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Holzmarkt 2023/05

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12 WIRTSCHAFT<br />

ABLUFT 13<br />

„Nach der Hitzewelle droht der Frost“<br />

… so beschreibt DI Markus Schmölzer, Vorsitzender der österreichischen Sägeindustrie, die gegenwärtige Situation seiner<br />

Branche anlässlich des Internationalen Holztages am 15. September <strong>2023</strong> in Pörtschach. Sägeindustrie und Holzhandel<br />

fordern Investitionen gegen die Krisen sowie Entlastung durch Bürokratieabbau und weisen auf die Bedeutung der<br />

Holzwirtschaft für Österreich hin.<br />

Auf die große Nachfrage der vergangenen Jahre folgt<br />

ein erheblicher Rückgang. „Wir erleben heuer, dass<br />

die Bauaktivitäten massiv rückgängig sind und uns<br />

die Aufträge aus der Bauwirtschaft fehlen. Daher<br />

wird die österreichische Sägeindustrie <strong>2023</strong> deutlich<br />

weniger produzieren als in den Vorjahren, möglicherweise<br />

bis zu 20 Prozent.“ Ein ähnliches Bild zeichnet<br />

der Holzhandel. Ing. Franz Mühlbauer, Vorsitzender<br />

des österreichischen Holzhandels: „Die fehlenden<br />

Aufträge aus der Bauwirtschaft und von den privaten<br />

Haushalten wirken sich negativ auf den Handel<br />

aus. Auch international ist die Situation weniger dynamisch<br />

als in den Vorjahren. So sind die Exporte<br />

von Nadelschnittholz als Grundlage für viele Bauanwendungen<br />

heuer 13 Prozent unter dem Niveau des<br />

Vorjahres. Besonders von unseren größten Märkten<br />

Italien und Deutschland wird weniger bestellt.“<br />

Impulse gegen die Krisen<br />

Angesichts der Schwäche der Baukonjunktur appellieren<br />

Sägeindustrie und Holzhandel aktive Maßnahmen<br />

der Politik. „Die Bauwirtschaft ist wichtig für<br />

die Konjunktur insgesamt und für sehr viele Arbeitsplätze.<br />

Zudem ist der Bedarf an Wohnraum weiterhin<br />

groß. Es geht auch um ein gesellschaftliches<br />

Thema“, betont Markus Schmölzer und ergänzt:<br />

„Wir schlagen vor, der Energie-, Klima- und Wirtschaftskrise<br />

mit Investitionen in energieeffizienten<br />

und bezahlbaren Wohnungsbau entgegenzutreten<br />

und zwar mit Neubau, Sanierung und Nachverdichtung.“<br />

Die jährliche Sanierungsrate in Österreich<br />

stagniert bei 1,5 Prozent und das politische Ziel<br />

von 3 Prozent wird seit Jahren nicht erreicht. Circa<br />

70 Prozent der Wohngebäude sind vor 1990 gebaut<br />

worden, die meisten in den 1970er Jahren. „Wir plädieren<br />

daher für einen Sanierungsturbo mit vielfältigen<br />

Instrumenten wie angepassten Förderungen,<br />

erleichtertem Zugang zu Baufinanzierungen und<br />

verständlichen Beratungsangeboten für Hauseigentümer.<br />

Holz als klimafreundlicher Baustoff kann dabei<br />

einen wichtigen Beitrag leisten. Bauen mit Holz<br />

hilft auch gegen die Bodenversiegelung, denn Holz<br />

ist leicht und somit kann auf bestehenden Gebäuden<br />

noch aufgestockt werden“, unterstreicht Schmölzer.<br />

„Das kostengünstigste Konjunkturprogramm für<br />

die gesamte Wirtschaft ist der Abbau und die Vermeidung<br />

von Bürokratie,“ sagt Franz Mühlbauer und<br />

fährt fort: „Gerade in der aktuellen wirtschaftlichen<br />

Lage müssen sich Unternehmer auf ihr Kerngeschäft<br />

konzentrieren.“ Mühlbauer kritisiert die vor wenigen<br />

Wochen in Kraft getretene EU-Entwaldungsverordnung<br />

– kurz EUDR. „Mit den neuen Regeln<br />

aus Brüssel steht ein richtiges Bürokratiemonster<br />

vor unseren Werkstoren und Büros. Wenn künftig<br />

Schnittholz eines Sägewerks aus Kärnten, gefertigt<br />

aus Holz aus Kärntner Wäldern nach Slowenien oder<br />

an Kärntner Zimmerbetriebe geliefert wird, benötigt<br />

der Händler eine Sorgfaltserklärung mit zahlreichen<br />

Informationen, die er fünf Jahre aufbewahren muss.“<br />

Das Ziel der EUDR begrüßt Mühlbauer: „Natürlich<br />

ist es richtig, den Handel mit illegalem oder nichtnachhaltigem<br />

Holz zu unterbinden. Aber Kriminellen<br />

kommt man nicht dadurch bei, indem alle ehrlichen<br />

Marktteilnehmer unter Generalverdacht gestellt<br />

werden. Wenn Präsidentin von der Leyen 25 Prozent<br />

Bürokratieabbau verspricht, wie sie das im April getan<br />

hat, dann kommt sie ihrem Ziel sehr nah, wenn<br />

die EUDR gleich gestoppt wird.“ Holzimporte von<br />

außerhalb der EU werden bereits streng gemäß der<br />

EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) kontrolliert. Vorerst<br />

drängt Mühlbauer darauf, die EUDR pragmatisch<br />

umzusetzen: „Die EUDR ist momentan nicht in den geforderten<br />

Fristen umsetzbar, da viele technische Fragen<br />

noch ohne Antworten sind. Wir brauchen also Klarheit<br />

und längere Fristen für den Handel innerhalb der<br />

EU, um uns gesetzeskonform verhalten zu können.“<br />

Zu den dubiosen Angeboten, Holzimporte aus<br />

Russland über Drittstaaten in die EU zu tätigen,<br />

meint der Fachverband der Holzindustrie: „Das ist<br />

eine Umgehung der Sanktionen und sollte klar bestraft<br />

werden. Wir warnen davor, sich auf solche Geschäfte<br />

einzulassen.“<br />

Wirtschaftliche Bedeutung der Holzwirtschaft<br />

Im Jahr 2021 veröffentlichte das Economica-Institut<br />

für Wirtschaftsforschung eine umfangreiche Studie<br />

über die Wertschöpfungseffekte der Holzwirtschaft<br />

in Österreich. Im Zuge eines europäischen Forschungs-projekts<br />

wurden die Daten nach europaweit<br />

einheitlichen Standards ausgewertet. „Die erneute<br />

Analyse zeigt, dass die Bedeutung der Holzwirt-<br />

INTERNATIONALER HOLZTAG <strong>2023</strong><br />

Schnittholzproduktion: Auf kontinuierliches Wachstum folgt<br />

abrupter Rückgang<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

9,7 9,7<br />

9,0<br />

8,6 8,5 8,8<br />

9,4<br />

9,9<br />

10,4 10,5 10,6<br />

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022* <strong>2023</strong>*<br />

Quelle: Statistik Austria. *2022, <strong>2023</strong>: vorläufig, Fachverband-Prognose FHP-Holzbilanz Juni <strong>2023</strong><br />

