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09.03.2024 Lindauer Bürgerzeitung

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2 9. März 2024 • BZ Nr. 10/24<br />

AMTSBLATT DER STADT LINDAU (B)<br />

Forsetzung von Seite 1<br />

Warum findet der Prozess<br />

mit externer Begleitung<br />

statt?<br />

CA: Zum einen bringt unser<br />

externer Partner viel Erfahrung<br />

mit. BDO hat mehrere<br />

Kommunen in schwierigen<br />

Haushaltslagen erfolgreich begleitet.<br />

Zum anderen soll die<br />

externe Begleitung ganz bewusst<br />

den Finger in die Wunde<br />

legen und aufzeigen, wo wir<br />

Einsparpotenziale haben –<br />

auch, wenn es weh tut.<br />

Warum überhaupt eine Konsolidierung?<br />

BR: Lindau muss sparen. Unser<br />

aktueller Schuldenstand beträgt<br />

rund 116 Millionen Euro.<br />

Damit liegt die Pro-Kopf-Verschuldung<br />

bei 4465 Euro je<br />

Einwohner. Das entspricht<br />

knapp dem fünffachen über<br />

dem Landesdurchschnitt 2021<br />

von 906 Euro. Ziel der Konsolidierung<br />

ist es, jährlich 4 bis 4,5<br />

Millionen Euro einzusparen.<br />

Darauf haben sich die Verwaltung<br />

und der Stadtrat gemeinsam<br />

geeinigt.<br />

Was würde passieren, wenn<br />

wir den Konsolidierungsprozess<br />

nicht durchlaufen?<br />

BR: Spätestens ab 2026 wird<br />

die Erstellung eines ordentlichen<br />

Haushalts ohne Gegensteuerungsmaßnahmen<br />

kaum<br />

mehr möglich sein. Damit<br />

steigt der Konsolidierungsdruck<br />

auf uns, um die Leistungsfähigkeit<br />

der Stadt Lindau<br />

beizubehalten.<br />

In Arbeitsgruppen führen Beschäftigte der Stadtverwaltung gemeinsam<br />

mit BDO eine Aufgabenkritik durch.<br />

Foto: Stadt Lindau<br />

Ist nur Lindau von einer<br />

so hohen Verschuldung<br />

betroffen?<br />

BR: Lindau steht mit seinen<br />

Schulden nicht alleine da. Im<br />

Gegenteil: Es ist ein bundesweites<br />

Problem. Zahlreiche<br />

Kommunen sind verschuldet.<br />

Auch der Bayerische Gemeindetag<br />

zeigt auf, dass die Finanzen<br />

der Kommunen sowie<br />

die der Länder und des Bundes<br />

eine extrem hohe Steigerung<br />

auf der Ausgabenseite<br />

erfahren. Ein „Weiter so“ ist<br />

nicht möglich. Das bekräftigt<br />

die gemeinsame Entscheidung<br />

von Stadtrat und Stadtverwaltung,<br />

eine Haushaltskonsolidierung<br />

durchzuführen.<br />

CA: In den vergangenen<br />

Jahren haben die kommunalen<br />

Aufgaben kontinuierlich<br />

zugenommen. Kinderbetreuung,<br />

öffentlicher Nahverkehr<br />

oder der Klimaschutz finden<br />

zu großen Teilen in den Kommunen<br />

statt und die Vorgaben,<br />

die wir dabei einhalten<br />

müssen, werden immer mehr.<br />

Das macht unsere Arbeit immer<br />

aufwändiger. Damit wir<br />

das alles noch bewältigen<br />

können, brauchen wir eine<br />

fairere Finanzausstattung<br />

durch Bund und Länder. Die<br />

finanzielle Last darf nicht allein<br />

bei den Kommunen liegen<br />

und wir dürfen uns auch<br />

nicht „kaputtsparen“.<br />

Interview: Bettina Wind<br />

Open Studio Day:<br />

Pop Up Ausstellung weiter geöffnet<br />

Begeisterte Besucherinnen<br />

und Besucher haben den zweiten<br />

Open Studio Day genutzt,<br />

um Künstlerinnen und Künstler<br />

in Bregenz, Lindau und Umgebung<br />

in ihren Ateliers zu besuchen.<br />

Der Open Studio Day<br />

ist ein Projekt im Rahmen der<br />

grenzüberschreitenden Städtekooperation<br />

LIBRE zwischen<br />

Lindau und Bregenz. Rund 60<br />

Kunstschaffende haben in diesem<br />

Jahr am Tag der offenen<br />

Ateliers teilgenommen und ihre<br />

Türen geöffnet. Gleichzeitig<br />

