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Thomas Loche - Zeit Kunstverlag

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Markierung und Etikettierung<br />

Drinnen / Draussen<br />

Einschreibung und Repräsentation<br />

Wörter und Sachen<br />

Wort(Vorstellung) =<br />

Ding(Vorstellung)<br />

Stuhl<br />

Tisch<br />

Bett<br />

Nachttisch<br />

Schrank<br />

Kommode<br />

Spind 23<br />

Auf Grundlage der Ausstellung »Präambel und Grundrechte<br />

im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland<br />

Artikel 1-19 [Diskurs 2] Ein Kommentar« entwickelte<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Loche</strong>r eine andere Darstellungsweise des<br />

Kommentars, der sich schon fast der Zeichnung nähert<br />

und am Ende darüber hinausgeht. In einem Kommentar<br />

zur Notstandgesetzgebung werden die Kommentare<br />

nicht mehr in einer bestimmten Typographie angebracht,<br />

sondern als Schreibmaschinentext hinzu gesetzt. Striche<br />

verbinden die jeweiligen Kommentare mit dem jeweiligen<br />

Paragraphen des Textes als auch untereinander.<br />

Die Zeichnung offenbart einen persönlichen Strich und<br />

dieser Strich tritt immer deutlicher hervor, bis in einigen<br />

Arbeiten der Strich den Text überdeckt. Statt einer<br />

Vielzahl unterschiedlicher Stimmen tritt hier ein Einzelner<br />

auf. Der Titel der Arbeit und gleichzeitig der Text<br />

des Werkes lautet: EVERY OTHER IS COMPLETELY DIFFFE-<br />

RENT AND EVERY OTHER IS EVERY OTHER. Die Arbeit aus<br />

dem Jahre 2001 besteht aus verspiegelten Glas im Holzrahmen,<br />

Maße 166 x 100 x 0,6 cm. Das Werk mag eine<br />

Antwort auf die Feststellung sein, die <strong>Thomas</strong> <strong>Loche</strong>r<br />

schon im Jahre 1997 in seinem Text »Gleichzeitigkeiten«<br />

niederschrieb: »Im Grunde oszilliert die Kunst zwischen<br />

zwei Polen, sie hat sich in einer paradoxen Situation eingerichtet:<br />

Ihr existentielles Fortbestehen hat sie mit dem<br />

Autonom Werden, dem Zur-Institution-Werden bezahlt.<br />

Konsequenz davon sind Selbstreferentialität und relative<br />

6<br />

Mein Kommentar will Interpretation sein, Exegese,<br />

Lektüre, Genuss.« <strong>Thomas</strong> <strong>Loche</strong>r<br />

Folgenlosigkeit. Aber wie verfahren, um der Folgenlosigkeit<br />

zu entgehen? Wie verfahren, wenn ein wesentlicher<br />

Aspekt der ästhetischen Produktion in einem Interesse<br />

an ›kunstexternen‹ Feldern besteht? Einerseits bedeutet<br />

Autonomie die ›Selbständigkeit der Kunstwerke gegenüber<br />

kunstexternen Verwendungsansprüchen‹ - es sei<br />

denn, wir formulieren den Anspruch auf Verwendung<br />

selbst. Andererseits wissen wir, dass Kunst ohne Referenz<br />

zu kunstexternen Diskursen oder Bestimmungsfeldern<br />

unmöglich ist.« 24<br />

Oder es besteht die andere Möglichkeit, die Kommentare<br />

auszuweiten. So hat <strong>Loche</strong>r mit der Methode des Kommentars<br />

auch die »Erklärung der Menschenrechte« und<br />

ihre einzelnen Bestandteile einer Befragung unterworfen.<br />

In der Arbeit Old and New Subjects werden wandgroß<br />

klassische Gemälde verbunden mit einem Blatt aus jenen<br />

Kommentaren zu einem Bildtextkomplex, in dem die Vergangenheit<br />

die Gegenwart kommentiert und umgekehrt.<br />

Die jüngsten Arbeiten von <strong>Thomas</strong> <strong>Loche</strong>r realisieren den<br />

gestischen Impuls aus<br />

den Kommentarbildern<br />

auf eine sehr direkte<br />

Art und Weise. Im Mittelpunkt<br />

des Gemäldes<br />

steht eine einzelne Aussage wie zum Beispiel: »Dieser<br />

Fetischcharakter der Warenwelt entspringt, wie die vorhergehende<br />

Analyse bereits gezeigt hat, aus dem eigentümlichen<br />

gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, welche<br />

Waren produziert.« Ein Satz aus dem »Kapital« von<br />

Marx/Engels. Statt einer Analyse aber lassen sich auf der<br />

Oberfläche des Gemäldes Spuren von unterschiedlichen<br />

Farben feststellen, die auf das Gemälde aufgeschlagen<br />

sind. Es handelt sich ebenso um einen Angriff auf ein<br />

Bild wie auf einen Begriff. Wie diese Tatsache auf einen<br />

Begriff bringen? »Warum nicht eine andere Lektüre?<br />

Warum nicht ein anderer Text? Warum sollst gerade du<br />

das lesen? Warum nicht etwas anderes?« 25<br />

<strong>Thomas</strong> Wulffen<br />

Geboren 1954, Studium der Philosophie und Linguistik, Universität<br />

Konstanz. Arbeitet seit 1982 als freier Kurator und Kritiker.<br />

Seit 1983 regelmäßige Veröffentlichungen in Kunstforum<br />

International, Flash Art, Artscribe u.a.. Dokumentationen in<br />

Kunstforum: »Realkunst – Realitätskünste« (1987), »Betriebssystem<br />

Kunst« (1994) und »Der gerissen Faden – Nichtlineare<br />

Techniken in der zeitgenössischen Kunst«. <strong>Thomas</strong> Wulffen<br />

Rollenwechsel- Gesammelte Text, LIT Verlag Münster 2004. Seit<br />

2006 Blog »Theoretisches Hilfswerk« unter thwulffen.blogspot.com

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