schaft noch größer ist als zunächst angenommen,“<br />

sagt Mag. Dr. Christoph Schneider, Geschäftsführer<br />

des Economica-Instituts. „Von der Forstwirtschaft<br />

über die Industrie bis zu Handel, Handwerk und Forschung<br />

verfügt Österreich über ein großes, nachhaltiges<br />

und regional verwurzeltes Wertschöpfungsnetzwerk.<br />

Jeder 13. Euro Wertschöpfung wird in der<br />

Forst- und Holzwirtschaft erwirtschaftet, das sind bis zu<br />

28 Milliarden Euro. Hinzu kommen circa<br />

320.000 Arbeitsplätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette<br />

und ein generiertes Steueraufkommen von<br />

circa 12 Milliarden Euro jährlich,“ betont Schneider.<br />

Für Markus Schmölzer ist diese Studie Anlass für<br />

Optimismus. „Die Erfolgsgeschichte Holz funktioniert<br />

weiterhin. Wir nutzen den nachwachsenden Rohstoff<br />

Holz, der vielseitig und mehrfach verwendbar ist und<br />

auch Kohlenstoff speichert und so das Klima schützt.<br />

Nun ist es an der Politik die richtigen Maßnahmen<br />

zu setzen, damit das Wertschöpfungsnetzwerk Holz<br />

keinen Schaden nimmt und der Wirtschaftsstandort<br />

Österreich langfristig gestärkt wird.“<br />

Fakten zum Holzhandel in Österreich<br />

Das Bundesgremium Baustoff-, Eisen- und Holzhandel<br />

ist der größte Fachverband der Bundessparte<br />

Handel in der Wirtschaftskammer Österreich mit<br />

beinahe 22.000 Mitgliedsbetrieben. Der Holzhandel<br />

zählt derzeit circa 4.800 Mitglieder. Die Groß- und<br />

Einzelhändler im Holzhandel sind verlässliche Partner<br />

in der gesamten Wertschöpfungskette Holz. Mit<br />

dem App-basierten Kurs „Wood-Star“ bietet der<br />

Holzhandel eine innovative Ausbildungsschiene für<br />

die Fachkräfte von morgen an.<br />

10,9<br />

10,3<br />

8,3<br />

6<br />

Grafik: Fachverband der Holzindustrie Österreichs<br />

Fotos: NESTRO<br />

Deutsches Bundesverdienstkreuz für<br />

NESTRO-Firmengründer<br />

Paulus Nettelnstroth gründete 1977 die NESTRO Lufttechnik. Sie zählt heute zu den großen etablierten Hersteller von Produkten<br />

und Systemen für die Absaug- und Filtertechnik sowie für deren nachgeschaltete Heiztechnik, für die Oberflächentechnik und<br />

die Sortier- und Entsorgungstechnik. Für seine Verdienste erhielt der Firmengründer nun die höchste Ehre.<br />