haben sich in Lindau rund 30<br />

Künstlerinnen und Künstler zusammengetan<br />

und eine Pop Up<br />

Ausstellung in einem freistehenden<br />

Ladenlokal in der Fußgängerzone<br />

(Cramergasse 3) initiiert.<br />

Die Werke der <strong>Lindauer</strong><br />

Kunstschaffenden werden hier<br />

noch bis zum 23. März, jeweils<br />

Donnerstag bis Sonntag, von<br />

11 bis 18 Uhr präsentiert und<br />

verkauft.<br />

Text/Bild: Stefanie Bernhard-Lentz<br />

Faktencheck zum Haushalt 2024<br />

Reaktion der Stadt Lindau auf die Vorwürfe zum Haushalt<br />

In einer gemeinsamen Pressemitteilung<br />

haben Vertreterinnen<br />

und Vertreter der Stadtratsfraktionen<br />

CSU, Junge Aktive<br />

(JA), Freie Bürgerschaft<br />

(FB) und Freie Wähler (FW)<br />

vergangene Woche unter anderem<br />

die Behauptungen aufgestellt,<br />

der <strong>Lindauer</strong> Haushalt<br />

sei nicht gedeckt und<br />

Verkaufserlöse für Grundstücke<br />

würden dem Verwaltungshaushalt<br />

zugeführt werden,<br />

um die laufenden Kosten zu<br />

begleichen. Das ist falsch. Daher<br />

sollen die entstandenen<br />

Fragen nachstehend in einem<br />

Faktencheck aufgeklärt werden.<br />

Ist der Haushalt, den der<br />

Stadtrat im Dezember 2023<br />

verabschiedet hat, gedeckt?<br />

In ihrer Pressemitteilung<br />

schreiben die Stadtratsfraktionen<br />

der CSU, JA, FB und FW:<br />

„Trotz einer eindeutigen Entscheidung<br />

gegen den Verkauf<br />

einer millionenschweren Immobilie,<br />

die bereits als Haushaltseinnahme<br />

eingeplant<br />

war, wurde der städtische<br />

Haushalt 2024 daraufhin dem<br />

Stadtrat zur Abstimmung vorgelegt,<br />

obwohl dieser keine finanzielle<br />

Deckung mehr aufwies.“<br />

Das ist falsch. Der Haushalt<br />

ist finanziell gedeckt. Die Kämmerei<br />

hat im Haushalt 2024<br />

mit Grundstückserlösen gerechnet.<br />

Der Verkaufserlös für<br />

zwei Objekte, deren Verkauf<br />

der Stadtrat grundsätzlich anstrebt,<br />

wurde mit insgesamt<br />

800.000 Euro geplant. Das entspricht<br />

einem sehr konservativen<br />

Ansatz. Innerhalb des<br />

Stadtrats gibt es unterschiedliche<br />

Meinungen, wie eine Immobilie<br />

veräußert werden soll.<br />

Deshalb soll in einer der nächsten<br />

Stadtratssitzungen entschieden<br />

werden, wie es mit<br />

dem Verkauf weiter gehen soll.<br />

Der Haushalt ist jedoch unabhängig<br />

vom Ausgang dieser<br />

Diskussion finanziell gedeckt,<br />

da vorsichtshalber eine relativ<br />

niedrige Summe als Verkaufserlös<br />

eingeplant wurde.<br />

Werden Einnahmen von Verkaufserlösen<br />

im städtischen<br />

Haushalt zur Finanzierung<br />

von Verwaltungskosten eingeplant?<br />

In ihrer Pressemitteilung<br />

schreiben CSU, JA, FB und FW,<br />

dass im aktuellen Haushalt<br />

„Einnahmen von Verkaufserlösen<br />

zur Finanzierung der Verwaltungskosten<br />

eingeplant“<br />

seien: „Dies bedeutet: Die Stadt<br />

verkauft Grund und Boden zur<br />

Finanzierung der laufenden<br />

Kosten. Dadurch sind Investitionen<br />

nicht mehr möglich.“<br />

Das ist falsch. Die Erlöse aus<br />

Grundstücksverkäufen dienen<br />

nicht dem Verwaltungshaushalt,<br />

sondern ausschließlich<br />

dem Vermögenshaushalt, so<br />

gibt es das Haushaltsrecht vor.<br />

Es gibt auch keine Finanzierungslücke:<br />

Der Verwaltungshaushalt<br />

ist gedeckt, er erwirtschaftet<br />

sogar eine Zuführung<br />

in Höhe von rund 381.000 Euro<br />

an den Vermögenshaushalt.<br />

Das bedeutet, diese Mittel können<br />

aus dem Verwaltungshaushalt<br />

an den Vermögenshaushalt<br />

zugeführt werden.<br />

