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Peter von der Osten-Sacken (Hrsg. von Hans-Jürgen Becker): »Es begab sich aber zu der Zeit ...« (Leseprobe)

Die Idee zu diesem Aufsatzband und die Auswahl der Beiträge gehen auf den 2022 verstorbenen Autor selbst zurück. Im Wesentlichen ging es ihm dabei um eine bisher unveröffentlichte, vor allem für Studierende bestimmte Orientierungshilfe zum Thema »Jesus und seine Welt, die Evangelien und das Echo in seinem Volk«, die nun den ersten Teil des vorliegenden Bandes ausmacht. Die über dieses kleine Jesusbuch hinaus ausgewählten, mit einer Ausnahme schon früher an verschiedenen Orten gedruckten Aufsätze umspannen den weiten Zeitraum von der Berliner Antrittsvorlesung 1976 bis in das Jahr 2016. Sie sind sämtlich von bleibendem Interesse und haben ihre Gültigkeit und Aktualität nicht eingebüßt.

Die Idee zu diesem Aufsatzband und die Auswahl der Beiträge gehen auf den 2022 verstorbenen Autor selbst zurück. Im Wesentlichen ging es ihm dabei um eine bisher unveröffentlichte, vor allem für Studierende bestimmte Orientierungshilfe zum Thema »Jesus und seine Welt, die Evangelien und das Echo in seinem Volk«, die nun den ersten Teil des vorliegenden Bandes ausmacht.
Die über dieses kleine Jesusbuch hinaus ausgewählten, mit einer Ausnahme schon früher an verschiedenen Orten gedruckten Aufsätze umspannen den weiten Zeitraum von der Berliner Antrittsvorlesung 1976 bis in das Jahr 2016. Sie sind sämtlich von bleibendem Interesse und haben ihre Gültigkeit und Aktualität nicht eingebüßt.

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3. »Ein Rebell des messianischen Reiches<strong>«</strong> 45<br />

richts, und wie bei diesen allen hat die Umkehr auch bei ihm eine bestimmte,<br />

konkreteGestalt. Siebesteht in <strong>der</strong> Nachfolge auf seinem Weg, in <strong>der</strong> Bindung an<br />

seine Person, auch wenn dieser Wegnicht <strong>zu</strong>m Zwangfür alle wird. Die Gruppen,<br />

an die <strong>sich</strong> Jesus gewandt hat, sind vornehmlich – wenn auch nicht ausschließlich<br />

– die Randsiedler, wie sie in seinem Jüngerkreis vertreten sind. Vielleicht hat er<br />

gemeint, dass sie seine Botschaft<strong>von</strong> <strong>der</strong> Nähe Gottesamehesten hören würden,<br />

vielleicht auch war er <strong>der</strong> Überzeugung, dass sie sie am nötigsten hätten. Jedenfalls<br />

muss sein Wirken unkonventionell, ebenso ärgerlich wie anziehend<br />

gewesen sein. Sollte er, wie in Abständen behauptet wird, <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Pharisäer<br />

o<strong>der</strong> dem Kreis <strong>der</strong> Essener angehört haben, so allenfalls versuchs- und<br />

zeitweise, vergleichbar dem Probelauf des jüdischen Geschichtsschreibers Josephus<br />

durchdie verschiedenen zeitgenössischen Gruppeneine Generation nach<br />

ihm (vgl. Vita 7–10). Schwerlich hat <strong>sich</strong> Jesus jedoch als Pharisäer o<strong>der</strong> Essener<br />

eingemeinden lassen, sosehr er auch in diesem o<strong>der</strong> jenem Einzelpunkt einer<br />

dieser beiden Gruppen nahe gestanden hat. In seiner Gesamthaltung lässt er <strong>sich</strong><br />

vielmehr, wie angedeutet, am ehesten in die Nähe des Täuferkreises rücken. Doch<br />

wird auf diesen Zusammenhang noch einmal <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>kommen sein.<br />

Ein wesentlicher Teil des Gemeinschaftslebens Jesu war fraglos das gemeinsame<br />

Essen. Dass er mit Sün<strong>der</strong>n und Zöllnern Tischgemeinschaftgehalten<br />

hat, hat man ihm nachhaltig vorgeworfen, wie er selbst ineinem Wort <strong>zu</strong> erkennen<br />

gibt, in dem er seine <strong>Zeit</strong>genossen als Spielver<strong>der</strong>ber kritisiert: »Johannes<br />

(<strong>der</strong> Täufer) ist gekommen, ohne <strong>zu</strong> essen und <strong>zu</strong>trinken (d. h. als Asket), und<br />

man sagt: Er ist besessen. Der Menschensohn (Jesus selbst) ist gekommen, isst<br />

und trinkt, und man sagt: Seht, ein Fresser und Säufer, ein Freund <strong>von</strong> Zöllnern<br />

und Sün<strong>der</strong>n.<strong>«</strong> (Mt 11,18 f.). Diese Mahlgemeinschaft mit <strong>der</strong> Annahme<strong>der</strong>er, die<br />

als unrein und unfein galten, soll anscheinend erfahrbar machen – gewissermaßen<br />

verleiblichen –, was im Zentrum <strong>der</strong> Lehre und Verkündigung Jesu <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> HerrschaftGottes steht: Es ist die Gewissheit, Gottes Kommen stehe so nahe<br />

bevor, dass es die Gegenwart bereits heilsam berührt. Mit seiner Praxis, seinem<br />

Handeln, will Jesus etwas <strong>von</strong> <strong>der</strong> Zuwendung Gottes abspiegeln, die dann noch<br />

wirbt, wenn Menschen bereits das Handtuch werfen. Wie nahe er die erlösende<br />

Gottesherrschaftgeglaubt hat, geht am klarsten aus seiner Interpretation seines<br />

heilenden Tuns hervor, insbeson<strong>der</strong>e seiner exorzistischen Fähigkeiten: »Wenn<br />

ich mit dem Finger Gottes die Dämonen austreibe, dann ist die HerrschaftGottes<br />

(schon) <strong>zu</strong> euch gekommen<strong>«</strong> (Lk 11,20; vgl. Mt 12,28). So hat er anscheinend<br />

Kranke geheilt und mit Sün<strong>der</strong>n gegessen, um sie die Zuwendung des Himmels<br />

spüren <strong>zu</strong> lassen und sie <strong>zu</strong>r Heimkehr <strong>zu</strong>m Gott Israels <strong>zu</strong> bewegen.<br />

Nicht nur die eigenen Taten, durch die <strong>der</strong> Nazarener die Nähe <strong>der</strong> Gottesherrschaft<br />

anzeigte, gehören <strong>zu</strong> den beson<strong>der</strong>en Konturen seines Auftretens,<br />

vielmehr auch die Art und Weise, wie er im Allgemeinen <strong>von</strong> dieser Herrschaft<br />

redete, vornehmlich in <strong>der</strong> Redeform des Gleichnisses, <strong>der</strong>en er <strong>sich</strong> beson<strong>der</strong>s<br />

gern bedient hat. Ihre jesuanische Ausprägung ist vor allem durch das Moment

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