Am 23. August <strong>2023</strong> erhielt Firmengründer und<br />

Unternehmer Paulus Nettelnstroth das Verdienstkreuz<br />

am Bande der Bundesrepublik Deutschland.<br />

Es wird alljährlich vom Bundespräsidenten für besondere<br />

Leistungen auf politischem, wirtschaftlichem,<br />

kulturellem, geistigem oder ehrenamtlichem<br />

Gebiet verliehen. Der frühere Betriebsleiter im Dichtungswerk<br />

Schkölen, Herr Erwin Ponert, hatte die<br />

Ehrung beim Bundespräsidialamt angeregt. Thüringens<br />

Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte im<br />

Oktober 2019 die NESTRO Lufttechnik GmbH besucht,<br />

wobei Paulus Nettelnstroth ihm auch das<br />

zerfallene ehemalige Dichtungswerk in Schkölen im<br />

Saale-Holzland-Kreis zeigte. Auf Grund dieser Eindrücke<br />

nahm der Ministerpräsident den Vorschlag<br />

von Herrn Ponert auf, unterstützte diesen und verlieh<br />

das Bundesverdienstkreuz bei einer Feierstunde<br />

im Kaisersaal in Erfurt mit Freude höchstpersönlich.<br />

Ein Start in ärmlichen Verhältnissen<br />

Paulus Nettelnstroth wurde 1948 als letztes von<br />

neun Kindern in Füchtorf im Münsterland geboren.<br />

Dort wuchs er in ärmlichen Verhältnissen auf und<br />

musste bereits als kleines Kind in der Land- und<br />

Forstwirtschaft mit anpacken. 1963 begann er eine<br />

Lehre zum Auto- und Landmaschinenschlosser, die<br />

er 1966 erfolgreich abschloss. Später arbeitete er<br />

im Kalksandsteinwerk Wüseke, Sassenberg-Füchtorf,<br />

als Maschinenschlosser und Nachtschichtleiter<br />

und bildete sich in dieser Zeit nebenberuflich in der<br />

Luft- und Absaugtechnik, weil das im Kalksandsteinwerk<br />

eine nötige Anwendung war. 1974 heiratete er<br />

Bernadette Große Kettler (†), mit der er eine Tochter<br />

und einen Sohn hat. Nach Abschluss seiner Weiterbildung<br />

zog er 1975 nach Bad König (Südhessen):<br />

Von hier aus bearbeitete er als selbstständiger Ein-<br />

Mann-Vertrieb mit Zukaufprodukten den süddeutschen<br />

Markt in der Absaugtechnik. Bereits im Dezember<br />

1977 gründete Paulus Nettelnstroth im Alter<br />

von 29 Jahren in Bad König sein erstes eigenes produzierendes<br />

Unternehmen, die NESTRO Lufttechnik.<br />

Erfolgreiche Expansion<br />

Aufgrund seiner gesammelten Erfahrungen und<br />

dem selbst aufgebauten Kundennetzwerk konnte er<br />

schnell ein rasantes Wachstum hinlegen und musste<br />

innerhalb von 10 Jahren dreimal aus Kapazitätsgründen<br />

umziehen, zuletzt nach Röllbach. Die Zeit<br />

war in der Holzbranche einfach reif für Filtertechnik<br />

in Premiumqualität. Paulus Nettelnstroth erinnert<br />

sich rückblickend: „Als Erstes stellt man einen Verkäufer<br />

ein. Dann stellt man Produktionsmitarbeiter<br />

ein, dann produzieren diese mehr als verkauft wird,<br />

und man stellt einen weiteren Verkäufer ein und so<br />

weiter, und so weiter.“ 1987 eröffnete NESTRO sein<br />

erstes Vertriebsbüro in Versmold/Westfalen, bereits<br />

