23. November<br />
1949 in Holthausen, ist auf der<br />
Mitgliederversammlung der TelefonSeelsorge<br />
Emsland/Grafschaft Bentheim zum<br />
neuen 1. Vorsitzenden gewählt worden.<br />
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete und<br />
Staatssekretär bei der Bundesministerin für<br />
Familie, Senioren, Frauen und Jugend sagte<br />
nach der Wahl, er freue sich darauf, sich für<br />
eine absolut sinnvolle Einrichtung engagieren<br />
zu dürfen. Die TelefonSeelsorge sei aus seiner<br />
Sicht eine zutiefst unterstützenswerte Sache,<br />
die tief in der christlich-sozialen Landschaft<br />
verwurzelt sei. Ratsuchenden werde hier eine<br />
anonyme und kompetente Plattform geboten.<br />
Hinter jedem Telefonat steckt eine Geschichte,<br />
ein Schicksal. Die TelefonSeelsorge Deutschland<br />
gibt es seit 70 Jahren. Etwa 7000 Personen<br />
arbeiten hier ehrenamtlich mit. Sie unterstützen<br />
Menschen in Notlagen und haben ein<br />
offenes Ohr für Ratsuchende sowohl am Telefon<br />
als auch in Chat und Mailkontakten. Im<br />
Emsland und in der Grafschaft Bentheim ist<br />
der Verein seit 1995 tätig und wurde 14 Jahre<br />
lang von Hermann Niemann aus <strong>Meppen</strong><br />
geführt. 70 ehrenamtliche TelefonSeelsorger<br />
sind im Einsatz - anonym und rund um die<br />
Uhr.<br />
Die TelefonSeelsorge ist erreichbar unter<br />
den Telefonnummern 0800-1110111 und<br />
0800-1110222 und über den Chat unter den<br />
Web-Adressen<br />
telefonseelsorge-emsland.de und<br />
telefonseelsorge-grafschaft-bentheim.de<br />
45 | <strong>emsblick</strong> – <strong>Dezember</strong> <strong>2023</strong>-<strong>Januar</strong> <strong>2024</strong>