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H Christine & Irene Hohenbüchler - Weltkunst

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ten sie mit Wasserfarben (Integrale Kunstprojekte 1993)<br />

und stellten die Blätter auf dem Klinikgelände aus. Auch<br />

als sie im Jahr 1997 zur documenta X eingeladen wurden,<br />

gestalteten sie in der Ausstellung den Kommunikationsraum<br />

gemeinsam mit der Kunstwerkstatt der Lebenshilfe<br />

Lienz.<br />

Hüttendorf für Arbeit, Essen, Angst (Abb. 3) war ein Projekt<br />

von <strong>Irene</strong> und <strong>Christine</strong> <strong>Hohenbüchler</strong> im Jahr 2001 für das<br />

Gelände einer ehemaligen Kokerei in Essen. Dort arbeiteten<br />

sie mit Schulkindern für vierzehn Tage zusammen; es<br />

galt, der stillgelegten, gigantischen Industrie-Anlage eine<br />

eigene Architektur gegenüberzustellen. Die Maße der buntlackierten<br />

Häuschen scheinen direkt aus der Körpergröße<br />

der kleinen Bauherren zu resultieren: Die Türöffnungen<br />

enden über Kopfhöhe der Jungen und Mädchen, die Dächer<br />

ließen sich sicher ohne Leiter aufnageln, schlussendlich<br />

entstand ein dichtgedrängtes<br />

Hüttendorf; bunte Farbfleckchen,<br />

die sich unter den hohen Stahlkonstruktionen<br />

der Förderbänder<br />

und Maschinen und vor der – hier<br />

abgeschlossenen – Geschichte des<br />

Industriezeitalters in eigenem Rhythmus entfaltete.<br />

„Es ist fast erleichternd zu sehen, Kinder setzen sich und<br />

machen los“, erinnert sich <strong>Irene</strong> <strong>Hohenbüchler</strong> an diese<br />

Kooperationen, die bewusst außerhalb des Kunstkontextes<br />

stattfinden und es vorziehen, der Kunst außerhalb des<br />

Museums oder der Kunsthalle auch ein eigenes Gebäude<br />

maßzuschneidern. Wo solche Projekte in die Institution<br />

eingeladen werden, entwerfen <strong>Irene</strong> und <strong>Christine</strong> <strong>Hohenbüchler</strong><br />

ein Display, das einerseits die Resultate einrahmt,<br />

ihnen andererseits auch eine kritische Distanz zu den weißen<br />

Wänden der Kunstvermittlung ermöglicht. Es geht<br />

offensichtlich nicht darum, diese einfach in das Territorium<br />

Kunst einzugemeinden, sondern das, was exterritorial<br />

entstand auch in seiner besonderen Qualität sichtbar<br />

zu machen – und so dem Raum der Kunst vorübergehend<br />

ein Niemandsland abzugrenzen. Diese Grenzbereiche sind<br />

zuweilen so drastisch markiert wie Hundegräben oder<br />

Zollhäuschen, nur in freundlicheren Farben. <strong>Irene</strong> und<br />

<strong>Christine</strong> <strong>Hohenbüchler</strong> haben ihre künstlerische Handschrift<br />

so entwickelt, dass sie diese Setzungen jeweils<br />

markieren können.<br />

Bilder und Zeichnungen<br />

Die Malerei von <strong>Irene</strong> <strong>Hohenbüchler</strong> fügt sich fast brav in<br />

die gemeinschaftlich entworfenen Installationen – auf den<br />

ersten Blick: Die Bilder und Zeichnungen bleiben auf der<br />

<strong>Christine</strong> & <strong>Irene</strong> <strong>Hohenbüchler</strong><br />

Wand (häufig sind sie nicht einmal gerahmt), untermalen<br />

den Gesamteindruck mit Farbe und klaren Formen, addieren<br />

Motive, begrenzen den Aufbau als Rahmensetzung,<br />

sind dezidiert aber zurückhaltend. Weil sie zudem oft zu<br />

Gruppen oder Serien zusammengefasst werden, nimmt<br />

man sie eher als Choreografie wahr oder als Gesamteindruck,<br />

bevor man sich den Einzelmotiven nähert. Die Bilder<br />

der Serie Sylvia Plath (1996, von <strong>Christine</strong> <strong>Hohenbüchler</strong>)<br />

sind Arbeiten auf Papier, die schon ihre erstaunliche<br />

Höhe von 152 Zentimetern verbindet (bei unterschiedlicher<br />

Breite). Ihre Oberfläche ist dicht mit Buntstift und<br />

vor allem dem metallisch schimmernden Ton von Graphit<br />

zugemalt – und schon wegen ihres Formats erscheinen<br />

sie fast wie Gemälde.<br />

In ihrem Aufbau könnten sie Ausblicke aus engen Fenstern<br />

sein: Farbstreifen gliedern manche von ihnen in Feld-<br />

Für ihre gemeinsame Künstler-Identität verwenden<br />

die Zwillingsschwestern den Begriff „multiple<br />

Autorschaft“.«<br />

er, wobei sich andere Motive nicht an die Einteilung halten<br />

und aussehen, als verschwänden sie hinter den Balken<br />

(wie beispielsweise das Bild eines Baumes von den Sprossen<br />

eines Fensters angeschnitten wird). Palmen, Sonnenblumen,<br />

Blätter und Blütenregen wirken dennoch nicht<br />

unbedingt realistisch: Äste fließen wie Haare über die Bildoberfläche,<br />

naiv gerundete Sonnenblumenblüten schweben<br />

auf einem vollkommen gleichmäßig gefärbten Fond<br />

wie Bälle in der Luft, zwei Palmen zeigen sich mitsamt<br />

ihrem Wurzelwerk. Die Farben sind klar und pur: Rot,<br />

Orange, hellgrün, Gelb, Blau, Weiß – die Buntheit unterstreicht<br />

die naive Linienführung und die durch keine Perspektive<br />

aufgelöste Flachheit der Bildfindung. Alle Motive<br />

lägen unverbunden nebeneinander, wenn nicht ein innerer<br />

Rhythmus die Blütenkugeln oder Astgitter takten würde<br />

– das erinnert an Ornament, Rapport und Musterbogen<br />

mehr, als an die vorübergehende Leichtigkeit, die Zeichnungen<br />

häufig charakterisiert. Die so angedeuteten Ornamente<br />

reichen dabei über die Abmessungen des Blattes<br />

hinaus, manches ließe sich einfach verlängern oder ausbreiten,<br />

auch scheint die Farbwahl nicht endgültig, sondern<br />

modifizierbar.<br />

Irritierende Bildfindungen<br />

Die ungewöhnlich großen Bögen insistieren darauf,<br />

eher vorsichtig bemalt, als virtuos beherrscht zu sein;<br />

3

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