Die Junge Aktive schreibt in<br />

ihrem Beitrag in der <strong>Bürgerzeitung</strong>,<br />

dass vom Vermögenshaushalt<br />

4,6 Millionen<br />

Euro an den Verwaltungshaushalt<br />

zugeführt werden.<br />

Stimmt das?<br />

Nein. Die Kämmerei kann<br />

den genannten Betrag bislang<br />

nicht nachvollziehen. Es kann<br />

sich hier allenfalls um den Anteil<br />

des Effekts des Finanzausgleichsgesetzes<br />

(FAG) handeln,<br />

der Bestandteil der allgemeinen<br />

Rücklage ist. Die im Haushalt<br />

veranschlagte Rücklagenentnahme<br />

von 8,3 Millionen<br />

Euro, einschließlich der genannten<br />

4,6 Millionen Euro,<br />

dient ausschließlich der Dekkung<br />

von Investitionen des<br />

Vermögenshaushalts.<br />

Der FAG-Effekt kurz erklärt:<br />

2022 hatte die Stadt Lindau eine<br />

hohe Steuer- und Umlagekraft.<br />

Das heißt, es wurden höhere<br />

Einnahmen erzielt als erwartet,<br />

nämlich insgesamt 5<br />

Millionen Euro mehr. Höhere<br />

Einnahmen bedeuten, dass die<br />

Stadt Lindau zwei Jahre später,<br />

eine geringere Schlüsselzuweisung<br />

vom Land erhält und eine<br />

höhere Kreisumlage zahlen<br />

muss. Im Zuge der Jahresrechnung<br />

2022 wurde beschlossen,<br />

diesen Haushaltsüberschuss<br />

der allgemeinen Rücklage zuzuführen,<br />

um spätere Defizite<br />

auszugleichen. In 2024 kommt<br />

die Belastung auf die Stadt zu,<br />

insbesondere durch geringere<br />

Schlüsselzuweisungen und eine<br />

höhere Kreisumlage. Der<br />

Ausgleich erfolgt über eine<br />

Entnahme aus der allgemeinen<br />

Rücklage, einschließlich<br />

des Haushaltsüberschusses aus<br />

2022. Diese vorrausschauende<br />

Praxis wird in vielen Kommunen<br />

so gehandhabt. Das heißt:<br />

Die Stadt Lindau hat 2024 eine<br />

Rücklagenentnahme von 8,3<br />

Millionen Euro geplant, hier<br />

enthalten sind die 4,6 Millionen<br />

Euro aus 2022, so wie es<br />

der Finanzausschuss 2022 gemeinsam<br />

beschlossen hat, um<br />

diesen Finanzausgleichseffekt<br />

kompensieren zu können. Die<br />

gesamt geplante Rücklagenentnahme<br />

dient damit ausschließlich<br />

der Deckung von<br />

Investitionen im Vermögenshaushalt.<br />

Im September hat die CSU-<br />

Fraktion einen Antrag<br />

gestellt, um künftig sämtliche<br />

Grundstückserlöse, welche<br />

die Stadt in Zukunft<br />

erzielen wird, zweckgebunden<br />

für die Realisierung und<br />

den Bau der Mittelschule<br />

Lindau verwendet werden,<br />

bis deren Finanzierung gesichert<br />

ist. Warum wurde dieser<br />

Antrag abgelehnt?<br />

Im kommunalen Haushaltsrecht<br />

gilt das Gesamtdekkungsprinzip.<br />

Veräußerungen<br />

des Anlagevermögens<br />

sind allgemeine Deckungsmittel<br />

des Vermögenshaushaltes,<br />

eine Zweckbindung<br />

kann nicht erfolgen. Dies bedeutet,<br />

dass mögliche Verkaufserlöse<br />

nicht einem Projekt<br />

zugeführt werden können.<br />

Die Stadt ist stets verpflichtet<br />

ihren (finanziellen)<br />

Verpflichtungen insgesamt<br />

nachzukommen.<br />

Stimmt es, dass die Mittelschule<br />

im Haushalt nicht<br />

berücksichtigt wurde?<br />

Nein. Die Mittelschule ist<br />

mit rund 4 Millionen Euro im<br />

Haushalt enthalten. Zunächst<br />

sollen nur 0,7 Millionen Euro<br />

für weitere Planungen freigegeben<br />

werden, die weiteren 3,3<br />

Millionen Euro sind gesperrt,<br />

bis klar ist, ob und wie der<br />

Neubau finanziert werden<br />

kann. Damit soll vermieden<br />

werden, dass Steuergelder vergeblich<br />

ausgegeben werden.<br />

bw/pat

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