1990 – nur wenige Monate nach der Grenzöffnung –<br />

ein zweites in Eisenberg/Thüringen.<br />

Zwei Jahre später schließlich erfolgte der Spatenstich<br />

für das neue Produktionswerk in Hainchen<br />

- heute ein Ortsteil von Schkölen, kaum zehn Kilometer<br />

von Eisenberg entfernt. „Das Hermsdorfer<br />

Kreuz bildete mit Versmold und Röllbach ein gleichschenkliges<br />

Dreieck. Hier musste unsere neue Betriebsstätte<br />

hin. Eisenberg war ideal gelegen und nur<br />

zwei Ausfahrten vom Hermsdorfer Kreuz entfernt“,<br />

begründet Paulus Nettelnstroth seine damalige Entscheidung<br />

noch vor der staatlichen Wiedervereinigung.<br />

Der Antrag zur Firmengründung in der DDR<br />

mit hauptsächlich westdeutscher Beteiligung wurde<br />

am 22. Mai 1990 genehmigt. Und der Erfolg gab ihm<br />

recht, denn bereits 1998 wurde die Produktionsfläche<br />

in Hainchen verdoppelt.<br />

Im selben Jahr wurde zudem in Stare Olesno (vormals<br />

Rosenberg), Polen, lange vor dem EU-Beitritt<br />

des Landes, ein weiteres NESTRO-Produktionsunternehmen<br />

gegründet, das Bernadette Nettelnstroth<br />

später bis zu ihrem Tod 2021 kontinuierlich für die<br />

NESTRO-Gruppe auf- und ausbaute. 1999 wurde in<br />

Ungarn – wie Polen auch erst 2004 EU-Mitglied – das<br />

dritte NESTRO-Produktionsunternehmen im schönen<br />

Pécs gegründet.<br />

Ausgezeichneter Erfolg<br />

Für den unternehmerischen Erfolg erhielt die<br />

NESTRO Lufttechnik 2007 den „Großen Preis des Mittelstandes“<br />

von der Oskar-Patzelt-Stiftung – die wohl<br />

begehrteste Wirtschaftsauszeichnung Deutschlands<br />

- und Firmengründer Paulus Nettelnstroth persönlich<br />

2008 den erstmals verliehenen „Lothar-Späth-<br />

Preis“ für herausragendes unternehmerisches Handeln<br />

vom Bundesverband für Wirtschaftsförderung<br />

und Außenwirtschaft aus der Hand des ehemaligen<br />

Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg. 2017<br />

übergab der Firmengründer die Geschäftsführung<br />

der NESTRO Lufttechnik GmbH an seinen Sohn<br />

Robert und ist seitdem beratend im Hintergrund tätig.<br />

Paulus Nettelnstroth lebt heute in Hainchen in<br />

Sichtweite der Zentrale der NESTRO Gruppe.<br />

Die 1977 gegründete NESTRO® Lufttechnik GmbH<br />

ist heute einer der großen etablierten Hersteller von<br />

Produkten und Systemen für die Absaug- und Filtertechnik<br />

sowie für deren nachgeschaltete Heiztechnik,<br />

für die Oberflächentechnik und die Sortier- und Entsorgungstechnik.<br />

Über 260 Mitarbeiter entwickeln<br />

und produzieren an den drei Produktionsstandorten<br />

in Deutschland, Polen und Ungarn gemäß individueller<br />

Kundenspezifikation.<br />

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (links im Bild)<br />

überreicht Paulus Nettelnstroth das Verdienstkreuz am<br />

Bande der Bundresrepublik Deutschland.<br />

www.holzmarkt-online.at 5/<strong>2023</strong> 5/<strong>2023</strong> www.holzmarkt-online.at

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